Exkurs:Handlungen: Unterschied zwischen den Versionen

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Exkurs zu: [[Bildrezeption als Kommunikationsprozess]], [[Interaktion und Kommunikation]]
 
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==Verschieden weit gefasste Handlungsbegriffe==
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==Verschieden weit gefasste Handlungs&shy;begrif&shy;fe==
  
[[Datei:Hierarchie Handlung.jpg|thumb|Abbildung 1: Hierarchische Einbettung der beiden Handlungsbegriffe und ihr Umfeld]]
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[[Datei:Hierarchie Handlung.jpg|thumb|Ab&shy;bil&shy;dung 1: Hi&shy;e&shy;r&shy;ar&shy;chi&shy;sche Ein&shy;bet&shy;tung der bei&shy;den Hand&shy;lungs&shy;be&shy;grif&shy;fe und ihr Um&shy;feld]]
Handlungen werden in der Regel bloßem Verhalten gegenübergestellt, wobei der Unterschied zu letzterem in dem dabei ''bewusst'' verfolgten Ziel, dem vom Handelnden selbst erkannten Zweck der Handlung liegt (vgl. etwa <bib id='Weber 2005a'></bib>).<ref>Siehe auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Handeln Wikipedia: Handeln].</ref> Für einige Fragestellungen sollte diesem ''engen'' Handlungsbegriff allerdings eine weiter gefasste Konzeption zur Seite gestellt werden. Setzt der Handlungsbegriff nämlich das bewusste Setzten von Zielen und damit ''Selbstbewusstsein'' voraus, so müssen handlungstheoretische Versuche der begrifflichen Erklärung von Selbstbewusstsein zirkulär werden. Kommt hingegen nicht allen Handlungen bereits Selbstbewusstsein zu, ergeben sich Möglichkeiten, bestimmte Konstellationen von Handlungen im weiteren Sinn als Basis für Handlungen im engen Sinn und damit für die Einführung des Begriffs »Selbstbewusstsein« zu nutzen.<ref>Eine derartige handlungstheoretische Umdeutung der Begriffe für Psychisches bildet den Hintergrund des [[Linguistic turn, pictorial turn, medial turn|''linguistic turn'']] (vgl. <bib id='Ros 1989/90a'></bib>: ...).</ref>  
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Hand&shy;lun&shy;gen wer&shy;den in der Re&shy;gel blo&shy;ßem Ver&shy;hal&shy;ten ge&shy;gen&shy;über&shy;ge&shy;stellt, wo&shy;bei der Un&shy;ter&shy;schied zu letz&shy;te&shy;rem in dem da&shy;bei ''be&shy;wusst'' ver&shy;folg&shy;ten Ziel, dem vom Han&shy;deln&shy;den selbst er&shy;kann&shy;ten Zweck der Hand&shy;lung liegt (vgl. etwa <bib id='Weber 2005a'>We&shy;ber 2005a</bib>).<ref>Sie&shy;he auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Handeln Wi&shy;ki&shy;pe&shy;dia: Han&shy;deln].</ref> Für ei&shy;ni&shy;ge Fra&shy;ge&shy;stel&shy;lun&shy;gen soll&shy;te die&shy;sem ''en&shy;gen'' Hand&shy;lungs&shy;be&shy;griff al&shy;ler&shy;dings ei&shy;ne wei&shy;ter ge&shy;fass&shy;te Kon&shy;zep&shy;ti&shy;on zur Sei&shy;te ge&shy;stellt wer&shy;den. Setzt der Hand&shy;lungs&shy;be&shy;griff näm&shy;lich das be&shy;wuss&shy;te Set&shy;zen von Zie&shy;len und da&shy;mit ''Selbst&shy;be&shy;wusst&shy;sein'' vo&shy;r&shy;aus, so müs&shy;sen hand&shy;lungs&shy;the&shy;o&shy;re&shy;ti&shy;sche Ver&shy;su&shy;che der be&shy;griff&shy;li&shy;chen Er&shy;klä&shy;rung von Selbst&shy;be&shy;wusst&shy;sein zir&shy;ku&shy;lär wer&shy;den. Kommt hin&shy;ge&shy;gen nicht al&shy;len Hand&shy;lun&shy;gen be&shy;reits Selbst&shy;be&shy;wusst&shy;sein zu, er&shy;ge&shy;ben sich Mög&shy;lich&shy;kei&shy;ten, be&shy;stimm&shy;te Kon&shy;stel&shy;la&shy;ti&shy;o&shy;nen von Hand&shy;lun&shy;gen im wei&shy;te&shy;ren Sinn als Ba&shy;sis für Hand&shy;lun&shy;gen im en&shy;gen Sinn und da&shy;mit für die Ein&shy;füh&shy;rung des Be&shy;griffs »Selbst&shy;be&shy;wusst&shy;sein« zu nut&shy;zen.<ref>Ei&shy;ne der&shy;ar&shy;ti&shy;ge hand&shy;lungs&shy;the&shy;o&shy;re&shy;ti&shy;sche Um&shy;deu&shy;tung der Be&shy;grif&shy;fe für Psy&shy;chi&shy;sches bil&shy;det den Hin&shy;ter&shy;grund des [[Linguistic turn, pictorial turn, medial turn|''lin&shy;gu&shy;is&shy;tic turn'']] (vgl. <bib id='Ros 1989/90a'></bib>: B. III, § 1.3 (S. 35ff)).</ref>  
 
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Verhalten überhaupt und auch die beiden Handlungsbegriffe zeichnen sich durch das Vorhandensein eines ''Aktivitätsträgers'' aus. Eine besondere Form des Verhaltens ist das von ''biologischen'' Aktivitätsträgern (vgl. Abb. 1). Während dem Verhalten unbelebter Aktivitätsträger, beispielsweise artikuliert mit einem Satz wie ‘der Stein rollt ins Tal’, keine durch evolutionäre Prozesse etablierten Zwecke zugeschrieben werden, trifft das für das Verhalten im engeren Sinne, nämlich von Lebewesen, durchaus zu, auch wenn deren Aktivitätsträger weit davon entfernt sind, diese Zwecke selbst bewusst zu verfolgen: etwa ‘eine Pflanze blüht’ zum Zwecke der Fortpflanzung.<ref>Genauer gesagt: Die Aktivitätsträger sind bei Verhalten im engeren Sinn, das nicht bereits ein Handeln im weiteren Sinn ist, tatsächlich nicht die betrachteten Lebewesen insgesamt, sondern das eine oder andere ihrer funktionalen Teile. In der Formulierung eines solchen Verhaltens, etwa ‘das Tier atmet’ verweist das Subjekt eigentlich darauf, dass der ''Zweck'' der betrachteten Aktivität der entsprechenden funktionalen Teile (Lungen, etc.) auf das Tier als Ganzes gerichtet ist (damit nämlich das Tier überlebt).</ref>
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Verhalten überhaupt und auch die beiden Hand&shy;lungsbe&shy;griffe zeichnen sich durch das Vorhan&shy;densein eines ''Akti&shy;vitäts&shy;trägers'' aus. Eine beson&shy;dere Form des Verhal&shy;tens ist das von ''biolo&shy;gischen'' Akti&shy;vitäts&shy;trägern (vgl. Abb. 1). Während dem Verhal&shy;ten unbe&shy;lebter Akti&shy;vitäts&shy;träger, beispiels&shy;weise arti&shy;kuliert mit einem Satz wie ‘der Stein rollt ins Tal’, keine durch evo&shy;lutio&shy;näre Prozes&shy;se etab&shy;lierten Zwecke zuge&shy;schrieben werden, trifft das für das Verhal&shy;ten im enge&shy;ren Sinne, nämlich von Lebe&shy;wesen, durchaus zu, auch wenn deren Akti&shy;vitäts&shy;träger weit davon entfernt sind, diese Zwecke selbst bewusst zu verfol&shy;gen: etwa ‘eine Pflanze blüht’ zum Zwecke der Fortpflan&shy;zung.<ref>Ge&shy;nau&shy;er ge&shy;sagt: Die Ak&shy;ti&shy;vi&shy;täts&shy;trä&shy;ger sind bei Ver&shy;hal&shy;ten im en&shy;ge&shy;ren Sinn, das nicht be&shy;reits ein Han&shy;deln im wei&shy;te&shy;ren Sinn ist, tat&shy;säch&shy;lich nicht die be&shy;trach&shy;te&shy;ten Le&shy;be&shy;we&shy;sen ins&shy;ge&shy;samt, son&shy;dern das ei&shy;ne oder an&shy;de&shy;re ih&shy;rer funk&shy;ti&shy;o&shy;na&shy;len Tei&shy;le. In der For&shy;mu&shy;lie&shy;rung ei&shy;nes sol&shy;chen Ver&shy;hal&shy;tens, et&shy;wa ‘das Tier at&shy;met’ ver&shy;weist das Sub&shy;jekt ei&shy;gent&shy;lich da&shy;rauf, dass der ''Zweck'' der be&shy;trach&shy;te&shy;ten Ak&shy;ti&shy;vi&shy;tät der ent&shy;spre&shy;chen&shy;den funk&shy;ti&shy;o&shy;na&shy;len Tei&shy;le (Lun&shy;gen, etc.) auf das Tier als Gan&shy;zes ge&shy;rich&shy;tet ist (da&shy;mit näm&shy;lich das Tier über&shy;lebt).</ref>
 
