Bildbewusstsein und Einbildungskraft: Unterschied zwischen den Versionen

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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==Zum Begriff des Bild&shy;bewusst&shy;seins==
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Wer sich einem Bild gegenüber&shy;sieht, ist sich dessen in der Regel bewusst. Dies zeigt sich beispiels&shy;weise darin, dass eine Person bei der Wahrneh&shy;mung des Bildes eines Apfels für gewöhn&shy;lich nicht auf die Idee kommen wird, nach der darge&shy;stellten Frucht zu greifen, um anschlie&shy;ßend in diese hinein&shy;zubei&shy;ßen. Ganz im Gegen&shy;teil darf damit gerech&shy;net werden, dass über die beson&shy;dere ''bildli&shy;che'' Quali&shy;tät des wahrge&shy;nomme&shy;nen Objekts Klarheit besteht, inso&shy;fern das, was im Modus der Bildlich&shy;keit gege&shy;ben ist, nicht mit der leibhaf&shy;tigen ''Präsenz'' des betref&shy;fenden Gegen&shy;standes verwech&shy;selt wird. Um in unse&shy;rem Beispiel zu bleiben: Der in einem Bild wahrge&shy;nomme&shy;ne Apfel wird gemein&shy;hin ledig&shy;lich als das ''Bild'' eines Apfels aufge&shy;fasst, nicht als der Apfel selbst, mit dem bekannt&shy;lich in ganz ande&shy;rer Weise umge&shy;gangen werden kann als mit dessen bildli&shy;cher Darstel&shy;lung.
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Nun hat erfahrungsgemäß jede Regel eine Ausnah&shy;me. So lassen sich selbstver&shy;ständlich Fälle denken, in denen einer bildbe&shy;trachten&shy;den Person das Ziehen einer klaren Grenze zwischen arti&shy;fiziel&shy;ler Bildprä&shy;senz<ref>Der Aus&shy;druck der ''ar&shy;ti&shy;fi&shy;zi&shy;el&shy;len Prä&shy;senz'' wur&shy;de von Lam&shy;bert Wie&shy;sing in Re&shy;kurs auf Ed&shy;mund Hus&shy;serl, Jean-Paul Sar&shy;tre und an&shy;de&shy;re phä&shy;no&shy;me&shy;no&shy;lo&shy;gi&shy;sche Au&shy;to&shy;ren in die Bild&shy;the&shy;o&shy;rie ein&shy;ge&shy;führt. Vgl. <bib id='Wiesing 2005a'>Wie&shy;sing 2005a</bib>.</ref> einer&shy;seits und leibhaf&shy;tiger Objekt&shy;präsenz ande&shy;rerseits offen&shy;kundig nicht gelun&shy;gen ist. Es ist durchaus möglich, einem Bild gegen&shy;über&shy;zuste&shy;hen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie die berühm&shy;te Zeuxis-Anek&shy;dote (<bib id='Plinius 2004a'></bib>: S. 57ff.) oder die Kunst des ''trompe l’œil'' bezeu&shy;gen, verweist die Fähig&shy;keit, Bilder wie ›echte‹ Dinge erschei&shy;nen zu lassen, auf ein konti&shy;nuierli&shy;ches Faszi&shy;nosum der abend&shy;ländi&shy;schen Kultur&shy;geschich&shy;te.
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Gleichwohl widerspricht diese Tatsa&shy;che nicht der These, dass der Modus der [[Bildwahrnehmung|Bildwahr&shy;nehmung]] stets an ein beson&shy;deres Bildbe&shy;wusstsein gekop&shy;pelt ist; sie bestä&shy;tigt sie vielmehr. Wer sich von einem ''trompe l’œil'' täuschen lässt, sieht sich offen&shy;sichtlich keinem ''Bild'', sondern einem leibhaf&shy;tigen ''Objekt'' gegen&shy;über (vgl. <bib id='Halawa 2008a'>Hala&shy;wa 2008a</bib>: S. 124ff., sowie ⊳ [[Dezeptiver und immersiver Modus|Dezep&shy;tiver und immer&shy;siver Modus]]). Erst im Moment der Auf&shy;deckung der zunächst nicht als solche erfass&shy;ten [[Wahrnehmungsillusion|Illu&shy;sion]] tritt ein Bildbe&shy;wusstsein in Kraft, durch welches das wahrge&shy;nomme&shy;ne Objekt aus dem Raum des Realen zurück&shy;tritt, um sodann in den Modus der Bildlich&shy;keit über&shy;führt zu werden (vgl. <bib id='Geimer 2007a'></bib>: S. 103f.). Wo es ein solches Bildbe&shy;wusstsein nicht gibt, gibt es auch keine Bildwahr&shy;nehmung. Oder um es mit Bernhard Rang zu sagen:
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:''[…] nichts [kann] ein Bild ''sein'', ohne auch ''als'' Bild ''gewußt'' oder ''verstan&shy;den'' zu werden.'' (<bib id='Rang 1990a'></bib>: S. 203, zitiert nach <bib id='Kapust 2009a'></bib>: S. 257)
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Bildlichkeit konstituiert sich mithin allei&shy;ne in Korres&shy;pondenz zu einem spezi&shy;fischen [[Bildbewusstsein|Bildbe&shy;wusstsein]]. Die Frage, inwie&shy;weit Bilder – ana&shy;log zum Phäno&shy;men des ''trompe l’œil'' – über ein illu&shy;sori&shy;sches oder simu&shy;lato&shy;risches Poten&shy;zial verfü&shy;gen, kann von daher nicht unab&shy;hängig von dem Phäno&shy;men des Bildbe&shy;wusstseins disku&shy;tiert werden ([[Simulation / Illusion|Simu&shy;lation / Illu&shy;sion]]).
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==Der Konnex von Bildbe&shy;wusstsein und Einbil&shy;dungskraft==
=====Zum Begriff des Bildbewusstseins=====
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Worin zeichnet sich nun die Beson&shy;derheit eines solchen Bildbe&shy;wusstseins aus? Wie kommt es zustan&shy;de? Welchen Bedin&shy;gungen unter&shy;liegt es? Welche kogni&shy;tiven und perzep&shy;tiven Kompe&shy;tenzen erfor&shy;dert es?
Wer sich einem Bild gegenübersieht, ist sich dessen in der Regel bewusst. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass eine Person bei der Wahrnehmung des Bildes eines Apfels für gewöhnlich nicht auf die Idee kommen wird, nach der dargestellten Frucht zu greifen, um anschließend in diese hineinzubeißen. Ganz im Gegenteil darf damit gerechnet werden, dass über die besondere ''bildliche'' Qualität des wahrgenommenen Objekts Klarheit besteht, insofern das, was im Modus der Bildlichkeit gegeben ist, nicht mit der leibhaftigen ''Präsenz'' des betreffenden Gegenstandes verwechselt wird. Um in unserem Beispiel zu bleiben: Der in einem Bild wahrgenommene Apfel wird gemeinhin lediglich als das ''Bild'' eines Apfels aufgefasst, nicht als der Apfel selbst, mit dem bekanntlich in ganz anderer Weise umgegangen werden kann als mit dessen bildlicher Darstellung.
 
