Bildbewusstsein und Einbildungskraft: Unterschied zwischen den Versionen

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Wer sich einem Bild gegenüber&shy;sieht, ist sich dessen in der Regel bewusst. Dies zeigt sich beispiels&shy;weise darin, dass eine Person bei der Wahrneh&shy;mung des Bildes eines Apfels für gewöhn&shy;lich nicht auf die Idee kommen wird, nach der darge&shy;stellten Frucht zu greifen, um anschlie&shy;ßend in diese hinein&shy;zubei&shy;ßen. Ganz im Gegen&shy;teil darf damit gerech&shy;net werden, dass über die beson&shy;dere ''bildli&shy;che'' Quali&shy;tät des wahrge&shy;nomme&shy;nen Objekts Klarheit besteht, inso&shy;fern das, was im Modus der Bildlich&shy;keit gege&shy;ben ist, nicht mit der leibhaf&shy;tigen ''Präsenz'' des betref&shy;fenden Gegen&shy;standes verwech&shy;selt wird. Um in unse&shy;rem Beispiel zu bleiben: Der in einem Bild wahrge&shy;nomme&shy;ne Apfel wird gemein&shy;hin ledig&shy;lich als das ''Bild'' eines Apfels aufge&shy;fasst, nicht als der Apfel selbst, mit dem bekannt&shy;lich in ganz ande&shy;rer Weise umge&shy;gangen werden kann als mit dessen bildli&shy;cher Darstel&shy;lung.
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Nun hat erfahrungsgemäß jede Regel eine Ausnah&shy;me. So lassen sich selbstver&shy;ständlich Fälle denken, in denen einer bildbe&shy;trachten&shy;den Person das Ziehen einer klaren Grenze zwischen arti&shy;fiziel&shy;ler Bildprä&shy;senz<ref>Der Aus&shy;druck der ''ar&shy;ti&shy;fi&shy;zi&shy;el&shy;len Prä&shy;senz'' wur&shy;de von Lam&shy;bert Wie&shy;sing in Re&shy;kurs auf Ed&shy;mund Hus&shy;serl, Jean-Paul Sar&shy;tre und an&shy;de&shy;re phä&shy;no&shy;me&shy;no&shy;lo&shy;gi&shy;sche Au&shy;to&shy;ren in die Bild&shy;the&shy;o&shy;rie ein&shy;ge&shy;führt. Vgl. <bib id='Wiesing 2005a'>Wie&shy;sing 2005a</bib>.</ref> einer&shy;seits und leibhaf&shy;tiger Objekt&shy;präsenz ande&shy;rerseits offen&shy;kundig nicht gelun&shy;gen ist. Es ist durchaus möglich, einem Bild gegen&shy;über&shy;zuste&shy;hen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie die berühm&shy;te Zeuxis-Anek&shy;dote (<bib id='Plinius 2004a'></bib>: S. 57ff.) oder die Kunst des ''trompe l’œil'' bezeu&shy;gen, verweist die Fähig&shy;keit, Bilder wie ›echte‹ Dinge erschei&shy;nen zu lassen, auf ein konti&shy;nuierli&shy;ches Faszi&shy;nosum der abend&shy;ländi&shy;schen Kultur&shy;geschich&shy;te.
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Gleichwohl widerspricht diese Tatsa&shy;che nicht der These, dass der Modus der [[Bildwahrnehmung|Bildwahr&shy;nehmung]] stets an ein beson&shy;deres Bildbe&shy;wusstsein gekop&shy;pelt ist; sie bestä&shy;tigt sie vielmehr. Wer sich von einem ''trompe l’œil'' täuschen lässt, sieht sich offen&shy;sichtlich keinem ''Bild'', sondern einem leibhaf&shy;tigen ''Objekt'' gegen&shy;über (vgl. <bib id='Halawa 2008a'>Hala&shy;wa 2008a</bib>: S. 124ff., sowie ⊳ [[Dezeptiver und immersiver Modus|Dezep&shy;tiver und immer&shy;siver Modus]]). Erst im Moment der Auf&shy;deckung der zunächst nicht als solche erfass&shy;ten [[Wahrnehmungsillusion|Illu&shy;sion]] tritt ein Bildbe&shy;wusstsein in Kraft, durch welches das wahrge&shy;nomme&shy;ne Objekt aus dem Raum des Realen zurück&shy;tritt, um sodann in den Modus der Bildlich&shy;keit über&shy;führt zu werden (vgl. <bib id='Geimer 2007a'></bib>: S. 103f.). Wo es ein solches Bildbe&shy;wusstsein nicht gibt, gibt es auch keine Bildwahr&shy;nehmung. Oder um es mit Bernhard Rang zu sagen:
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:''[…] nichts [kann] ein Bild ''sein'', ohne auch ''als'' Bild ''gewußt'' oder ''verstan&shy;den'' zu werden.'' (<bib id='Rang 1990a'></bib>: S. 203, zitiert nach <bib id='Kapust 2009a'></bib>: S. 257)
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Bildlichkeit konstituiert sich mithin allei&shy;ne in Korres&shy;pondenz zu einem spezi&shy;fischen [[Bildbewusstsein|Bildbe&shy;wusstsein]]. Die Frage, inwie&shy;weit Bilder – ana&shy;log zum Phäno&shy;men des ''trompe l’œil'' – über ein illu&shy;sori&shy;sches oder simu&shy;lato&shy;risches Poten&shy;zial verfü&shy;gen, kann von daher nicht unab&shy;hängig von dem Phäno&shy;men des Bildbe&shy;wusstseins disku&shy;tiert werden ([[Simulation / Illusion|Simu&shy;lation / Illu&shy;sion]]).
  