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''Handlungen im weiten Sinn'' stehen zwischen solchem ''Verhalten (im engeren Sinn)'' und ''Handlungen im engen Sinn'': Dem biologischen Aktivitätsträger soll, wenn schon kein Selbstbewusstsein, so doch Bewusstsein insbesondere einfache Formen von Kognitionen und Intentionen zugeschrieben werden können.<ref>Wie etwa Ros (<bib id='Ros 1979a'></bib>: Kap. 3.2) deutlich gemacht hat, lässt sich Piagets Zwischenstufe des sensomotorischen Verhaltens genau in diesem Sinn interpretieren: Im Zusammenhang mit solchem Verhalten lassen sich psychologische Prädikate, wie ‘zu etwas Lust empfinden’ und ‘etwas tun wollen’ oder ‘etwas sehen’ und ‘etwas glauben’ zumindest in einem elementaren Sinn aus der Beobachterperspektive auf den Aktivitätsträger anwenden. </ref> Ein Beobachter verschränkt dabei die gegenwärtig beobachtbare Aktivität des Aktivitätsträgers mit vorausgegangenen (vor allem bei Kognitionen) und zukünftigen (vor allem bei Intentionen) Aktivitäten, die dabei von ihm als eine Einheit verstanden werden. Eine Handlung im weiten Sinn zu erkennen beinhaltet daher, einen Handlungskomplex der folgenden Form bei einem Aktivitätsträger zu erkennen: ‹etwas jetzt tun, weil der Aktivitätsträger früher etwas damit in Zusammenhang Stehendes getan hat und später etwas tun möchte, was auch mit der aktuellen Tätigkeit zusammenhängt›.<ref>Auf diese Weise wird zugleich eine spezielle die Zeit überbrückende Identität des Aktivitätsträgers etabliert. Es wäre nämlich fehlerhaft, einfach den physischen Körper als den Aktivitätsträger anzusetzen. </ref> Dieser Zusammenhang ist allerdings dem Aktivitätsträger nicht selbst bewusst. Wir als Beobachter können zwar einem Hund, den wir gerade auf seinen Futternapf zurennen sehen, zuschreiben, dass er den Napf ''gesehen'' hat und ''weiß'', dass er dort meist Futter findet (Kognition, Verbindung zu vergangenen Aktivitäten) und zudem gleich fressen ''möchte'' (Intention, zukünftige Aktivität). Doch findet diese Verbindung zwischen den Aktivitäten verschiedener Zeiten noch ganz auf der Beobachterebene statt; der Hund ist zwar ''bei Bewusstsein'', doch befindet er sich dabei jeweils ganz im Hier und Jetzt.
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''Handlungen im weiten Sinn'' stehen zwischen solchem ''Verhal&shy;ten (im enge&shy;ren Sinn)'' und ''Handlun&shy;gen im engen Sinn'': Dem biolo&shy;gischen Akti&shy;vitäts&shy;träger soll, wenn schon kein Selbst&shy;bewusst&shy;sein, so doch Bewusst&shy;sein insbe&shy;sonde&shy;re einfa&shy;che Formen von Kogni&shy;tionen und Inten&shy;tionen zuge&shy;schrieben werden können.<ref>Wie etwa Ros (<bib id='Ros 1979a'></bib>: Kap. 3.2) deut&shy;lich ge&shy;macht hat, lässt sich Pi&shy;a&shy;gets Zwi&shy;schen&shy;stu&shy;fe des ''sen&shy;so&shy;mo&shy;to&shy;ri&shy;schen'' Ver&shy;hal&shy;tens ge&shy;nau in die&shy;sem Sinn in&shy;ter&shy;pre&shy;tie&shy;ren: Im Zu&shy;sam&shy;men&shy;hang mit sol&shy;chem Ver&shy;hal&shy;ten las&shy;sen sich psy&shy;cho&shy;lo&shy;gi&shy;sche [[Prädikation|Prä&shy;di&shy;ka&shy;te]], wie ‘zu et&shy;was Lust emp&shy;fin&shy;den’ und ‘et&shy;was tun wol&shy;len’ oder ‘et&shy;was se&shy;hen’ und ‘et&shy;was glau&shy;ben’ zu&shy;min&shy;dest in ei&shy;nem ele&shy;men&shy;ta&shy;ren Sinn aus der Be&shy;ob&shy;ach&shy;ter&shy;per&shy;spek&shy;ti&shy;ve auf den Ak&shy;ti&shy;vi&shy;täts&shy;trä&shy;ger an&shy;wen&shy;den. </ref> Ein Beobach&shy;ter verschränkt dabei die gegen&shy;wärtig beobacht&shy;bare Akti&shy;vität des Akti&shy;vitäts&shy;trägers mit voraus&shy;gegan&shy;genen (vor allem bei Kogni&shy;tionen) und zukünf&shy;tigen (vor allem bei Inten&shy;tionen) Akti&shy;vitä&shy;ten, die dabei von ihm als eine Einheit verstan&shy;den werden. Eine Handlung im weiten Sinn zu erken&shy;nen beinhal&shy;tet daher, einen Handlungs&shy;komplex der folgen&shy;den Form bei einem Akti&shy;vitäts&shy;träger zu erken&shy;nen: ‹etwas jetzt tun, weil der Akti&shy;vitäts&shy;träger früher etwas damit in Zusam&shy;menhang Stehen&shy;des getan hat und später etwas tun möchte, was auch mit der aktu&shy;ellen Tätig&shy;keit zusam&shy;menhängt›.<ref>Auf die&shy;se Wei&shy;se wird zu&shy;gleich ei&shy;ne spe&shy;zi&shy;el&shy;le die Zeit über&shy;brü&shy;cken&shy;de Iden&shy;ti&shy;tät des Ak&shy;ti&shy;vi&shy;täts&shy;trä&shy;gers etab&shy;liert. Es wä&shy;re näm&shy;lich feh&shy;ler&shy;haft, ein&shy;fach den phy&shy;si&shy;schen Kör&shy;per als den Ak&shy;ti&shy;vi&shy;täts&shy;trä&shy;ger an&shy;zu&shy;set&shy;zen. </ref> Dieser Zusam&shy;menhang ist aller&shy;dings dem Akti&shy;vitäts&shy;träger nicht selbst bewusst. Wir als Beobach&shy;ter können zwar einem Hund, den wir gera&shy;de auf seinen Futter&shy;napf zuren&shy;nen sehen, zuschrei&shy;ben, dass er den Napf ''gese&shy;hen'' hat und ''weiß'', dass er dort meist Futter findet (Kogni&shy;tion, Verbin&shy;dung zu vergan&shy;genen Akti&shy;vitä&shy;ten) und zudem gleich fressen ''möchte'' (Inten&shy;tion, zukünf&shy;tige Akti&shy;vität). Doch findet diese Verbin&shy;dung zwischen den Akti&shy;vitä&shy;ten verschie&shy;dener Zeiten noch ganz auf der Beobach&shy;ter&shy;ebe&shy;ne statt; der Hund ist zwar ''bei Bewusst&shy;sein'', doch befin&shy;det er sich dabei jeweils ganz im Hier und Jetzt.
 