 
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Nun hat erfahrungsgemäß jede Regel eine Ausnahme. So lassen sich selbstverständlich Fälle denken, in denen einer bildbetrachtenden Person das Ziehen einer klaren Grenze zwischen artifizieller Bildpräsenz<ref>Der Begriff der ''artifiziellen Präsenz'' wurde von Lambert Wiesing in Rekurs auf Edmund Husserl, Jean-Paul Sartre und andere phänomenologische Autoren in die Bildtheorie eingeführt. Vgl. <bib id='Wiesing 2005a'></bib>.</ref> einerseits und leibhaftiger Objektpräsenz andererseits offenkundig nicht gelungen ist. Es ist durchaus möglich, einem Bild gegenüberzustehen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie die berühmte Zeuxis-Anekdote (<bib id='Plinius 2004a'></bib>: S. 57ff.) oder die Kunst des ''trompe l’œil'' bezeugen, verweist die Fähigkeit, Bilder wie ›echte‹ Dinge erscheinen zu lassen, auf ein kontinuierliches Faszinosum der abendländischen Kulturgeschichte. Gleichwohl widerspricht diese Tatsache nicht der These, dass der Modus der [[Bildwahrnehmung]] stets an ein besonderes Bildbewusstsein gekoppelt ist; sie bestätigt sie vielmehr. Wer sich von einem ''trompe l’œil'' täuschen lässt, sieht sich offensichtlich keinem ''Bild'', sondern einem leibhaftigen ''Objekt'' gegenüber (vgl. <bib id='Geimer 2007a></bib>: S. 102f.; <bib id='Halawa 2008a'></bib>: S. 124ff.). Erst im Moment der Aufdeckung der zunächst nicht als solche erfassten [[Wahrnehmungsillusion|Illusion]] tritt ein Bildbewusstsein in Kraft, durch welches das wahrgenommene Objekt aus dem Raum des Realen zurücktritt, um sodann in den Modus der Bildlichkeit überführt zu werden (vgl. <bib id='Geimer 2007a'></bib>: S. 103f.). Wo es ein solches Bildbewusstsein nicht gibt, gibt es auch keine Bildwahrnehmung. Oder um es mit Bernhard Rang zu sagen: „[…] nichts [kann] ein Bild ''sein'', ohne auch ''als'' Bild ''gewußt'' oder ''verstanden'' zu werden.“ (<bib id='Rang 1990a'></bib>: S. 203, zitiert nach <bib id='Kapust 2009a'></bib>: S. 257) Bildlichkeit konstituiert sich mithin alleine in Korrespondenz zu einem spezifischen [[Bildbewusstsein]]. Die Frage, inwieweit Bilder – analog zum Phänomen des ''trompe l’œil'' – über ein illusorisches oder simulatorisches Potenzial verfügen, kann von daher nicht unabhängig von dem Phänomen des Bildbewusstseins diskutiert werden ([[Simulation / Illusion]]).
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Fragen wie diese nehmen in zahlrei&shy;chen Zweigen der gegen&shy;wärti&shy;gen bildwis&shy;senschaft&shy;lichen Forschung einen wichti&shy;gen Stellen&shy;wert ein, darun&shy;ter beson&shy;ders in [[Phänomenologische Bildtheorien|phäno&shy;meno&shy;logi&shy;schen]] und kogni&shy;tionswis&shy;senschaft&shy;lichen Strömun&shy;gen der Bildthe&shy;orie. Die Antwor&shy;ten auf diese Fragen können dabei höchst unter&shy;schiedlich ausfal&shy;len.  
 
