Arabisch: 'sûra', 'wathan' und 'sanam': Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 6. November 2013, 18:23 Uhr

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Von großer Tragweite für das arabische Bildvokabular ist der Islam. Will man jenes erschließen, ist es sinnvoll, sich neben dem Koran auch den später verfassten Hadithen zuzuwenden. (In der sunnitischen Tradition sind dies die Sammlungen der Worte des Propheten, in der schiitischen werden auch die der frühen Imame berücksichtigt.) Der Koran polemisiert, in seiner Bilderfeindlichkeit (⊳ Idolatrie und Ikonoklasmus) dem Alten Testament ähnlich, gegen die in kleinen Statuen oder auch in schlichten, unbearbeiteten Steinen verkörperten Gottheiten der vorislamischen arabischen Kulte. Dabei handelt es sich u.a. um timthal (تمثال – Bild, Abbild, bildliche Darstellung, Standbild und Statue), wathan (وثن – Götzenbild), nasb (نصب – aufgerichteter Stein) und sanam (صنم – ein zumeist aus Metall gefertigtes Götzenbild) (vgl. [Naef 2007a]Naef, Silvia (2007).
Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck.

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: S. 12).[1] Schärfer ist die Polemik in den Hadithen, denen zufolge ein Hersteller von Bildern, selbst wenn seine Bilder keine derartigen Gottheiten zeigen, am Tag der Auferstehung die schlimmsten Qualen soll erdulden müssen.[2] Wieso steht das Verfertigen von Bildern unter einer derartigen Strafe?
Die Antwort auf diese Frage führt wieder zum Bildvokabular des Korans zurück. Eine grundsätzliche und ausführliche Auseinandersetzung mit Bildern im engeren Sinne sucht man hier verständlicherweise vergebens, da diese in den vorislamischen Kulten Arabiens kein Rolle gespielt haben. ‘Sûra’ (صورة), das arabische Substantiv für das Bild schlechthin, aber auch die Bezeichnung für Form und Gestalt, findet sich nur ein einziges Mal; und das dem Substantiv zugrunde liegende Verb ‘sawwara’ (صور), das soviel bedeutet wie ›etwas auf diese oder jene Art machen‹, ›bilden‹, ›ihm eine Form geben‹, ›schaffen‹, wird auch nur viermal verwendet (vgl. [Naef 2007a]Naef, Silvia (2007).
Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck.

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: S. 12f.). Bezeichnenderweise aber dienen Substantiv und Verb im Koran nicht zur Beschreibung von menschlichen Hervorbringungen oder Tätigkeiten, sondern zur Beschreibung von göttlichen: ‘Sûra’ ist in Sure 82,8 die Gestalt des von Gott geschaffenen Menschen, und ‘sawwara’ meint in den erwähnten Partien nichts anderes als das göttliche Schaffen (vgl. [Naef 2007a]Naef, Silvia (2007).
Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck.

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: S. 19f.). Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei dem von diesem Verb abgeleiteten Titel ‘al-mussawir’ (المصور – Gestalter, Schöpfer) auch um einen der neunundneunzig Namen Allahs handelt.
Anders als etwa im Alten Testament ( ⊳ Hebräisch: ‘päsäl’, ‘säläm’ und ‘demut’) besteht also im Islam schon aufgrund der Begrifflichkeit eine Konkurrenz zwischen Gott und Maler. Wie in den Hadithen ausgeführt, wird diese Konkurrenz vor allem beim Hervorbringen von Lebewesen virulent. Menschen und Tiere zu malen ist Hybris.[3] Die Strafe am Tag der Auferstehung besteht für den Maler darin, dass er quasi beim Wort genommen wird und seinen gemalten Lebewesen Leben einhauchen muss – und daran wird er qua Mensch wieder und wieder scheitern (vgl. [Paret 1960a]Paret, Rudi (1960).
Textbelege zum islamischen Bilderverbot.
In Das Werk des Künstlers. Studien zur Ikonographie und Formgeschichte, 36-48.

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: S. 43ff. und [Paret 1968a]Paret, Rudi (1968).
Das islamische Bilderverbot und die Schia.
In Festschrift Werner Caskel. Zum siebzigsten Geburtstag 5. März 1966 gewidmet von Freunden und Schülern, 242-232.

