Bildwissenschaft vs. Bildtheorie: Unterschied zwischen den Versionen

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==Die Heterogenität der bild&shy;wissen&shy;schaft&shy;lichen For&shy;schungs&shy;debat&shy;te==
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Die bildwissenschaftliche Forschungs&shy;debat&shy;te ist durch ein hohes Maß an Hete&shy;roge&shy;nität charak&shy;teri&shy;siert. Nicht nur gibt es kontro&shy;verse Diskus&shy;sionen über die Frage, welche Diszip&shy;lin(en) und Metho&shy;de(n) den Ausgangs&shy;punkt einer allge&shy;meinen Bild&shy;wissen&shy;schaft zu bilden haben; auch herrscht große Un&shy;einig&shy;keit darü&shy;ber, mit welchem Ober&shy;begriff die wissen&shy;schaft&shy;liche Beschäf&shy;tigung mit dem Phäno&shy;men der Bild&shy;lich&shy;keit verse&shy;hen werden sollte. In der Tat werden die ver&shy;schieden&shy;sten Ansät&shy;ze und Metho&shy;den häufig einheit&shy;lich als ‘Bild&shy;wissen&shy;schaft’ bezeich&shy;net. Diese Vor&shy;gehens&shy;weise stößt bei eini&shy;gen Bild&shy;forschern indes auf Kritik. Ihrer Meinung nach werden die Diffe&shy;renzen, die zwischen höchst unter&shy;schied&shy;lich aufge&shy;bauten bild&shy;wissen&shy;schaft&shy;lichen Konzep&shy;tionen bestehen, durch eine mangeln&shy;de termi&shy;nolo&shy;gische Trenn&shy;schärfe nur schwer ersicht&shy;lich oder sogar unkennt&shy;lich gemacht. Aus diesem Grund fordern sie dazu auf, vorhan&shy;dene program&shy;mati&shy;sche Diffe&shy;renzen termi&shy;nolo&shy;gisch klar zu kenn&shy;zeichnen.
  