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=====Der Konnex von Bildbewusstein und Einbildungskraft=====
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Eine Position, die disziplinen&shy;über&shy;greifend weitge&shy;hend Zustim&shy;mung erfährt, stammt von dem Philo&shy;sophen Hans Jonas, der im Rahmen seiner [[Bildanthropologie|bild&shy;anthro&shy;polo&shy;gischen]] Studien behaup&shy;tete, dass nur solche Wesen zur Produk&shy;tion und Rezep&shy;tion von bildlichen Darstel&shy;lungen in der Lage seien, die über ein beson&shy;deres Vorstel&shy;lungsver&shy;mögen verfü&shy;gen würden (<bib id='Jonas 1961a'></bib>: S. 174). Die Fähig&shy;keit, Bilder zu produ&shy;zieren und im Rahmen der Wahrneh&shy;mung ''als solche'' (d.h.: ''als Bilder'' und nicht als leibhaf&shy;tige Objek&shy;te) zu rezi&shy;pieren, wird damit an die Viru&shy;lenz einer beson&shy;deren (für Jonas: spezi&shy;fisch ''menschli&shy;chen'') ''Einbil&shy;dungskraft'' gekop&shy;pelt. Bildbe&shy;wusstsein und Einbil&shy;dungskraft wären für eine allge&shy;meine Bild&shy;theorie inso&shy;fern vor allem im Hinblick auf die Frage nach den kogni&shy;tiven und perzep&shy;tuellen Voraus&shy;setzun&shy;gen einer genu&shy;inen Bildfä&shy;higkeit bzw. Bildkom&shy;petenz unab&shy;dingba&shy;re Ausgangs&shy;punkte.
Worin zeichnet sich nun die Besonderheit eines solchen Bildbewusstseins aus? Wie kommt es zustande? Welchen Bedingungen unterliegt es? Welche kognitiven und perzeptiven Kompetenzen erfordert es?
 
