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Ungewöhnliche Perspektive als Exzess und Allusion. Busby Berkeley’s „Lullaby of Broadway“


Author: Jörg Schweinitz
[published in: Die schräge Kamera. Formen und Funktionen der ungewöhnlichen Kameraperspektive in Film und Fernsehen (Themenheft zu IMAGE 1)]

Catchwords: Musical

Disciplines: Filmwissenschaft


Es deutet sich an, dass noch die ungewöhnlichste Kameraperspektive in dem Maße, wie sie konventionalisiert wird, zu einem gewöhnlichen Mittel des Films gerät. Wenn man so will: zu einer gewöhnlichen Perspektive.

„Die Durchschnittsproduktion bleibt ja in der Behandlung der filmischen Ausdrucksmittel nicht etwa auf demselben Punkt. Sie rückt in angemessener Entfernung hinter der Spitzenentwicklung her: was heute noch eine außenseiterische Kühnheit ist, wird in zwei Jahren Gemeingut. [...] Nur daß das Neue zur Banalität geworden ist, sobald es für stubenrein und legitim gilt.” (Arnheim 1932, 191 - Herv. J.S.).

... das schreibt Rudolf Arnheim 1932 in FILM ALS KUNST. Auch wenn man weniger rigide urteilt und nicht sofort alles zur Banalität stempelt, was nicht mehr „außenseiterische Kühnheit“ ist, so deutet sich doch an, dass noch die ungewöhnlichste Kameraperspektive in dem Maße, wie sie konventionalisiert wird, zu einem gewöhnlichen Mittel des Films gerät. Wenn man so will: zu einer gewöhnlichen Perspektive. Damit kann man dann auf banale Weise umgehen, aber eben auch – auf einer zweiten Stufe – kreativ. Eine Möglichkeit eines reflektierten, selbstbewussten kinematografischen Umgangs bietet die Anspielung auf historische Filmstile, die Allusion.

Als Beispiel sei hier die Musicalnummer „Lullaby of Broadway“, gestaltet von Busby Bekeley aus dessen Filmmusical GOLD DIGGERS OF 1935 (USA 1935), näher betrachtet. Der Ausschnitt steht dafür, wie das in den zwanziger Jahren in der europäischen Avantgarde entwickelte, und im Stummfilmkino dann häufiger wiederholte Mittel der schrägen und der verkanteten Einstellung – auf das ich mich konzentrieren möchte – in einem völlig veränderten Kontext, dem des amerikanischen Filmmusicals, und mit partiell veränderter Funktionalität wieder verwendet wird. Derartige Einstellungen funktionieren in diesem Clip als eine stilbestimmende Größe, freilich als eine von mehreren.

Bei „Lullaby of Broadway“ handelt es sich um eine sogenannte specialty number. Als dritte von den drei üblichen production numbers im Hollywood-Filmmusical jener Zeit ist die specialty number kurz vor Schluß des Films angesiedelt und bildete (wie die production numbers der frühen Musicals überwiegend) eine ästhetisch vom Gesamtfilm klar abgehobene gestalterische Einheit.

Diese Abgrenzung wurzelt im Wechsel des kompletten ästhetischen Registers. Die audiovisuelle Repräsentation der eigentlichen Filmhandlungen war vom schauspielerischen Prinzip stand and deliver geprägt. Deren bildliche Auflösung folgt dem im klassischen Hollywoodkino üblichen continuity-Schema und den Prinzipien effektiven audiovisuellen Erzählens. In den production numbers hingegen regierte ein ganz anderer ästhetische Geist.

Sie wurden zunächst sogar vielfach von Spezialregisseuren hergestellt, die nicht mit dem Regisseur des aufnehmenden Films identisch waren. Berkeley selbst begann seine Karriere als ein solcher Spezialist, der die ungemein erfolgreichen Musiknummern für Filme wie GOLD DIGGERS OF 1933 (Mervy Le Roy, USA 1933) oder FORTY SECOND STREET (Lloyd Bacon, USA 1933) und FOOTLIGHT PARADE (USA 1933) zulieferte. GOLD DIGGERS OF 1935, aus dem „Lullaby of Broadway“ stammt, war der erste Film den Berkeley als Ganzes drehte, ohne indes an der ästhetischen Differenz von Filmhandlung und Musicalclip zu rütteln.

