Bildwissenschaftliche Abgrenzungen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aufgrund des gestiegenen Interesses an bildwissenschaftlichen Problemstellungen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Publikationen erschienen, die sowohl eine Klärung des Bildbegriffs herbeizuführen hoffen als auch Vorschläge unterbreiten, welche Methoden und Ziele von einer allgemeinen Bildwissenschaft verwendet und anvisiert werden sollten. Alleine im deutschsprachigen Raum sind innerhalb kürzester Zeit mehr als ein halbes Dutzend Entwürfe für eine allgemeine Theorie des Bildes vorgestellt worden.<ref>Vgl. <bib id='Böhme 1999a'></bib>; <bib id='Brandt 1999a'></bib>; <bib id='Belting 2001a'></bib>; <bib id='Sachs-Hombach 2003a'></bib>; <bib id='Huber 2004a'></bib>; <bib id='Scholz 2004a'></bib>; <bib id='Wiesing 2008a'></bib>; <bib id='Halawa 2008a'></bib>.</ref> Sie alle versuchen dazu beizutragen, die Schwierigkeiten aufzulösen, die bei dem Versuch auftreten, dem Kern des Bildbegriffs auf den Grund zu kommen.
 
Aufgrund des gestiegenen Interesses an bildwissenschaftlichen Problemstellungen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Publikationen erschienen, die sowohl eine Klärung des Bildbegriffs herbeizuführen hoffen als auch Vorschläge unterbreiten, welche Methoden und Ziele von einer allgemeinen Bildwissenschaft verwendet und anvisiert werden sollten. Alleine im deutschsprachigen Raum sind innerhalb kürzester Zeit mehr als ein halbes Dutzend Entwürfe für eine allgemeine Theorie des Bildes vorgestellt worden.<ref>Vgl. <bib id='Böhme 1999a'></bib>; <bib id='Brandt 1999a'></bib>; <bib id='Belting 2001a'></bib>; <bib id='Sachs-Hombach 2003a'></bib>; <bib id='Huber 2004a'></bib>; <bib id='Scholz 2004a'></bib>; <bib id='Wiesing 2008a'></bib>; <bib id='Halawa 2008a'></bib>.</ref> Sie alle versuchen dazu beizutragen, die Schwierigkeiten aufzulösen, die bei dem Versuch auftreten, dem Kern des Bildbegriffs auf den Grund zu kommen.
  