 
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Fragen wie diese nehmen in zahlreichen Zweigen der gegenwärtigen bildwissenschaftlichen Forschung einen wichtigen Stellenwert ein, darunter besonders in phänomenologischen und kognitionswissenschaftlichen Strömungen der Bildtheorie. Die Antworten auf diese Fragen können dabei höchst unterschiedlich ausfallen. Eine Position, die disziplinenübergreifend weitgehend Zustimmung erfährt, stammt von dem Philosophen Hans Jonas, der im Rahmen seiner [[Bildanthropologie|bildanthropologischen]] Studien behauptete, dass nur solche Wesen zur Produktion und Rezeption von bildlichen Darstellungen in der Lage seien, die über ein besonderes Vorstellungsvermögen verfügen würden (<bib id='Jonas 1961a'></bib>: S. 174). Die Fähigkeit, Bilder zu produzieren und im Rahmen der Wahrnehmung ''als solche'' (d.h.: ''als Bilder'' und nicht als leibhaftige Objekte) zu rezipieren, wird damit an die Virulenz einer besonderen (für Jonas: spezifisch ''menschlichen'') ''Einbildungskraft'' gekoppelt. Bildbewusstsein und Einbildungskraft wären für eine allgemeine Bildtheorie insofern vor allem im Hinblick auf die Frage nach den kognitiven und perzeptuellen Voraussetzungen einer genuinen Bildfähigkeit bzw. Bildkompetenz unabdingbare Ausgangspunkte.
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Doch auch diese These lässt eine Reihe von Fragen aufkom&shy;men: In welchem Verhält&shy;nis stehen [[Bildbewusstsein|Bildbe&shy;wusstsein]] und [[Einbildungskraft|Einbil&shy;dungskraft]] zuein&shy;ander? Gehen beide Phäno&shy;mene inein&shy;ander auf oder müssen auch hier genau&shy;ere Grenzen gezo&shy;gen werden?
 