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Erst wenn der Beobachter dem Aktivitätsträger zugesteht, dass dieser sich selbst relativ zu den kognitiven und intentionalen Aspekten eigener Handlungen (zunächst im weiten, dann auch im engen Sinn) verhalten kann, kann von Selbstbewusstsein und damit von Handlungen im engen Sinn die Rede sein. Denn letztlich können wir als Selbstbewusstsein zuschreibende Beobachter diese Zuschreibung nur anhand von entsprechendem Verhalten und entsprechenden Handlungen des betrachteten Aktivitätsträgers rechtfertigen. Allerdings hängt nun – im Gegensatz zu den Handlungen im weiten Sinn – die Zuschreibung auch davon ab, dass sich der betrachtete Aktivitätsträger dem Beobachter gegenüber selbst darstellt als einer der sich selbst bestimmte Kognitionen und Intentionen zuschreibt und also selbst die entsprechenden Beziehungen zu den über die aktuelle Tätigkeit hinausgehenden (Teil-)Handlungen berücksichtigt. Aktivitätsträger dieses Typs unterscheiden sich also deutlich von denen, die bei Handlungen im weiten Sinn (bzw. gar bei Verhalten) angesetzt werden.
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Erst wenn der Beobachter dem Akti&shy;vitäts&shy;träger zuge&shy;steht, dass dieser sich selbst rela&shy;tiv zu den kogni&shy;tiven und inten&shy;tiona&shy;len Aspek&shy;ten eige&shy;ner Handlun&shy;gen (zunächst im weiten, dann auch im engen Sinn) verhal&shy;ten kann, kann von »Selbstbe&shy;wusstsein« und damit von »Handlun&shy;gen im engen Sinn« die Rede sein. Denn letztlich können wir als Selbstbe&shy;wusstsein zuschrei&shy;bende Beobach&shy;ter diese Zuschrei&shy;bung nur anhand von entspre&shy;chendem Verhal&shy;ten und entspre&shy;chenden Handlun&shy;gen des betrach&shy;teten Akti&shy;vitäts&shy;trägers rechtfer&shy;tigen. Aller&shy;dings hängt nun – im Gegen&shy;satz zu den Handlun&shy;gen im weiten Sinn – die Zuschrei&shy;bung auch davon ab, dass sich der betrach&shy;tete Akti&shy;vitäts&shy;träger dem Beobach&shy;ter gegen&shy;über selbst darstellt als einer der sich selbst bestimm&shy;te Kogni&shy;tionen und Inten&shy;tionen zuschreibt und also selbst die entspre&shy;chenden Bezie&shy;hungen zu den über die aktu&shy;elle Tätig&shy;keit hinaus&shy;gehen&shy;den (Teil-)Handlun&shy;gen berück&shy;sichtigt. Akti&shy;vitäts&shy;träger dieses Typs unter&shy;scheiden sich also deutlich von denen, die bei Handlun&shy;gen im weiten Sinn (bzw. gar bei Verhal&shy;ten) ange&shy;setzt werden.
 
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In der Monographie zum Materie-Geist-Problem von 2005 greift Arno Ros diese Unterscheidungen auf und ordnet dem Verhalten im engeren Sinn den Aktivitätsträgertyp »Lebewesen« zu, dem Handeln im weiten Sinn den Aktivitätsträgertyp »Handlungssubjekt« und dem Handeln im engen Sinn den Aktivitätsträgertyp »Person« (vgl. <bib id='Ros 2005a'></bib>: Kap. IV, V und VI). Die umgangssprachliche Unterteilung der Begriffe für biologische Aktivitätsträger in Pflanzen (und pflanzenartigen niederen Tieren), (höheren) Tieren (und sich nicht wie Personen gebenden Menschen) und schließlich Personen wird hier durch eine entsprechende Steigerung der beobachtbaren Komplexität des Verhaltens entsprechender Aktivitätsträger (inklusive potentieller Selbstdarstellungen) unterfüttert.<ref>Verwandt, wenn auch anders bestimmt, ist die Dreiteilung Plessners in dezentralistische (pflanzliche), zentralistische (tierische) und exzentrische (menschliche) Organisation bzw. Positionalität von Aktivitätsträgern (<bib id='Plessner 1928a'></bib>).</ref>
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In der Monographie zum Materie-Geist-Problem von 2005 greift Arno Ros diese Unter&shy;scheidun&shy;gen auf und ordnet dem Verhal&shy;ten im enge&shy;ren Sinn den Akti&shy;vitäts&shy;träger&shy;typ »Lebe&shy;wesen« zu, dem Handeln im weiten Sinn den Akti&shy;vitäts&shy;träger&shy;typ »Handlungs&shy;subjekt« und dem Handeln im engen Sinn den Akti&shy;vitäts&shy;träger&shy;typ »Person« (vgl. <bib id='Ros 2005a'></bib>: Kap. IV, V und VI). Die umgangs&shy;sprachli&shy;che Unter&shy;teilung der Begrif&shy;fe für biolo&shy;gische Akti&shy;vitäts&shy;träger in Pflanzen (und pflanzen&shy;artige niede&shy;re Tiere), (höhe&shy;re) Tiere (und sich nicht wie Perso&shy;nen geben&shy;de Menschen) und schließlich Perso&shy;nen wird hier durch eine entspre&shy;chende Steige&shy;rung der beobacht&shy;baren Komple&shy;xität des Verhal&shy;tens entspre&shy;chender Akti&shy;vitäts&shy;träger (inklu&shy;sive poten&shy;tieller Selbstdar&shy;stellun&shy;gen) unter&shy;füttert.<ref>Ver&shy;wandt, wenn auch an&shy;ders be&shy;stimmt, ist die Drei&shy;tei&shy;lung Pless&shy;ners in de&shy;zen&shy;tra&shy;lis&shy;ti&shy;sche (pflanz&shy;li&shy;che), zen&shy;tra&shy;lis&shy;ti&shy;sche (tie&shy;ri&shy;sche) und ex&shy;zen&shy;tri&shy;sche (mensch&shy;li&shy;che) Or&shy;ga&shy;ni&shy;sa&shy;ti&shy;on bzw. Po&shy;si&shy;ti&shy;o&shy;na&shy;li&shy;tät von Ak&shy;ti&shy;vi&shy;täts&shy;trä&shy;gern (<bib id='Plessner 1928a'>Pless&shy;ner 1928a</bib>).</ref>
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==Schema und Aktualisierung==
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==Schema und Aktu&shy;ali&shy;sierung==
  