Obwohl sich zwischen vielen dieser Arbeiten etliche Überschneidungen ausfindig machen lassen, ist die bildwissenschaftliche Forschung weit von der Formulierung und Etablierung einer konsensfähigen allgemeinen Bildtheorie entfernt. So trivial es ist, dass sich "[e]ine Wissenschaft, die sich ‚Bildwissenschaft‘ nennt, [...] der Erforschung des Bildes [widmet]" (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: 9), so strittig ist es, „welche spezifischen Aufgaben, Inhalte oder Methoden mit ihr verbunden sein sollen“ (ebd.). So wundert es nicht, dass sich die Bildwissenschaft auf der Suche nach ihren theoretischen, methodischen und disziplinären Grundlagen aus Sicht einiger Bildwissenschaftler noch in einem "vorparadigmatischen Stadium" (<bib id='Sachs-Hombach 2003a'></bib>: 12) befindet. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass in der gegenwärtigen bildwissenschaftlichen Theoriedebatte etliche Positionen aufgefunden werden können, die im Hinblick auf die Frage nach dem Sinn und Zweck bildwissenschaftlichen Forschens oft zu vollkommen unterschiedlichen Antworten gelangen. Große Uneinigkeit herrscht zum Beispiel in Bezug auf die Frage, ob Bilder prinzipiell als Zeichen und kommunikative Medien zu verstehen sind und die Semiotik von daher als zentrales Forschungsprogramm betrachtet werden sollte ([[Bildsemiotik]]). Nicht minder kontrovers wird die Frage diskutiert, welchen Stellenwert die Kunstgeschichte in einer allgemeinen Bildwissenschaft einnimmt bzw. einnehmen sollte. Soll die Kunstgeschichte als Basis einer allgemeinen Bildwissenschaft gelten? Oder repräsentiert sie nur einen bildwissenschaftlichen Zweige unter vielen anderen? Fragen wie diese zeigen, dass zum jetzigen Zeitpunkt von ''der'' Bildwissenschaft im Sinne eines theoretisch, methodisch und disziplinär fest umrissenen wissenschaftlichen Forschungsprogramms nicht die Rede sein kann. Ganz im Gegenteil zeichnet sich der bildwissenschaftliche Forschungsdiskurs durch ein hohes Maß an Heterogenität aus.
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Obwohl sich zwischen vielen dieser Arbeiten etliche Überschneidungen ausfindig machen lassen, ist die bildwissenschaftliche Forschung weit von der Formulierung und Etablierung einer konsensfähigen allgemeinen Bildtheorie entfernt. So trivial es ist, dass sich "[e]ine Wissenschaft, die sich ‚Bildwissenschaft‘ nennt, [...] der Erforschung des Bildes [widmet]" (<bib id='Wiesing 2005a'></bib>: 9), so strittig ist es, „welche spezifischen Aufgaben, Inhalte oder Methoden mit ihr verbunden sein sollen“ (ebd.). So wundert es nicht, dass sich die Bildwissenschaft auf der Suche nach ihren theoretischen, methodischen und disziplinären Grundlagen aus Sicht einiger Bildwissenschaftler noch in einem "vorparadigmatischen Stadium" (<bib id='Sachs-Hombach 2003a'></bib>: 12) befindet. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass in der gegenwärtigen bildwissenschaftlichen Theoriedebatte etliche Positionen aufgefunden werden können, die im Hinblick auf die Frage nach dem Sinn und Zweck bildwissenschaftlichen Forschens oft zu vollkommen unterschiedlichen Antworten gelangen. Große Uneinigkeit herrscht zum Beispiel in Bezug auf die Frage, ob Bilder prinzipiell als Zeichen und kommunikative Medien zu verstehen sind und die Semiotik von daher als zentrales bildwissenschaftliches Forschungsprogramm betrachtet werden sollte ([[Bildsemiotik]]). Nicht minder kontrovers wird die Frage diskutiert, welchen Stellenwert die Kunstgeschichte in einer allgemeinen Bildwissenschaft einnimmt bzw. einnehmen sollte. Soll die Kunstgeschichte als Basis einer allgemeinen Bildwissenschaft gelten? Oder repräsentiert sie nur einen bildwissenschaftlichen Zweige unter vielen anderen? Fragen wie diese zeigen, dass zum jetzigen Zeitpunkt von ''der'' Bildwissenschaft im Sinne eines theoretisch, methodisch und disziplinär fest umrissenen wissenschaftlichen Forschungsprogramms nicht die Rede sein kann. Ganz im Gegenteil zeichnet sich der bildwissenschaftliche Forschungsdiskurs durch ein hohes Maß an Heterogenität aus.
  
 
Ziel der diesem Hauptpunkt zugeordneten Unterpunkte ist es, die Heterogenität des bildwissenschaftlichen Diskussionsstandes übersichtlich und einführend darzustellen. Neben den theoretischen und methodischen Kernprämissen der wichtigsten Bilddisziplinen sollen außerdem die von ihnen anvisierten Aufgaben und Inhalte erläutert werden. Obgleich alle Unterpunkte dieses Themenabschnitts als eigenständige Artikel gelesen werden können, soll diese Sektion dazu dienen, einen vergleichenden Überblick über gängige bildwissenschaftliche Forschungsprogramme und Abgrenzungen zu erlauben. Schließlich nimmt die Vielzahl von bildwissenschaftlichen Zielvorstellungen und Aufgaben, die in den unterschiedlichen Bildkonzeptionen formuliert werden, einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Frage, was eine Bilddisziplin leisten kann und soll, im Einzelfall beantwortet wird. Während etwa in vielen philosophischen Bildtheorien der Versuch unternommen wird, die Beschäftigung mit bildtheoretischen Frage- und Problemstellungen eher begrifflich-systematisch statt empirisch-historisch durchzuführen ([[Bildwissenschaft vs. Bildtheorie]], [[Bilderwissenschaft vs. Bildwissenschaft]]), verknüpfen einige Kunsthistoriker ihre bildwissenschaftlichen Forschungen mit dem Ziel, aus der Kunstgeschichte eine Bildgeschichte zu machen, d.h. eine historische Disziplin, die Bildwerke ''jeder Art'' (nicht nur ausgewiesene Kunstwerke) einer ausführlichen bildgeschichtlichen Analyse zuführt ([[Kunstgeschichte als Bildgeschichte]], [[Kunstgeschichte als historische Bildwissenschaft]]). Darüber hinaus verknüpfen einige Bildwissenschaftler ihre bildtheoretischen Reflexionen mit einer Kritik des so genannten ''linguistic turn'' und semiologischen ''Strukturalismus''. Die Beschäftigung mit dem Bild geschieht hier unter anderem deshalb, um unter Beweis zu stellen, dass eine Klärung des Bildbegriffs erst dann erreicht werden kann, wenn sich von der Idee gelöst wird, Bilder als semiotisch oder hermeneutisch entschlüsselbare Texte aufzufassen ([[Bildwissenschaft als Sprach- und Bildkritik]]).
 