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Doch auch diese These lässt eine Reihe von Fragen aufkommen: In welchem Verhältnis stehen [[Bildbewusstsein]] und [[Einbildungskraft]] zueinander? Gehen beide Phänomene ineinander auf oder müssen auch hier genauere Grenzen gezogen werden?
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Berücksichtigt man, dass gewöhnlich auch bei [[Vorstellungsbilder|Vorstel&shy;lungs-]], Phanta&shy;sie- oder sogar [[Traumbild|Traum&shy;bildern]] von dem Wirken einer Einbil&shy;dungskraft die Rede ist, stellt sich zudem noch eine weite&shy;re Frage: Sind die Vorstel&shy;lungen, die laut Jonas die Bedin&shy;gung der Möglich&shy;keit von bildli&shy;chen Darstel&shy;lungen sein sollen, selbst schon bildhaft? Diese Frage berührt zum einen die so genannte ''[[imagery debate|im&shy;agery de&shy;bate]]'', die in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhun&shy;derts in den Kogni&shy;tionswis&shy;senschaf&shy;ten und der Philo&shy;sophie des Geistes kontro&shy;vers geführt worden ist. Zum ande&shy;ren greift sie auf philo&shy;sophi&shy;sche Proble&shy;me zurück, die spätes&shy;tens seit Imma&shy;nuel Kants berühm&shy;ten Über&shy;legun&shy;gen zum Verhält&shy;nis zwischen [[Anschauung und Begriff|Anschau&shy;ung und Begriff]] in dessen «Kritik der reinen Vernunft» (vgl. <bib id='Kant 1968a'></bib>) bis heute inten&shy;siv disku&shy;tiert und im Rahmen der in dieser Sektion versam&shy;melten Unter&shy;punkte ausführ&shy;licher erör&shy;tert werden.
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Berücksichtigt man, dass gewöhnlich auch bei [[Vorstellungsbilder|Vorstellungs-]], Phantasie- oder sogar [[Traumbild|Traumbildern]] von dem Wirken einer Einbildungskraft die Rede ist, stellt sich zudem noch eine weitere Frage: Sind die Vorstellungen, die laut Jonas die Bedingung der Möglichkeit von bildlichen Darstellungen sein sollen, selbst schon bildhaft? Diese Frage berührt zum einen die so genannte [[imagery debate]], die in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts in den Kognitionswissenschaften und der Philosophie des Geistes kontrovers geführt worden ist. Zum anderen greift sie auf philosophische Probleme zurück, die spätestens seit Immanuel Kants berühmten Überlegungen zum Verhältnis zwischen [[Anschauung und Begriff]] in dessen ''Kritik der reinen Vernunft'' bis heute intensiv diskutiert und im Rahmen der in dieser Sektion versammelten Unterpunkte ausführlicher erörtert werden.
 
  
 
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* [[Bildbewusstsein]]
 
* [[Bildbewusstsein]]
* [[Bildvorstellungen]]
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* [[Bildnerisches Denken]]
* [[Einbildungskraft]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Bildvorstellungen -]]
* [[imagery debate]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Einbildungskraft -]]
* [[Simulation / Illusion]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|imagery debate -]]
* [[Wahrnehmungsillusion]]
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* [[Hilfe:Entschuldigung1|Simulation / Illusion -]]
* [[Traumbild]]
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* [[Traumbild|Traumbild]]
* [[Vorstellungsbilder]]
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* [[Vorstellungsbilder / Mentale Modelle]]
 
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Aktuelle Version vom 14. Juli 2023, 21:42 Uhr

Hauptpunkt zu: Bild und Wahrnehmung


Zum Begriff des Bild­bewusst­seins

Wer sich einem Bild gegenüber­sieht, ist sich dessen in der Regel bewusst. Dies zeigt sich beispiels­weise darin, dass eine Person bei der Wahrneh­mung des Bildes eines Apfels für gewöhn­lich nicht auf die Idee kommen wird, nach der darge­stellten Frucht zu greifen, um anschlie­ßend in diese hinein­zubei­ßen. Ganz im Gegen­teil darf damit gerech­net werden, dass über die beson­dere bildli­che Quali­tät des wahrge­nomme­nen Objekts Klarheit besteht, inso­fern das, was im Modus der Bildlich­keit gege­ben ist, nicht mit der leibhaf­tigen Präsenz des betref­fenden Gegen­standes verwech­selt wird. Um in unse­rem Beispiel zu bleiben: Der in einem Bild wahrge­nomme­ne Apfel wird gemein­hin ledig­lich als das Bild eines Apfels aufge­fasst, nicht als der Apfel selbst, mit dem bekannt­lich in ganz ande­rer Weise umge­gangen werden kann als mit dessen bildli­cher Darstel­lung.