Verhalten und Handlungen – jeweils im engen wie im weiten Sinn – können in zwei wichtigen, aufeinander bezogenen Formen thematisiert werden: als einzelner ''Handlungsvollzug'', d.h. als ''Instanz'', und als allgemeines ''Handlungsschema'', d.h. als ''Typus''. Ein konkreter Handlungsvollzug – etwa die Handlung des Lesens dieses Satzes zu genau diesem Zeitpunkt an genau diesem Ort von diesem individuellen Handlungsträger – passiert und ist dann unwiederholbar vorbei und endgültig Vergangenheit. Ein abstraktes Handlungsschema hingegen, beispielsweise die Handlung »Lesen«, ist nicht raumzeitlich situiert und kann daher auch nicht vergehen. Auch kann sie beliebig oft wieder (jeweils als Instanz) vollzogen werden. Mit einem Handlungsausdruck kann je nach Kontext jeder der beiden Perspektiven zum Ausdruck gebracht werden. Als Typ verweist der Handlungsausdruck dann auf all das, was allen Handlungsvollzügen dieses Typs gemein ist – auf die entsprechende Unterscheidungsgewohnheit bzw. den zugehörigen Begriff. In der Tat können wir uns einer Handlungsinstanz auch immer nur als Instanz eines Handlungstyps zuwenden.<ref>Die damit angesprochene Unterscheidung ist an sich allgemein und kann auf alle möglichen Unterscheidungsgewohnheiten und Begriffe angewendet werden. Neben dem Bezeichnungspaar ‘Typ und Instanz’ wird auch das dem Englischen entlehnte ‘Type und Token’ häufig verwendet. Speziell für Verhalten und Handlungen ist hingegen die Form ‘Schema und Aktualisierung’ – der Ausdruck ‘Aktualisierung’ häufig auch ‘Aktualisierung eines Handlungsschemas’ – soll also nicht bedeuten, dass ein Schema modernisiert, aktuell gemacht wird; vielmehr soll ein unter das Schema fallender einzelner konkreter Akt vollzogen werden.</ref>   
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Verhalten und Handlungen – jeweils im engen wie im weiten Sinn – können in zwei wichti&shy;gen, auf&shy;einan&shy;der bezo&shy;genen Formen thema&shy;tisiert werden: als einzel&shy;ner ''Handlungs&shy;vollzug'', d.h. als ''Instanz'', und als allge&shy;meines ''Handlungs&shy;schema'', d.h. als ''Typus''. Ein konkre&shy;ter Handlungs&shy;vollzug – etwa die Handlung des Lesens dieses Satzes zu genau diesem Zeitpunkt an genau diesem Ort von diesem indi&shy;vidu&shy;ellen Handlungs&shy;träger – passiert und ist dann unwie&shy;derhol&shy;bar vorbei und endgül&shy;tig Vergan&shy;genheit. Ein abstrak&shy;tes Handlungs&shy;schema hinge&shy;gen, beispiels&shy;weise die Handlung »Lesen«, ist nicht raumzeit&shy;lich situ&shy;iert und kann daher auch nicht verge&shy;hen. Auch kann sie belie&shy;big oft wieder (jeweils als Instanz) vollzo&shy;gen werden. Mit einem Handlungs&shy;ausdruck kann je nach Kontext jeder der beiden Perspek&shy;tiven zur Sprache gebracht werden. Als Typ verweist der Handlungs&shy;ausdruck dann auf all das, was allen Handlungs&shy;vollzü&shy;gen dieses Typs gemein ist – auf die entspre&shy;chende Unter&shy;scheidungs&shy;gewohn&shy;heit bzw. den zuge&shy;höri&shy;gen Begriff. In der Tat können wir uns einer Handlungs&shy;instanz auch immer nur als Instanz eines Handlungs&shy;typs zuwenden.<ref>Die da&shy;mit an&shy;ge&shy;spro&shy;che&shy;ne Un&shy;ter&shy;schei&shy;dung ist an sich all&shy;ge&shy;mein und kann auf al&shy;le mög&shy;li&shy;chen Un&shy;ter&shy;schei&shy;dungs&shy;ge&shy;wohn&shy;hei&shy;ten und Be&shy;grif&shy;fe an&shy;ge&shy;wen&shy;det wer&shy;den. Ne&shy;ben dem Be&shy;zeich&shy;nungs&shy;paar ‘Typ und In&shy;s&shy;tanz’ wird auch das dem Eng&shy;li&shy;schen ent&shy;lehn&shy;te ‘Type und To&shy;ken’ häu&shy;fig ver&shy;wen&shy;det. Spe&shy;ziell für Ver&shy;hal&shy;ten und Hand&shy;lun&shy;gen ist hin&shy;ge&shy;gen die Form ‘Sche&shy;ma und Ak&shy;tu&shy;a&shy;li&shy;sie&shy;rung’ – der Aus&shy;druck ‘Ak&shy;tu&shy;a&shy;li&shy;sie&shy;rung’ häu&shy;fig auch ‘Ak&shy;tu&shy;a&shy;li&shy;sie&shy;rung ei&shy;nes Hand&shy;lungs&shy;sche&shy;mas’ – soll al&shy;so nicht be&shy;deu&shy;ten, dass ein Sche&shy;ma mo&shy;der&shy;ni&shy;siert, ak&shy;tu&shy;ell ge&shy;macht wird; viel&shy;mehr soll ein un&shy;ter das Sche&shy;ma fal&shy;len&shy;der ein&shy;zel&shy;ner kon&shy;kre&shy;ter Akt voll&shy;zo&shy;gen wer&shy;den.</ref>   
 
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Bei den Handlungen im engeren Sinn erscheinen die beiden Perspektiven insbesondere als Ausführungs- oder Vollzugsaspekt (''token'': eine Handlung gemäß einem Schema konkret ''ausführen'') einerseits und als Wahrnehmungs- oder Beschreibungsaspekt (''type'': eine ausgeführte konkrete Handlung als Realisierung eines Schemas ''erkennen und darstellen'') andererseits. Es wird damit also eine Verbindung zu der Unterscheidung zwischen Beobachterebene (oder Ebene der dritten Person, ''Er-Perspektive'') und der Ebene des Aktivitätsträgers (oder Ebene der ersten Person, ''Ich-Perspektive'') gezogen (vgl. etwa <bib id='Janich 2005a'></bib>).
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Bei den Handlungen im enge&shy;ren Sinn erschei&shy;nen die beiden Perspek&shy;tiven insbe&shy;sonde&shy;re als Aus&shy;führungs- oder Voll&shy;zugsas&shy;pekt (''token'': eine Handlung gemäß einem Schema konkret ''aus&shy;führen'') einer&shy;seits und als Wahrneh&shy;mungs- oder Beschrei&shy;bungsas&shy;pekt (''type'': eine ausge&shy;führte konkre&shy;te Handlung als Reali&shy;sierung eines Schemas ''erken&shy;nen und darstel&shy;len'') ande&shy;rerseits. Es wird damit also eine Verbin&shy;dung zu der Unter&shy;scheidung zwischen Beobach&shy;terebe&shy;ne (oder Ebe&shy;ne der dritten Person, ''Er-Pers&shy;pekti&shy;ve'') und der Ebe&shy;ne des Akti&shy;vitäts&shy;trägers (oder Ebe&shy;ne der ersten Person, ''Ich-Pers&shy;pekti&shy;ve'') gezo&shy;gen (vgl. etwa <bib id='Janich 2005a'></bib>).
  
===Komponenten von Handlungsschemata===
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===Komponenten von Handlungs&shy;schema&shy;ta===
Handlungsschemata bestimmen allgemein die Elemente, die bei allen entsprechenden Handlungsvollzügen vorkommen. Dazu gehören, wie bei einem Theaterstück, zum einen die ''Rollen'': die handelnden Personen bzw. Handlungssubjekte, aber auch die “Requisiten” – alle ebenfalls jeweils als Typ charakterisiert gewissermaßen als Variablennamen für entsprechende mögliche konkrete Belegungen.<ref>Ort und Zeit sind spezielle Rollen eines jeden Handlungsschemas.</ref> Erst im konkreten Handlungsvollzug, analog zu einer konkreten Aufführung des Theaterstücks, werden diese Rollenvariablen mit konkreten Instanzen des passenden Gegenstandstyps belegt.  
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Handlungsschemata bestimmen allge&shy;mein die Ele&shy;mente, die bei allen entspre&shy;chenden Handlungs&shy;vollzü&shy;gen vorkom&shy;men. Dazu gehö&shy;ren, wie bei einem Theater&shy;stück, zum einen die ''Rollen'': die handeln&shy;den Perso&shy;nen bzw. Handlungs&shy;subjek&shy;te, aber auch die “Requi&shy;siten” – alle eben&shy;falls jeweils als Typ charak&shy;teri&shy;siert ge&shy;wisser&shy;maßen als Vari&shy;ablen&shy;namen für entspre&shy;chende mögli&shy;che konkre&shy;te Bele&shy;gungen.<ref>Ort und Zeit sind spe&shy;zi&shy;el&shy;le Rol&shy;len ei&shy;nes je&shy;den Hand&shy;lungs&shy;sche&shy;mas.</ref> Erst im konkre&shy;ten Handlungs&shy;vollzug, ana&shy;log zu einer konkre&shy;ten Auffüh&shy;rung des Theater&shy;stücks, werden diese Rollen&shy;vari&shy;ablen mit konkre&shy;ten Instan&shy;zen des passen&shy;den Gegen&shy;standstyps belegt.  
 
