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Einleitung


Autor: Klaus Sachs-Hombach
[erschienen in: IMAGE 1: Bildwissenschaft als interdisziplinäres Unternehmen - Eine Standortbestimmung]

Schlagwörter: Bildwissenschaft, Bild und Medien, Interdisziplinarität

Disziplinen: Bildwissenschaft


Die elektronische Zeitschrift "IMAGE. Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaft" erscheint im Januar 2005 zum ersten Mal. Mit der Ausgabe "Bildwissenschaft als interdisziplinäres Unternehmen. Eine Standortbestimmung" möchte IMAGE als Auftakt einige Grundsatzartikel zum Status und zur Methode der Bildwissenschaft zur Diskussion stellen. Diese intendieren, einen anregenden Einblick in die bisher noch sehr heterogen erscheinenden Positionen einer im Aufbau befindlichen interdisziplinären Bildwissenschaft zu geben. Für die MitarbeiterInnen des Virtuellen Instituts für Bildwissenschaft (VIB) besteht die Möglichkeit, die Beiträge zu kommentieren. Dieser Diskussionsprozess soll wiederum die Autoren zur kritischen Reflexion ihrer Beiträge anregen.

Zu den einzelnen Beiträgen:

Eröffnet wird die vorliegende Ausgabe durch den Beitrag ”Was ist Bildwissenschaft? Versuch einer Standort- und Inhaltsbestimmung” von Peter Schreiber. Als Mathematiker und Informatiker hat sich Schreiber schon länger mit konzeptionellen Fragen zur Bildwissenschaft beschäftigt. Im Rahmen seiner Konzeption ist die Bildwissenschaft Teilgebiet der Informatik, allerdings wird ”Informatik” so weit verstanden, dass sie auch andere Disziplinen umfasst. Auch den Bildbegriff versteht Schreiber hierbei in einem sehr weiten (allerdings ”internalisierten”) Sinne: Internalisiert ist dieser Bildbegriff, insofern es Schreiber um die von einem zweidimensionalen Rezeptor rezipierbare Information geht, um Bilder in einem weiten Sinne handelt es sich, insofern dies auch die Rezeption dreidimensionaler Szenen betrifft.

Der sich anschließende Beitrag von Franz Reitinger ”Die Einheit der Kunst und die Vielfalt der Bilder” liefert eine historische Skizze der kunst- und bildwissenschaftlichen Bemühungen seit dem 18. Jahrhundert. Thematisch wichtig sind dabei gattungstheoretische Aspekte, d.h. die spannungsreiche Geschichte der unterschidlichen Kunst- und Bildformen sowie die jeweiligen Strategien ihrer Auf- bzw. Abwertung. Der Artikel zeigt, wie diese Strategien zur Etablierung des Systems der bildenden Künste und zur hegemonialen Stellung des Tafelbildes führen. Die interdisziplinäre Bildwissenschaft positioniert der Autor als Versuch der erneuten Aneignung der zahlreichen marginalisierten Bildformen.

Es folgt der Beitrag von Klaus Sachs-Hombach ”Arguments in favour of a general image science”, in dem anhand von vier Thesen ein Vorschlag skizziert wird, wie die interdisziplinäre Bildwissenschaft in systematischer Weise betrieben werden kann. Hierbei dient die Theorie wahrnehmungsnaher Medien als ein Theorierahmen, der die minimalen Anforderungen der unterschiedlichen Positionen und damit zugleich die Beziehungen der verschiedenen Disziplinen zueinander charakterisieren soll. Einen solchen Systematisierungsvorschlag wird als ein spezifisch philosophischer Beitrag zur Bildwissenschaft aufgefasst.

