Ästhesiologie
Unterpunkt zu: Wahrnehmungstheorien: Übersicht
Der Ausdruck ‘Ästhesiologie’Der Ausdruck ‘Ästhesiologie’ ist abgeleitet vom griechischen Wort ‘aisthesis’, ‘Wahrnehmung’. Er bedeutet im allgemeinen naturwissenschaftlichen oder medizinischen Sprachgebrauch die ‹Sinneslehre› oder die ‹Lehre von den Sinnesorganen bzw. Sinneswerkzeugen›.
Ästhesiologie bei PlessnerIm Anschluss an diese Begriffsbedeutung, aber mit dem spezifischen Zusatz ‘des Geistes’, konzipiert der Philosoph Helmuth Plessner (1892-1985) in seinem Buch «Einheit der Sinne», dem frühen Hauptwerk von 1923, eine umfassende Philosophie der menschlichen Sinne ([Plessner 1923a]Literaturangabe fehlt.
Plessners “Ästhesiologie des Geistes” unterscheidet sich in signifikanter Weise von einer physikalischen, psychologischen oder physiologischen, d.h. empirischen Erforschung der menschlichen Sinnesmodalitäten. Ähnlich wie die philosophischen Normwissenschaften Logik, Erkenntnistheorie, Ethik und Ästhetik, die ebenfalls nicht-emprisch verfahren, begreift Plessner die von ihm intendierte Theorie der Sinnesqualitäten als eine Normwissenschaft, die von ihm auch im Anschluss an eine Formulierung Goethes als eine ‘Kritik der Sinne’ bezeichnet wird ([Plessner 1923a]Literaturangabe fehlt. Diese „Kritik der Sinne“ zielt auf die Freilegung der „Sinngesetze der Sinnlichkeit“ (ebd.: S. 32). Dazu arbeitet Plessner eine sehr komplexe und voraussetzungsreiche neue Theorie des Geistes aus, mit deren Hilfe er den Versuch unternimmt, den “Sinn” der verschiedenen sinnlichen Modalitäten zu entdecken (vgl. [Lessing 1998a]Literaturangabe fehlt. Im Zentrum dieser Theorie des Geistes steht eine Theorie der Sinngebungsformen, die er mit dem Ziel konzipiert, „aus der Einheit des Sinns“ die „Mannigfaltigkeit der physischen Sinne“ zu verstehen ([Plessner 1923a]Literaturangabe fehlt. Da für Plessner nur diejenigen kulturellen Phänomene ästhesiologisch bedeutsam sind, bei denen jeweils nur eine Sinngebungsform mit nur einer Sinnesmodalität ein Verbindung eingegangen sind, konzentriert sich die ästhesiologische Untersuchung auf die euklidische Geometrie (als Verbindung der Modalität des Sehens mit der Sinngebungsform “Schematismus”) und die absolute Musik (als Verbindung der Modalität des Hörens mit der Sinngebungsform “Thematismus”). An diesen kulturellen Objektivationen entwickelt Plessner differenzierte Ästhesiologien des Sehens und Hörens und gewinnt dadurch ein Einblick in den jeweiligen “Sinn” dieser Modi.
Von der Ästhesiologie zur Anthropologie der SinneMit seiner Ästhesiologie verfolgt Plessner nicht nur insbesondere naturhermeneutische, erkenntnistheoretische und anthropologische, sondern auch dezidiert ästhetische Intentionen. Dazu zählt seine Kritik an den Bildern des Kubismus, Futurismus und Expressionismus sowie am abstrakten Film um 1920:
Plessner leitet seine Kritik aus einer „Wesensunvertauschbarkeit von Auge und Ohr“ ab. Zusammen damit hängt die Entwicklung der „Grundlegung einer Philosophie der Musik“, die Plessner gewissermaßen als die „Theorie des musikalischen Verstehens“ begreift, als ihre „aller Musikästhetik“ vorausgehende Erkenntnistheorie (ebd.: S. 384). Als Konsequenz seiner Ästhesiologien des Sehens und Hörens behauptet Plessner, dass es „Licht (und Farben) und Schall (und Töne)“ gibt, sei nicht zufällig, sondern „sinngemäß“. Damit ist verbunden „der werttheoretische, d.h. kulturkritische Nachweis einer gewissen Unvertauschbarkeit der Sinne, ihrer Unvertretbarkeit als wertspezifischer materiae primae“. Diese Unvertretbarkeit bedeutet einerseits, dass „in Farben und Umrißlinien nicht musiziert werden kann – was der Expressionismus wollte“ und andererseits, dass in Tönen und Melodien nicht schematisiert werden könne (ebd.: S. 380). Der späte Plessner greift das sinnesphilosophische Projekt der «Einheit der Sinne» wieder auf, indem er nun eine dezidierte Anthropologie der Sinne entwickelt ([Plessner 1970a]Literaturangabe fehlt. |
Anmerkungen
[Lessing 1998a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Plessner 1923a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Plessner 1951a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Plessner 1970a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [21], Dimitri Liebsch [12] und Eva Schürmann [1] — (Hinweis) |