Eigenwerte, Abbildungswerte und Darstellungswerte syntaktischer Einheiten: Unterschied zwischen den Versionen

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Unter Eigenwerten sind mithin die Ele­mente der Bild­morpho­logie ''als sie selbst'' zu verste­hen: [[Raum und Geometrie|geo­metrische]] Einhei­ten mit Farb- oder Textur­zuord­nungen, etwa ‹ein kleiner roter Kreis in der Mitte der Bild­fläche›. Der insbe­sonde­re bei künstle­rischer, designe­rischer oder kunst­kriti­scher Betrach­tung benö­tigte ''gestal­teri­sche Blick'' beruht vor allen Dingen darauf, die bild­syntak­tischen Elemente als solche, d.h. in ihrer Eigen­wertlich­keit, beur­teilen zu können.     
 
Unter Eigenwerten sind mithin die Ele­mente der Bild­morpho­logie ''als sie selbst'' zu verste­hen: [[Raum und Geometrie|geo­metrische]] Einhei­ten mit Farb- oder Textur­zuord­nungen, etwa ‹ein kleiner roter Kreis in der Mitte der Bild­fläche›. Der insbe­sonde­re bei künstle­rischer, designe­rischer oder kunst­kriti­scher Betrach­tung benö­tigte ''gestal­teri­sche Blick'' beruht vor allen Dingen darauf, die bild­syntak­tischen Elemente als solche, d.h. in ihrer Eigen­wertlich­keit, beur­teilen zu können.     
 
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Werden die Elemente der Bild­morpho­logie hinge­gen als Teil einer Darstel­lung eines Exem­plars einer [[Gegenstand der visuellen Wahrnehmung|visu­ell wahrnehm­baren Gegen­stands­sorte]] oder eines visu­ell wahr­nehmba­ren [[Proposition|Sach­verhalts]] bezüg­lich solcher Gegen­stände begrif­fen, handelt es sich um ihren Ab­bildungs­wert. So kann das eigen­wertlich als ‘kleiner roter Kreis’ beschrie­bene Pixem ab­bildungs­wertlich ‹die Nase eines Schnee­manns› sein.  
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Werden die Elemente der Bild&shy;morpho&shy;logie hinge&shy;gen als Teil einer Darstel&shy;lung eines Exem&shy;plars einer [[Gegenstand der visuellen Wahrnehmung|visu&shy;ell wahrnehm&shy;baren Gegen&shy;stands&shy;sorte]] oder eines visu&shy;ell wahr&shy;nehmba&shy;ren [[Proposition|Sach&shy;verhalts]] bezüg&shy;lich solcher Gegen&shy;stände begrif&shy;fen, handelt es sich um ihren Ab&shy;bildungs&shy;wert. So kann das eigen&shy;wertlich als ‘kleiner roter Kreis’ beschrie&shy;bene Pixem ab&shy;bildungs&shy;wertlich ‹(die Fläche,) die Nase eines Schnee&shy;manns (abbildet)› sein.<ref>Da es sich bei allen drei hier erwähnten Aspekten eines Bildes um ''syntaktische'' Entitäten handelt, nicht um semantische (oder pragmatische), d.h. um Elemente der Bildfläche (also 2D), ist abbildungswertlich nicht das gemeint, was eine Fläche ''bedeutet'' (z.B. „die Nase“), auch wenn manchmal verkürzt so geredet wird. Vielmehr verwendet man die Bezeichnungen der abgebildeten (semantischen) Entitäten (3D) abbildungswertlich nur zur Gliederung der abbildenden Bildfläche.</ref>
 
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Der Darstellungswert schließlich kenn&shy;zeichnet den jeweils betrach&shy;teten Teil der Bild&shy;syntax in seiner Rolle, die er in den für die Bild&shy;verwen&shy;dung rele&shy;vanten Sprach&shy;spielen (im Sinne Wittgen&shy;steins) spielt. So mag die rote Schnee&shy;manns&shy;nase etwa eine Asso&shy;ziati&shy;on mit einem Clown evo&shy;zieren und auf diesem Weg der Bild&shy;wirkung insgesamt einen Impuls ins Heite&shy;re geben.
 