Ziel der diesem Hauptpunkt zugeordneten Unterpunkte ist es, die Heterogenität des bildwissenschaftlichen Diskussionsstandes übersichtlich und einführend darzustellen. Neben den theoretischen und methodischen Kernprämissen der wichtigsten Bilddisziplinen sollen außerdem die von ihnen anvisierten Aufgaben und Inhalte erläutert werden. Obgleich alle Unterpunkte dieses Themenabschnitts als eigenständige Artikel gelesen werden können, soll diese Sektion dazu dienen, einen vergleichenden Überblick über gängige bildwissenschaftliche Forschungsprogramme und Abgrenzungen zu erlauben. Schließlich nimmt die Vielzahl von bildwissenschaftlichen Zielvorstellungen und Aufgaben, die in den unterschiedlichen Bildkonzeptionen formuliert werden, einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Frage, was eine Bilddisziplin leisten kann und soll, im Einzelfall beantwortet wird. Während etwa in vielen philosophischen Bildtheorien der Versuch unternommen wird, die Beschäftigung mit bildtheoretischen Frage- und Problemstellungen eher begrifflich-systematisch statt empirisch-historisch durchzuführen ([[Bildwissenschaft vs. Bildtheorie]], [[Bilderwissenschaft vs. Bildwissenschaft]]), verknüpfen einige Kunsthistoriker ihre bildwissenschaftlichen Forschungen mit dem Ziel, aus der Kunstgeschichte eine Bildgeschichte zu machen, d.h. eine historische Disziplin, die Bildwerke ''jeder Art'' (nicht nur ausgewiesene Kunstwerke) einer ausführlichen bildgeschichtlichen Analyse zuführt ([[Kunstgeschichte als Bildgeschichte]], [[Kunstgeschichte als historische Bildwissenschaft]]). Darüber hinaus verknüpfen einige Bildwissenschaftler ihre bildtheoretischen Reflexionen mit einer Kritik des so genannten ''linguistic turn'' und semiologischen ''Strukturalismus''. Die Beschäftigung mit dem Bild geschieht hier unter anderem deshalb, um unter Beweis zu stellen, dass eine Klärung des Bildbegriffs erst dann erreicht werden kann, wenn sich von der Idee gelöst wird, Bilder als semiotisch oder hermeneutisch entschlüsselbare Texte aufzufassen ([[Bildwissenschaft als Sprach- und Bildkritik]]).