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Zum anderen gehört das zeitlich (mehr oder weniger) geordnete System der ''Teilhandlungen'' zum Handlungsschema. Auch hier bieten die Teilhandlungen, die die Handlung eines Theaterstücks determinieren, ein gutes, wenn auch komplexes Beispiel. Zwischen dem Begriff der Teilhandlung und dem der Handlungsintention besteht zudem ein enger Zusammenhang.<ref>Man vollzieht eine Handlung, ''indem'' man die Teilhandlungen vollzieht (Mittel). Man vollzieht eine Teilhandlung, ''um'' die Gesamthandlung zu vollziehen (Zweck). Die Ketten dieser gegenläufigen Relationen zwischen Handlungsschemata enden dort, wo keine übergeordnete Handlung bzw. wo keine Mittel''handlung'' mehr angegeben werden kann, sondern nur noch ein allgemeiner Überlebenswille des Handlungssubjekts bzw. ''Verhaltens''schemata (im engeren oder weiteren Sinn). Ausnahmen sind hier Selbstzweckhandlungen, die gar keinen Zweck außer dem Vollzug der Handlung selbst haben.</ref>  
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Zum anderen gehört das zeitlich (mehr oder weni&shy;ger) geord&shy;nete System der ''Teilhand&shy;lungen'' zum Handlungs&shy;schema. Auch hier bieten die Teilhand&shy;lungen, die die Handlung eines Theater&shy;stücks deter&shy;minie&shy;ren, ein gutes, wenn auch komple&shy;xes Beispiel. Zwischen dem Begriff der Teilhand&shy;lung und dem der Handlungs&shy;inten&shy;tion besteht zudem ein enger Zusam&shy;menhang.<ref>Man voll&shy;zieht eine Hand&shy;lung, ''in&shy;dem'' man die Teil&shy;hand&shy;lun&shy;gen voll&shy;zieht (Mit&shy;tel). Man voll&shy;zieht ei&shy;ne Teil&shy;hand&shy;lung, ''um'' die Ge&shy;samt&shy;hand&shy;lung zu voll&shy;zie&shy;hen (Zweck). Die Ket&shy;ten die&shy;ser ge&shy;gen&shy;läu&shy;fi&shy;gen Re&shy;la&shy;ti&shy;o&shy;nen zwi&shy;schen Hand&shy;lungs&shy;sche&shy;ma&shy;ta en&shy;den dort, wo kei&shy;ne über&shy;ge&shy;ord&shy;ne&shy;te Hand&shy;lung bzw. wo kei&shy;ne Mit&shy;tel&shy;''hand&shy;lung'' mehr an&shy;ge&shy;ge&shy;ben wer&shy;den kann, son&shy;dern nur noch ein all&shy;ge&shy;mei&shy;ner Über&shy;le&shy;bens&shy;wil&shy;le (oder -trieb) des Hand&shy;lungs&shy;sub&shy;jekts bzw. ''Ver&shy;hal&shy;tens''&shy;sche&shy;ma&shy;ta (im en&shy;ge&shy;ren oder wei&shy;te&shy;ren Sinn). Aus&shy;nah&shy;men sind hier Selbst&shy;zweck&shy;hand&shy;lun&shy;gen, die gar kei&shy;nen Zweck außer dem Voll&shy;zug der Hand&shy;lung selbst ha&shy;ben.</ref>  
  
===Mißerfolg und Mißlingen von Handlungsaktualisierungen===
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===Mißerfolg und Mißlingen von Hand&shy;lungs&shy;aktu&shy;ali&shy;sierun&shy;gen===
  
Mit einer Handlungsaktualisierung kann das Handlungssubjekt das intendierte Handlungsziel erreichen oder auch nicht: Die Handlungs(aktualisierung) ist entsprechend ''erfolgreich'' oder nicht. Andererseits kann ein Aktualisierungsversuch ''gelingen'' oder misslingen. Im letzten Fall entspricht sie nicht dem durch das Schema gesetzten Standard. Gelingen und Erfolg sind also durchaus verschiedene Aspekte von Handlungsvollzügen, wie auch der bekannte ursprünglich medizinische Kommentar ‘Operation gelungen, Patient tot’ deutlich werden lässt, mit dem auch außerhalb der Medizin auf zwar das entsprechende Schema korrekt instanziierende Ausführungen einer Handlung referiert wird, die gleichwohl ihre eigentliche Intention verfehlt haben.  
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Mit einer Handlungsaktualisierung kann das Handlungs&shy;subjekt das inten&shy;dierte Handlungs&shy;ziel errei&shy;chen oder auch nicht: Die Hand&shy;lungs(aktu&shy;ali&shy;sierung) ist entspre&shy;chend ''erfolg&shy;reich'' oder nicht. Ande&shy;rerseits kann ein Aktu&shy;ali&shy;sierungs&shy;versuch ''gelin&shy;gen'' oder misslin&shy;gen. Im letzten Fall entspricht sie nicht dem durch das Schema gesetz&shy;ten Standard. Gelin&shy;gen und Erfolg sind also durchaus verschie&shy;dene Aspek&shy;te von Handlungs&shy;vollzü&shy;gen, wie auch der bekann&shy;te ursprüng&shy;lich medi&shy;zini&shy;sche Kommen&shy;tar ‘Ope&shy;ration gelun&shy;gen, Patient tot’ deutlich werden lässt, mit dem auch außer&shy;halb der Medi&shy;zin auf zwar das entspre&shy;chende Schema korrekt instan&shy;ziieren&shy;de Ausfüh&shy;rungen einer Handlung refe&shy;riert wird, die gleichwohl ihre eigent&shy;liche Inten&shy;tion verfehlt haben.  
 
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Besondere Bedeutung kommt der Unterscheidung zwischen Gelingen und Erfolg bei Handlungen mit mehr als einem Handlungssubjekt zu, also insbesondere bei [[Interaktion und Kommunikation|Interaktionen]]. Hier kann unterschieden werden zwischen solchen Handlungsschemata, die nur ''erfolgreich'' aktualisiert werden können, wenn mehrere Handlungsträger teilnehmen, und solchen, deren Aktualisierungen nur ''gelingen'', wenn mehrere Handlungsträger teilnehmen. Im ersten Fall geht es um eine Handlung vom Typus der ''gemeinschaftlichen Handlungen'', im zweiten Fall um so genannte ''Beteiligungshandlungen''. Typisches Beispiel einer gemeinschaftlichen Handlung ist das Tragen eines Gegenstandes, wenn dieser so schwer ist, dass einer alleine es nicht schafft. Er mag sich noch so mühen und das Schema des Tragens von Gegenständen korrekt aktualisieren, der Gegenstand ist so nicht zu bewegen. Ein Beispiel für eine Beteiligungshandlung liefert ein Wettrennen: Hier gelingt es einem alleine nicht einmal, eine Aktualisierung des Schemas zu vollziehen, denn das Schema sieht hier unbedingt die Rolle eines Konkurrenten vom Gegenstandstyp »Handlungssubjekt« vor. Mit einem solchen mag dann das Schema korrekt aktualisiert werden und der erste Handlungsträger bei dem Rennen Erfolg haben, indem er es gewinnt.
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Besondere Bedeutung kommt der Unter&shy;scheidung zwischen Gelin&shy;gen und Erfolg bei Handlun&shy;gen mit mehr als einem Handlungs&shy;subjekt zu, also insbe&shy;sonde&shy;re bei [[Interaktion und Kommunikation|Inter&shy;akti&shy;onen]]. Hier kann unter&shy;schieden werden zwischen solchen Handlungs&shy;schema&shy;ta, die nur ''erfolg&shy;reich'' aktu&shy;ali&shy;siert werden können, wenn mehre&shy;re Handlungs&shy;träger teilneh&shy;men, und solchen, deren Aktu&shy;ali&shy;sierun&shy;gen nur ''gelin&shy;gen'', wenn mehre&shy;re Handlungs&shy;träger teilneh&shy;men. Im ersten Fall geht es um eine Handlung vom Typus der ''gemein&shy;schaftli&shy;chen Handlun&shy;gen'', im zweiten Fall um so genann&shy;te ''Betei&shy;ligungs&shy;handlun&shy;gen''. Typi&shy;sches Beispiel einer gemein&shy;schaftli&shy;chen Handlung ist das Tragen eines Gegen&shy;standes, wenn dieser so schwer ist, dass einer allei&shy;ne es nicht schafft. Er mag sich noch so mühen und das Schema des Tragens von Gegen&shy;ständen korrekt aktu&shy;ali&shy;sieren, der Gegen&shy;stand ist so nicht zu bewe&shy;gen. Ein Beispiel für eine Betei&shy;ligungs&shy;handlung liefert ein Wettren&shy;nen: Hier gelingt es einem allei&shy;ne nicht einmal, eine Aktu&shy;ali&shy;sierung des Schemas zu vollzie&shy;hen, denn das Schema sieht hier unbe&shy;dingt die Rolle eines Konkur&shy;renten vom Gegen&shy;standstyp »Handlungs&shy;subjekt« vor. Mit einem solchen mag dann das Schema korrekt aktu&shy;ali&shy;siert werden und der erste Handlungs&shy;träger bei dem Rennen Erfolg haben, indem er es gewinnt.
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==Auswirkungen auf Kommunikations- und Zeichen(handlungs)begriffe==
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==Auswirkungen auf Kommuni&shy;kations- und Zeichen&shy;(handlungs&shy;)begrif&shy;fe==
  