Die Bilder innerhalb der production number werden, wenn auch nicht vollkommen, so doch zum Teil narrativer Funktionen enthoben. Sie folgen nicht dem Kontinuitätsprinzip, sondern vielfach einer visuellen Logik, die primär auf die wirksame Entfaltung visueller Attraktionen – wie dem Ornamentalen – zielt. Attraktionen mit lockerer oder auch keiner narrativen Bindung. Es geht also um die primäre Bedienung von Schaulust.

Aber auch dort, wo – wie im gewählten Beispiel – der Bildorganisation der Binnen-Narration eine eigene narrative Logik zugrunde liegt, haben wir es mit einer Vielzahl nicht primär narrativ funktionalisierter Bilder zu tun, die einen markanten visuellen Überschuß, jenseits jeder narrativen Ökonomie, produzieren und gegen die Einheit der Narration des Gesamtfilms stehen. Ein Phänomen, das man in Anlehnung an Kristin Thompson als visueller Exzess bezeichnen kann (vgl. Thompson 1981, 290 ff.).

Die kleinen Binnennarrationen der production numbers sind im Backstage-Musical zwar als diegetische Bühnenhandlung – also als Handlung in der Handlung – motiviert, sie stellen aber damit immer auch Inseln innerhalb des narrativen Hauptstranges dar. In unserem Fall gibt es, wie so häufig bei den specialty numbers, überhaupt keine Verbindung, auch keine thematische, zwischen der (hier ungewöhnlich ausgeprägten) internen Narration der Nummer und der Makroerzählung her.

Äußerlich trägt die gängige Rahmung durch den Beifall eines diegetischen Publikums in der Storywelt der Haupthandlung und durch das Öffnen und Schließen des Vorhanges zum klaren Inselstatus bei. Im vorliegenden Fall kommt mit einer (ein- und ausleitenden) Gesangspassage, visualisiert durch das sich vergrößernde und später verkleinernde Gesicht der Winni Shaw vor schwarzem Grund, ein weiterer markanter Rahmen hinzu, der bereits zur Nummer gehört.

Dieser Rahmen ist bedeutsam, steht er mit seiner Annäherung an das Gesicht selbst schon für das Bemühen um „ungewöhnliche“ Bildkonstruktionen. Überblendungen und die rollende Kamera leiten zur gerahmten Doppelsequenz über, innerhalb derer dann unter anderem verkantete und noch mehr schräge Einstellungen zum Tragen kommen.

Von „Doppelsequenz“ ist die Rede, weil die Struktur der specialty number innerhalb des schwarz grundierten Rahmens noch einmal in zwei Hauptteile zerfällt: Zunächst (1) in eine etwa 3,5 Minuten lange Erzählung über den Morgen (und ganz kurz über das Abendwerden) in der Großstadt New York. Diese Passage kommt (wie die insgesamt etwa 2,5 Minuten lange Rahmung) ganz ohne Tanz aus, sie basiert vielmehr in erster Linie auf der Montage kurzer Einstellungen, geschnitten auf die durchlaufende Musik. Zum anderen folgt eine Sequenz im Tanz-Casino, die – typisch für Berkeley - durch Tap Dance Nummern, Chorusline und ornamentale Effekte der Tanzenden bestimmt ist. Verbunden sind beide Teile durch die Protagonistin und ihren Kavalier.

Nach dem Fenstersturz der Protagonistin, mit dem der Tanz-Casino-Teil endet, kehrt die Narration der Nummer noch einmal, an die vorn etablierten Bilder erinnernd, in deren nun leere Wohnung zurück. So schließt sich der Kreis der kleinen Binnennarration des Clips. Auf diese Weise noch eine weitere, etwas dezentrierte narrative Rahmung innerhalb des ohnehin mehrfachen Rahmens etabliert. So entsteht endgültig der Eindruck eines in sich absolut autarken Films.