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==Der Konnex von Bildbe&shy;wusstsein und Einbil&shy;dungskraft==
 
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Worin zeichnet sich nun die Beson&shy;derheit eines solchen Bildbe&shy;wusstseins aus? Wie kommt es zustan&shy;de? Welchen Bedin&shy;gungen unter&shy;liegt es? Welche kogni&shy;tiven und perzep&shy;tiven Kompe&shy;tenzen erfor&shy;dert es?
Worum geht es hier?  
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Fragen wie diese nehmen in zahlrei&shy;chen Zweigen der gegen&shy;wärti&shy;gen bildwis&shy;senschaft&shy;lichen Forschung einen wichti&shy;gen Stellen&shy;wert ein, darun&shy;ter beson&shy;ders in [[Phänomenologische Bildtheorien|phäno&shy;meno&shy;logi&shy;schen]] und kogni&shy;tionswis&shy;senschaft&shy;lichen Strömun&shy;gen der Bildthe&shy;orie. Die Antwor&shy;ten auf diese Fragen können dabei höchst unter&shy;schiedlich ausfal&shy;len.
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Eine Position, die disziplinen&shy;über&shy;greifend weitge&shy;hend Zustim&shy;mung erfährt, stammt von dem Philo&shy;sophen Hans Jonas, der im Rahmen seiner [[Bildanthropologie|bild&shy;anthro&shy;polo&shy;gischen]] Studien behaup&shy;tete, dass nur solche Wesen zur Produk&shy;tion und Rezep&shy;tion von bildlichen Darstel&shy;lungen in der Lage seien, die über ein beson&shy;deres Vorstel&shy;lungsver&shy;mögen verfü&shy;gen würden (<bib id='Jonas 1961a'></bib>: S. 174). Die Fähig&shy;keit, Bilder zu produ&shy;zieren und im Rahmen der Wahrneh&shy;mung ''als solche'' (d.h.: ''als Bilder'' und nicht als leibhaf&shy;tige Objek&shy;te) zu rezi&shy;pieren, wird damit an die Viru&shy;lenz einer beson&shy;deren (für Jonas: spezi&shy;fisch ''menschli&shy;chen'') ''Einbil&shy;dungskraft'' gekop&shy;pelt. Bildbe&shy;wusstsein und Einbil&shy;dungskraft wären für eine allge&shy;meine Bild&shy;theorie inso&shy;fern vor allem im Hinblick auf die Frage nach den kogni&shy;tiven und perzep&shy;tuellen Voraus&shy;setzun&shy;gen einer genu&shy;inen Bildfä&shy;higkeit bzw. Bildkom&shy;petenz unab&shy;dingba&shy;re Ausgangs&shy;punkte.
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas61a'>[Jonas 1961]</bib> -->
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<!--  ... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
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Doch auch diese These lässt eine Reihe von Fragen aufkom&shy;men: In welchem Verhält&shy;nis stehen [[Bildbewusstsein|Bildbe&shy;wusstsein]] und [[Einbildungskraft|Einbil&shy;dungskraft]] zuein&shy;ander? Gehen beide Phäno&shy;mene inein&shy;ander auf oder müssen auch hier genau&shy;ere Grenzen gezo&shy;gen werden?
<!--  ... (siehe Bearbeitungslink in Bibliographie-Box -->
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<!-- Bilder als thumbs einsetzen, Muster: [[Datei:Beispiel.png|thumb|Bildtitel]] -->
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Berücksichtigt man, dass gewöhnlich auch bei [[Vorstellungsbilder|Vorstel&shy;lungs-]], Phanta&shy;sie- oder sogar [[Traumbild|Traum&shy;bildern]] von dem Wirken einer Einbil&shy;dungskraft die Rede ist, stellt sich zudem noch eine weite&shy;re Frage: Sind die Vorstel&shy;lungen, die laut Jonas die Bedin&shy;gung der Möglich&shy;keit von bildli&shy;chen Darstel&shy;lungen sein sollen, selbst schon bildhaft? Diese Frage berührt zum einen die so genannte ''[[imagery debate|im&shy;agery de&shy;bate]]'', die in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhun&shy;derts in den Kogni&shy;tionswis&shy;senschaf&shy;ten und der Philo&shy;sophie des Geistes kontro&shy;vers geführt worden ist. Zum ande&shy;ren greift sie auf philo&shy;sophi&shy;sche Proble&shy;me zurück, die spätes&shy;tens seit Imma&shy;nuel Kants berühm&shy;ten Über&shy;legun&shy;gen zum Verhält&shy;nis zwischen [[Anschauung und Begriff|Anschau&shy;ung und Begriff]] in dessen «Kritik der reinen Vernunft» (vgl. <bib id='Kant 1968a'></bib>) bis heute inten&shy;siv disku&shy;tiert und im Rahmen der in dieser Sektion versam&shy;melten Unter&shy;punkte ausführ&shy;licher erör&shy;tert werden.
 