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==Bildwissenschaft vs. Bild&shy;theorie==
=====Darstellung des gr. Zusammenhangs=====
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Der vielleicht einfachste Vor&shy;schlag zur termi&shy;nolo&shy;gischen Diffe&shy;renzie&shy;rung stammt von dem Philo&shy;sophen Lambert Wiesing. Um den program&shy;mati&shy;schen und metho&shy;dischen Unter&shy;schieden zwischen ''empi&shy;risch-histo&shy;risch'' und ''theore&shy;tisch-begriff&shy;lich'' ausge&shy;richte&shy;ten bild&shy;wissen&shy;schaft&shy;lichen Forschungs&shy;ansät&shy;zen Rechnung zu tragen, schlägt Wiesing vor, eine ''bild&shy;wissen&shy;schaft&shy;liche'' und eine ''bild&shy;theore&shy;tische'' Unter&shy;suchungs&shy;ebene zu diffe&shy;renzie&shy;ren. Dabei zählt er zur Bild&shy;''wissen&shy;schaft'' solche Diszip&shy;linen, die Bilder als „konkre&shy;te Dinge“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: S. IV) zur Grund&shy;lage haben. Bilder, erläu&shy;tert Wiesing, würden hier als „reale Gegen&shy;stände in ihrer Ent&shy;stehung, in ihren psycho&shy;logi&shy;schen Wirkun&shy;gen, in ihren medi&shy;alen Voraus&shy;setzun&shy;gen, in ihrer inhalt&shy;lichen und sozia&shy;len Bedeu&shy;tung, in ihren histo&shy;rischen Zusam&shy;menhän&shy;gen und noch zahl&shy;reichen ande&shy;ren empi&shy;rischen Aspek&shy;ten erforscht [...].“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: ebd.) Eine Kunst&shy;histori&shy;kerin, die zum Beispiel über die soziopolitischen Ursa&shy;chen und Auswir&shy;kungen des byzan&shy;tini&shy;schen oder refor&shy;mato&shy;rischen [[Bilderstreit|Bilder&shy;streits]] forscht, würde dieser Erklä&shy;rung zufolge bild&shy;''wissen&shy;schaft&shy;liche'' Studien betrei&shy;ben. Im Zentrum ihrer Ana&shy;lysen stünde eine Reihe von konkre&shy;ten Bild&shy;werken, die unter ande&shy;rem im Hinblick auf ihre Ur&shy;heber&shy;schaft, ihre mate&shy;riel&shy;le Be&shy;schaffen&shy;heit oder ihren ursprüng&shy;lichen Aufstel&shy;lungsort unter&shy;sucht werden. Das Ziel solchen Forschens kann nach Wiesing etwa darin beste&shy;hen, ein&shy;zelne Bild&shy;werke oder sogar einen geschlos&shy;senen Korpus von Bildern in Bezug auf [[Stil]], Epo&shy;che, [[Authentizität|Authen&shy;tizi&shy;tät]], poli&shy;tische Funk&shy;tion usw. zu kate&shy;gori&shy;sieren.
Die bildwissenschaftliche Forschungsdebatte ist durch ein hohes Maß an Heterogenität charakterisiert. Nicht nur gibt es eine kontroverse Diskussion über die Frage, welche Disziplin(en) und Methode(n) den Ausgangspunkt einer allgemeinen Bildwissenschaft zu bilden haben; auch herrscht große Uneinigkeit darüber, mit welchem Oberbegriff die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Phänomen des Bildes versehen werden sollte. In der Tat werden die verschiedensten Ansätze und Methoden häufig einheitlich als »Bildwissenschaft« bezeichnet und vorgestellt. Diese Vorgehensweise stößt bei einigen Bildwissenschaftlern auf Kritik. Ihrer Meinung nach werden die Differenzen, die zwischen höchst unterschiedlich aufgebauten und arbeitenden bildwissenschaftlichen Konzeptionen bestehen, durch eine mangelnde terminologische Trennschärfe nur schwer ersichtlich oder sogar unkenntlich gemacht.
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Eine gänzlich andere Betrachtungs- und Vor&shy;gehens&shy;weise lässt sich Wiesing zufolge auf der bild&shy;''theore&shy;tischen'' Unter&shy;suchungs&shy;ebene beob&shy;achten. Hier „inte&shy;ressiert [man] sich nicht für das konkre&shy;te Bild, sondern für das Bild als Medium“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: ebd.). Die Aufmerk&shy;samkeit richtet sich nicht auf das einzel&shy;ne, empi&shy;risch zugäng&shy;liche Bild&shy;werk, sondern ganz allge&shy;mein auf das Phäno&shy;men der Bild&shy;lich&shy;keit. Auf der Ebe&shy;ne der Bild&shy;''theo&shy;rie'' geht es somit aus&shy;schließ&shy;lich „um den Begriff des Bildes“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: ebd.), nicht um indi&shy;vidu&shy;elle Beson&shy;derhei&shy;ten eines konkre&shy;ten Bild&shy;werkes. Beach&shy;tung finden konkre&shy;te Bilder allen&shy;falls dann, wenn sie sich dazu eignen, allge&shy;meine Aussagen über das Wesen der Bild&shy;lichkeit - also über die Frage, „''was etwas zu einem Bild macht''“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: S. IX; Hervor&shy;hebun&shy;gen im Ori&shy;ginal) - zu treffen. Meist handelt es sich bei derar&shy;tigen Bildern um soge&shy;nannte ''Meta&shy;bilder'', d.h. um solche Bilder, die sich in beson&shy;derer Weise „auf sich selbst oder auf andere Bilder bezie&shy;hen, [...] um zu zeigen, was ein Bild ist.“ (<bib id='Mitchell 2008a'></bib>: S. 172). Das wohl berühm&shy;teste Beispiel für ein Meta&shy;bild ist das [[Kippbild|Kipp-]] bzw. [[Vexierbild|Vexier&shy;bild]], welches häufig heran&shy;gezo&shy;gen wird, um die Beson&shy;derheit der Bild&shy;wahr&shy;nehmung zu illus&shy;trieren (⊳ [[Bild in reflexiver Verwendung|Bild in refle&shy;xiver Verwen&shy;dung]]).
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Der größte und wichtigste Unter&shy;schied zwischen der bild&shy;''wissen&shy;schaft&shy;lichen'' und der bild&shy;''theore&shy;tischen'' Unter&shy;suchungs&shy;ebene besteht nach Wiesing darin, dass die Bild&shy;theorie einen „Schritt ins Kate&shy;gori&shy;ale“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: S. 13) nach sich zieht, „der notwen&shy;diger&shy;weise einen Wechsel der Metho&shy;den verlangt“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: ebd.). Da die Bild&shy;theorie - anders als die Bild&shy;wissen&shy;schaft - eine Klärung des Bild&shy;begriffs anstrebt, macht sie sich auf die Suche nach Krite&shy;rien, die für ''alle'' Phäno&shy;mene, die unter den Begriff des Bildes fallen, gültig sein sollen. Im Vorder&shy;grund steht in der Bild&shy;theorie also „die Frage, was aus welchen Gründen ein Bild ist […]“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: S. 14). Wiesing ist davon über&shy;zeugt, dass es sich hierbei um eine Frage handelt, die sich in keiner Weise empi&shy;risch, sondern „aus&shy;schließlich argu&shy;menta&shy;tiv beant&shy;worten“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: ebd.) lässt. Ausdrück&shy;lich heißt es: „Jegli&shy;cher Versuch einer empi&shy;rischen Unter&shy;suchung sämt&shy;licher Bilder würde notge&shy;drungen an einem Problem scheitern, welches spezi&shy;fisch für die meisten philo&shy;sophi&shy;schen Probleme ist. Es geht nicht um die Erfor&shy;schung dessen, was schon kate&shy;gori&shy;siert ist, sondern um die Erfor&shy;schung der Kate&shy;gori&shy;sierung: eben um den Begriff des Bildes.“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: ebd.) Demzu&shy;folge sind es primär abstrak&shy;te Gründe, die darü&shy;ber entschei&shy;den, unter welchen Prämis&shy;sen etwa&shy;ige Phäno&shy;mene zu Recht oder zu Unrecht unter den Begriff des Bildes gefasst werden. Dem&shy;gegen&shy;über können konkre&shy;te Bild&shy;werke ledig&shy;lich einen empi&shy;rischen, keines&shy;wegs aber einen begriff&shy;lichen Erklärungswert besit&shy;zen.
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Für Wiesing besteht die entschei&shy;dende Pointe, die aus der Grenz&shy;ziehung zwischen ''Bild&shy;theorie'' auf der einen und ''Bild&shy;wissen&shy;schaft'' auf der anderen Seite folgt, darin, dass die bild&shy;''theore&shy;tische'' Unter&shy;suchungs&shy;ebene aufgrund ihres postu&shy;lierten argu&shy;menta&shy;tiven Grund&shy;charakters „gar nicht anders als ''philo&shy;sophisch'' gesche&shy;hen kann“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: S. 16; Hervor&shy;hebung hinzu&shy;gefügt). Begrün&shy;det wird diese These durch den Hinweis, dass die syste&shy;mati&shy;sche Aus&shy;einan&shy;derset&shy;zung mit Begriffs&shy;fragen für die beson&shy;dere Art und Weise philo&shy;sophi&shy;schen Forschens konsti&shy;tutiv sei. ''Bild&shy;theorie'' wäre demnach immer auch ''Bild&shy;philo&shy;sophie'', wobei zu vermer&shy;ken ist, dass eine Philo&shy;sophie des Bildes nach Wiesings Dafür&shy;halten stets mit einer [[Phänomenologische Bildtheorien|Phäno&shy;meno&shy;logie des Bildes]] einher&shy;geht.
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Grundsätzlich erscheint es als empfehlens&shy;wert, Wiesings Differenz zwischen ''Bild&shy;theorie'' und ''Bild&shy;wissen&shy;schaft'' ledig&shy;lich in einem ideal&shy;typi&shy;schen Sinne zu ver&shy;stehen. Wiesing selbst regt an, zwischen beiden Unter&shy;suchungs&shy;ebenen ein komple&shy;mentä&shy;res Verhält&shy;nis zu sehen (vgl. <bib id='Wiesing 2008a'></bib>: S. IV). Zum einen wird sich eine ledig&shy;lich mit begriff&shy;lichen Proble&shy;men beschäf&shy;tigen&shy;de Bild&shy;theorie in letzter Konse&shy;quenz auch an ihrem prakti&shy;schen Nutzen messen lassen müssen. Wer erklä&shy;ren möchte, durch welche Fakto&shy;ren allge&shy;meine Krite&shy;rien für Bild&shy;lichkeit bereit&shy;gestellt werden, kommt nicht umhin, eben diese Fakto&shy;ren einem prakti&shy;schen Test zu unter&shy;ziehen. Anders gesagt: Eine allge&shy;meine Theorie bzw. Philo&shy;sophie des Bildes hat heraus&shy;zustel&shy;len, aus welchen Gründen ein konkre&shy;tes Objekt berech&shy;tigter&shy;weise als Bild bezeich&shy;net werden kann und warum ande&shy;ren Objek&shy;ten die Kate&shy;gori&shy;sierung als Bild verwehrt bleiben sollte. So sehr zu diesem Zweck abstrak&shy;te Argu&shy;mente vorge&shy;bracht werden müssen, so wenig kann sich eine mit dem Begriff des Bildes beschäf&shy;tigen&shy;de Bild&shy;theorie bzw. Bild&shy;philo&shy;sophie von konkre&shy;ten Anschau&shy;ungsbe&shy;zügen ablö&shy;sen.
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Zum anderen ist keinesfalls auszu&shy;schließen, dass eine empi&shy;risch arbei&shy;tende ''Bild&shy;wissen&shy;schaft'' nicht auch bildbe&shy;griffli&shy;che und damit bild&shy;''theore&shy;tische'' Erkennt&shy;nisse ans Licht bringen kann. Dazu ein Bei&shy;spiel: Der Kunst&shy;histo&shy;riker Horst Brede&shy;kamp hat in seinen Arbei&shy;ten über Gali&shy;leo Gali&shy;lei aufge&shy;zeigt, wie wichtig die großen bildne&shy;rischen Fertig&shy;keiten Gali&shy;leis für die Entste&shy;hung seiner bahn&shy;brechen&shy;den astro&shy;nomi&shy;schen Theorien gewe&shy;sen sind (<bib id='Bredekamp 2007a'></bib>). Obwohl Brede&shy;kamp in diesem Zusam&shy;menhang ausgie&shy;big auf Skizzen, Zeich&shy;nungen und Bilder Gali&shy;leis zurück&shy;greift, um diese These zu unter&shy;mauern, beschränkt sich seine Forschung nicht darin, ledig&shy;lich empi&shy;risch-histo&shy;risches Mate&shy;rial aufzu&shy;arbei&shy;ten und auszu&shy;deuten. Vielmehr wird anhand von konkre&shy;ten Bildern demon&shy;striert, welch bedeu&shy;tenden Stellen&shy;wert bildliche Darstel&shy;lungen für die Gene&shy;se von wissen&shy;schaft&shy;lichem Wissen besitzen. Thema&shy;tisiert werden damit nicht nur kunst- und wissen&shy;schafts&shy;histo&shy;rische Problem&shy;stellun&shy;gen, sondern auch Fragen über die erkennt&shy;nisstif&shy;tende Kraft und Evi&shy;denz von Bildern - Fragen also, die seit jeher auch in der Philo&shy;sophie des Bildes unter&shy;sucht worden sind und inso&shy;fern zugleich ein bild&shy;''theore&shy;tisches'' Erkennt&shy;nisin&shy;teres&shy;se bedie&shy;nen.
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Allen kritischen Einwänden zum Trotz bietet Wiesings Diffe&shy;renzie&shy;rung von ''Bild&shy;theorie'' und ''Bild&shy;wissen&shy;schaft'' in einem Punkt einen klaren Vorteil: Die Frage, was eine Bilddis&shy;ziplin leisten kann und soll, lässt sich durch die von ihm vorge&shy;schlage&shy;ne Grenzzie&shy;hung ver&shy;hältnis&shy;mäßig einfach beant&shy;worten. Wer heraus&shy;finden möchte, ob Leonar&shy;do da Vinci in seiner «Mona Lisa» tatsäch&shy;lich eine “empi&shy;rische” Frau abge&shy;bildet hat oder nicht (und wenn ja: welche), würde nach Wiesings Defi&shy;nition einen bild&shy;''wissen&shy;schaft&shy;lichen'' Beitrag leisten. Wer hinge&shy;gen erör&shy;tern möchte, ob bzw. inwie&shy;weit [[Malerei|Gemäl&shy;de]], [[Skulptur|Skulp&shy;turen]], [[Vorstellungsbilder|Vor&shy;stellungs&shy;bilder]] oder [[Virtuelles Bild|virtu&shy;elle Bilder]] alle&shy;samt in gleichem Maße die wesent&shy;lichen Krite&shy;rien der Bild&shy;lich&shy;keit erfüllen, bewegt sich auf dem Gebiet der Bild&shy;''theorie''. Die ''Bild&shy;theorie'' ließe sich diesem Bestim&shy;mungsver&shy;hältnis zufol&shy;ge schließlich als grund&shy;lagen&shy;theore&shy;tische Basis der Bild&shy;wissen&shy;schaft verstehen, weil sie stets auf einem allge&shy;meine&shy;ren, grund&shy;legen&shy;deren Niveau ope&shy;riert als die ''Bild&shy;wissen&shy;schaft''.
  