Nun hat erfahrungsgemäß jede Regel eine Ausnah­me. So lassen sich selbstver­ständlich Fälle denken, in denen einer bildbe­trachten­den Person das Ziehen einer klaren Grenze zwischen arti­fiziel­ler Bildprä­senz[1] einer­seits und leibhaf­tiger Objekt­präsenz ande­rerseits offen­kundig nicht gelun­gen ist. Es ist durchaus möglich, einem Bild gegen­über­zuste­hen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie die berühm­te Zeuxis-Anek­dote ([Plinius 2004a]Literaturangabe fehlt.
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- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
: S. 57ff.) oder die Kunst des trompe l’œil bezeu­gen, verweist die Fähig­keit, Bilder wie ›echte‹ Dinge erschei­nen zu lassen, auf ein konti­nuierli­ches Faszi­nosum der abend­ländi­schen Kultur­geschich­te.

Gleichwohl widerspricht diese Tatsa­che nicht der These, dass der Modus der Bildwahr­nehmung stets an ein beson­deres Bildbe­wusstsein gekop­pelt ist; sie bestä­tigt sie vielmehr. Wer sich von einem trompe l’œil täuschen lässt, sieht sich offen­sichtlich keinem Bild, sondern einem leibhaf­tigen Objekt gegen­über (vgl. [Hala­wa 2008a]Halawa, Mark A. (2008).
Wie sind Bilder möglich? Argumente für eine semiotische Fundierung des Bildbegriffs. Köln: Herbert von Halem.

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: S. 124ff., sowie ⊳ Dezep­tiver und immer­siver Modus). Erst im Moment der Auf­deckung der zunächst nicht als solche erfass­ten Illu­sion tritt ein Bildbe­wusstsein in Kraft, durch welches das wahrge­nomme­ne Objekt aus dem Raum des Realen zurück­tritt, um sodann in den Modus der Bildlich­keit über­führt zu werden (vgl. [Geimer 2007a]Literaturangabe fehlt.
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- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
: S. 103f.). Wo es ein solches Bildbe­wusstsein nicht gibt, gibt es auch keine Bildwahr­nehmung. Oder um es mit Bernhard Rang zu sagen:
[…] nichts [kann] ein Bild sein, ohne auch als Bild gewußt oder verstan­den zu werden. ([Rang 1990a]Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
: S. 203, zitiert nach [Kapust 2009a]Literaturangabe fehlt.
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- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
: S. 257)

Bildlichkeit konstituiert sich mithin allei­ne in Korres­pondenz zu einem spezi­fischen Bildbe­wusstsein. Die Frage, inwie­weit Bilder – ana­log zum Phäno­men des trompe l’œil – über ein illu­sori­sches oder simu­lato­risches Poten­zial verfü­gen, kann von daher nicht unab­hängig von dem Phäno­men des Bildbe­wusstseins disku­tiert werden (Simu­lation / Illu­sion).


Der Konnex von Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft

Worin zeichnet sich nun die Beson­derheit eines solchen Bildbe­wusstseins aus? Wie kommt es zustan­de? Welchen Bedin­gungen unter­liegt es? Welche kogni­tiven und perzep­tiven Kompe­tenzen erfor­dert es?

Fragen wie diese nehmen in zahlrei­chen Zweigen der gegen­wärti­gen bildwis­senschaft­lichen Forschung einen wichti­gen Stellen­wert ein, darun­ter beson­ders in phäno­meno­logi­schen und kogni­tionswis­senschaft­lichen Strömun­gen der Bildthe­orie. Die Antwor­ten auf diese Fragen können dabei höchst unter­schiedlich ausfal­len.