Version vom 14. März 2011, 16:49 Uhr


Hauptpunkt zu: Bildtheorie/Bildwissenschaft/Bildkritik


Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts haben zahlreiche geistes- und kulturwissenschaftliche Disziplinen das Bild als zentralen Forschungsgegenstand für sich entdeckt. Nachdem die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bildwerken lange Zeit vorwiegend in der Kunstgeschichte stattgefunden hat, spielt sich die bildwissenschaftliche Forschung inzwischen in einem ausgesprochen breiten interdisziplinären Rahmen ab. Davon betroffen sind nicht zuletzt auch solche Disziplinen, die den Stellenwert, den bildliche Darstellungen in ihnen beispielsweise als methodisch unverzichtbare Werkzeuge einnehmen, in der Regel nicht eigens zum Thema gemacht haben. Exemplarisch genannt seien neben der Politik- und der Rechtswissenschaft unter anderem die Soziologie oder die Archäologie.[1]

Die Intensität, mit der in der gegenwärtigen geistes- und kulturwissenschaftlichen Theoriedebatte systematisch über bildwissenschaftliche Fragestellungen nachgedacht wird, stellt zweifellos eine innovative Entwicklung dar. Zwar wurden in der abendländischen Geistesgeschichte unter anderem im Kontext von theologischen, metaphysischen, erkenntnistheoretischen, wahrnehmungstheoretischen oder ästhetischen Arbeiten wiederholt Überlegungen angestellt, die auch heute noch von großer bildwissenschaftlicher Relevanz sind.[2] Jedoch hat sich das Phänomen des Bildes erst in jüngerer Zeit von einem wissenschaftlichen Randthema zu einem fächerübergreifend intensiv diskutierten Forschungsobjekt entwickelt.

Folgende Fragen stehen in diesem Zusammenhang für viele Bildforscher im Mittelpunkt: Worin besteht die Besonderheit von Bildern? Wie werden Bilder wahrgenommen und verwendet? Inwieweit unterscheidet sich die Betrachtung eines Bildes von der Betrachtung nicht-bildlicher Gegenstände? Wie wirken Bilder auf ihre Betrachter? Worin unterscheiden sich Bilder von anderen Medien, insbesondere von der gesprochenen und der geschriebenen Sprache? Wie lässt sich die vielbeschworene Macht der Bilder erklären?[3]

Auch wenn diese Fragen auf alltägliche und damit scheinbar triviale Sachverhalte hindeuten, berühren sie etliche Probleme, die sich keineswegs leicht auflösen lässt. Was in der Praxis wie eine Selbstverständlichkeit behandelt wird, erweist sich in der Theorie oft als überaus kompliziert und rätselhaft. So mag es zwar vorstellbar oder sogar sehr wahrscheinlich sein, dass eine Person, die täglich mit Bildern produzierend und/oder rezipierend zu tun hat, weiß, worauf sich der Begriff des Bildes im Einzelnen bezieht. Aus dieser Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass eine im Umgang mit Bildern geübte Person zugleich problemlos erklären kann, woran genau sich die Einordnung eines bestimmten Gegenstandes unter den Begriff des Bildes unter allgemeinen Gesichtspunkten festmacht. Dieses Ungleichgewicht zwischen praktischem Wissen und theoretischer Erklärbarkeit hängt zu großen Teilen sicherlich mit einigen sprachlichen Gepflogenheiten zusammen. Nicht nur im Deutschen, sondern auch in einer Vielzahl von anderen Sprachen taucht die Kategorie der Bildlichkeit in Zusammenhängen auf, die neben Gemälden, Fotografien, Skulpturen oder Simulationen auch Ausdrücke wie »Traumbild«, »Hörbild«, »mentales Bild«, »Schriftbild« oder den Begriff der »Metapher« umfassen.[4] Wissenschaftler, die den Begriff des Bildes durch eine Definition zu bestimmen versuchen, die möglichst alle Facetten des Bildlichen zusammenzufassen vermag, sehen sich aufgrund der schieren Mannigfaltigkeit von bildlichen Darstellungs- und Erscheinungsformen folglich vor erhebliche klassifikatorische Probleme gestellt.

Tatsächlich bringt die Auseinandersetzung mit der Frage "Was ist ein Bild?" Schwierigkeiten mit sich, die von den Problemen, die beispielsweise in der Erörterung der Frage "Was ist Zeit?" zum Vorschein kommen, nicht sonderlich verschieden sind. Was Augustinus in Bezug auf die Zeit eingestehen musste, lässt sich in ähnlicher Form auch über den Begriff des Bildes sagen: "Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich es; wenn ich es einem Fragenden erklären will, weiß ich es nicht." ([Augustinus 2002]Literaturangabe fehlt.
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: 25) Der Bildbegriff ist nicht weniger komplex als der Begriff der Zeit oder des Raumes. Daraus folgt, dass eine systematische Erörterung des Bildbegriffs immer auch von philosophischer Relevanz ist, gehört doch die Arbeit am Begriff seit jeher zum philosophischen Geschäft.

