Eigenwerte, Abbildungswerte und Darstellungswerte syntaktischer Einheiten: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Darstellungswert schließlich kenn­zeichnet den jeweils betrach­teten Teil der Bild­syntax in seiner Rolle, die er in den für die Bild­verwen­dung rele­vanten Sprach­spielen (im Sinne Wittgen­steins) spielt. So mag die rote Schnee­manns­nase etwa eine Asso­ziati­on mit einem Clown evo­zieren und auf diesem Weg der Bild­wirkung insgesamt einen Impuls ins Heite­re geben. | Der Darstellungswert schließlich kenn­zeichnet den jeweils betrach­teten Teil der Bild­syntax in seiner Rolle, die er in den für die Bild­verwen­dung rele­vanten Sprach­spielen (im Sinne Wittgen­steins) spielt. So mag die rote Schnee­manns­nase etwa eine Asso­ziati­on mit einem Clown evo­zieren und auf diesem Weg der Bild­wirkung insgesamt einen Impuls ins Heite­re geben. | ||
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Aktuelle Version vom 27. Juli 2023, 21:29 Uhr
Unterpunkt zu: Bildsyntax
English Version: Intrinsic Values, Depictive Values, and Presentational Values of Syntactic Units
Funktionale Betrachtungsebenen bildsyntaktischer ElementeDie Einteilung semiotischer Fragestellungen in die drei Bereiche Pragmatik, Semantik und Syntax kann auch in Form dreier entsprechender funktionaler Aspekte eines jeden bildsyntaktischen Elements oder Pixems in Erscheinung treten: Das sind dessen darstellungswertliche (Pragmatik), abbildungswertliche (Semantik) und eigenwertliche (Syntax) Aspekte. In dieser Form werden sie insbesondere von K. Buchholz und D. Gerhardus zur Bildanalyse eingesetzt ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 255-270. Eintrag in Sammlung zeigen, [Gerhardus 1999a]Gerhardus, Dietfried (1999). Basisprobleme der Bildgliederung – Von der Bildkomposition zur Bildsyntax. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 21-31. Eintrag in Sammlung zeigen und [Gerhardus 2003a]Gerhardus, Dietfried (2003). Vom visuellen Material zum Bildmedium. Ein produktionstheoretischer Ansatz. In Was ist Bildkompetenz? Studien zur Bildwissenschaft, 43-50. Eintrag in Sammlung zeigen). Historisch bezieht sich Buchholz auf die Unterscheidung von Eigenwert und Darstellungswert von Farben bei H. Jantzen von 1913 ([Jantzen 1951a]Jantzen, Hans (1951). Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei. In Über den gotischen Kirchenraum und andere Aufsätze, 61-67. Eintrag in Sammlung zeigen).