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: S. 230). Trotz der Verurteilung durch die Geistlichkeit hat es allerdings während der gesamten Geschichte des Islams immer wieder Bilder mit figürlichen Darstellungen gegeben.[4] Die Bilder werden dabei teils den religiösen Vorgaben angepasst – so kann der Maler dem Vorwurf der Hybris entgehen, wenn die Lebewesen auf seiner sûra (durch Abtrennen der Köpfe oder Durchlöchern der Körper) deutlich als nicht lebensfähig gekennzeichnet sind.[5] Teils lässt das islamische Recht gelegentlich Ausnahmen zu, wenn etwa Fotos wie im Fall von Ausweispapieren für darûra (ضرورة), d.h. für notwendig, erklärt werden.
Anmerkungen
  1. Hier und im Folgenden schulden wir Hanane Saidi Dank für die Einrichtung des Arabischen.
  2. Und dies sowohl gemäß der sunnitischen als auch der schiitischen Auffassung; vgl dazu [Paret 1960a]Paret, Rudi (1960).
    Textbelege zum islamischen Bilderverbot.
    In Das Werk des Künstlers. Studien zur Ikonographie und Formgeschichte, 36-48.

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    : S. 39f. und [Paret 1968a]Paret, Rudi (1968).
    Das islamische Bilderverbot und die Schia.
    In Festschrift Werner Caskel. Zum siebzigsten Geburtstag 5. März 1966 gewidmet von Freunden und Schülern, 242-232.

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    : S. 230.
  3. Neben der Hybris des Malers monieren die Hadithe auch die Unreinheit der Bilder, wodurch ein Gebet in ihrer Nähe unmöglich werde, und die Gefahr, dass sie zu polytheistischen Kulten verleiten könnten (vgl. dazu ausführlich [van Reenen 1990a]van Reenen, Daan (1990).
    The 'Bilderverbot'. A new survey. In Der Islam. Zeitschrift für Geschichte und Kultur des islamischen Orients, 67, 1, 27-77.

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    ).
  4. Vgl. [Naef 2007a]Naef, Silvia (2007).
    Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck.

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    : S. 68. – Übrigens auch mit Darstellungen Mohammeds: Die älteste heute noch erhaltene stammt aus dem 13. Jahrhundert, von noch älteren gibt es literarische Zeugnisse; vgl. [Grabar & Natif 2003a]Grabar, Oleg & Natif, Mika (2003).
    The Story of Portraits of the Prophet Muhammad. In Studia Islamica, 96, 19-37.

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    .
  5. Eine vergleichbare Anpassung greift auch bei den beiden anderen Monita der Hadithe. Der Unreinheit der Bilder soll durch ihre Verbannung aus den sakralen Bereichen begegnet werden; und die Verführung zum Polytheismus lasse sich durch eine besondere Platzierung der Bilder unterlaufen – denn das, worauf man sitze oder stehe, Kissen oder Teppiche also, bete man nicht an (vgl. [Naef 2007a]Naef, Silvia (2007).
    Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck.

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    : S. 21).
Literatur                             [Sammlung]

[Grabar & Natif 2003a]: Grabar, Oleg & Natif, Mika (2003). The Story of Portraits of the Prophet Muhammad. Studia Islamica, Band: 96, S. 19-37.

[Naef 2007a]: Naef, Silvia (2007). Bilder und Bilderverbot im Islam. München: C. H. Beck. [Paret 1960a]: Paret, Rudi (1960). Textbelege zum islamischen Bilderverbot. In: Fegers, H. (Hg.): Das Werk des Künstlers. Studien zur Ikonographie und Formgeschichte. Stutt­gart: Kohlhammer, S. 36-48. [Paret 1968a]: Paret, Rudi (1968). Das islamische Bilderverbot und die Schia. In: Gräf, E. (Hg.): Festschrift Werner Caskel. Zum siebzigsten Geburtstag 5. März 1966 gewidmet von Freunden und Schülern. Leiden: Brill, S. 242-232. [van Reenen 1990a]: van Reenen, Daan (1990). The 'Bilderverbot'. A new survey. Der Islam. Zeitschrift für Geschichte und Kultur des islamischen Orients, Band: 67, Nummer: 1, S. 27-77.


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Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [5] — (Hinweis)