 
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* [[Bildnerisches Denken]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Bildvorstellungen -]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Einbildungskraft -]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|imagery debate -]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Simulation / Illusion -]]
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* [[Traumbild|Traumbild]]
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* [[Vorstellungsbilder / Mentale Modelle]]
 
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* [[Benutzer:Eva Schürmann ‎|Schürmann, ‎Eva ]]
 
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Aktuelle Version vom 14. Juli 2023, 22:42 Uhr

Hauptpunkt zu: Bild und Wahrnehmung


Zum Begriff des Bild­bewusst­seins

Wer sich einem Bild gegenüber­sieht, ist sich dessen in der Regel bewusst. Dies zeigt sich beispiels­weise darin, dass eine Person bei der Wahrneh­mung des Bildes eines Apfels für gewöhn­lich nicht auf die Idee kommen wird, nach der darge­stellten Frucht zu greifen, um anschlie­ßend in diese hinein­zubei­ßen. Ganz im Gegen­teil darf damit gerech­net werden, dass über die beson­dere bildli­che Quali­tät des wahrge­nomme­nen Objekts Klarheit besteht, inso­fern das, was im Modus der Bildlich­keit gege­ben ist, nicht mit der leibhaf­tigen Präsenz des betref­fenden Gegen­standes verwech­selt wird. Um in unse­rem Beispiel zu bleiben: Der in einem Bild wahrge­nomme­ne Apfel wird gemein­hin ledig­lich als das Bild eines Apfels aufge­fasst, nicht als der Apfel selbst, mit dem bekannt­lich in ganz ande­rer Weise umge­gangen werden kann als mit dessen bildli­cher Darstel­lung.

Nun hat erfahrungsgemäß jede Regel eine Ausnah­me. So lassen sich selbstver­ständlich Fälle denken, in denen einer bildbe­trachten­den Person das Ziehen einer klaren Grenze zwischen arti­fiziel­ler Bildprä­senz[1] einer­seits und leibhaf­tiger Objekt­präsenz ande­rerseits offen­kundig nicht gelun­gen ist. Es ist durchaus möglich, einem Bild gegen­über­zuste­hen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie die berühm­te Zeuxis-Anek­dote ([Plinius 2004a]Roderich König et al. (1990–2004).
G. Plinius Secundus d. Ä: Naturkunde / Naturalis historia : lateinisch-deutsch. Zürich: Artemis, unkritische Ausgabe des lateinischen Textes mit Übersetzung und Erläuterungen.