Um den programmatischen Unterschied zwischen einer eher empirischen und einer vorwiegend theoretischen Auseinandersetzung mit bildwissenschaftlichen Fragestellungen schon terminologisch kenntlich zu machen, differenziert Lambert Wiesing – einer der prominentesten Vertreter einer phänomenologisch fundierten Bildtheorie ([[Phänomenologie des Bildes]]) –  eine bildwissenschaftliche von einer bildtheoretischen Untersuchungsebene. Zur Bildwissenschaft zählt er solche Disziplinen, die Bilder als „konkrete Dinge“ (<bib id='Wiesing 2008a'></bib>: S. IV) bzw. als „reale Gegenstände“ (ebd.) zur Grundlage haben. Bilder werden hier „in ihrer Entstehung, in ihren psychologischen Wirkungen, in ihren medialen Voraussetzungen, in ihrer inhaltlichen und sozialen Bedeutung, in ihren historischen Zusammenhängen und noch zahlreichen anderen empirischen Aspekten erforscht […]“(ebd.). Ein Kunsthistoriker, der zum Beispiel über die Ursachen und Auswirkungen des byzantinischen oder reformatorischen Bilderstreits forscht, würde demzufolge bildwissenschaftliche Studien betreiben. Er beschäftigt sich in vielfältiger Weise mit einer Reihe von konkreten Bildwerken, die unter anderem in Bezug auf ihre Herkunft, ihre materielle Beschaffenheit und/oder ihren ursprünglichen Aufstellungsort analysiert werden. Ziel solchen Forschens kann es etwa sein, einzelne Bilder oder sogar ganze Bilderserien im Hinblick auf Stil, Epoche, Funktion usw. zu kategorisieren.
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==Bilderwissenschaft vs. Bild&shy;wissen&shy;schaft==
 