Schräge und verkantete Einstellungen begegnen uns nun in beiden Teilen. Und beidemal haben diese Einstellungsarten eine dynamisierende, die Attraktion steigernde Funktion. Sie sind nirgendwo etwa als subjektive Einstellung, als point of view – shot oder ähnlichem motiviert, sondern funktionieren klar als stilistische Größen. In diesem Sinne dienen sie auch der visuell-stilistischen Integration beider, ansonsten durchaus heterogener Teile.

Die Großstadtsequenz verweist auf die Herkunft dieser Einstellungsart. Wir fühlen uns an die Großstadtsinfonien des späten Stummfilmkinos Jahre erinnert. Mit knappen Bildern, die fragmentarischen Charakter besitzen und zugleich emblematische Qualität, wird auch hier die Geschichte des Erwachens der großen Stadt, darunter von zwei Frauen, die später keine weitere Rolle spielen, gezeigt, des Arbeitsweges und des Büroanfanges usw. und natürlich der spätfrühen Heimkehr der schwarzhaarigen, vom Nachtleben Besessenen.

Vieles erinnert ein Konstruktionsprinzip, mit dem etwa Walter Ruttmann seinen BERLIN – DIE SINFONIE DER GROßSTADT (D 1927) und Vertov seinen CELOWEK S KINOAPPARATOM (SU 1930) gestaltete: die rhythmisierte Verknüpfung fragmentarischer Bilder, die in einer Art von reduziertem kleinen Querschnittsfilm über die Morgenroutine der Menschen und das Anlaufen der Stadtmaschine erzählen.

Ähnlich Vertov nutzt er in diesem Kontext wiederholt auch schräge und verkantete Einstellungen zur zusätzlichen Dynamisierung des Geschehens und zur Steigerung der visuellen Attraktion des Urbanen. Dabei hat Berkeley tief ins – von Karl Prümm durchmusterte – Repertoire exzentrischer Bildkompositionen gegriffen

Berkeley scheint die Herkunft seiner Montageprinzipien und Bildkompositionen geradezu offenlegen zu wollen, wenn er gleich ganze Ketten von inzwischen konventionell gewordenen (und daher besonders emblematisch wirkenden) Bildmotiven und bildstilischen Mitteln vom Stummfilm übernimmt, so zum Beispiel:

- das Anziehen der Seidenstrümpfe am Morgen, wobei allein die Beine der Frau zu sehen sind, und das anschließende Schließen des Büstenhalters mit Blick auf die Rückenfigur der Frau – das sind fast 1:1 die gleiche Bildfindungen wie in Vertovs Filmbeginn.

- die Dampfpfeife, die von Metropolis bis zum russischen Revolutionsfilm zum festen Repertoire der Visualisierung von Akustischem gehört

- das Anlaufen der Kolben und Räder von Maschinen in verkanteter Perspektive

- der matchcut von Kurbeln

- und der expressiv Schattenwurf des Mannes in der nächtlich leeren Großstadtstraße gleich zu Beginn, der nicht nur an die dramatische Lichtführung expressionistischer Prägung erinnert, sondern auch eine Art Ornamentalisierungseffekt produziert

Arnheims Beschreibung von ihm (wegen ihrer Wiederholung) als banal empfundener „schematisierter Formungskniffe“ (Arnheim 1932, 186). kommt einem in den Sinn. Nur ein kleiner Ausschnitt aus Arnheims langer Aufzählung zeichenhafter Detailaufnahmen:

„die Standuhr, auf der die Stunden eilen, (...) , das Schlüsselloch, die strampelnden Seidenbeine ohne Oberkörper,, (...) das aus dem Auge fallende Monokel, das auf dem Boden zerschellende Sektglas, der Smoking am Vormittag, die Proszeniumsloge im Variété, der Aschenbecher voller Zigaretten, (...) der Seifenschaum auf der Männerbacke [...]“ (ebd., 190)

Berkeley vereint solche elliptischen und zugleich im Stummfilm konventionell gewordenen Bilder zu einer ganzen Kette. Er nutzt gerade deren emblematische Qualität, die nicht zuletzt durch die von Arnheim kritisierte Stereotypisierung verstärkt wird.

Der Clip erweist – wenn man so will – auf doppelt selbstreflexive Weise dem untergegangenen Stummfilm seine Reverenz. Zum einen wohnt exzentrischen Bildperspektiven ohnehin ein selbstreflexives Potential inne. Zum anderen entsteht Selbstreflexivität auch durch die Allusion. Man kann „Lullaby of Broadway“ als eine Hommage an die vergangene filmgeschichtliche Epoche sehen.

