Bildhandeln: Unterschied zwischen den Versionen
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Letztlich führt Novitz sowohl die illo­kutio­nären Akte als auch die den Bild­status konsti­tuie­rende Ähn­lich­keit auf In­ten­tionen zurück. Damit be­ginnt seine Unter­scheidung zwischen Bild und Ge­brauch be­reits zu schwanken. Sie stürzt end­gültig ein, wenn er die bild­liche Dar­stellung (''depicting'') als inten­tionale Akti­vität (''intentional activity'') be­schreibt (vgl. <bib id='Novitz 1977a'></bib>: S. 8, 10 sowie 69). Dem­ent­spre­chend be­tont Novitz, dass Bilder nur für etwas stehen (also etwas deno­tieren), wenn sie zu diesem Zwecke ge­braucht werden. | Letztlich führt Novitz sowohl die illo­kutio­nären Akte als auch die den Bild­status konsti­tuie­rende Ähn­lich­keit auf In­ten­tionen zurück. Damit be­ginnt seine Unter­scheidung zwischen Bild und Ge­brauch be­reits zu schwanken. Sie stürzt end­gültig ein, wenn er die bild­liche Dar­stellung (''depicting'') als inten­tionale Akti­vität (''intentional activity'') be­schreibt (vgl. <bib id='Novitz 1977a'></bib>: S. 8, 10 sowie 69). Dem­ent­spre­chend be­tont Novitz, dass Bilder nur für etwas stehen (also etwas deno­tieren), wenn sie zu diesem Zwecke ge­braucht werden. | ||
− | :''[…] they are made to stand for things: they are used in a very | + | :''[…] they are made to stand for things: they are used in a very special way – either as a substitute for, in the place of, or instead of something or other. It is not as if we have a world of artefacts which stand for other things without being used to do so.'' (<bib id='Novitz 1977a'></bib>: S. 6) |
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Somit hängt für Novitz letztlich auch der Bild­status vom Ge­brauch ab, wo­durch er seine Bild-Ge­brauch-Unter­scheidung selbst unter­läuft. Das be­deutet aber nicht – wie Seja be­hauptet –, dass damit die „Zu­schrei­bung der illo­kutio­nären Rolle des Ab­bil­dens mit der Zu­schreibung des Bild­status iden­tisch“ (<bib id='Seja 2009a'></bib>: S. 86) ist. Viel­mehr gilt Novitz die Ab­bildung als Sache des [[Proposition|pro­posi­tiona­len]] Ge­halts (In­di­ka­tion und Att­ri­bu­tion), wo­rauf illo­kutio­näre Akte (im Sinne weiter­gehen­der Funk­tionen des Bildes wie ‘War­nen’, ‘Illus­trieren’ usw.) auf­bauen. Damit schließt Novitz an die in der Sprech­akt­theorie unter­schiede­nen Dimen­sionen der Be­deu­tung an. Ähn­lich wie ein Sprech­akt weist auch ein Bild­akt nicht eine uni­voke Be­deu­tung auf, sondern viel­mehr ver­schiede­ne in­ein­ander­greifen­de Be­deutun­gen, die (bei Searle, Novitz und Kjørup) je­weils durch Inten­tionen konsti­tuiert werden. Aus dem gleichen Grund ver­fehlt auch Sejas Kritik Kjørups Ansatz (vgl. <bib id='Seja 2009a'></bib>: S. 17, 73 und 84). Auch gegen Søren Kjørup wendet sie ein, dass man im Rahmen seiner Theorie dem Bild keine andere illo­kutio­näre Rolle als die der bild­lichen Dar­stellung zu­schreiben könne, ohne den Bild­status auf­zu­heben. Der Ein­wand Sejas be­ruht auf der fal­schen An­nahme, dass für ihn der Bild­status eine spezi­fische illo­kutio­näre Rolle dar­stellt. Sie über­sieht, dass im Rahmen von Kjørups an der Sprech­akt­theorie orien­tiertem An­satz die bild­liche Dar­stellung und