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Lambert Wiesing ist nicht der einzige Autor, der das weit&shy;verzweig&shy;te bild&shy;wissen&shy;schaf&shy;tliche Forschungs&shy;feld mithil&shy;fe von termi&shy;nolo&shy;gisch klar umris&shy;senen Trenn&shy;linien über&shy;sicht&shy;licher gestal&shy;ten möchte. So halten auch Klaus Sachs-Hombach und Jörg R. J. Schirra eine Auf&shy;teilung der Bild&shy;wissen&shy;schaft in zwei Arbeits&shy;felder, die sich aus ihrer Sicht sowohl inhalt&shy;lich als auch metho&shy;disch stark von&shy;einan&shy;der unter&shy;scheiden, für sinnvoll. In diesem Zusam&shy;menhang greifen sie auf Diffe&shy;renzie&shy;rungskri&shy;terien zurück, die auf den ersten Blick mit denen Wiesings iden&shy;tisch zu sein scheinen, bei näherem Hinsehen jedoch unter&shy;schiedli&shy;che konzep&shy;tionel&shy;le Konse&shy;quenzen und Schwer&shy;punkte impli&shy;zieren. Für die Ana&shy;lyse der „spezi&shy;fische[n] Eigen&shy;arten von konkre&shy;ten Bild&shy;werken“ (<bib id='Schirra & Sachs-Hombach 2006a'></bib>: S. 52) reser&shy;vieren Sachs-Hombach und Schirra den Plura&shy;lis ''Bilder''&shy;wissen&shy;schaft. Von der Singu&shy;larform ''Bild''&shy;wissen&shy;schaft sollte ihres Erach&shy;tens hinge&shy;gen nur „dann die Rede sein, wenn sich das wissen&shy;schaft&shy;liche Inte&shy;resse der Frage zuwen&shy;det, was es ''grund&shy;sätzlich'' bedeu&shy;tet, mit Bildern (als solchen) umge&shy;hen zu können.“ (<bib id='Schirra & Sachs-Hombach 2006a'></bib>: ebd.; Hervor&shy;hebung im Ori&shy;ginal) Anders als in ''bilder''&shy;wissen&shy;schaft&shy;lichen Ana&shy;lysen stehen auf der ''bild''&shy;wissen&shy;schaft&shy;lichen Unter&shy;suchungs&shy;ebene sodann „gar nicht einzel&shy;ne Bilder im unmit&shy;telba&shy;ren Fokus des Inte&shy;resses, sondern vielmehr die Fähig&shy;keit, Bilder verwen&shy;den (d.h. erzeu&shy;gen und rezi&shy;pieren) zu können.“ (<bib id='Schirra & Sachs-Hombach 2006a'></bib>: ebd.) Im Zentrum ''bild''&shy;wissen&shy;schaft&shy;licher Forschung stehen inso&shy;fern Fragen der [[Auswirkungen der Bildlichkeit|Bild&shy;kompe&shy;tenz]] und solche der [[Bildpragmatik|Bild&shy;pragma&shy;tik]].
Eine gänzlich andere Annäherung an das Phänomen des Bildes lässt sich laut Wiesing auf der bildtheoretischen Untersuchungsebene beobachten. Hier „interessiert [man] sich nicht für das konkrete Bild, sondern für das Bild als ein Medium“ (ebd.). Beachtung finden konkrete Bilder allenfalls dann, wenn sie sich dazu eignen, prinzipielle Aussagen über das Wesen der Bildlichkeit – also über die Frage Was ist ein Bild? – zu tätigen. Auf der Ebene der Bildtheorie geht es somit ausschließlich „um den Begriff des Bildes“ (ebd.), nicht um die soziale, kulturelle und/oder historische Besonderheit eines Bildwerkes.
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Oberflächlich betrachtet, spiegelt sich in der Distink&shy;tion von Sachs-Hombach und Schirra dieselbe metho&shy;dolo&shy;gische Inten&shy;tion wie bei Wiesing wider. Deren Dicho&shy;tomie ‘Bild&shy;wissen&shy;schaft vs. Bilder&shy;wissen&shy;schaft’ scheint zunächst nicht von Wiesings Diffe&shy;renz ›Bild&shy;theorie vs. Bild&shy;wissen&shy;schaft‹ abzu&shy;weichen. Allein: Dieser Eindruck trügt. Zwar ist es richtig, dass Sachs-Hombach und Schirra mit der Wendung ''Bilder''&shy;wissen&shy;schaft eben&shy;so wie Wiesing mit seiner Konzep&shy;tion der ''Bild&shy;wissen&shy;schaft'' eine im weites&shy;ten Sinne ''empi&shy;rische'' Betrach&shy;tungswei&shy;se einzu&shy;fangen versu&shy;chen. In Bezug auf die eher ''syste&shy;matisch-begriff&shy;lich'' akzen&shy;tuier&shy;ten Termi&shy;ni ''Bild''&shy;wissen&shy;schaft (Sachs-Hombach & Schirra) resp. Bild&shy;''theorie'' (Wiesing) lässt sich aller&shy;dings ein gewich&shy;tiger Unter&shy;schied fest&shy;stellen: Für Wiesing führt eine bild&shy;''theore&shy;tische'' Betrach&shy;tungswei&shy;se in erster Linie zu der For&shy;schungs&shy;frage: „''Was soll als Bild bezeich&shy;net werden?''“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: S. 14; Hervor&shy;hebun&shy;gen im Ori&shy;ginal) Sinn und Zweck der Bild&shy;''theorie'' ist es ferner, dieje&shy;nigen allge&shy;meinen Krite&shy;rien zu ermit&shy;teln, die es erlau&shy;ben, ein bestimm&shy;tes Phäno&shy;men ''als Bild'' zu bestim&shy;men. Bild&shy;''theore&shy;tische'' Forschung konzen&shy;triert sich hier demge&shy;mäß vorwie&shy;gend auf Fragen der Kate&shy;gori&shy;sierung bzw. Klassi&shy;fikation.
Die größte und wichtigste Unterschied zwischen der bildwissenschaftlichen und der bildtheoretischen Untersuchungsebene besteht Wiesing zufolge darin, dass die Bildtheorie einen „Schritt ins Kategoriale“ (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: S. 13) nach sich zieht, „der notwendigerweise einen Wechsel der Methoden verlangt“ (ebd.). Da der Bildtheoretiker – anders als der immerzu empirisch vorgehende Bildwissenschaftler – eine Klärung des Bildbegriffs bewirken möchte, macht er sich auf die Suche nach Kriterien, die für alle Phänomene, die unter den Begriff des Bildes fallen, gültig sind. Im Vordergrund steht für ihn also „die Frage, was aus welchen Gründen ein Bild ist […]“ (ebd., S. 14). Für Wiesing handelt es sich dabei um eine Frage, die sich in keiner Weise empirisch, sondern „ausschließlich argumentativ beantworten [läßt]“ (ebd.). Es sind abstrakte Gründe, die darüber entscheiden, welche Phänomene zu Recht unter den Begriff des Bildes subsumiert werden dürfen – nicht konkrete Bildwerke, die beispielsweise als historische Dokumente einen empirischen, nicht aber einen begrifflichen Wert besitzen können.
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Bei Sachs-Hombach und Schirra findet sich hin&shy;gegen eine andere Schwer&shy;punkt&shy;setzung. Ihnen geht es primär um die bild&shy;pragma&shy;tische Frage, über welche kogni&shy;tiven und perzep&shy;tiven Kompe&shy;tenzen ein Wesen verfügen muss, um eine grund&shy;sätzliche [[Bildfähigkeit|Bild&shy;fähig&shy;keit]] unter Beweis stellen zu können. Dreht sich Wiesings Bild&shy;''theorie'' vorder&shy;gründig um Probleme der Kate&shy;gori&shy;sierung, zielen Sachs-Hombach und Schirra in letzter Konse&shy;quenz auf eine ''anthro&shy;polo&shy;gische'' Zuspit&shy;zung ihrer Konzep&shy;tion einer allge&shy;meinen  ''Bild''&shy;wissenschaft ab (⊳ [[Bildanthropologie|Bild&shy;anthro&shy;polo&shy;gie]]). Obwohl auch sie die syste&shy;mati&shy;sche Unter&shy;suchung von bild&shy;begriff&shy;lichen Forschungs&shy;fragen mit ihrem Termi&shy;nus ''Bild''&shy;wissen&shy;schaft ausdrück&shy;lich in einen philo&shy;sophi&shy;schen Kontext rücken, dient ihnen das Studium des Bildes nicht alleine dem Zweck, sämt&shy;liche kate&shy;goria&shy;len Bedin&shy;gungen des Bild&shy;begriffs zu ermit&shy;teln. Vielmehr hoffen sie, durch ihre syste&shy;mati&shy;sche Beschäf&shy;tigung mit Fragen der Bild&shy;lichkeit allge&shy;meine Ein&shy;sichten über das Wesen des Menschen zu erlangen. Inso&shy;fern knüpfen sie an bild&shy;anthro&shy;polo&shy;gische Über&shy;legungen an, die auf den Philo&shy;sophen Hans Jonas (1903-1993) zurückgehen. Jonas, der gemein&shy;hin als Begründer der Bild&shy;anthro&shy;pologie bezeichnet wird, verstand den Menschen als einen ''[[homo pictor]]''. In dieser Bezeich&shy;nung verdich&shy;tet sich die auch von Sachs-Hombach und Schirra geteilte Über&shy;zeugung, dass die Fähig&shy;keit zur Produk&shy;tion und Rezep&shy;tion von Bild&shy;werken als siche&shy;rer Beweis für die „mehr-als-tieri&shy;sche“ (<bib id='Jonas 1961a'></bib>: S. 162) Natur des Menschen zu deuten sei.<ref>Vgl. hierzu aus&shy;führ&shy;lich <bib id='Schirra & Sachs-Hombach 2011a'></bib>, <bib id='Halawa 2014a'></bib>, <bib id='Halawa 2012a'></bib>: Kap. 8, <bib id='Halawa 2011a'></bib>, <bib id='Ulama 2011a'></bib>.</ref>
So kommt es, dass Wiesings Grenzziehung zwischen Bildtheorie auf der einen und Bildwissenschaft auf der anderen Seite gerade auch dafür sorgt, dass sich die Frage, was eine Bilddisziplin mit welchen Mitteln konkret leisten kann und soll, auf unterschiedliche Weise beantworten lässt. Ein Bildforscher, der herausfinden möchte, ob Leonardo da Vinci in seiner „Mona Lisa“ tatsächlich eine ‚empirische‘ Frau abgebildet hat (und wenn ja: welche), kann und soll laut Wiesing einen bildwissenschaftlichen, nicht aber einen bildtheoretischen Beitrag leisten. Demgegenüber leistet ein Bildforscher, der ergründen möchte, ob bzw. inwieweit Gemälde, Skulpturen und die Virtual Reality allesamt in gleichem Maße die wesentlichen Kriterien der Bildlichkeit erfüllen, einen bildtheoretischen Beitrag.
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Diese Behauptung ist insofern bemerkens&shy;wert, als in weiten Teilen der Geistes- und Kultur&shy;wissen&shy;schaften der Stand&shy;punkt vertreten wird, dass die ''diffe&shy;rentia speci&shy;fica'' des Menschen alleine in der Sprache zu finden sei. Indem das Konzept des ''homo pictor'' diese Auffas&shy;sung durch die These in Frage stellt, dass „die Fähig&shy;keit der Bild&shy;verwen&shy;dung […] ein anthro&shy;polo&shy;gisches Grund&shy;prinzip [darstellt], von dem auch die Heraus&shy;bildung der Sprach&shy;fähigkeit abhängt“ (<bib id='Sachs-Hombach & Schirra 2009a'></bib>: S. 395), trägt es schließlich zu einer kriti&shy;schen Aus&shy;einan&shy;derset&shy;zung mit Posi&shy;tionen bei, die vieler&shy;orts bereits seit Jahrhun&shy;derten vertreten werden<ref>Vgl. zum Bei&shy;spiel <bib id='Herder 2001a'></bib>: S. 20: „[…] da die Men&shy;schen für uns die ein&shy;zi&shy;gen Sprach&shy;ge&shy;schöp&shy;fe sind, die wir ken&shy;nen, und sich eben durch Spra&shy;che von al&shy;len Tie&shy;ren un&shy;ter&shy;schei&shy;den […].“ Ähn&shy;lich äußer&shy;te sich der öster&shy;rei&shy;chisch-bri&shy;ti&shy;sche Phi&shy;lo&shy;soph und Be&shy;grün&shy;der des ''Kri&shy;ti&shy;schen Ra&shy;ti&shy;o&shy;na&shy;lis&shy;mus'' Sir Karl R. Pop&shy;per in ei&shy;nem Ge&shy;spräch mit Kon&shy;rad Lo&shy;renz: „[…] der Mensch das ist vor al&shy;lem die Spra&shy;che“ <bib id='Popper 2002a'></bib>: S. 52.</ref> und speziell auf dem Gebiet der Philo&shy;sophie den Status eines Gemein&shy;platzes besit&shy;zen<ref>So ma&shy;ni&shy;fes&shy;tiert sich die hu&shy;man&shy;spe&shy;zi&shy;fi&shy;sche Ra&shy;ti&shy;o&shy;na&shy;li&shy;tät des Men&shy;schen für Jür&shy;gen Ha&shy;ber&shy;mas oder Ro&shy;bert Bran&shy;dom – zwei der ein&shy;fluss&shy;reich&shy;sten Phi&shy;lo&shy;so&shy;phen un&shy;se&shy;rer Zeit – in er&shy;ster Li&shy;nie in der Spra&shy;che. Vgl. <bib id='Habermas 1995a'></bib>; <bib id='Brandom 2000a'></bib>.</ref>.
Die entscheidende Pointe der Wiesingschen Differenzierung äußert sich darin, dass die bildtheoretische Reflexion auf den Bildbegriff aufgrund ihres argumentativen Charakters „gar nicht anders als philosophisch geschehen kann“ (ebd., S. 16), denn schließlich – so Wiesing – sei die kritische Auseinandersetzung mit Begriffsfragen für die besondere Art und Weise philosophischen Forschens geradezu konstitutiv. Für Wiesing versteht es sich daher von selbst, dass ‚Bildtheorie‘ nur ein anderes Wort für ‚Bildphilosophie‘ ist und die Bildwissenschaft (hier wiederum verstanden als Disziplin, die sich im weitesten Sinne mit der Erforschung des Bildes beschäftigt) unabdingbar „einer Philosophie des Bildes bedarf“ (ebd.). Nur sie so ist Wiesing überzeugt – ist dazu in der Lage, dem ausgedehnten Feld der bildwissenschaftlichen Forschung ein begriffliches Fundament zur Verfügung zu stellen. Die Bildtheorie ließe sich diesem Szenario zufolge ferner als grundlagentheoretische Basis der Bildwissenschaft verstehen.
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Aktuelle Version vom 15. Dezember 2019, 01:07 Uhr