Eine Position, die disziplinen­über­greifend weitge­hend Zustim­mung erfährt, stammt von dem Philo­sophen Hans Jonas, der im Rahmen seiner bild­anthro­polo­gischen Studien behaup­tete, dass nur solche Wesen zur Produk­tion und Rezep­tion von bildlichen Darstel­lungen in der Lage seien, die über ein beson­deres Vorstel­lungsver­mögen verfü­gen würden ([Jonas 1961a]Jonas, Hans (1961).
Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. In Zeitschrift für Philosophische Forschung, 15, 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43.

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: S. 174). Die Fähig­keit, Bilder zu produ­zieren und im Rahmen der Wahrneh­mung als solche (d.h.: als Bilder und nicht als leibhaf­tige Objek­te) zu rezi­pieren, wird damit an die Viru­lenz einer beson­deren (für Jonas: spezi­fisch menschli­chen) Einbil­dungskraft gekop­pelt. Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft wären für eine allge­meine Bild­theorie inso­fern vor allem im Hinblick auf die Frage nach den kogni­tiven und perzep­tuellen Voraus­setzun­gen einer genu­inen Bildfä­higkeit bzw. Bildkom­petenz unab­dingba­re Ausgangs­punkte.

Doch auch diese These lässt eine Reihe von Fragen aufkom­men: In welchem Verhält­nis stehen Bildbe­wusstsein und Einbil­dungskraft zuein­ander? Gehen beide Phäno­mene inein­ander auf oder müssen auch hier genau­ere Grenzen gezo­gen werden?

Berücksichtigt man, dass gewöhnlich auch bei Vorstel­lungs-, Phanta­sie- oder sogar Traum­bildern von dem Wirken einer Einbil­dungskraft die Rede ist, stellt sich zudem noch eine weite­re Frage: Sind die Vorstel­lungen, die laut Jonas die Bedin­gung der Möglich­keit von bildli­chen Darstel­lungen sein sollen, selbst schon bildhaft? Diese Frage berührt zum einen die so genannte im­agery de­bate, die in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhun­derts in den Kogni­tionswis­senschaf­ten und der Philo­sophie des Geistes kontro­vers geführt worden ist. Zum ande­ren greift sie auf philo­sophi­sche Proble­me zurück, die spätes­tens seit Imma­nuel Kants berühm­ten Über­legun­gen zum Verhält­nis zwischen Anschau­ung und Begriff in dessen «Kritik der reinen Vernunft» (vgl. [Kant 1968a]Literaturangabe fehlt.
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- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
) bis heute inten­siv disku­tiert und im Rahmen der in dieser Sektion versam­melten Unter­punkte ausführ­licher erör­tert werden.

Anmerkungen
  1. Der Aus­druck der ar­ti­fi­zi­el­len Prä­senz wur­de von Lam­bert Wie­sing in Re­kurs auf Ed­mund Hus­serl, Jean-Paul Sar­tre und an­de­re phä­no­me­no­lo­gi­sche Au­to­ren in die Bild­the­o­rie ein­ge­führt. Vgl. [Wie­sing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
    Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes.. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

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Literatur                             [Sammlung]

[Geimer 2007a]:
Literaturangabe fehlt.
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- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Hala­wa 2008a]: Halawa, Mark A. (2008). Wie sind Bilder möglich? Argumente für eine semiotische Fundierung des Bildbegriffs. Köln: Herbert von Halem.

[Jonas 1961a]: Jonas, Hans (1961). Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. Zeitschrift für Philosophische Forschung, Band: 15, S. 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. [Kant 1968a]:
Literaturangabe fehlt.
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- Glossarlemma.
[Kapust 2009a]:
Literaturangabe fehlt.
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- andere Publikation,
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[Plinius 2004a]:
Literaturangabe fehlt.
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- andere Publikation,
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[Rang 1990a]:
Literaturangabe fehlt.
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- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Wie­sing 2005a]: Wiesing, Lambert (2005). Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes.. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [26], Mark A. Halawa [17] und Eva Schürmann [3] — (Hinweis)