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: S. 57ff.) oder die Kunst des trompe l’œil bezeu­gen, verweist die Fähig­keit, Bilder wie ›echte‹ Dinge erschei­nen zu lassen, auf ein konti­nuierli­ches Faszi­nosum der abend­ländi­schen Kultur­geschich­te.
Gleichwohl widerspricht diese Tatsa­che nicht der These, dass der Modus der Bildwahr­nehmung stets an ein beson­deres Bildbe­wusstsein gekop­pelt ist; sie bestä­tigt sie vielmehr. Wer sich von einem trompe l’œil täuschen lässt, sieht sich offen­sichtlich keinem Bild, sondern einem leibhaf­tigen Objekt gegen­über (vgl. [Hala­wa 2008a]Halawa, Mark A. (2008).
Wie sind Bilder möglich? Argumente für eine semiotische Fundierung des Bildbegriffs. Köln: Halem.

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: S. 124ff., sowie ⊳ Dezep­tiver und immer­siver Modus). Erst im Moment der Auf­deckung der zunächst nicht als solche erfass­ten Illu­sion tritt ein Bildbe­wusstsein in Kraft, durch welches das wahrge­nomme­ne Objekt aus dem Raum des Realen zurück­tritt, um sodann in den Modus der Bildlich­keit über­führt zu werden (vgl. [Geimer 2007a]Geimer, Peter (2007).
Das Bild als Spur. Mutmaßung über ein untotes Paradigma.
In Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst, 95-120.

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: S. 103f.). Wo es ein solches Bildbe­wusstsein nicht gibt, gibt es auch keine Bildwahr­nehmung. Oder um es mit Bernhard Rang zu sagen:
[…] nichts [kann] ein Bild sein, ohne auch als Bild gewußt oder verstan­den zu werden. ([Rang 1990a]Rang, Bernhard (1990).
Husserls Phänomenologie der materiellen Natur. Frank­furt/M.: Klostermann.

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: S. 203, zitiert nach [Kapust 2009a]Kapust, Antje (2009).
Phänomenologische Bildpositionen.
In Bildtheorien. Anthropologische und kulturelle Grundlagen des Visualistic Turn, 255-283.

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: S. 257)

Bildlichkeit konstituiert sich mithin allei­ne in Korres­pondenz zu einem spezi­fischen Bildbe­wusstsein. Die Frage, inwie­weit Bilder – ana­log zum Phäno­men des trompe l’œil – über ein illu­sori­sches oder simu­lato­risches Poten­zial verfü­gen, kann von daher nicht unab­hängig von dem Phäno­men des Bildbe­wusstseins disku­tiert werden (Simu­lation / Illu­sion).


Der Konnex von Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft

Worin zeichnet sich nun die Beson­derheit eines solchen Bildbe­wusstseins aus? Wie kommt es zustan­de? Welchen Bedin­gungen unter­liegt es? Welche kogni­tiven und perzep­tiven Kompe­tenzen erfor­dert es?

Fragen wie diese nehmen in zahlrei­chen Zweigen der gegen­wärti­gen bildwis­senschaft­lichen Forschung einen wichti­gen Stellen­wert ein, darun­ter beson­ders in phäno­meno­logi­schen und kogni­tionswis­senschaft­lichen Strömun­gen der Bildthe­orie. Die Antwor­ten auf diese Fragen können dabei höchst unter­schiedlich ausfal­len.

Eine Position, die disziplinen­über­greifend weitge­hend Zustim­mung erfährt, stammt von dem Philo­sophen Hans Jonas, der im Rahmen seiner bild­anthro­polo­gischen Studien behaup­tete, dass nur solche Wesen zur Produk­tion und Rezep­tion von bildlichen Darstel­lungen in der Lage seien, die über ein beson­deres Vorstel­lungsver­mögen verfü­gen würden ([Jonas 1961a]Jonas, Hans (1961).
Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. In Zeitschrift für Philosophische Forschung, 15, 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43.