Unterpunkt zu: Bildwissenschaftliche Abgrenzungen


Die Heterogenität der bild­wissen­schaft­lichen For­schungs­debat­te

Die bildwissenschaftliche Forschungs­debat­te ist durch ein hohes Maß an Hete­roge­nität charak­teri­siert. Nicht nur gibt es kontro­verse Diskus­sionen über die Frage, welche Diszip­lin(en) und Metho­de(n) den Ausgangs­punkt einer allge­meinen Bild­wissen­schaft zu bilden haben; auch herrscht große Un­einig­keit darü­ber, mit welchem Ober­begriff die wissen­schaft­liche Beschäf­tigung mit dem Phäno­men der Bild­lich­keit verse­hen werden sollte. In der Tat werden die ver­schieden­sten Ansät­ze und Metho­den häufig einheit­lich als ‘Bild­wissen­schaft’ bezeich­net. Diese Vor­gehens­weise stößt bei eini­gen Bild­forschern indes auf Kritik. Ihrer Meinung nach werden die Diffe­renzen, die zwischen höchst unter­schied­lich aufge­bauten bild­wissen­schaft­lichen Konzep­tionen bestehen, durch eine mangeln­de termi­nolo­gische Trenn­schärfe nur schwer ersicht­lich oder sogar unkennt­lich gemacht. Aus diesem Grund fordern sie dazu auf, vorhan­dene program­mati­sche Diffe­renzen termi­nolo­gisch klar zu kenn­zeichnen.

Bildwissenschaft vs. Bild­theorie

Der vielleicht einfachste Vor­schlag zur termi­nolo­gischen Diffe­renzie­rung stammt von dem Philo­sophen Lambert Wiesing. Um den program­mati­schen und metho­dischen Unter­schieden zwischen empi­risch-histo­risch und theore­tisch-begriff­lich ausge­richte­ten bild­wissen­schaft­lichen Forschungs­ansät­zen Rechnung zu tragen, schlägt Wiesing vor, eine bild­wissen­schaft­liche und eine bild­theore­tische Unter­suchungs­ebene zu diffe­renzie­ren. Dabei zählt er zur Bild­wissen­schaft solche Diszip­linen, die Bilder als „konkre­te Dinge“ ([Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik. Frankfurt am Main/New York: Campus, mit einem aktuellen Vorwort des Autors zur Neuausgabe.