damit der Bild­status durch den propo­sitio­nalen Gehalt und eben nicht durch den illo­kutio­nären Akt fest­gelegt wird. Denn Novitz wie auch Kjørup über­nehmen Searles Diffe­renzie­rung von Dimen­sionen eines Sprech­aktes und über­tragen diese auf Bilder. | Somit hängt für Novitz letztlich auch der Bild­status vom Ge­brauch ab, wo­durch er seine Bild-Ge­brauch-Unter­scheidung selbst unter­läuft. Das be­deutet aber nicht – wie Seja be­hauptet –, dass damit die „Zu­schrei­bung der illo­kutio­nären Rolle des Ab­bil­dens mit der Zu­schreibung des Bild­status iden­tisch“ (<bib id='Seja 2009a'></bib>: S. 86) ist. Viel­mehr gilt Novitz die Ab­bildung als Sache des [[Proposition|pro­posi­tiona­len]] Ge­halts (In­di­ka­tion und Att­ri­bu­tion), wo­rauf illo­kutio­näre Akte (im Sinne weiter­gehen­der Funk­tionen des Bildes wie ‘War­nen’, ‘Illus­trieren’ usw.) auf­bauen. Damit schließt Novitz an die in der Sprech­akt­theorie unter­schiede­nen Dimen­sionen der Be­deu­tung an. Ähn­lich wie ein Sprech­akt weist auch ein Bild­akt nicht eine uni­voke Be­deu­tung auf, sondern viel­mehr ver­schiede­ne in­ein­ander­greifen­de Be­deutun­gen, die (bei Searle, Novitz und Kjørup) je­weils durch Inten­tionen konsti­tuiert werden. Aus dem gleichen Grund ver­fehlt auch Sejas Kritik Kjørups Ansatz (vgl. <bib id='Seja 2009a'></bib>: S. 17, 73 und 84). Auch gegen Søren Kjørup wendet sie ein, dass man im Rahmen seiner Theorie dem Bild keine andere illo­kutio­näre Rolle als die der bild­lichen Dar­stellung zu­schreiben könne, ohne den Bild­status auf­zu­heben. Der Ein­wand Sejas be­ruht auf der fal­schen An­nahme, dass für ihn der Bild­status eine spezi­fische illo­kutio­näre Rolle dar­stellt. Sie über­sieht, dass im Rahmen von Kjørups an der Sprech­akt­theorie orien­tiertem An­satz die bild­liche Dar­stellung und damit der Bild­status durch den propo­sitio­nalen Gehalt und eben nicht durch den illo­kutio­nären Akt fest­gelegt wird. Denn Novitz wie auch Kjørup über­nehmen Searles Diffe­renzie­rung von Dimen­sionen eines Sprech­aktes und über­tragen diese auf Bilder. | ||
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Dementsprechend unterscheiden sie den loku­tionä­ren Bild­akt, den propo­sitio­nalen Gehalt und den illo­kutio­nären Akt von­ein­ander (vgl. <bib id='Kjørup 1978a'></bib>: S. 61-66).<ref>Austins und Searles per­lo­ku­tio­nä­rer Akt (im Sin­ne nicht-kon­ven­tio­na­li­sier­ter Wir­kun­gen ei­nes Bil­des) fin­det im Rah­men der Bild­theo­rien No­vitz’ und Kjø­rups kei­ne nen­nens­wer­te Be­rück­sich­ti­gung, zu­mal die von Austin und Searle an­ge­nom­me­nen Kri­te­rien zur Un­ter­schei­dung von Il­lo­ku­tion und Per­lo­ku­tion nicht oh­ne Wei­te­res auf Bil­der über­trag­bar sind.</ref> Der loku­tionä­re Akt be­steht ledig­lich in der Prä­senta­tion des Bildes. Der pro­posi­tiona­le Ge­halt um­fasst die [[Nomination|Re­fe­renz]] und die [[Prädikation|Prä­di­ka­tion]] des Bildes, wo­bei mit Re­fe­renz die Be­zug­nahme des Bildes auf das Dar­gestell­te ge­meint ist und mittels der Prä­dika­tion dem Bezugs­objekt Eigen­schaften zuge­schrieben werden. Der illo­kutio­näre Akt be­trifft den Zweck oder die Funk­tion des Bildes, z.B. kann ein Bild dazu ge­braucht werden, etwas zu illus­trieren, man kann aber auch jeman­den mittels des Bildes eines Hundes vor dem Wach­hund warnen usw. | Dementsprechend unterscheiden sie den loku­tionä­ren Bild­akt, den propo­sitio­nalen Gehalt und den illo­kutio­nären Akt von­ein­ander (vgl. <bib id='Kjørup 1978a'></bib>: S. 61-66).