Aufgrund des gestiegenen Interesses an bildwissenschaftlichen Problemstellungen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Publikationen erschienen, die sowohl eine Klärung des Bildbegriffs herbeizuführen hoffen als auch Vorschläge unterbreiten, welche Methoden und Ziele von einer allgemeinen Bildwissenschaft verwendet und anvisiert werden sollten. Alleine im deutschsprachigen Raum sind innerhalb kürzester Zeit mehr als ein halbes Dutzend Entwürfe für eine allgemeine Theorie des Bildes vorgestellt worden.[5] Sie alle versuchen dazu beizutragen, die Schwierigkeiten aufzulösen, die bei dem Versuch auftreten, dem Kern des Bildbegriffs auf den Grund zu kommen.

Obwohl sich zwischen vielen dieser Arbeiten etliche Überschneidungen ausfindig machen lassen, ist die bildwissenschaftliche Forschung weit von der Formulierung und Etablierung einer konsensfähigen allgemeinen Bildtheorie entfernt. So trivial es ist, dass sich "[e]ine Wissenschaft, die sich ‚Bildwissenschaft‘ nennt, [...] der Erforschung des Bildes [widmet]" ([Wiesing 2005a]Wiesing, Lambert (2005).
Arti­fiziel­le Präsenz. Studien zur Philo­sophie des Bildes. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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: 9), so strittig ist es, „welche spezifischen Aufgaben, Inhalte oder Methoden mit ihr verbunden sein sollen“ (ebd.). So wundert es nicht, dass sich die Bildwissenschaft auf der Suche nach ihren theoretischen, methodischen und disziplinären Grundlagen aus Sicht einiger Bildwissenschaftler noch in einem "vorparadigmatischen Stadium" ([Sachs-Hombach 2003a]Sachs-​Hom­bach, Klaus (2003).
Das Bild als kommu­nika­tives Medium. Ele­mente einer allge­meinen Bild­wissen­schaft. Köln: Halem.

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: 12) befindet. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass in der gegenwärtigen bildwissenschaftlichen Theoriedebatte etliche Positionen aufgefunden werden können, die im Hinblick auf die Frage nach dem Sinn und Zweck bildwissenschaftlichen Forschens oft zu vollkommen unterschiedlichen Antworten gelangen. Große Uneinigkeit herrscht zum Beispiel in Bezug auf die Frage, ob Bilder prinzipiell als Zeichen und kommunikative Medien zu verstehen sind und die Semiotik von daher als zentrales bildwissenschaftliches Forschungsprogramm betrachtet werden sollte (Bildsemiotik). Nicht minder kontrovers wird die Frage diskutiert, welchen Stellenwert die Kunstgeschichte in einer allgemeinen Bildwissenschaft einnimmt bzw. einnehmen sollte. Soll die Kunstgeschichte als Basis einer allgemeinen Bildwissenschaft gelten? Oder repräsentiert sie nur einen bildwissenschaftlichen Zweige unter vielen anderen? Fragen wie diese zeigen, dass zum jetzigen Zeitpunkt von der Bildwissenschaft im Sinne eines theoretisch, methodisch und disziplinär fest umrissenen wissenschaftlichen Forschungsprogramms nicht die Rede sein kann. Ganz im Gegenteil zeichnet sich der bildwissenschaftliche Forschungsdiskurs durch ein hohes Maß an Heterogenität aus.