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: S. IV) zur Grund­lage haben. Bilder, erläu­tert Wiesing, würden hier als „reale Gegen­stände in ihrer Ent­stehung, in ihren psycho­logi­schen Wirkun­gen, in ihren medi­alen Voraus­setzun­gen, in ihrer inhalt­lichen und sozia­len Bedeu­tung, in ihren histo­rischen Zusam­menhän­gen und noch zahl­reichen ande­ren empi­rischen Aspek­ten erforscht [...].“ ([Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
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: ebd.) Eine Kunst­histori­kerin, die zum Beispiel über die soziopolitischen Ursa­chen und Auswir­kungen des byzan­tini­schen oder refor­mato­rischen Bilder­streits forscht, würde dieser Erklä­rung zufolge bild­wissen­schaft­liche Studien betrei­ben. Im Zentrum ihrer Ana­lysen stünde eine Reihe von konkre­ten Bild­werken, die unter ande­rem im Hinblick auf ihre Ur­heber­schaft, ihre mate­riel­le Be­schaffen­heit oder ihren ursprüng­lichen Aufstel­lungsort unter­sucht werden. Das Ziel solchen Forschens kann nach Wiesing etwa darin beste­hen, ein­zelne Bild­werke oder sogar einen geschlos­senen Korpus von Bildern in Bezug auf Stil, Epo­che, Authen­tizi­tät, poli­tische Funk­tion usw. zu kate­gori­sieren.
Eine gänzlich andere Betrachtungs- und Vor­gehens­weise lässt sich Wiesing zufolge auf der bild­theore­tischen Unter­suchungs­ebene beob­achten. Hier „inte­ressiert [man] sich nicht für das konkre­te Bild, sondern für das Bild als Medium“ ([Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
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: ebd.). Die Aufmerk­samkeit richtet sich nicht auf das einzel­ne, empi­risch zugäng­liche Bild­werk, sondern ganz allge­mein auf das Phäno­men der Bild­lich­keit. Auf der Ebe­ne der Bild­theo­rie geht es somit aus­schließ­lich „um den Begriff des Bildes“ ([Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
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: ebd.), nicht um indi­vidu­elle Beson­derhei­ten eines konkre­ten Bild­werkes. Beach­tung finden konkre­te Bilder allen­falls dann, wenn sie sich dazu eignen, allge­meine Aussagen über das Wesen der Bild­lichkeit - also über die Frage, „was etwas zu einem Bild macht“ ([Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
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: S. IX; Hervor­hebun­gen im Ori­ginal) - zu treffen. Meist handelt es sich bei derar­tigen Bildern um soge­nannte Meta­bilder, d.h. um solche Bilder, die sich in beson­derer Weise „auf sich selbst oder auf andere Bilder bezie­hen, [...] um zu zeigen, was ein Bild ist.“ ([Mitchell 2008a]Mitchell, William J. Thomas (2008).
Bildtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, hrsg. von Gustav Frank.

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: S. 172). Das wohl berühm­teste Beispiel für ein Meta­bild ist das Kipp- bzw. Vexier­bild, welches häufig heran­gezo­gen wird, um die Beson­derheit der Bild­wahr­nehmung zu illus­trieren (⊳ Bild in refle­xiver Verwen­dung).
Der größte und wichtigste Unter­schied zwischen der bild­wissen­schaft­lichen und der bild­theore­tischen Unter­suchungs­ebene besteht nach Wiesing darin, dass die Bild­theorie einen „Schritt ins Kate­gori­ale“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: S. 13) nach sich zieht, „der notwen­diger­weise einen Wechsel der Metho­den verlangt“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: ebd.). Da die Bild­theorie - anders als die Bild­wissen­schaft - eine Klärung des Bild­begriffs anstrebt, macht sie sich auf die Suche nach Krite­rien, die für alle Phäno­mene, die unter den Begriff des Bildes fallen, gültig sein sollen. Im Vorder­grund steht in der Bild­theorie also „die Frage, was aus welchen Gründen ein Bild ist […]“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: S. 14). Wiesing ist davon über­zeugt, dass es sich hierbei um eine Frage handelt, die sich in keiner Weise empi­risch, sondern „aus­schließlich argu­menta­tiv beant­worten“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: ebd.) lässt. Ausdrück­lich heißt es: „Jegli­cher Versuch einer empi­rischen Unter­suchung sämt­licher Bilder würde notge­drungen an einem Problem scheitern, welches spezi­fisch für die meisten philo­sophi­schen Probleme ist. Es geht nicht um die Erfor­schung dessen, was schon kate­gori­siert ist, sondern um die Erfor­schung der Kate­gori­sierung: eben um den Begriff des Bildes.“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: ebd.) Demzu­folge sind es primär abstrak­te Gründe, die darü­ber entschei­den, unter welchen Prämis­sen etwa­ige Phäno­mene zu Recht oder zu Unrecht unter den Begriff des Bildes gefasst werden. Dem­gegen­über können konkre­te Bild­werke ledig­lich einen empi­rischen, keines­wegs aber einen begriff­lichen Erklärungswert besit­zen.
Für Wiesing besteht die entschei­dende Pointe, die aus der Grenz­ziehung zwischen Bild­theorie auf der einen und Bild­wissen­schaft auf der anderen Seite folgt, darin, dass die bild­theore­tische Unter­suchungs­ebene aufgrund ihres postu­lierten argu­menta­tiven Grund­charakters „gar nicht anders als philo­sophisch gesche­hen kann“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: S. 16; Hervor­hebung hinzu­gefügt). Begrün­det wird diese These durch den Hinweis, dass die syste­mati­sche Aus­einan­derset­zung mit Begriffs­fragen für die beson­dere Art und Weise philo­sophi­schen Forschens konsti­tutiv sei. Bild­theorie wäre demnach immer auch Bild­philo­sophie, wobei zu vermer­ken ist, dass eine Philo­sophie des Bildes nach Wiesings Dafür­halten stets mit einer Phäno­meno­logie des Bildes einher­geht.
Grundsätzlich erscheint es als empfehlens­wert, Wiesings Differenz zwischen Bild­theorie und Bild­wissen­schaft ledig­lich in einem ideal­typi­schen Sinne zu ver­stehen. Wiesing selbst regt an, zwischen beiden Unter­suchungs­ebenen ein komple­mentä­res Verhält­nis zu sehen (vgl. [Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik. Frankfurt am Main/New York: Campus, mit einem aktuellen Vorwort des Autors zur Neuausgabe.

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: S. IV). Zum einen wird sich eine ledig­lich mit begriff­lichen Proble­men beschäf­tigen­de Bild­theorie in letzter Konse­quenz auch an ihrem prakti­schen Nutzen messen lassen müssen. Wer erklä­ren möchte, durch welche Fakto­ren allge­meine Krite­rien für Bild­lichkeit bereit­gestellt werden, kommt nicht umhin, eben diese Fakto­ren einem prakti­schen Test zu unter­ziehen. Anders gesagt: Eine allge­meine Theorie bzw. Philo­sophie des Bildes hat heraus­zustel­len, aus welchen Gründen ein konkre­tes Objekt berech­tigter­weise als Bild bezeich­net werden kann und warum ande­ren Objek­ten die Kate­gori­sierung als Bild verwehrt bleiben sollte. So sehr zu diesem Zweck abstrak­te Argu­mente vorge­bracht werden müssen, so wenig kann sich eine mit dem Begriff des Bildes beschäf­tigen­de Bild­theorie bzw. Bild­philo­sophie von konkre­ten Anschau­ungsbe­zügen ablö­sen.
Zum anderen ist keinesfalls auszu­schließen, dass eine empi­risch arbei­tende Bild­wissen­schaft nicht auch bildbe­griffli­che und damit bild­theore­tische Erkennt­nisse ans Licht bringen kann. Dazu ein Bei­spiel: Der Kunst­histo­riker Horst Brede­kamp hat in seinen Arbei­ten über Gali­leo Gali­lei aufge­zeigt, wie wichtig die großen bildne­rischen Fertig­keiten Gali­leis für die Entste­hung seiner bahn­brechen­den astro­nomi­schen Theorien gewe­sen sind ([Bredekamp 2007a]Bredekamp, Horst (2007).
Galilei der Künstler. Der Mond. Die Sonne. Die Hand. Berlin: Akademie.