Der Darstellungswert schließlich kenn&shy;zeichnet den jeweils betrach&shy;teten Teil der Bild&shy;syntax in seiner Rolle, die er in den für die Bild&shy;verwen&shy;dung rele&shy;vanten Sprach&shy;spielen (im Sinne Wittgen&shy;steins) spielt. So mag die rote Schnee&shy;manns&shy;nase etwa eine Asso&shy;ziati&shy;on mit einem Clown evo&shy;zieren und auf diesem Weg der Bild&shy;wirkung insgesamt einen Impuls ins Heite&shy;re geben.
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Aktuelle Version vom 27. Juli 2023, 21:29 Uhr

Unterpunkt zu: Bildsyntax

English Version: Intrinsic Values, Depictive Values, and Presentational Values of Syntactic Units


Funktionale Betrachtungs­ebenen bild­syntak­ti­scher Ele­mente

Die Einteilung semiotischer Frage­stellun­gen in die drei Bereiche Pragma­tik, Seman­tik und Syntax kann auch in Form dreier entspre­chender funktio­naler Aspek­te eines jeden bild­syntak­tischen Ele­ments oder Pixems in Erschei­nung treten: Das sind dessen dar­stellungs­wertli­che (Pragma­tik), ab­bildungs­wertli­che (Seman­tik) und eigen­wertli­che (Syntax) Aspek­te. In dieser Form werden sie insbe­sonde­re von K. Buchholz und D. Gerhar­dus zur Bild­ana­lyse einge­setzt ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).
Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men, 255-270.

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, [Gerhar­dus 1999a]Gerhardus, Dietfried (1999).
Basis­proble­me der Bild­gliede­rung – Von der Bild­kompo­sition zur Bild­syntax.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Dar­stel­lungsfor­men, 21-31.

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und [Gerhar­dus 2003a]Gerhardus, Dietfried (2003).
Vom visu­ellen Mate­rial zum Bild­medium. Ein produk­tionsthe­oreti­scher An­satz.
In Was ist Bild­kompe­tenz? Studien zur Bild­wissen­schaft, 43-50.

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). Histo­risch bezieht sich Buchholz auf die Unter­scheidung von Eigen­wert und Dar­stellungs­wert von Farben bei H. Jantzen von 1913 ([Jantzen 1951a]Jantzen, Hans (1951).
Über Prinzi­pien der Farben­gebung in der Male­rei.
In Über den goti­schen Kirchen­raum und ande­re Auf­sätze, 61-67.

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).


Definitionen und Erläu­terungen

Der Darstellungswert eines Pixems beziehen sich auf den Beitrag, den dieses syntak­tische Bild­ele­ment zur Wirkung einer mit ihm voll­zoge­nen Bild­zeichen­handlung beiträgt. Buchholz defi­niert den Dar­stellungs­wert eines Bild­trägers oder eines seiner Teile als das, „worauf es ankommt, worum es geht ... die Funkti­onen oder “Witze” eines Bildes“ ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).
Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men, 255-270.

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: S. 256). Der Dar­stellungs­wert kann beispiels­weise im Aus­drücken von Stimmun­gen bestehen, im Auf­merksam­machen auf sozia­le oder natür­liche Ge­geben­heiten, im Vor­führen bildne­rischer Eigen­werte, im Illus­trieren von Geschich­ten oder auch im Propa­gieren oder Kriti­sieren von Normen (vgl. [Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).
Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men, 255-270.

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: S. 257).
In ihrem Abbildungs­wert können hinge­gen die syntak­tischen Teile eines Bild­trägers verstan­den werden, inso­fern sie zur „bild­lichen Wieder­gabe von sichtba­ren Gegen­ständen und Sach­verhal­ten beitra­gen“ ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).
Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men, 255-270.

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: S. 257). Wird ein Pixem als der Teil des Bild­trägers gese­hen, der einen bestimm­ten Teil eines Gegen­stands darstellt, oder wird eine Teil-Ganzes-Bezie­hung zwischen Pixe­men als Abbil­dung einer mereo­logischen Bezie­hung zwischen abge­bilde­ten Gegen­stands­teilen aufge­fasst, so handelt es sich jeweils um Ab­bildungs­werte der betrach­teten bild­syntak­tischen Ele­mente.
Eigenwerte sind schließlich alle dar­stellungs­rele­vanten Aspekte eines Bild­trägers, inso­fern sie nicht ab­bildungs­wertlich sind: Insbe­sonde­re handelt es sich um die reinen Form­eigen­schaften, Flächen­anord­nung, Farb­werte, Quali­tät der Linien­führung und Ähnli­ches, die das betrach­tete Pixem auszeich­nen ([Buchholz 1999a]Buchholz, Kai (1999).
Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik.
In Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men, 255-270.

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: S. 257).

Unter Eigenwerten sind mithin die Ele­mente der Bild­morpho­logie als sie selbst zu verste­hen: geo­metrische Einhei­ten mit Farb- oder Textur­zuord­nungen, etwa ‹ein kleiner roter Kreis in der Mitte der Bild­fläche›. Der insbe­sonde­re bei künstle­rischer, designe­rischer oder kunst­kriti­scher Betrach­tung benö­tigte gestal­teri­sche Blick beruht vor allen Dingen darauf, die bild­syntak­tischen Elemente als solche, d.h. in ihrer Eigen­wertlich­keit, beur­teilen zu können.

