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Wie erinnern virtuelle Realitäten an etwas, wie es Bilder nicht erinnern? – Zur Praktik bildunterstützter Erinnerung in Gesellschaften


Autor: Andreas Schelske
[erschienen in: IMAGE 36 (Juli 2022) Teil 2]


Mittels Bildern und mittels virtueller Realitäten (VR) im Head Mounted Display (HMD) kommunizieren Individuen explizierte, ikonische Wissensformen. Beide Wissensformen müssen in Gesellschaften mittels Kommunikation stabilisiert werden. Der folgende Text zeigt auf, wie sich das Wissen der Bilder von dem Wissen der virtuellen Realitäten unterscheidet. Ein Unterschied besteht darin, dass Bilder ihr Wissen als Kommunikationsmedium zeigen, indessen virtuelle Realitäten ihr Wissen als Interaktionsmedium multimodal mitteilen. Die VR im HMD expliziert ein Wissen, wie etwas praktisch zu behandeln ist. Ein Beispiel dafür wäre ein Mnemosyne Archiv, das verkörperte Praktiken in einem virtuellen Museum präsentiert. Ein virtuelles Museum inklusive seiner interaktiven virtuellen Umgebung könnte physikalische Eigenschaften von Gegenständen erfahrbar machen, obwohl alles in Frames der Zeichen inszeniert wird. Gleichsam der Architektur besteht das ikonische Wissen der VR darin, eine Dramaturgie des Weges zu inszenieren. Den Weg durch virtuelle »Räume« geben Zeichen vor, deren virtuelle »Widerständigkeit« sich als Dramaturgie eines computerunterstützten Interaktionsmediums entwickelt. So besteht die Erinnerungskultur einer VR in der Praktik, polypragmatische Interpretationen anzubieten, die aus thetisch architektonischen Zeichen, hypothetischen Zeichen und performativen Realisierungen eines Zeichens resultieren. Wo bisher eine gesellschaftliche Wirkmacht des Bildes bestand, dort entstehen zukünftig im holistischen Medium der VR virtuelle Mnemosyne-Realitäten, die vorrangig immersiv und weniger als bildhafte Zeichen für Realitäten oder Simulationen zu erfahren sein sollen.