Definitionen und ErläuterungenDer Darstellungswert eines Pixems beziehen sich auf den Beitrag, den dieses syntaktische Bildelement zur Wirkung einer mit ihm vollzogenen Bildzeichenhandlung beiträgt. Buchholz definiert den Darstellungswert eines Bildträgers oder eines seiner Teile als das, „worauf es ankommt, worum es geht ... die Funktionen oder “Witze” eines Bildes“ ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 255-270. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 256). Der Darstellungswert kann beispielsweise im Ausdrücken von Stimmungen bestehen, im Aufmerksammachen auf soziale oder natürliche Gegebenheiten, im Vorführen bildnerischer Eigenwerte, im Illustrieren von Geschichten oder auch im Propagieren oder Kritisieren von Normen (vgl. [Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999). Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 255-270. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 257). Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 255-270. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 257). Wird ein Pixem als der Teil des Bildträgers gesehen, der einen bestimmten Teil eines Gegenstands darstellt, oder wird eine Teil-Ganzes-Beziehung zwischen Pixemen als Abbildung einer mereologischen Beziehung zwischen abgebildeten Gegenstandsteilen aufgefasst, so handelt es sich jeweils um Abbildungswerte der betrachteten bildsyntaktischen Elemente. Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen, 255-270. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 257). Unter Eigenwerten sind mithin die Elemente der Bildmorphologie als sie selbst zu verstehen: geometrische Einheiten mit Farb- oder Texturzuordnungen, etwa ‹ein kleiner roter Kreis in der Mitte der Bildfläche›. Der insbesondere bei künstlerischer, designerischer oder kunstkritischer Betrachtung benötigte gestalterische Blick beruht vor allen Dingen darauf, die bildsyntaktischen Elemente als solche, d.h. in ihrer Eigenwertlichkeit, beurteilen zu können. Werden die Elemente der Bildmorphologie hingegen als Teil einer Darstellung eines Exemplars einer visuell wahrnehmbaren Gegenstandssorte oder eines visuell wahrnehmbaren Sachverhalts bezüglich solcher Gegenstände begriffen, handelt es sich um ihren Abbildungswert. So kann das eigenwertlich als ‘kleiner roter Kreis’ beschriebene Pixem abbildungswertlich ‹(die Fläche,) die Nase eines Schneemanns (abbildet)› sein.[1] Der Darstellungswert schließlich kennzeichnet den jeweils betrachteten Teil der Bildsyntax in seiner Rolle, die er in den für die Bildverwendung relevanten Sprachspielen (im Sinne Wittgensteins) spielt. So mag die rote Schneemannsnase etwa eine Assoziation mit einem Clown evozieren und auf diesem Weg der Bildwirkung insgesamt einen Impuls ins Heitere geben. Semantische und pragmatische Aspekte können hierbei nur insofern eine Rolle spielen, als sie sich mehr oder weniger eindeutig genau einer abgrenzbaren syntaktischen Entität – sei diese nun atomar oder zusammengesetzt – zuordnen lassen: Diese syntaktische Einheit kann dann mithilfe des genannten semantischen oder pragmatischen Aspekts identifiziert werden. Damit wird nicht ausgeschlossen, dass es semantische oder pragmatische Aspekte des Bildes geben kann, die nur dem Bild bzw. sogar der jeweiligen Bildverwendung insgesamt zukommen und weder einem Teil des Bildträgers noch mit ihm insgesamt assoziiert werden können. |
Anmerkungen
[Buchholz 1999a]: Buchholz, Kai (1999). Zum Verhältnis von Bildsyntax und Darstellungswert am Beispiel künstlerischer Grafik. In: Sachs-Hombach, K. & Rehkämper, K. (Hg.): Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen. Magdeburg: Scriptum, S. 255-270.
[Gerhardus 1999a]: Gerhardus, Dietfried (1999). Basisprobleme der Bildgliederung – Von der Bildkomposition zur Bildsyntax. In: Sachs-Hombach, K. & Rehkämper, K. (Hg.): Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen. Magdeburg: Scriptum, S. 21-31. [Gerhardus 2003a]: Gerhardus, Dietfried (2003). Vom visuellen Material zum Bildmedium. Ein produktionstheoretischer Ansatz. In: Sachs-Hombach, K. (Hg.): Was ist Bildkompetenz? Studien zur Bildwissenschaft. Wiesbaden: DUV, S. 43-50. [Jantzen 1951a]: Jantzen, Hans (1951). Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei. In: Jantzen, H. (Hg.): Über den gotischen Kirchenraum und andere Aufsätze. Berlin: Gebr. Mann, S. 61-67. Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [25] und Klaus Sachs-Hombach [6] — (Hinweis) Zitierhinweis: in Literatursammlung. Eintrag in Sammlung zeigen Schirra, Jörg R.J. (2013). Eigenwerte, Abbildungswerte und Darstellungswerte syntaktischer Einheiten. (Ausg. 1). In: Schirra, J.R.J.; Halawa, M. & Liebsch, D. (Hg.): Glossar der Bildphilosophie. (2012-2024). |