Ziel der diesem Hauptpunkt zugeordneten Unterpunkte ist es, die Heterogenität des bildwissenschaftlichen Diskussionsstandes übersichtlich und einführend darzustellen. Neben den theoretischen und methodischen Kernprämissen der wichtigsten Bilddisziplinen sollen außerdem die von ihnen anvisierten Aufgaben und Inhalte erläutert werden. Obgleich alle Unterpunkte dieses Themenabschnitts als eigenständige Artikel gelesen werden können, soll diese Sektion dazu dienen, einen vergleichenden Überblick über gängige bildwissenschaftliche Forschungsprogramme und Abgrenzungen zu erlauben. Schließlich nimmt die Vielzahl von bildwissenschaftlichen Zielvorstellungen und Aufgaben, die in den unterschiedlichen Bildkonzeptionen formuliert werden, einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Frage, was eine Bilddisziplin leisten kann und soll, im Einzelfall beantwortet wird. Während etwa in vielen philosophischen Bildtheorien der Versuch unternommen wird, die Beschäftigung mit bildtheoretischen Frage- und Problemstellungen eher begrifflich-systematisch statt empirisch-historisch durchzuführen (Bildwissenschaft vs. Bildtheorie, Bilderwissenschaft vs. Bildwissenschaft), verknüpfen einige Kunsthistoriker ihre bildwissenschaftlichen Forschungen mit dem Ziel, aus der Kunstgeschichte eine Bildgeschichte zu machen, d.h. eine historische Disziplin, die Bildwerke jeder Art (nicht nur ausgewiesene Kunstwerke) einer ausführlichen bildgeschichtlichen Analyse zuführt (Kunstgeschichte als Bildgeschichte, Kunstgeschichte als historische Bildwissenschaft). Darüber hinaus verknüpfen einige Bildwissenschaftler ihre bildtheoretischen Reflexionen mit einer Kritik des so genannten linguistic turn und semiologischen Strukturalismus. Die Beschäftigung mit dem Bild geschieht hier unter anderem deshalb, um unter Beweis zu stellen, dass eine Klärung des Bildbegriffs erst dann erreicht werden kann, wenn sich von der Idee gelöst wird, Bilder als semiotisch oder hermeneutisch entschlüsselbare Texte aufzufassen (Bildwissenschaft als Sprach- und Bildkritik).



Anmerkungen
  1. Für einen Überblick über die zahlreichen Wissenschaftsdisziplinen, die sich nunmehr verstärkt dem Bild zuwenden, vgl. die Beiträge in [Sachs-Hombach 2005a]Sachs-​Hom­bach, Klaus (2005).
    Bild­wissen­schaft. Dis­zipli­nen, Themen, Metho­den. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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  2. Vgl. dazu etwa [Belting 2004a]Belting, Hans (2004).
    Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. München: C.H. Beck, 6. Auflage.

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    ; [Platon 2008a]Platon (2008).
    Politeia.
    In Sämtliche Werke, Band 2, 195-537.

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    ; [Husserl 2006]Literaturangabe fehlt.
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    - Buch,
    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
    - Sammelband,
    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    ; [Kant 1974a]Kant, Immanuel (1974).
    Kritik der Ur­teils­kraft. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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    .
  3. Vgl. zu diesen Fragen den kanonischen Sammelband von [Boehm 1994c]Boehm, Gottfried (1994).
    Was ist ein Bild?. München: Fink.

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    . Vgl. auch [Sachs-Hombach 2005b]Sachs-​Hom­bach, Klaus (2005).
    Bild­wissen­schaft. Zwischen Refle­xion und Anwen­dung. Köln: Halem.

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    .
  4. Vgl. hierzu das Kapitel "What is an Image?" in [Mitchell 1987]Literaturangabe fehlt.
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    - Buch,
    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
    - Sammelband,
    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    :7-46.
  5. Vgl. [Böhme 1999a]Böhme, Gernot (1999).
    Theorie des Bildes. München: Wilhelm Fink.

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    ; [Brandt 1999a]Brandt, Reinhard (1999).
    Die Wirklichkeit der Bilder. Sehen und Erkennen – Vom Spiegel zum Kunstbild. München: Carl Hanser.

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    ; [Belting 2001a]Belting, Hans (2001).
    Bild­anthro­polo­gie. Entwür­fe für eine Bild­wissen­schaft. München: Wilhelm Fink.

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    ; [Sachs-Hombach 2003a]Sachs-​Hom­bach, Klaus (2003).
    Das Bild als kommu­nika­tives Medium. Ele­mente einer allge­meinen Bild­wissen­schaft. Köln: Halem.