Die narrative Inselsituation der production number und ihre Bindung an die Musik, die ihrerseits Freiraum für selbstbewußte visuelle Gestaltung öffnet, ermöglichen es, das innerhalb des Hollywoodsystems auf sanktionierte Weise zu tun. Christine Noll Brinkmann hat darauf aufmerksam gemacht, dass es drei im klassischen Hollywoodfilm akzeptierte Situationen für Dutch Tild gibt: die Hollywood-Montagesequenz, subjektive Bilder und Krisenbilder. An anderer Stelle (vgl. Brinckmann 1993, 204-220) hat sie die Musicalnummer, gleichsam als Spezialfall der Hollywood-Montagesequenz hinzufügt. Die exzessive Musik und die Shownummer als Bezugsrahmen der Bildinszenierung bieten hier die Rechtfertigung für den exzentrischen Blick, die Abweichung von jeder Kontinuität und die Annäherung an ästhetische Prinzipien der Avantgarde der zwanziger Jahre. Der Bezug auf den Stummfilm war zudem naheliegend, war doch die Interaktion von Bild und Musik, die Musikalisierung des Bilderstroms ein Merkmal vieler Stummfilm-Stilistiken.

Wird die schräge und die verkantete Kamera in der Großstadtsequenz eingesetzt, um das visuelle Chaos, das gesteigerte Nervenleben des modernen urbanen Lebens zu repräsentieren, so ordnen sich exzentrische Perspektiven im Casino-Teil in mehrere Strategien ein. Auch hier geht es um Exzessivität, wenn auch um geordnete, um den Exzess des ornamentalen Tanzens. Dem folgt schließlich für die Protagonistin die Strafe auf dem Fuß: der Sturz vom Hochhaus, der zudem durch eine weitere ungewöhnliche Einstellung repräsentiert wird, nämlich durch die beim Top Shot intensiv rollende Kamera mit Match Cut auf die Turmuhr, deren Zeiger dem Morgen entgegen eilen. (Anders als eine frühere Nummer aus GOLD DIGGERS OF 1933 „Petting in the Park“ ist dies also eine sehr moralische Geschichte !)

Der Exzess des Tanzens und des Ornamentalen, der sich von jeglicher räumlicher Wahrscheinlichkeit löst und in einen gigantischen, im Grunde völlig imaginären Raum – den des sogenannten Club Casinos – hinein abhebt, das gehört zur stilistischen Standardstrategie von Berkeley’s Musicalnummern.

In Berkeley-Nummern aus älteren Filmen („Pettin‘ in the Park“ oder „By a Waterfall“) wird die narrative Konstruktion, wonach wir es mit einer Bühnenhandlung innerhalb der diegetischen Welt zu tun haben, zunächst ernster genommen als hier. Aber auch dort weitet sich das Geschehen stets bald in jenen völlig imaginären gigantischen Raum hinein aus, der sich in immer neue Räume auf topographisch unklare Weise öffnet. Räumliche Grenzen und räumliche Wahrscheinlichkeit interessieren hier nicht mehr.

In diesem Raum, der nur kinematographisch denkbar ist, erfolgt die Zeitkonstruktion durch Schnitt und Montage ebenso außerhalb der diegetischen Logik, wie die Kameraperspektiven nichts mit der Blicklogik in einem Theater zu tun haben. Der Rezipierende vergisst schnell, dass die diegetische Motivierung ja eigentlich die einer Handlung auf der Theaterbühne in der Handlungswelt des Films war. Die Kamera bewegt sich hier – wie in den anderen Fällen – frei durch den Raum, konstruiert ihn als ornamentales Ereignis, vor allem durch Top shots aber auch andere Mittel wie vor- und rückwärts laufende Bilder, die etwa den Reißverschlusseffekt der Tänzer erzeugen.