Offensichtlich sind alle Interaktionen Beteiligungshandlungen, da Interaktionsschemata nur korrekt instantiiert werden können, wenn mehrere Handlungsträgerrollen belegt sind. Als spezielle Form der Interaktionen gilt das auch für Kommunikations- und Zeichenhandlungen. Bei [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichenhandlungen]] ist es allerdings durchaus legitim, dass diese beiden Rollen von derselben Person eingenommen werden – das ist eine Konsequenz aus der Bestimmung der Zeichenhandlungen als denjenigen Kommunikationsschemata, bei denen die Handlungsträger den Zweck der Handlung selbst bewusst verfolgen (und nicht bloß evolutionär etablierte oder individualgeschichtlich antrainierte Ausdrucksbewegungen absolvieren).   
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Offensichtlich sind alle Inter&shy;akti&shy;onen Betei&shy;ligungs&shy;handlun&shy;gen, da Inter&shy;aktions&shy;schema&shy;ta nur korrekt instan&shy;tiiert werden können, wenn mehre&shy;re Handlungs&shy;träger&shy;rollen belegt sind. Als spezi&shy;elle Form der Inter&shy;aktio&shy;nen gilt das auch für Kommu&shy;nika&shy;tions- und Zeichen&shy;handlun&shy;gen. Bei [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichen&shy;handlun&shy;gen]] ist es aller&shy;dings durchaus legi&shy;tim, dass diese beiden Rollen von dersel&shy;ben Person einge&shy;nommen werden – das ist eine Konse&shy;quenz aus der Bestim&shy;mung der Zeichen&shy;handlun&shy;gen als denje&shy;nigen Kommu&shy;nika&shy;tionssche&shy;mata, bei denen die Handlungs&shy;träger den Zweck der Handlung selbst bewusst verfol&shy;gen (und nicht bloß evo&shy;lutio&shy;när etab&shy;lierte oder indi&shy;vidual&shy;geschicht&shy;lich antrai&shy;nierte Ausdrucks&shy;bewe&shy;gungen absol&shy;vieren).   
 
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Die Verwendung des weit gefassten Handlungsbegriffs ermöglicht es, auch die nicht von den Handlungsträgern bewusst zum Zeck der Kommunikation eingesetzten kommunikativen Interaktionen als Kommunikationen im vollen Sinn zu betrachten. Das gilt etwa für Signale bei Tieren. Legt man nur den engen Handlungsbegriff zugrunde, werden alle Kommunikationen notwendig zu Zeichenhandlungen, denn diese sind ja eben durch den bewussten Einsatz zum Zweck der Kommunikation bestimmt, der dem engen Handlungsbegriff eignet.
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Die Verwendung des weit gefass&shy;ten Handlungs&shy;begriffs ermög&shy;licht es, auch die nicht von den Handlungs&shy;trägern bewusst zum Zweck der Kommu&shy;nika&shy;tion einge&shy;setzten kommu&shy;nika&shy;tiven Inter&shy;aktio&shy;nen als Kommu&shy;nika&shy;tionen im vollen Sinn zu betrach&shy;ten. Das gilt etwa für Signa&shy;le bei Tieren. Legt man nur den engen Handlungs&shy;begriff zugrun&shy;de, werden alle Kommu&shy;nika&shy;tionen notwen&shy;dig zu Zeichen&shy;handlun&shy;gen, denn diese sind ja eben durch den bewuss&shy;ten Einsatz zum Zweck der Kommu&shy;nika&shy;tion bestimmt, der dem engen Handlungs&shy;begriff eignet.
  
 
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<!--Das war's-->
 
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Aktuelle Version vom 24. November 2023, 19:41 Uhr

Exkurs zu: Bildrezeption als Kommunikationsprozess, Interaktion und Kommunikation

English Version: Excursus: Actions


Verschieden weit gefasste Handlungs­begrif­fe

Ab­bil­dung 1: Hi­e­r­ar­chi­sche Ein­bet­tung der bei­den Hand­lungs­be­grif­fe und ihr Um­feld

Hand­lun­gen wer­den in der Re­gel blo­ßem Ver­hal­ten ge­gen­über­ge­stellt, wo­bei der Un­ter­schied zu letz­te­rem in dem da­bei be­wusst ver­folg­ten Ziel, dem vom Han­deln­den selbst er­kann­ten Zweck der Hand­lung liegt (vgl. etwa [We­ber 2005a]Literaturangabe fehlt.
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- Beitrag in Sammelband,
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).[1] Für ei­ni­ge Fra­ge­stel­lun­gen soll­te die­sem en­gen Hand­lungs­be­griff al­ler­dings ei­ne wei­ter ge­fass­te Kon­zep­ti­on zur Sei­te ge­stellt wer­den. Setzt der Hand­lungs­be­griff näm­lich das be­wuss­te Set­zen von Zie­len und da­mit Selbst­be­wusst­sein vo­r­aus, so müs­sen hand­lungs­the­o­re­ti­sche Ver­su­che der be­griff­li­chen Er­klä­rung von Selbst­be­wusst­sein zir­ku­lär wer­den. Kommt hin­ge­gen nicht al­len Hand­lun­gen be­reits Selbst­be­wusst­sein zu, er­ge­ben sich Mög­lich­kei­ten, be­stimm­te Kon­stel­la­ti­o­nen von Hand­lun­gen im wei­te­ren Sinn als Ba­sis für Hand­lun­gen im en­gen Sinn und da­mit für die Ein­füh­rung des Be­griffs »Selbst­be­wusst­sein« zu nut­zen.[2]

Verhalten überhaupt und auch die beiden Hand­lungsbe­griffe zeichnen sich durch das Vorhan­densein eines Akti­vitäts­trägers aus. Eine beson­dere Form des Verhal­tens ist das von biolo­gischen Akti­vitäts­trägern (vgl. Abb. 1). Während dem Verhal­ten unbe­lebter Akti­vitäts­träger, beispiels­weise arti­kuliert mit einem Satz wie ‘der Stein rollt ins Tal’, keine durch evo­lutio­näre Prozes­se etab­lierten Zwecke zuge­schrieben werden, trifft das für das Verhal­ten im enge­ren Sinne, nämlich von Lebe­wesen, durchaus zu, auch wenn deren Akti­vitäts­träger weit davon entfernt sind, diese Zwecke selbst bewusst zu verfol­gen: etwa ‘eine Pflanze blüht’ zum Zwecke der Fortpflan­zung.[3]

Handlungen im weiten Sinn stehen zwischen solchem Verhal­ten (im enge­ren Sinn) und Handlun­gen im engen Sinn: Dem biolo­gischen Akti­vitäts­träger soll, wenn schon kein Selbst­bewusst­sein, so doch Bewusst­sein – insbe­sonde­re einfa­che Formen von Kogni­tionen und Inten­tionen – zuge­schrieben werden können.[4] Ein Beobach­ter verschränkt dabei die gegen­wärtig beobacht­bare Akti­vität des Akti­vitäts­trägers mit voraus­gegan­genen (vor allem bei Kogni­tionen) und zukünf­tigen (vor allem bei Inten­tionen) Akti­vitä­ten, die dabei von ihm als eine Einheit verstan­den werden. Eine Handlung im weiten Sinn zu erken­nen beinhal­tet daher, einen Handlungs­komplex der folgen­den Form bei einem Akti­vitäts­träger zu erken­nen: ‹etwas jetzt tun, weil der Akti­vitäts­träger früher etwas damit in Zusam­menhang Stehen­des getan hat und später etwas tun möchte, was auch mit der aktu­ellen Tätig­keit zusam­menhängt›.[5] Dieser Zusam­menhang ist aller­dings dem Akti­vitäts­träger nicht selbst bewusst. Wir als Beobach­ter können zwar einem Hund, den wir gera­de auf seinen Futter­napf zuren­nen sehen, zuschrei­ben, dass er den Napf gese­hen hat und weiß, dass er dort meist Futter findet (Kogni­tion, Verbin­dung zu vergan­genen Akti­vitä­ten) und zudem gleich fressen möchte (Inten­tion, zukünf­tige Akti­vität). Doch findet diese Verbin­dung zwischen den Akti­vitä­ten verschie­dener Zeiten noch ganz auf der Beobach­ter­ebe­ne statt; der Hund ist zwar bei Bewusst­sein, doch befin­det er sich dabei jeweils ganz im Hier und Jetzt.