Werden die Elemente der Bild­morpho­logie hinge­gen als Teil einer Darstel­lung eines Exem­plars einer visu­ell wahrnehm­baren Gegen­stands­sorte oder eines visu­ell wahr­nehmba­ren Sach­verhalts bezüg­lich solcher Gegen­stände begrif­fen, handelt es sich um ihren Ab­bildungs­wert. So kann das eigen­wertlich als ‘kleiner roter Kreis’ beschrie­bene Pixem ab­bildungs­wertlich ‹(die Fläche,) die Nase eines Schnee­manns (abbildet)› sein.[1]

Der Darstellungswert schließlich kenn­zeichnet den jeweils betrach­teten Teil der Bild­syntax in seiner Rolle, die er in den für die Bild­verwen­dung rele­vanten Sprach­spielen (im Sinne Wittgen­steins) spielt. So mag die rote Schnee­manns­nase etwa eine Asso­ziati­on mit einem Clown evo­zieren und auf diesem Weg der Bild­wirkung insgesamt einen Impuls ins Heite­re geben.

Semantische und pragmatische Aspekte können hierbei nur inso­fern eine Rolle spielen, als sie sich mehr oder weniger eindeu­tig genau einer abgrenz­baren syntak­tischen Enti­tät – sei diese nun ato­mar oder zusam­menge­setzt – zuord­nen lassen: Diese syntak­tische Einheit kann dann mithil­fe des genann­ten seman­tischen oder pragma­tischen Aspekts iden­tifi­ziert werden. Damit wird nicht ausge­schlossen, dass es seman­tische oder pragma­tische Aspek­te des Bildes geben kann, die nur dem Bild bzw. sogar der jewei­ligen Bildver­wendung insge­samt zukom­men und weder einem Teil des Bildträ­gers noch mit ihm insge­samt asso­ziiert werden können.

Anmerkungen
  1. Da es sich bei allen drei hier erwähnten Aspekten eines Bildes um syntaktische Entitäten handelt, nicht um semantische (oder pragmatische), d.h. um Elemente der Bildfläche (also 2D), ist abbildungswertlich nicht das gemeint, was eine Fläche bedeutet (z.B. „die Nase“), auch wenn manchmal verkürzt so geredet wird. Vielmehr verwendet man die Bezeichnungen der abgebildeten (semantischen) Entitäten (3D) abbildungswertlich nur zur Gliederung der abbildenden Bildfläche.
Literatur                             [Sammlung]

[Buchholz 1999a]: Buchholz, Kai (1999). Zum Verhält­nis von Bild­syntax und Darstel­lungswert am Beispiel künstle­rischer Grafik. In: Sachs-​Hom­bach, K. & Rehkäm­per, K. (Hg.): Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Darstel­lungsfor­men. Magde­burg: Scrip­tum, S. 255-270.

[Gerhar­dus 1999a]: Gerhardus, Dietfried (1999). Basis­proble­me der Bild­gliede­rung – Von der Bild­kompo­sition zur Bild­syntax. In: Sachs-​Hom­bach, K. & Reh­käm­per, K. (Hg.): Bild­gramma­tik. Inter­diszi­plinä­re For­schun­gen zur Syntax bildli­cher Dar­stel­lungsfor­men. Magde­burg: Scrip­tum, S. 21-31. [Gerhar­dus 2003a]: Gerhardus, Dietfried (2003). Vom visu­ellen Mate­rial zum Bild­medium. Ein produk­tionsthe­oreti­scher An­satz. In: Sachs-​Hom­bach, K. (Hg.): Was ist Bild­kompe­tenz? Studien zur Bild­wissen­schaft. Wies­baden: DUV, S. 43-50. [Jantzen 1951a]: Jantzen, Hans (1951). Über Prinzi­pien der Farben­gebung in der Male­rei. In: Jantzen, H. (Hg.): Über den goti­schen Kirchen­raum und ande­re Auf­sätze. Berlin: Gebr. Mann, S. 61-67.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Verantwortlich:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [25] und Klaus Sachs-Hombach [6] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Schirra 2013g-i]Vergleiche vollständigen Eintrag
in Literatursammlung
.

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Schirra, Jörg R.J. (2013). Eigenwerte, Abbildungswerte und Darstellungswerte syntaktischer Einheiten. (Ausg. 1). In: Schirra, J.R.J.; Halawa, M. & Liebsch, D. (Hg.): Glossar der Bildphilosophie. (2012-2024).
Permalink.