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    ; [Huber 2004a]Huber, Hans Dieter (2004).
    Bild Beob­achter Milieu. Entwurf einer allge­meinen Bildwis­senschaft. Ostfil­dern: Hatje Cantz.

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    ; [Scholz 2004a]Scholz, Oliver R. (2004).
    Bild, Dar­stel­lung, Zeichen. Philo­sophi­sche Theo­rien bild­hafter Dar­stellun­gen. Frank­furt/M.: Kloster­mann.

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    ; [Wiesing 2008a]Wiesing, Lambert (2008).
    Die Sichtbar­keit des Bildes. Geschich­te und Perspek­tiven der forma­len Ästhe­tik. Frank­furt/M. & New York: Campus.

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    ; [Halawa 2008a]Halawa, Mark A. (2008).
    Wie sind Bilder möglich? Argu­mente für eine semio­tische Fundie­rung des Bildbe­griffs. Köln: Halem.

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    .
Literatur                             [Sammlung]

[Augustinus 2002]:
Literaturangabe fehlt.
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- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Belting 2001a]: Belting, Hans (2001). Bild­anthro­polo­gie. Entwür­fe für eine Bild­wissen­schaft. München: Wilhelm Fink.

[Belting 2004a]: Belting, Hans (2004). Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. München: C.H. Beck, 6. Auflage. [Boehm 1994c]: Boehm, Gottfried (Hg.) (1994). Was ist ein Bild?. München: Fink. [Brandt 1999a]: Brandt, Reinhard (1999). Die Wirklichkeit der Bilder. Sehen und Erkennen – Vom Spiegel zum Kunstbild. München: Carl Hanser. [Böhme 1999a]: Böhme, Gernot (1999). Theorie des Bildes. München: Wilhelm Fink. [Halawa 2008a]: Halawa, Mark A. (2008). Wie sind Bilder möglich? Argu­mente für eine semio­tische Fundie­rung des Bildbe­griffs. Köln: Halem. [Huber 2004a]: Huber, Hans Dieter (2004). Bild Beob­achter Milieu. Entwurf einer allge­meinen Bildwis­senschaft. Ostfil­dern: Hatje Cantz. [Husserl 2006]:
Literaturangabe fehlt.
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- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Kant 1974a]: Kant, Immanuel (1974). Kritik der Ur­teils­kraft. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Mitchell 1987]:
Literaturangabe fehlt.
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- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Platon 2008a]: Platon (2008). Politeia. In: Wolf, U. (Hg.): Sämtliche Werke, Band 2. Reinbek: Rowohlt, S. 195-537. [Sachs-Hombach 2003a]: Sachs-​Hom­bach, Klaus (2003). Das Bild als kommu­nika­tives Medium. Ele­mente einer allge­meinen Bild­wissen­schaft. Köln: Halem. [Sachs-Hombach 2005a]: Sachs-​Hom­bach, Klaus (Hg.) (2005). Bild­wissen­schaft. Dis­zipli­nen, Themen, Metho­den. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Sachs-Hombach 2005b]: Sachs-​Hom­bach, Klaus (Hg.) (2005). Bild­wissen­schaft. Zwischen Refle­xion und Anwen­dung. Köln: Halem. [Scholz 2004a]: Scholz, Oliver R. (2004). Bild, Dar­stel­lung, Zeichen. Philo­sophi­sche Theo­rien bild­hafter Dar­stellun­gen. Frank­furt/M.: Kloster­mann. [Wiesing 2005a]: Wiesing, Lambert (2005). Arti­fiziel­le Präsenz. Studien zur Philo­sophie des Bildes. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Wiesing 2008a]: Wiesing, Lambert (2008). Die Sichtbar­keit des Bildes. Geschich­te und Perspek­tiven der forma­len Ästhe­tik. Frank­furt/M. & New York: Campus.


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Verantwortlich:

Mark A. Halawa

Seitenbearbeitungen durch: Mark A. Halawa [35], Joerg R.J. Schirra [33] und Franziska Kurz [1] — (Hinweis)