Erst wenn der Beobachter dem Akti­vitäts­träger zuge­steht, dass dieser sich selbst rela­tiv zu den kogni­tiven und inten­tiona­len Aspek­ten eige­ner Handlun­gen (zunächst im weiten, dann auch im engen Sinn) verhal­ten kann, kann von »Selbstbe­wusstsein« und damit von »Handlun­gen im engen Sinn« die Rede sein. Denn letztlich können wir als Selbstbe­wusstsein zuschrei­bende Beobach­ter diese Zuschrei­bung nur anhand von entspre­chendem Verhal­ten und entspre­chenden Handlun­gen des betrach­teten Akti­vitäts­trägers rechtfer­tigen. Aller­dings hängt nun – im Gegen­satz zu den Handlun­gen im weiten Sinn – die Zuschrei­bung auch davon ab, dass sich der betrach­tete Akti­vitäts­träger dem Beobach­ter gegen­über selbst darstellt als einer der sich selbst bestimm­te Kogni­tionen und Inten­tionen zuschreibt und also selbst die entspre­chenden Bezie­hungen zu den über die aktu­elle Tätig­keit hinaus­gehen­den (Teil-)Handlun­gen berück­sichtigt. Akti­vitäts­träger dieses Typs unter­scheiden sich also deutlich von denen, die bei Handlun­gen im weiten Sinn (bzw. gar bei Verhal­ten) ange­setzt werden.

In der Monographie zum Materie-Geist-Problem von 2005 greift Arno Ros diese Unter­scheidun­gen auf und ordnet dem Verhal­ten im enge­ren Sinn den Akti­vitäts­träger­typ »Lebe­wesen« zu, dem Handeln im weiten Sinn den Akti­vitäts­träger­typ »Handlungs­subjekt« und dem Handeln im engen Sinn den Akti­vitäts­träger­typ »Person« (vgl. [Ros 2005a]Ros, Arno (2005).
Materie und Geist. Eine philosophische Untersuchung. Paderborn: Mentis.

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: Kap. IV, V und VI). Die umgangs­sprachli­che Unter­teilung der Begrif­fe für biolo­gische Akti­vitäts­träger in Pflanzen (und pflanzen­artige niede­re Tiere), (höhe­re) Tiere (und sich nicht wie Perso­nen geben­de Menschen) und schließlich Perso­nen wird hier durch eine entspre­chende Steige­rung der beobacht­baren Komple­xität des Verhal­tens entspre­chender Akti­vitäts­träger (inklu­sive poten­tieller Selbstdar­stellun­gen) unter­füttert.[6]


Schema und Aktu­ali­sierung

Verhalten und Handlungen – jeweils im engen wie im weiten Sinn – können in zwei wichti­gen, auf­einan­der bezo­genen Formen thema­tisiert werden: als einzel­ner Handlungs­vollzug, d.h. als Instanz, und als allge­meines Handlungs­schema, d.h. als Typus. Ein konkre­ter Handlungs­vollzug – etwa die Handlung des Lesens dieses Satzes zu genau diesem Zeitpunkt an genau diesem Ort von diesem indi­vidu­ellen Handlungs­träger – passiert und ist dann unwie­derhol­bar vorbei und endgül­tig Vergan­genheit. Ein abstrak­tes Handlungs­schema hinge­gen, beispiels­weise die Handlung »Lesen«, ist nicht raumzeit­lich situ­iert und kann daher auch nicht verge­hen. Auch kann sie belie­big oft wieder (jeweils als Instanz) vollzo­gen werden. Mit einem Handlungs­ausdruck kann je nach Kontext jeder der beiden Perspek­tiven zur Sprache gebracht werden. Als Typ verweist der Handlungs­ausdruck dann auf all das, was allen Handlungs­vollzü­gen dieses Typs gemein ist – auf die entspre­chende Unter­scheidungs­gewohn­heit bzw. den zuge­höri­gen Begriff. In der Tat können wir uns einer Handlungs­instanz auch immer nur als Instanz eines Handlungs­typs zuwenden.[7]

Bei den Handlungen im enge­ren Sinn erschei­nen die beiden Perspek­tiven insbe­sonde­re als Aus­führungs- oder Voll­zugsas­pekt (token: eine Handlung gemäß einem Schema konkret aus­führen) einer­seits und als Wahrneh­mungs- oder Beschrei­bungsas­pekt (type: eine ausge­führte konkre­te Handlung als Reali­sierung eines Schemas erken­nen und darstel­len) ande­rerseits. Es wird damit also eine Verbin­dung zu der Unter­scheidung zwischen Beobach­terebe­ne (oder Ebe­ne der dritten Person, Er-Pers­pekti­ve) und der Ebe­ne des Akti­vitäts­trägers (oder Ebe­ne der ersten Person, Ich-Pers­pekti­ve) gezo­gen (vgl. etwa [Janich 2005a]Literaturangabe fehlt.
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).

Komponenten von Handlungs­schema­ta

Handlungsschemata bestimmen allge­mein die Ele­mente, die bei allen entspre­chenden Handlungs­vollzü­gen vorkom­men. Dazu gehö­ren, wie bei einem Theater­stück, zum einen die Rollen: die handeln­den Perso­nen bzw. Handlungs­subjek­te, aber auch die “Requi­siten” – alle eben­falls jeweils als Typ charak­teri­siert – ge­wisser­maßen als Vari­ablen­namen für entspre­chende mögli­che konkre­te Bele­gungen.[8] Erst im konkre­ten Handlungs­vollzug, ana­log zu einer konkre­ten Auffüh­rung des Theater­stücks, werden diese Rollen­vari­ablen mit konkre­ten Instan­zen des passen­den Gegen­standstyps belegt.

Zum anderen gehört das zeitlich (mehr oder weni­ger) geord­nete System der Teilhand­lungen zum Handlungs­schema. Auch hier bieten die Teilhand­lungen, die die Handlung eines Theater­stücks deter­minie­ren, ein gutes, wenn auch komple­xes Beispiel. Zwischen dem Begriff der Teilhand­lung und dem der Handlungs­inten­tion besteht zudem ein enger Zusam­menhang.[9]

Mißerfolg und Mißlingen von Hand­lungs­aktu­ali­sierun­gen

Mit einer Handlungsaktualisierung kann das Handlungs­subjekt das inten­dierte Handlungs­ziel errei­chen oder auch nicht: Die Hand­lungs(aktu­ali­sierung) ist entspre­chend erfolg­reich oder nicht. Ande­rerseits kann ein Aktu­ali­sierungs­versuch gelin­gen oder misslin­gen. Im letzten Fall entspricht sie nicht dem durch das Schema gesetz­ten Standard. Gelin­gen und Erfolg sind also durchaus verschie­dene Aspek­te von Handlungs­vollzü­gen, wie auch der bekann­te ursprüng­lich medi­zini­sche Kommen­tar ‘Ope­ration gelun­gen, Patient tot’ deutlich werden lässt, mit dem auch außer­halb der Medi­zin auf zwar das entspre­chende Schema korrekt instan­ziieren­de Ausfüh­rungen einer Handlung refe­riert wird, die gleichwohl ihre eigent­liche Inten­tion verfehlt haben.

Besondere Bedeutung kommt der Unter­scheidung zwischen Gelin­gen und Erfolg bei Handlun­gen mit mehr als einem Handlungs­subjekt zu, also insbe­sonde­re bei Inter­akti­onen. Hier kann unter­schieden werden zwischen solchen Handlungs­schema­ta, die nur erfolg­reich aktu­ali­siert werden können, wenn mehre­re Handlungs­träger teilneh­men, und solchen, deren Aktu­ali­sierun­gen nur gelin­gen, wenn mehre­re Handlungs­träger teilneh­men. Im ersten Fall geht es um eine Handlung vom Typus der gemein­schaftli­chen Handlun­gen, im zweiten Fall um so genann­te Betei­ligungs­handlun­gen. Typi­sches Beispiel einer gemein­schaftli­chen Handlung ist das Tragen eines Gegen­standes, wenn dieser so schwer ist, dass einer allei­ne es nicht schafft. Er mag sich noch so mühen und das Schema des Tragens von Gegen­ständen korrekt aktu­ali­sieren, der Gegen­stand ist so nicht zu bewe­gen. Ein Beispiel für eine Betei­ligungs­handlung liefert ein Wettren­nen: Hier gelingt es einem allei­ne nicht einmal, eine Aktu­ali­sierung des Schemas zu vollzie­hen, denn das Schema sieht hier unbe­dingt die Rolle eines Konkur­renten vom Gegen­standstyp »Handlungs­subjekt« vor. Mit einem solchen mag dann das Schema korrekt aktu­ali­siert werden und der erste Handlungs­träger bei dem Rennen Erfolg haben, indem er es gewinnt.