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). Obwohl Brede­kamp in diesem Zusam­menhang ausgie­big auf Skizzen, Zeich­nungen und Bilder Gali­leis zurück­greift, um diese These zu unter­mauern, beschränkt sich seine Forschung nicht darin, ledig­lich empi­risch-histo­risches Mate­rial aufzu­arbei­ten und auszu­deuten. Vielmehr wird anhand von konkre­ten Bildern demon­striert, welch bedeu­tenden Stellen­wert bildliche Darstel­lungen für die Gene­se von wissen­schaft­lichem Wissen besitzen. Thema­tisiert werden damit nicht nur kunst- und wissen­schafts­histo­rische Problem­stellun­gen, sondern auch Fragen über die erkennt­nisstif­tende Kraft und Evi­denz von Bildern - Fragen also, die seit jeher auch in der Philo­sophie des Bildes unter­sucht worden sind und inso­fern zugleich ein bild­theore­tisches Erkennt­nisin­teres­se bedie­nen.

Allen kritischen Einwänden zum Trotz bietet Wiesings Diffe­renzie­rung von Bild­theorie und Bild­wissen­schaft in einem Punkt einen klaren Vorteil: Die Frage, was eine Bilddis­ziplin leisten kann und soll, lässt sich durch die von ihm vorge­schlage­ne Grenzzie­hung ver­hältnis­mäßig einfach beant­worten. Wer heraus­finden möchte, ob Leonar­do da Vinci in seiner «Mona Lisa» tatsäch­lich eine “empi­rische” Frau abge­bildet hat oder nicht (und wenn ja: welche), würde nach Wiesings Defi­nition einen bild­wissen­schaft­lichen Beitrag leisten. Wer hinge­gen erör­tern möchte, ob bzw. inwie­weit Gemäl­de, Skulp­turen, Vor­stellungs­bilder oder virtu­elle Bilder alle­samt in gleichem Maße die wesent­lichen Krite­rien der Bild­lich­keit erfüllen, bewegt sich auf dem Gebiet der Bild­theorie. Die Bild­theorie ließe sich diesem Bestim­mungsver­hältnis zufol­ge schließlich als grund­lagen­theore­tische Basis der Bild­wissen­schaft verstehen, weil sie stets auf einem allge­meine­ren, grund­legen­deren Niveau ope­riert als die Bild­wissen­schaft.

Bilderwissenschaft vs. Bild­wissen­schaft

Lambert Wiesing ist nicht der einzige Autor, der das weit­verzweig­te bild­wissen­schaf­tliche Forschungs­feld mithil­fe von termi­nolo­gisch klar umris­senen Trenn­linien über­sicht­licher gestal­ten möchte. So halten auch Klaus Sachs-Hombach und Jörg R. J. Schirra eine Auf­teilung der Bild­wissen­schaft in zwei Arbeits­felder, die sich aus ihrer Sicht sowohl inhalt­lich als auch metho­disch stark von­einan­der unter­scheiden, für sinnvoll. In diesem Zusam­menhang greifen sie auf Diffe­renzie­rungskri­terien zurück, die auf den ersten Blick mit denen Wiesings iden­tisch zu sein scheinen, bei näherem Hinsehen jedoch unter­schiedli­che konzep­tionel­le Konse­quenzen und Schwer­punkte impli­zieren. Für die Ana­lyse der „spezi­fische[n] Eigen­arten von konkre­ten Bild­werken“ ([Schirra & Sachs-Hombach 2006a]Schirra, Jörg R. J. & Sachs-Hombach, Klaus (2006).
Bild und Wort. Ein Vergleich aus bildwissenschaftlicher Sicht. In ELiSe: Essener Linguistische Skripte, 6, 1, 51-72.

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: S. 52) reser­vieren Sachs-Hombach und Schirra den Plura­lis Bilder­wissen­schaft. Von der Singu­larform Bild­wissen­schaft sollte ihres Erach­tens hinge­gen nur „dann die Rede sein, wenn sich das wissen­schaft­liche Inte­resse der Frage zuwen­det, was es grund­sätzlich bedeu­tet, mit Bildern (als solchen) umge­hen zu können.“ ([Schirra & Sachs-Hombach 2006a]Schirra, Jörg R. J. & Sachs-Hombach, Klaus (2006).
Bild und Wort. Ein Vergleich aus bildwissenschaftlicher Sicht. In ELiSe: Essener Linguistische Skripte, 6, 1, 51-72.

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: ebd.; Hervor­hebung im Ori­ginal) Anders als in bilder­wissen­schaft­lichen Ana­lysen stehen auf der bild­wissen­schaft­lichen Unter­suchungs­ebene sodann „gar nicht einzel­ne Bilder im unmit­telba­ren Fokus des Inte­resses, sondern vielmehr die Fähig­keit, Bilder verwen­den (d.h. erzeu­gen und rezi­pieren) zu können.“ ([Schirra & Sachs-Hombach 2006a]Schirra, Jörg R. J. & Sachs-Hombach, Klaus (2006).
Bild und Wort. Ein Vergleich aus bildwissenschaftlicher Sicht. In ELiSe: Essener Linguistische Skripte, 6, 1, 51-72.

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: ebd.) Im Zentrum bild­wissen­schaft­licher Forschung stehen inso­fern Fragen der Bild­kompe­tenz und solche der Bild­pragma­tik.
Oberflächlich betrachtet, spiegelt sich in der Distink­tion von Sachs-Hombach und Schirra dieselbe metho­dolo­gische Inten­tion wie bei Wiesing wider. Deren Dicho­tomie ‘Bild­wissen­schaft vs. Bilder­wissen­schaft’ scheint zunächst nicht von Wiesings Diffe­renz ›Bild­theorie vs. Bild­wissen­schaft‹ abzu­weichen. Allein: Dieser Eindruck trügt. Zwar ist es richtig, dass Sachs-Hombach und Schirra mit der Wendung Bilder­wissen­schaft eben­so wie Wiesing mit seiner Konzep­tion der Bild­wissen­schaft eine im weites­ten Sinne empi­rische Betrach­tungswei­se einzu­fangen versu­chen. In Bezug auf die eher syste­matisch-begriff­lich akzen­tuier­ten Termi­ni Bild­wissen­schaft (Sachs-Hombach & Schirra) resp. Bild­theorie (Wiesing) lässt sich aller­dings ein gewich­tiger Unter­schied fest­stellen: Für Wiesing führt eine bild­theore­tische Betrach­tungswei­se in erster Linie zu der For­schungs­frage: „Was soll als Bild bezeich­net werden?“ ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