Gleichzeitig hat die visuelle Inszenierung auch hier etwas – in einem sehr basalen Sinne – Exzessives. Die Musik, die sie ergänzt, bewegt sich sorgfältig arrangiert zwischen mehreren Durchläufen von Verlangsamung und Beschleunigung, von leiseren und lauteren Phasen, um am Höhepunkt dem aggressiven rhythmischen Stampfen der Tap Dancer Raum zu geben. Im Zusammenwirken damit steigert die Bildinszenierung die Dynamik und Intensität des Ganzen durch ihren sich ebenfalls phasenweise steigernden Rhythmus, der dann wieder etwas zurückgenommenen wird, nur um danach umso mehr anzuziehen. Dabei spielen die Bewegungen im Bild, vor allem das dynamische Arrangement der Massen, aber auch die exzessive Bewegung der Solisten sowie das virtuelle Kreuzen von Hauptlinien der Bildkomposition von Einstellung zu Einstellung eine Rolle. Und natürlich auch der Schnittrhythmus. Unter diesem Aspekt ist dann auch die exzentrische Perspektive einiger Einstellungen zu verorten, die etwa das zuschauende Paar Wini Shaw und Dick Powell hoch oben auf dem turmartigen (diegetisch völlig absurden) Podest in schräger Untersicht zeigt – und ähnlich wie die schrägen Einstellungen aus dem Stadtsegment dynamisierend und – passend zum Raum – monumentalisierend wirkt.

Hinzu kommt nun aber noch eine andere Strategie. Der Film treibt in der Art, wie er die Tanzenden ins Bild setzt, anscheinend auch die Idee der Hommage weiter. Schlägt man Arnheims tabellarische „Übersicht über die Gestaltungsmittel der Kamera und des Bildstreifens“ (Arnheim 1932, 149-153) aus Film als Kunst auf, die gleichsam die visuelle Stilistik am Ende der Stummfilmära resümiert, so fällt auf, dass die Mehrzahl der von Arnheim erwähnten Mittel der Kamera in Berkeleys Clip nicht nur noch einmal zu sehen sind, sondern dass sie mit selbstbewusster, selbstreflexiver Geste nahezu systematisch realisiert werden.

Allein die Inszenierung der solistisch herausgegebenen drei Tänzer arbeitet gleichsam systematisch alle Perspektiven ab, von vorn, von der Seite, von hinten, von oben und – sehr ungewöhnlich, eine visuelle Attraktion für sich – von unten durch einen Glasboden. Dieses Segment mag als Beispiel dafür stehen, daß die Kamera nicht nur im landläufigen Sinn zur Ornamentalisierung benutzt wird, nämlich etwa im top shot das im Grunde diegetisch organisierte Ornament der Tanzenden präsentiert, sondern dass ihre – der Diskurssphäre angehörenden – „Blicke“ durch die Montage selbst ornamental werden. Man kann hier von einer ornamentierenden Montagelogik sprechen. Die exzentrischen Einstellungen von den Tanzenden an anderer Stelle ergänzen gleichsam das abgearbeitete Repertoire.

Um kurz zu resümieren: Die schräge oder gekantete Kamera dient in diesem Clip – wie im Avantgarde-Kino der zwanziger Jahre exzentrisch angelegt – der visuellen Dynamisierung des Geschehens, des Raumes, vor allem der Akzentuierung von urbaner Modernität. Und sie ordnet sich ein in eine vielschichtige Strategie der Ornamentierung.

So wie ein wesentlicher Teil dieser production number als eine Hommage an die Bildwelt des Stummfilmkinos, insbesondere des Genres der Großstadtsinfonien, gelesen werden kann, so kann auch die schräge Kamera – auf einer Art zweiter Codifizierungsebene – als eine Variante solch selbstbewußter Intertextualität und Allusion gelten. Sie ordnet sich mithin in die häufig thematisierte selbstreflexive Ästhetik des Filmmusicals ein.

Literatur

Arnheim, Rudolf : Film als Kunst, Berlin: Rowohlt 1932, S. 191 (Herv. J.S.).

Arnheim, Rudolf: ?? 1974.

Brinckmann, Christine N. : „Busby Berkeleys Montageprinzipien“. In: Hans Beller (Hg.) Handbuch der Filmmontage. München 1993, S. 204-220.

Thompson, Kristin: Iwan the Terrible, Princeton: Princeton UP 1981, 290 ff.