<ref>Austins und Searles per­lo­ku­tio­nä­rer Akt (im Sin­ne nicht-kon­ven­tio­na­li­sier­ter Wir­kun­gen ei­nes Bil­des) fin­det im Rah­men der Bild­theo­rien No­vitz’ und Kjø­rups kei­ne nen­nens­wer­te Be­rück­sich­ti­gung, zu­mal die von Austin und Searle an­ge­nom­me­nen Kri­te­rien zur Un­ter­schei­dung von Il­lo­ku­tion und Per­lo­ku­tion nicht oh­ne Wei­te­res auf Bil­der über­trag­bar sind.</ref> Der loku­tionä­re Akt be­steht ledig­lich in der Prä­senta­tion des Bildes. Der pro­posi­tiona­le Ge­halt um­fasst die [[Nomination|Re­fe­renz]] und die [[Prädikation|Prä­di­ka­tion]] des Bildes, wo­bei mit Re­fe­renz die Be­zug­nahme des Bildes auf das Dar­gestell­te ge­meint ist und mittels der Prä­dika­tion dem Bezugs­objekt Eigen­schaften zuge­schrieben werden. Der illo­kutio­näre Akt be­trifft den Zweck oder die Funk­tion des Bildes, z.B. kann ein Bild dazu ge­braucht werden, etwas zu illus­trieren, man kann aber auch jeman­den mittels des Bildes eines Hundes vor dem Wach­hund warnen usw. | ||
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− | Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprech­akt­theo­rie auf Bil­der über­tragen, über­nehmen sie aller­dings auch dessen Inten­tiona­lismus. Das Haupt­problem der An­sätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weni­ger in der An­nahme, dass ihnen der Bild­status als gebrauchs­abhän­gig gilt, sondern viel­mehr in der inten­tiona­ | + | Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprech­akt­theo­rie auf Bil­der über­tragen, über­nehmen sie aller­dings auch dessen Inten­tiona­lismus. Das Haupt­problem der An­sätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weni­ger in der An­nahme, dass ihnen der Bild­status als gebrauchs­abhän­gig gilt, sondern viel­mehr in der inten­tiona­listischen Be­gründung des Bild­status und der Bild­bedeu­tung. Damit stellt sich näm­lich die Frage nach der Er­kenn­bar­keit der frag­lichen Inten­tionen.<ref>Zu den Prob­le­men in­ten­tio­na­lis­ti­scher An­sätze vgl. <bib id='Black 1972a'></bib>: S. 112 und <bib id='Scholz 2004a'></bib>: S. 141ff.</ref> |
:c) ''Kommunikationsorientierte Perspektive – Tri­angu­lation'' | :c) ''Kommunikationsorientierte Perspektive – Tri­angu­lation'' |
Version vom 20. Mai 2015, 16:53 Uhr
Unterpunkt zu: Bildpragmatik
Das Verhältnis von Bild und HandelnBilder hängen nicht einfach nur an der Wand, sondern sind auf verschiedene Weisen mit verschiedenen Arten von Handlungen verknüpft bzw. in Handlungsvollzüge eingebettet. Der Terminus ‘Bildhandeln’ fasst die verschiedenen Handlungen zusammen, im Zuge derer Bilder geschaffen, rezipiert oder für diverse (meist kommunikative) Zwecke verwendet werden. Handlungstheorien des Bildes gehen je nach Erkenntnisinteresse von unterschiedlichen Fragestellungen aus und stellen dementsprechend je verschiedene Aspekte des Bildes und der beteiligten Handlungsvollzüge in den Vordergrund. Infolgedessen bieten sich die jeweiligen Ausgangsfragen als Einteilungsgrund