Auch Jörg R. J. Schirra stellt in seinem Beitrag „Ein Disziplinen-Mandala für die Bildwissenschaft – Kleine Provokation zu einem Neuen Fach“ die Interdisziplinarität der Bildwissenschaft heraus und unternimmt den Versuch, mit Rückgriff auf das Mandala als orientierende Darstellungsform die jeweilige Zusammengehörigkeit der unterschiedlichen Disziplinen zu bestimmten. Hierbei erhält, wie schon bei Schreiber und Sachs-Hombach, die Kunstgeschichte einen zentralen Platz innerhalb der bildwissenschaftlichen Disziplinen, umgeben von der Philosophie und der Computervisualistik.

Die Computervisualistik bildet den Schwerpunkt des folgenden Beitrags von Kirsten Wagner. Unter dem Titel „Computergrafik und Informationsvisualisierung als Medien visueller Erkenntnis“ skizziert sie die Entwicklung der Computergrafik und untersucht diese Entwicklung anhand einiger markanter technischer Innovationen mit Blick auf ihre epistemische Funktion. Dabei erhält das Bild ein besonderes Potential durch die Möglichkeit, mit ihm etwas sichtbar zu machen, das bisher unsichtbar war.

Für die Reflexion auf die Probleme der Grundlegung einer interdisziplinären Bildwissenschaft wählt Dieter Münch in seinem Beitrag „Zeichentheoretische Grundlagen der Bildwissenschaft“ einen semiotischen Zugang. Über eine differenzierte, empirisch gestützte Einführung unterschiedlicher Zeichenklassen sollen Kategorien gewonnen werden, die es erlauben, Leitlinien für die Forschung zu formulieren und so eine Orientierung innerhalb des bisher heterogenen Feldes bildwissenschaftlicher Forschung zu ermöglichen. Methodisch wäre es damit möglich, die unterschiedlichen Methoden den jeweiligen Zeichenklassen und Kategorien zuzuordnen und so in ihrem Anwendungsbereich spezifischer zu fassen.

Der Beitrag von Andreas Schelske „Zehn funktionale Leitideen multimedialer Bildpragmatik“ richten sich vor allem auf die multimediale Bildkommunikation. Von einem kommunikationswissenschaftlich und soziologisch ausgerichteten sowie semiotisch fundierten Standpunkt ausgehend formuliert Schelske für diesen Bereich zehn Leitideenfür diesen Bereich zehn Leitideen, mit denen sich die Grundzüge der weiteren Entwicklung medialer Bildkommunikation skizzieren lassen. Insofern liefert dieser Beitrag nicht so sehr eine Reflexion auf konzeptionelle Probleme der Bildwissenschaft, sondern zeichnet wichtige Aspekte ihres Gegenstandsbereichs differenziert nach, um den sich eine zukünftige interdisziplinäre Bildwissenschaft bevorzugt kümmern wird.

Der abschließende Beitrag von Heribert Rücker „Abbildung als Mutter der Wissenschaften“ stellt die Bildwissenschaft in den größeren Zusammenhang wissenschaftstheoretischer und metaphysischer Bestimmungen. Grundlage hierfür bildet eine Unterscheidung zwischen Bild und Abbildung. Nach Rücker lässt sich Wissenschaft vor allem über den Abbildungsbegriff charakterisieren, sie ist selber eine Form der Abbildung (etwa neben dem Mythos, der Welt in anderer Weise abbildet). Durch diese Ausweitung des Abbildungsbegriffs kann Bildwissenschaft als eine Metawissenschaft oder zumindest als übergeordnete Wissenschaft verstanden werden, die es neben den Bildern im engen Sinne auch mit Wissenschaft selbst als einer Form der Abbildung zu tun hat und nach Rücker insofern grundlegende erkenntistheorretische Erörterungen enthalten sollte.

Alle Aufsätze verstehen sich als Diskussionsbeiträge. Kommentare zu ihnen sind also ausdrücklich gewünscht. Hierzu steht den MitarbeiterInnen des VIB eine Kommentarfunktion zur Verfügung, die mit dem Einloggen aktiviert wird. Die Kommentare können dann von den Autoren eingearbeitet werden, bevor der Herbert von Halem Verlag die abschließende Archivierung vornimmt, mit der die Beiträge dauerhaft verfügbar gemacht werden.