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: S. 14; Hervor­hebun­gen im Ori­ginal) Sinn und Zweck der Bild­theorie ist es ferner, dieje­nigen allge­meinen Krite­rien zu ermit­teln, die es erlau­ben, ein bestimm­tes Phäno­men als Bild zu bestim­men. Bild­theore­tische Forschung konzen­triert sich hier demge­mäß vorwie­gend auf Fragen der Kate­gori­sierung bzw. Klassi­fikation.
Bei Sachs-Hombach und Schirra findet sich hin­gegen eine andere Schwer­punkt­setzung. Ihnen geht es primär um die bild­pragma­tische Frage, über welche kogni­tiven und perzep­tiven Kompe­tenzen ein Wesen verfügen muss, um eine grund­sätzliche Bild­fähig­keit unter Beweis stellen zu können. Dreht sich Wiesings Bild­theorie vorder­gründig um Probleme der Kate­gori­sierung, zielen Sachs-Hombach und Schirra in letzter Konse­quenz auf eine anthro­polo­gische Zuspit­zung ihrer Konzep­tion einer allge­meinen Bild­wissenschaft ab (⊳ Bild­anthro­polo­gie). Obwohl auch sie die syste­mati­sche Unter­suchung von bild­begriff­lichen Forschungs­fragen mit ihrem Termi­nus Bild­wissen­schaft ausdrück­lich in einen philo­sophi­schen Kontext rücken, dient ihnen das Studium des Bildes nicht alleine dem Zweck, sämt­liche kate­goria­len Bedin­gungen des Bild­begriffs zu ermit­teln. Vielmehr hoffen sie, durch ihre syste­mati­sche Beschäf­tigung mit Fragen der Bild­lichkeit allge­meine Ein­sichten über das Wesen des Menschen zu erlangen. Inso­fern knüpfen sie an bild­anthro­polo­gische Über­legungen an, die auf den Philo­sophen Hans Jonas (1903-1993) zurückgehen. Jonas, der gemein­hin als Begründer der Bild­anthro­pologie bezeichnet wird, verstand den Menschen als einen homo pictor. In dieser Bezeich­nung verdich­tet sich die auch von Sachs-Hombach und Schirra geteilte Über­zeugung, dass die Fähig­keit zur Produk­tion und Rezep­tion von Bild­werken als siche­rer Beweis für die „mehr-als-tieri­sche“ ([Jonas 1961a]Jonas, Hans (1961).
Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. In Zeitschrift für Philosophische Forschung, 15, 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43.

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: S. 162) Natur des Menschen zu deuten sei.[1]
Diese Behauptung ist insofern bemerkens­wert, als in weiten Teilen der Geistes- und Kultur­wissen­schaften der Stand­punkt vertreten wird, dass die diffe­rentia speci­fica des Menschen alleine in der Sprache zu finden sei. Indem das Konzept des homo pictor diese Auffas­sung durch die These in Frage stellt, dass „die Fähig­keit der Bild­verwen­dung […] ein anthro­polo­gisches Grund­prinzip [darstellt], von dem auch die Heraus­bildung der Sprach­fähigkeit abhängt“ ([Sachs-Hombach & Schirra 2009a]Sachs-Hombach, Klaus & Schirra, Jörg R.J. (2009).
Medientheorie, visuelle Kultur und Bildanthropologie.
In Bildtheorien. Anthropologische und kulturelle Grundlagen des Visualistic Turn, 393-424.

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: S. 395), trägt es schließlich zu einer kriti­schen Aus­einan­derset­zung mit Posi­tionen bei, die vieler­orts bereits seit Jahrhun­derten vertreten werden[2] und speziell auf dem Gebiet der Philo­sophie den Status eines Gemein­platzes besit­zen[3].
Anmerkungen
  1. Vgl. hierzu aus­führ­lich [Schirra & Sachs-Hombach 2011a]Schirra Jörg R.J. & Sachs-Hombach, Klaus (2011).
    Anthropologie in der systematischen Bildwissenschaft: Auf der Spur des homo pictor.
    In Disziplinen der Anthropologie, 145-177.

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    , [Halawa 2014a]Literaturangabe fehlt.
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    - Glossarlemma.
    , [Halawa 2012a]Literaturangabe fehlt.
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    - Buch,
    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
    - Sammelband,
    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    : Kap. 8, [Halawa 2011a]Literaturangabe fehlt.
    Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
    - Buch,
    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
    - Sammelband,
    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    , [Ulama 2011a]Literaturangabe fehlt.
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    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
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    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    .
  2. Vgl. zum Bei­spiel [Herder 2001a]Herder, Johann Gottfried (2001).
    Abhandlung über den Ursprung der Sprache (1772). Stuttgart: Philipp Reclam jun..

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    : S. 20: „[…] da die Men­schen für uns die ein­zi­gen Sprach­ge­schöp­fe sind, die wir ken­nen, und sich eben durch Spra­che von al­len Tie­ren un­ter­schei­den […].“ Ähn­lich äußer­te sich der öster­rei­chisch-bri­ti­sche Phi­lo­soph und Be­grün­der des Kri­ti­schen Ra­ti­o­na­lis­mus Sir Karl R. Pop­per in ei­nem Ge­spräch mit Kon­rad Lo­renz: „[…] der Mensch – das ist vor al­lem die Spra­che“ [Popper 2002a]Popper, Karl R. (2002).
    Alle Menschen sind Philosophen. München/Zürich: Piper.

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    : S. 52.
  3. So ma­ni­fes­tiert sich die hu­man­spe­zi­fi­sche Ra­ti­o­na­li­tät des Men­schen für Jür­gen Ha­ber­mas oder Ro­bert Bran­dom – zwei der ein­fluss­reich­sten Phi­lo­so­phen un­se­rer Zeit – in er­ster Li­nie in der Spra­che. Vgl. [Habermas 1995a]Literaturangabe fehlt.
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    ; [Brandom 2000a]Brandom, Robert (2000).
    Expressive Vernunft. Begründung, Repräsentation und diskursive Festlegung (1994). Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, übersetzt von Eva Gilmer und Hermann Vetter.

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    .
Literatur                             [Sammlung]

[Brandom 2000a]: Brandom, Robert (2000). Expressive Vernunft. Begründung, Repräsentation und diskursive Festlegung (1994). Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, übersetzt von Eva Gilmer und Hermann Vetter.

[Bredekamp 2007a]: Bredekamp, Horst (2007). Galilei der Künstler. Der Mond. Die Sonne. Die Hand. Berlin: Akademie. [Habermas 1995a]:
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[Halawa 2011a]:
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[Halawa 2012a]:
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[Halawa 2014a]:
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[Herder 2001a]: Herder, Johann Gottfried (2001). Abhandlung über den Ursprung der Sprache (1772). Stuttgart: Philipp Reclam jun.. [Jonas 1961a]: Jonas, Hans (1961). Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. Zeitschrift für Philosophische Forschung, Band: 15, S. 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. [Mitchell 2008a]: Mitchell, William J. Thomas (2008). Bildtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, hrsg. von Gustav Frank. [Popper 2002a]: Popper, Karl R. (2002). Alle Menschen sind Philosophen. München/Zürich: Piper. [Sachs-Hombach & Schirra 2009a]: Sachs-Hombach, Klaus & Schirra, Jörg R.J. (2009). Medientheorie, visuelle Kultur und Bildanthropologie. In: Sachs-Hombach, Klaus (Hg.): Bildtheorien. Anthropologische und kulturelle Grundlagen des Visualistic Turn. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 393-424. [Schirra & Sachs-Hombach 2006a]: Schirra, Jörg R. J. & Sachs-Hombach, Klaus (2006). Bild und Wort. Ein Vergleich aus bildwissenschaftlicher Sicht. ELiSe: Essener Linguistische Skripte, Band: 6, Nummer: 1, S. 51-72. [Schirra & Sachs-Hombach 2011a]: Schirra Jörg R.J. & Sachs-Hombach, Klaus (2011). Anthropologie in der systematischen Bildwissenschaft: Auf der Spur des homo pictor. In: Meyer, S. & Owzar, A. (Hg.): Disziplinen der Anthropologie. Münster: Waxmann, S. 145-177. [Ulama 2011a]:
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[Wiesing 2005a]: Wiesing, Lambert (2005). Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. [Wiesing 2008a]: Wiesing, Lambert (2008). Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik. Frankfurt am Main/New York: Campus, mit einem aktuellen Vorwort des Autors zur Neuausgabe.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Verantwortlich:

Lektorat:

Seitenbearbeitungen durch: Mark A. Halawa [64] und Joerg R.J. Schirra [18] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Halawa 2013g-a]Literaturangabe fehlt.
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[Habermas 1995a]:
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