für jene Theorien an. In dieser Perspektive lassen sich im Wesentlichen vier (miteinander verbundene) Diskussionsfelder unterscheiden. Erstens wird das Bildschaffen (sowie die Rezeption von Bildern) unter anthropologischem Gesichtspunkt untersucht. Ausgehend von der Annahme, dass Bilder spezifisch menschliche Artefakte sind, wird dabei nach den anthropologischen Möglichkeitsbedingungen des Bildschaffens gefragt. Zweitens wird die Verschiedenheit möglicher kommunikativer Zwecke von Bildern herausgearbeitet. Drittens wird versucht, den Bildstatus und die Bildbedeutung(en) vermittels des Gebrauchs der Bilder zu begründen. Viertens wird der Umgang mit interaktiven Bildern wie Computerspielen, (Computer-)Simulationen oder dem Handeln in virtuellen Realitäten untersucht (⊳ Cyberspace).
Perspektiven auf das Verhältnis von Bild und HandelnZur anthropologischen Rolle des Bildschaffens – der »homo pictor«Bilder sind Artefakte und verweisen damit immer auf jemanden, der sie geschaffen hat (⊳ Bildherstellung). Gerade in einer anthropologischen Perspektive wird geltend gemacht, dass das Herstellen von Bildern – das Bilden – eine spezifisch menschliche Tätigkeit sei und dementsprechend angesichts von Bildern immer auf einen menschlichen Schöpfer dieser Bilder geschlossen werden kann. Einflussreich ist in diesem Zusammenhang Hans Jonas’ Rede vom ‘homo pictor’ ([Jonas 1961a]Jonas, Hans (1961).Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. In Zeitschrift für Philosophische Forschung, 15, 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. Eintrag in Sammlung zeigen; vgl. auch die Aufsätze in [Boehm 2001a]Boehm, Gottfried (2001). Homo Pictor. München / Leipzig: Saur. Eintrag in Sammlung zeigen). Ihm gilt vor allem die Bildkompetenz im Sinne der Fähigkeit zum Herstellen und Rezipieren von Bildern als spezifisch menschliche Fähigkeit, anhand derer dieser von anderen Lebewesen unterschieden werden kann. Als Bedingungen der Möglichkeit jenes Bildvermögens und damit der Bildherstellung macht Jonas die Einbildungskraft oder Imaginationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zur Abstraktion aus. Das Interesse richtet sich hier somit auf ein Bildhandeln als Aktualisierung eines Bildvermögens als spezifisch menschlicher Fähigkeit (⊳ Bildanthropologie). Bilder als Werkzeuge – die Vielfalt kommunikativer ZweckeDie anthropologische Perspektive begnügt sich mit der Beobachtung, dass überhaupt Bilder hergestellt werden. Artefakte werden aber gewöhnlich zu einem bestimmten Zweck oder ggf. zu mehreren bestimmten Zwecken geschaffen. Naheliegendes Beispiel dafür sind Werkzeuge. Zwar kann man sicherlich auch das “Production Design” eines Hammers, einer Säge usw. bewundern oder verabscheuen, aber üblicherweise beurteilt man derartige Gegenstände danach, inwieweit sie ihren Zweck erfüllen. In Analogie zu Werkzeugen kann man nach den Funktionen oder Zwecken von Bildern fragen. Freilich können (ästhetische) Bilder auch ein Wohlgefallen oder Ähnliches auslösen, aber das wäre in dieser Perspektive nur eine Funktion neben anderen. Ein Funktionenmodell für Bildtexte. In Bildhandeln, 29-39. Eintrag in Sammlung zeigen). Die Liste ließe sich sicherlich noch erweitern, ebenso wie die Funktionen anders eingeteilt