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Einleitung


Autor: Klaus Sachs-Hombach
[erschienen in: IMAGE 2: Kunstgeschichtliche Interpretation und bildwissenschaftliche Systematik]

Schlagwörter: Methoden der Bildwissenschaft, Verhältnis Kunstgeschichte und Bildwissenschaft

Disziplinen: Philosophie, Kunstgeschichte


In der Zeit vom 24.-26.11.2004 fand in Magdeburg das Symposium „Kunstgeschichtliche Hermeneutik und bildwissenschaftliche Systematik“ statt. Verbunden mit diesem Symposium war ein Doktorandentag, der dem interdisziplinär orientierten wissenschaftlichen Nachwuchs, vor allem den DoktorandInnen, die Möglichkeit zur Vorstellung und Diskussion ihrer Arbeiten eröffnen sollte. Die vorliegende Ausgabe von IMAGE 2 versammelt die durch ein Begutachtungsverfahren ausgewählten Beiträge des Doktorandentages.

In den letzten Jahren sind Bilder zunehmend zum unentbehrlichen Werkzeug wie zum Gegenstand intensiver Forschung der verschiedensten Disziplinen geworden. Bilder spielen mittlerweile in fast jeder wissenschaftlichen Disziplin (nicht nur) der Geistes- Sozial- und Kulturwissenschaften eine zunehmend größere Rolle. Auch immer mehr Qualifikationsarbeiten jüngerer WissenschaftlerInnen beschäftigen sich mit bildwissenschaftlich einschlägigen Fragestellungen. Dabei ergibt sich oft die Situation, dass ein Thema mit bildwissenschaftlichem Bezug – eben weil es die disziplinären Grenzen überschreitet – die fachspezifischen Kompetenzen überfordert. Nicht zuletzt ist dies einer der Gründe, warum sich eine Bildwissenschaft auf dem Wege zur Etablierung inter- oder zumindest transdisziplinär zu organisieren beginnt.

Vor diesem Hintergrund fand in Magdeburg in der Zeit vom 24.-26.11.2004 ein Symposium unter dem Titel „Kunstgeschichtliche Hermeneutik und bildwissenschaftliche Systematik“ statt. Verbunden mit diesem Symposium war ein Doktorandentag, der dem interdisziplinär orientierten wissenschaftlichen Nachwuchs, vor allem den DoktorandInnen, die Möglichkeit zur Vorstellung und Diskussion ihrer Arbeiten eröffnen sollte. Die vorliegende Ausgabe von IMAGE 2 versammelt die durch ein Begutachtungsverfahren ausgewählten Beiträge des Doktorandentages.

Um die Bemühungen um eine interdisziplinäre Bildwissenschaft zu fördern, war mit dem Symposium „Kunstgeschichtliche Hermeneutik und bildwissenschaftliche Systematik“ intendiert, insbesondere eine methodologische Klärung des Verhältnisses von Kunstgeschichte und allgemeiner Bildwissenschaft zu unternehmen. Unstrittig ist die Kunstgeschichte einer der prominentesten Bildwissenschaften. Zu klären ist aber, welche Stellung ihr im interdisziplinären Verbund einer allgemeinen Bildwissenschaft zukommt. Wie sollten bzw. müssten kunstgeschichtliche Kompetenzen sich in den Rahmen einer allgemeinen Bildwissenschaft einfügen (und etwa zu philosophischen oder psychologischen Kompetenzen verhalten), um interdisziplinäre Synergien zu erzeugen?

Das Symposium war ursprünglich unter dem Titel „Kunstgeschichtliche Deskription vs. bildwissenschaftliche Analyse?“ Bereits im Vorfeld war dieser Titel heftiger Kritik ausgesetzt gewesen. Die Kritik richtete sich gegen die Gegenüberstellung von Deskription und Analyse. Es wurde geltend gemacht, dass die kunstgeschichtliche Arbeit ohne Analyse nicht denkbar sei, sondern die Kompetenz der Kunstgeschichte im Gegenteil primär in der Bildanalyse liege. Nicht zuletzt aus diesem Grunde müsse die Kunstgeschichte als zentrale Bildwissenschaft gelten. Ich halte diese Auffassung durchaus für plausibel. Insofern war der (provokant gemeinte) Titel unglücklich gewählt. Intendiert war hierbei allerdings eine Unterscheidung, die ich nach wie vor sinnvoll und wichtig halte, nämlich die Unterscheidung von einerseits deskriptiv-interpretatorischen Verfahren und andererseits teilweise empirisch-experimentellen, teilweise sprachlich-begriffsanalytischen Verfahren. Gegenstand der sehr lebhaften Diskussionen auf dem Symposium waren dann auch die Probleme, die mit dieser Unterscheidung zusammenhängen und eine methodologische Klärung der bildwissenschaftlichen Forschungsgrundlagen erforderlich machen.

Die Unsicherheit bei der Wahl des Titels ist vermutlich symptomatisch für diese Probleme. Sie ergeben sich aus der Frage, in welchem Verhältnis die unterschiedlichen Bilddisziplinen zueinander stehen, insbesondere in der Frage, welche Stellung der Kunstgeschichte hierbei zukommt. Um diese Frage angemessen zu verstehen, ist es wichtig, sich klar zu machen, dass sich in der deutschsprachigen bildwissenschaftlichen Diskussion innerhalb der letzten zehn Jahre eine gewisse Konkurrenz verschärft hat. Einerseits gibt es innerhalb der Kunstgeschichte das Bemühen, Kunstgeschichte als Bildwissenschaft zu betreiben. Dies Bemühen ist in besonderer Weise mit dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp verbunden. Andererseits gibt es in den Sozialwissenschaften zahlreiche empirisch ausgerichtete und in der Philosophie etliche begrifflich orientierte bildtheoretische Unternehmungen, die eine interdisziplinäre Ausrichtung anstreben. Aus meiner Sicht stehen diese Ansätze nicht in Konkurrenz zueinander. Vielmehr ergänzen sie sich. Da in den verschiedenen Disziplinen jedoch unterschiedliche Standards bestehen, wurde teilweise der gegenseitig erhobene Vorwurf begünstig, dass die jeweils anderen bildwissenschaftlichen Ansätze wichtige Standards nicht erfüllen und daher zum Verständnis von Bildern zumindest nur eingeschränkt beitragen können.

Es ist meine Hoffnung, mit der Publikation der vorliegenden Beiträge (sowie mit der etwas später erfolgenden Publikation auch der übrigen Beitrage) zur Klärung dieser Probleme und damit zur Klärung des Verhältnisses insbesondere von Kunstgeschichte und interdisziplinärer Bildwissenschaft beizutragen, um so eine Grundlage für die fruchtbare Zusammenarbeit der diversen Bildwissenschaften zu ermöglichen, von der alle Beteiligten profitieren können.