Auswirkungen auf Kommuni­kations- und Zeichen­(handlungs­)begrif­fe

Offensichtlich sind alle Inter­akti­onen Betei­ligungs­handlun­gen, da Inter­aktions­schema­ta nur korrekt instan­tiiert werden können, wenn mehre­re Handlungs­träger­rollen belegt sind. Als spezi­elle Form der Inter­aktio­nen gilt das auch für Kommu­nika­tions- und Zeichen­handlun­gen. Bei Zeichen­handlun­gen ist es aller­dings durchaus legi­tim, dass diese beiden Rollen von dersel­ben Person einge­nommen werden – das ist eine Konse­quenz aus der Bestim­mung der Zeichen­handlun­gen als denje­nigen Kommu­nika­tionssche­mata, bei denen die Handlungs­träger den Zweck der Handlung selbst bewusst verfol­gen (und nicht bloß evo­lutio­när etab­lierte oder indi­vidual­geschicht­lich antrai­nierte Ausdrucks­bewe­gungen absol­vieren).

Die Verwendung des weit gefass­ten Handlungs­begriffs ermög­licht es, auch die nicht von den Handlungs­trägern bewusst zum Zweck der Kommu­nika­tion einge­setzten kommu­nika­tiven Inter­aktio­nen als Kommu­nika­tionen im vollen Sinn zu betrach­ten. Das gilt etwa für Signa­le bei Tieren. Legt man nur den engen Handlungs­begriff zugrun­de, werden alle Kommu­nika­tionen notwen­dig zu Zeichen­handlun­gen, denn diese sind ja eben durch den bewuss­ten Einsatz zum Zweck der Kommu­nika­tion bestimmt, der dem engen Handlungs­begriff eignet.

Anmerkungen
  1. Sie­he auch Wi­ki­pe­dia: Han­deln.
  2. Ei­ne der­ar­ti­ge hand­lungs­the­o­re­ti­sche Um­deu­tung der Be­grif­fe für Psy­chi­sches bil­det den Hin­ter­grund des lin­gu­is­tic turn (vgl. [Ros 1989/90a]Literaturangabe fehlt.
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    : B. III, § 1.3 (S. 35ff)).
  3. Ge­nau­er ge­sagt: Die Ak­ti­vi­täts­trä­ger sind bei Ver­hal­ten im en­ge­ren Sinn, das nicht be­reits ein Han­deln im wei­te­ren Sinn ist, tat­säch­lich nicht die be­trach­te­ten Le­be­we­sen ins­ge­samt, son­dern das ei­ne oder an­de­re ih­rer funk­ti­o­na­len Tei­le. In der For­mu­lie­rung ei­nes sol­chen Ver­hal­tens, et­wa ‘das Tier at­met’ ver­weist das Sub­jekt ei­gent­lich da­rauf, dass der Zweck der be­trach­te­ten Ak­ti­vi­tät der ent­spre­chen­den funk­ti­o­na­len Tei­le (Lun­gen, etc.) auf das Tier als Gan­zes ge­rich­tet ist (da­mit näm­lich das Tier über­lebt).
  4. Wie etwa Ros ([Ros 1979a]Ros, Arno (1979).
    Objektkonstitution und elementare Sprachhandlungsbegriffe. Königstein/Ts.: Hain.

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    : Kap. 3.2) deut­lich ge­macht hat, lässt sich Pi­a­gets Zwi­schen­stu­fe des sen­so­mo­to­ri­schen Ver­hal­tens ge­nau in die­sem Sinn in­ter­pre­tie­ren: Im Zu­sam­men­hang mit sol­chem Ver­hal­ten las­sen sich psy­cho­lo­gi­sche Prä­di­ka­te, wie ‘zu et­was Lust emp­fin­den’ und ‘et­was tun wol­len’ oder ‘et­was se­hen’ und ‘et­was glau­ben’ zu­min­dest in ei­nem ele­men­ta­ren Sinn aus der Be­ob­ach­ter­per­spek­ti­ve auf den Ak­ti­vi­täts­trä­ger an­wen­den.
  5. Auf die­se Wei­se wird zu­gleich ei­ne spe­zi­el­le die Zeit über­brü­cken­de Iden­ti­tät des Ak­ti­vi­täts­trä­gers etab­liert. Es wä­re näm­lich feh­ler­haft, ein­fach den phy­si­schen Kör­per als den Ak­ti­vi­täts­trä­ger an­zu­set­zen.
  6. Ver­wandt, wenn auch an­ders be­stimmt, ist die Drei­tei­lung Pless­ners in de­zen­tra­lis­ti­sche (pflanz­li­che), zen­tra­lis­ti­sche (tie­ri­sche) und ex­zen­tri­sche (mensch­li­che) Or­ga­ni­sa­ti­on bzw. Po­si­ti­o­na­li­tät von Ak­ti­vi­täts­trä­gern ([Pless­ner 1928a]Literaturangabe fehlt.
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    - Buch,
    - Artikel in Zeitschrift,
    - Beitrag in Sammelband,
    - Sammelband,
    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    ).
  7. Die da­mit an­ge­spro­che­ne Un­ter­schei­dung ist an sich all­ge­mein und kann auf al­le mög­li­chen Un­ter­schei­dungs­ge­wohn­hei­ten und Be­grif­fe an­ge­wen­det wer­den. Ne­ben dem Be­zeich­nungs­paar ‘Typ und In­s­tanz’ wird auch das dem Eng­li­schen ent­lehn­te ‘Type und To­ken’ häu­fig ver­wen­det. Spe­ziell für Ver­hal­ten und Hand­lun­gen ist hin­ge­gen die Form ‘Sche­ma und Ak­tu­a­li­sie­rung’ – der Aus­druck ‘Ak­tu­a­li­sie­rung’ – häu­fig auch ‘Ak­tu­a­li­sie­rung ei­nes Hand­lungs­sche­mas’ – soll al­so nicht be­deu­ten, dass ein Sche­ma mo­der­ni­siert, ak­tu­ell ge­macht wird; viel­mehr soll ein un­ter das Sche­ma fal­len­der ein­zel­ner kon­kre­ter Akt voll­zo­gen wer­den.
  8. Ort und Zeit sind spe­zi­el­le Rol­len ei­nes je­den Hand­lungs­sche­mas.
  9. Man voll­zieht eine Hand­lung, in­dem man die Teil­hand­lun­gen voll­zieht (Mit­tel). Man voll­zieht ei­ne Teil­hand­lung, um die Ge­samt­hand­lung zu voll­zie­hen (Zweck). Die Ket­ten die­ser ge­gen­läu­fi­gen Re­la­ti­o­nen zwi­schen Hand­lungs­sche­ma­ta en­den dort, wo kei­ne über­ge­ord­ne­te Hand­lung bzw. wo kei­ne Mit­tel­hand­lung mehr an­ge­ge­ben wer­den kann, son­dern nur noch ein all­ge­mei­ner Über­le­bens­wil­le (oder -trieb) des Hand­lungs­sub­jekts bzw. Ver­hal­tens­sche­ma­ta (im en­ge­ren oder wei­te­ren Sinn). Aus­nah­men sind hier Selbst­zweck­hand­lun­gen, die gar kei­nen Zweck außer dem Voll­zug der Hand­lung selbst ha­ben.
Literatur                             [Sammlung]

[Janich 2005a]:
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[Pless­ner 1928a]:
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[Ros 1979a]: Ros, Arno (1979). Objektkonstitution und elementare Sprachhandlungsbegriffe. Königstein/Ts.: Hain.

[Ros 1989/90a]:
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[Ros 2005a]: Ros, Arno (2005). Materie und Geist. Eine philosophische Untersuchung. Paderborn: Mentis. [We­ber 2005a]:
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Ausgabe 1: 2013

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