werden können. Hier kommt es nur darauf an, dass die Bilder qua Bilder diese Funktionen ausüben, also ihr Bildstatus vorausgesetzt wird. Phantasie, Bildbewusstsein, Erinnerung. Zur Phänomenologie der anschaulichen Vergegenwärtigungen. Texte aus dem Nachlass (1898-1925) (Husserliana XXIII). Den Haag / Boston / Dordrecht: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 19f.), die in der aktuellen Bildphilosophie insbesondere von Lambert Wiesing und Silvia Seja stark gemacht wird (vgl. [Wiesing 2004a]Wiesing, Lambert (2004). Pragmatismus und Performativität des Bildes. In Performativität und Medialität, 115-128. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 118ff. und [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: bes. S. 13 und 121f.). Die Anwendung dieser Trichotomie setzt allerdings die Entscheidung, ob es sich um ein Bild handelt, als bereits beantwortet voraus. In diesem Sinne ist hier das Bildhandeln gewissermaßen ein nachträgliches, insofern der Bildstatus unabhängig davon ist, dass der Gegenstand als Bild gebraucht wird. Im Anschluss an Wiesing bezeichnet Seja derartige Ansätze als ‘Pragmatismus des Bildes’ in Abgrenzung zur ‘Pragmatik des Bildes’ (vgl. [Wiesing 2004a]Wiesing, Lambert (2004). Pragmatismus und Performativität des Bildes. In Performativität und Medialität, 115-128. Eintrag in Sammlung zeigen und [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 11ff. et passim), welche die folgende Gruppe ausmacht. Gebrauchsabhängigkeit des Bildstatus und der BildbedeutungDie von der Werkzeuganalogie ausgehenden Ansätze thematisieren gewissermaßen ein nachträgliches Bildhandeln, insofern die Bildfunktionen und der entsprechende Umgang mit Bildern den Bildstatus als gegeben voraussetzen. Im Rahmen eines solchen „Pragmatismus des Bildes“ sind nur die nachträglichen Bildhandlungen gebrauchsabhängig. Dagegen gilt der „Pragmatik des Bildes“ bereits der Bildstatus selber sowie die Bezugnahme des Bildes auf das Dargestellte als gebrauchsabhängig. Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt/M.: Klostermann. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 139; vgl. auch ebd.: S. 137). Jene Gebrauchs- oder Verwendungsabhängigkeit des Bildes beschreibt Scholz vermittels einer Übertragung von Wittgensteins Sprachspiel-Konzeption auf Bilder: „Bilder sind in Bildspiele, Bildspiele in Lebensformen eingebettet.“ ([Scholz 2004a]Scholz, Oliver R. (2004). Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt/M.: Klostermann. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 158). Im Anschluss an Wittgenstein betont er die Vielfältigkeit solcher Bildspiele und eine (zumindest weitgehende) Unabhängigkeit der Verwendung von den Eigenschaften des Bildes selber:
Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt/M.: Klostermann. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 160ff.). Abgesehen von Scholz’ regelorientiertem, konventionalistisch gedeutetem Begriff des Bildspiels lassen sich im Wesentlichen drei Ansätze ausmachen, die den Bildstatus und die Bildbedeutung auf den Gebrauch zurückführen. Diese Ansätze unterscheiden sich dahingehend, ob sie dabei (vorrangig) vom (a) Bildrezipienten, vom (b) Bildproduzenten oder von der (c) Kommunikation ausgehen.