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: S. 174). Die Fähig­keit, Bilder zu produ­zieren und im Rahmen der Wahrneh­mung als solche (d.h.: als Bilder und nicht als leibhaf­tige Objek­te) zu rezi­pieren, wird damit an die Viru­lenz einer beson­deren (für Jonas: spezi­fisch menschli­chen) Einbil­dungskraft gekop­pelt. Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft wären für eine allge­meine Bild­theorie inso­fern vor allem im Hinblick auf die Frage nach den kogni­tiven und perzep­tuellen Voraus­setzun­gen einer genu­inen Bildfä­higkeit bzw. Bildkom­petenz unab­dingba­re Ausgangs­punkte.

Doch auch diese These lässt eine Reihe von Fragen aufkom­men: In welchem Verhält­nis stehen Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft zuein­ander? Gehen beide Phäno­mene inein­ander auf oder müssen auch hier genau­ere Grenzen gezo­gen werden?

Berücksichtigt man, dass gewöhnlich auch bei Vorstel­lungs-, Phanta­sie- oder sogar Traum­bildern von dem Wirken einer Einbil­dungskraft die Rede ist, stellt sich zudem noch eine weite­re Frage: Sind die Vorstel­lungen, die laut Jonas die Bedin­gung der Möglich­keit von bildli­chen Darstel­lungen sein sollen, selbst schon bildhaft? Diese Frage berührt zum einen die so genannte im­agery de­bate, die in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhun­derts in den Kogni­tionswis­senschaf­ten und der Philo­sophie des Geistes kontro­vers geführt worden ist. Zum ande­ren greift sie auf philo­sophi­sche Proble­me zurück, die spätes­tens seit Imma­nuel Kants berühm­ten Über­legun­gen zum Verhält­nis zwischen Anschau­ung und Begriff in dessen «Kritik der reinen Vernunft» (vgl. [Kant 1968a]Kant, Immanuel (1968).
Kritik der reinen Vernunft. Berlin: de Gruyter, A: 1781, B: 1787.

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) bis heute inten­siv disku­tiert und im Rahmen der in dieser Sektion versam­melten Unter­punkte ausführ­licher erör­tert werden.
Anmerkungen
  1. Der Aus­druck der ar­ti­fi­zi­el­len Prä­senz wur­de von Lam­bert Wie­sing in Re­kurs auf Ed­mund Hus­serl, Jean-Paul Sar­tre und an­de­re phä­no­me­no­lo­gi­sche Au­to­ren in die Bild­the­o­rie ein­ge­führt. Vgl. [Wie­sing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
    Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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Literatur                             [Sammlung]

[Geimer 2007a]: Geimer, Peter (2007). Das Bild als Spur. Mutmaßung über ein untotes Paradigma. In: Krämer, S.; Kogge, W. & Grube, G. (Hg.): Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst. Frank­furt/M.: Suhr­kamp, S. 95-120.

[Hala­wa 2008a]: Halawa, Mark A. (2008). Wie sind Bilder möglich? Argumente für eine semiotische Fundierung des Bildbegriffs. Köln: Halem. [Jonas 1961a]: Jonas, Hans (1961). Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. Zeitschrift für Philosophische Forschung, Band: 15, S. 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. [Kant 1968a]: Kant, Immanuel (1968). Kritik der reinen Vernunft. Berlin: de Gruyter, A: 1781, B: 1787. [Kapust 2009a]: Kapust, Antje (2009). Phänomenologische Bildpositionen. In: Sachs-Hom­bach, K. (Hg.): Bildtheorien. Anthropologische und kulturelle Grundlagen des Visualistic Turn. Frank­furt/M.: Suhr­kamp, S. 255-283. [Plinius 2004a]: Roderich König et al. (Hg.) (1990–2004). G. Plinius Secundus d. Ä: Naturkunde / Naturalis historia : lateinisch-deutsch. Zürich: Artemis, unkritische Ausgabe des lateinischen Textes mit Übersetzung und Erläuterungen. [Rang 1990a]: Rang, Bernhard (1990). Husserls Phänomenologie der materiellen Natur. Frank­furt/M.: Klostermann. [Wie­sing 2005a]: Wiesing, Lambert (2005). Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [26], Mark A. Halawa [17] und Eva Schürmann [3] — (Hinweis)