Kendall Walton schließt (ähnlich wie Scholz) an Wittgensteins Begriff des Sprachspiels an, wenn er behauptet, dass der Bildstatus sowie die Bedeutung von Bildern davon abhängen, dass wir mit ihnen Bildspiele (pictorial games) spielen – wenngleich er sich (anders als Scholz) nicht explizit auf Wittgenstein bezieht. Das Bildspiel im Sinne Waltons zeichnet sich dadurch aus, dass wir so tun, als ob, wir vor dem (abgebildeten) Gegenstand selbst ständen.
Pictures as Make-Believe. In The Philosophical Review, 82, 3, 283-319. Eintrag in Sammlung zeigen und [Walton 1990a]Walton, Kendall L. (1990). Mimesis as make-believe : on the foundations of the representational arts. Cambridge, Mass. [u.a.]: Harvard Univ. Press. Eintrag in Sammlung zeigen).
Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 34ff. und [Bryson 2001a]Norman Bryson (2001). Das Sehen und die Malerei. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 69ff.). In seiner Übertragung des Privatsprachenarguments auf die Bildrezeption betont Bryson, dass es intersubjektiv feststellbare Kriterien für eine (angemessene) Bildrezeption geben müsse, weshalb die Bildrezeption kaum in privaten Empfindungen und rein privaten kognitiven Akten bestehen könne.
Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 7f. und 67 und für Goodmans Konventionalismus [Kjørup 1978a]Kjørup, Søren (1987). Pictorial Speech Acts. In Erkenntnis, 12, 55-71. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 56). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 67). Diese Unterscheidung legt nahe, dass für Novitz der Bildstatus (Herstellung des Bildes sowie seine Abbildungsfunktion) unabhängig vom nachträglichen Gebrauch des Bildes ist. Demzufolge wird nur die illokutionäre Kraft des Bildes durch den Gebrauch und vor allem durch die Intentionen des Benutzers konstituiert – „how it is meant to be taken“ ([Novitz 1977a]Novitz, David (1977). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 71). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 103).[1] Allerdings führt er letztlich seinen Ähnlichkeitsbegriff auf Intentionen des Bildherstellers zurück. Da alles allem in irgendeiner Hinsicht ähnelt, müssen Ähnlichkeitshinsichten als relevant ausgezeichnet werden, soll die Ähnlichkeitsbehauptung nicht trivial sein. Die Auswahl der relevanten Hinsichten erfolgt laut Novitz ([Novitz 1977a]Novitz, David (1977). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 13-16) nach den Wünschen und Intentionen des Bildherstellers. Die Erkenn- bzw. Kommunizierbarkeit dieser Intentionen sieht Novitz durch die Verwendung von Konventionen gewährleistet (vgl. [Novitz 1977a]Novitz, David (1977). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 45-49). Pictures and their Use in Communication. A Philosphical Essay. Den Haag: Nijhoff. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 8, 10 sowie 69). Dementsprechend betont Novitz, dass Bilder nur für etwas stehen (also etwas denotieren), wenn sie zu diesem Zwecke gebraucht werden.
Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 86) ist. Vielmehr gilt Novitz die Abbildung als Sache des propositionalen Gehalts (Indikation und Attribution), worauf illokutionäre Akte (im Sinne weitergehender Funktionen des Bildes wie ‘Warnen’, ‘Illustrieren’ usw.) aufbauen. Damit schließt Novitz an die in der Sprechakttheorie unterschiedenen Dimensionen der Bedeutung an. Ähnlich wie ein Sprechakt weist auch ein Bildakt nicht eine univoke Bedeutung auf, sondern vielmehr verschiedene ineinandergreifende Bedeutungen, die (bei Searle, Novitz und Kjørup) jeweils durch Intentionen konstituiert werden. Aus dem gleichen Grund verfehlt auch Sejas Kritik Kjørups Ansatz (vgl. [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 17, 73 und 84). Auch gegen Søren Kjørup wendet sie ein, dass man im Rahmen seiner Theorie dem Bild keine andere illokutionäre Rolle als die der bildlichen Darstellung zuschreiben könne, ohne den Bildstatus aufzuheben. Der Einwand Sejas beruht auf der falschen Annahme, dass für ihn der Bildstatus eine spezifische illokutionäre Rolle darstellt. Sie übersieht, dass im Rahmen von Kjørups an der Sprechakttheorie orientiertem Ansatz die bildliche Darstellung und damit der Bildstatus durch den propositionalen Gehalt und eben nicht durch den illokutionären Akt festgelegt wird. Denn Novitz wie auch Kjørup übernehmen Searles Differenzierung von Dimensionen eines Sprechaktes und übertragen diese auf Bilder. Pictorial Speech Acts. In Erkenntnis, 12, 55-71. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 61-66).[2] Der lokutionäre Akt besteht lediglich in der Präsentation des Bildes. Der propositionale Gehalt umfasst die Referenz und die Prädikation des Bildes, wobei mit Referenz die Bezugnahme des Bildes auf das Dargestellte gemeint ist und mittels der Prädikation dem Bezugsobjekt Eigenschaften zugeschrieben werden. Der illokutionäre Akt betrifft den Zweck oder die Funktion des Bildes, z.B. kann ein Bild dazu gebraucht werden, etwas zu illustrieren, man kann aber auch jemanden mittels des Bildes eines Hundes vor dem Wachhund warnen usw. Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprechakttheorie auf Bilder übertragen, übernehmen sie allerdings auch dessen Intentionalismus. Das Hauptproblem der Ansätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weniger in der Annahme, dass ihnen der Bildstatus als gebrauchsabhängig gilt, sondern vielmehr in der intentionalistischen Begründung des Bildstatus und der Bildbedeutung. Damit stellt sich nämlich die Frage nach der Erkennbarkeit der fraglichen Intentionen.[3]
Sofern die Rezeptionsakte wie auch die Intentionen als private, mentale Zustände konzipiert werden, werfen sie das Problem ihrer intersubjektiven Erkennbarkeit auf. Dieses Problem stellt sich nicht für Ansätze, welche von der Kommunikation als Ganzer ausgehen statt von einem ihrer Pole. In eine solche Richtung geht der Ansatz von Matthias Vogel, der Davidsons Modell der Triangulation auf nicht-sprachliche Medien erweitert. Als ‘Triangulation’ bezeichnet Davidson die wechselseitige Interpretation der Handelnden und deren Interaktion mit ihrem Gegenstandsbereich. Die so verstandene Triangulation ist nach Davidson nötig, um Gedanken und Sprache einen spezifischen (propositionalen) Gehalt zu verleihen.
Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 120ff.). Kommunikation wird dabei als Kooperation verstanden, im Zuge derer die Kommunizierenden ihre Handlungen wechselseitig interpretieren und aufeinander anpassen. Je nach Zuverlässigkeit der Reaktionen stabilisieren sich bestimmte Äußerungstypen und -muster. Wie Davidson nimmt Vogel dabei an, dass Gedanken allererst durch die Sprache individuiert werden können: „Ehe durch Kommunikation mit einem anderen eine Grundlinie festgelegt ist, ist es witzlos zu sagen, die eigenen Gedanken oder Worte hätten einen propositionalen Inhalt.“ ([Davidson 2004a]Davidson, Donald (2004). Drei Spielarten des Wissens. In Subjektiv, intersubjektiv, objektiv, 339-363. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 352). Den sprachphilosophischen Gedanken Davidsons weitet er allerdings medientheoretisch aus: Ihm gelten Medien als konstitutive Mittel zur Individuierung von Gedanken (vgl. [Vogel 2003a]Vogel, Matthias (2003). Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 132). Er nimmt auch nichtsprachliche Gedanken an, „die mithilfe nichtsprachlicher Medien individuiert und kommuniziert werden können“ ( [Vogel 2003a]Vogel, Matthias (2003). Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 119). Vogels Adaption des Triangulationsmodells ist offensichtlich zunächst medienunspezifisch. Sein Modell ist weder dazu gedacht noch dazu geeignet, den Bildbegriff zu definieren oder den Bildstatus zu begründen. Zweck des Modells ist die Erläuterung medial vermittelter Kommunikation – unabhängig davon, ob es sich um sprachliche, bildhafte oder sonstige Medien handelt, wobei Vogel einen handlungstheoretischen Medienbegriff voraussetzt:
Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 132f.). Zu den Medien erster Ordnung zählt er nichtsprachliche Medien wie Musik, Malerei, Tanz usw. sowie sprachliche Medien. Den natürlichen Sprachen kommt dabei eine besondere Rolle zu, insofern institutionelle Einrichtungen und vor allem die Medien höherer Ordnung auf ihnen beruhen. Medien höherer Ordnung wie die Notenschrift oder das Morsealphabet beruhen auf expliziten Zuordnungsvorschriften und sind damit sprachabhängig: „In jedem Fall aber bleiben mediale Konstellationen in den Medien höherer Ordnung auf das Gedanken-Individuierungs-Potenzial der Medien erster Ordnung angewiesen […].“ ([Vogel 2003a]Vogel, Matthias (2003). Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 133). Zwar beruhen die höheren Medien auf natürlichen Sprachen, aber nicht die bildhaften Medien (erster Ordnung). Vielmehr betont Vogel die Eigenständigkeit bildlichen Medien gegenüber sprachlichen Medien (vgl. [Vogel 2003a]Vogel, Matthias (2003). Medien als Voraussetzungen für Gedanken. In Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, 107-134 + 213-215 [Anmerkungen]. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 116ff., sowie Notation). Umgang mit interaktiven Bildern – Probehandlungen und SimulationenComputerspiele, Simulationen und sogenannte virtuelle Realitäten ermöglichen ein Bildhandeln von einer völlig anderen Qualität als die bisher skizzierten Fälle. Sowohl die von Seja als pragmatistisch als auch die von ihr als pragmatisch bezeichneten Verwendungen von Bildern lassen die gebrauchten Bilder – sofern sie einmal geschaffen sind – unverändert. Dagegen ermöglichen Computerspiele, Simulationen und virtuelle Realitäten einen interaktiven Umgang mit Bildern. Der Benutzer rezipiert oder interpretiert die Bilder nicht einfach, sondern wirkt verändernd auf sie ein. Entsprechend geht es hierbei auch nicht mehr um statische, sondern um dynamische oder interaktive Bilder (⊳ Interaktives Bild). Anders als das traditionelle Tafelbild ermöglichen derartige Bilder eine spezifische Handhabbarkeit (vgl. [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009).Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 152). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 156ff.). Damit bezeichnet sie „Handlungen […], die keine Auswirkungen in der aktuellen Wirklichkeit haben […]“ ([Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 157), sondern nur ‘Quasi-Folgen’. Noch nicht entschieden ist die Frage, ob Simulationen und ähnliche Probehandlungen als Zeichenhandlungen oder als symbolfreie Handlungen zu beschreiben sind (vgl. dazu [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 182ff.; dort auch weitere Literaturangaben).
Verhältnis zu anderen bildtheoretischen BegriffenDie verschiedenen Bestimmungen und Arten von Bildhandeln beleuchten (zum Teil) sehr unterschiedliche Aspekte von Bildern und des Umgangs mit ihnen. Dementsprechend verweisen die skizzierten Ansätze auf unterschiedliche Diskussionen innerhalb der Bildwissenschaft (siehe die Links unten). Siehe auch:
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Anmerkungen
[Black 1972a]: Black, Max (1972). How do Pictures represent?. In: Gombrich, E.H.; Hochberg, Julian & Black, Max (Hg.): Art, Perception, and Reality. Baltimore/London: John Hopkins University Press, S. 95-130.
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