Fernsehen: Unterschied zwischen den Versionen

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(Wahrnehmungsdispositiv Fernsehen)
 
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==Etymologie und Wortbedeutung==
  
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Der Ausdruck ‘Fernsehen’ leitet sich vom Kompo&shy;situm ‘Tele&shy;vision’ ab. Das altgrie&shy;chische Wort ‘''tele''’ (τηλε: weit&shy;hin, weit weg, fern) und das latei&shy;nische Substan&shy;tiv ‘''visio''’ (vīsiō: An&shy;blick, Schau, Sehen) erge&shy;ben die etab&shy;lierte Bedeu&shy;tung der ''Fern-Sicht'' als Mittel zur Wahr&shy;nehmung eines nicht unmit&shy;telbar gege&shy;benen Ereig&shy;nisses (vgl. <bib id='Gemoll & Vretska 2006a'></bib>: S. 791; vgl. <bib id='Stowasser et al. 1998a'></bib>: S. 554). In der medi&shy;alen Perspek&shy;tive ist der Fern&shy;seher die techni&shy;sche Appa&shy;ratur, die gewis&shy;serma&shy;ßen wie ein Fern&shy;rohr die Wahr&shy;nehmung nicht aktuell gege&shy;bener Ereig&shy;nisse ermög&shy;licht. Fern&shy;sehen meint weiter&shy;hin die akti&shy;ve Tätig&shy;keit der ''fern-sehen&shy;den [[Rezeption|Rezep&shy;tion]]'' des Nutzers und eben&shy;falls das orga&shy;nisa&shy;tori&shy;sche Gefü&shy;ge von priva&shy;ten und öffent&shy;lich-recht&shy;lichen Sende&shy;anstal&shy;ten.
=====Etymologie und Wortbedeutung=====
 
  
Der Begriff "Fernsehen" leitet sich vom Kompositum "Television" ab. Das altgriechische Wort ''tele'' (τηλε: weithin, weit weg, fern) und das lateinische Substantiv ''visio'' (vīsiō: Anblick, Schau, Sehen) ergeben die etablierte Bedeutung der ''Fern-Sicht'' als Mittel zur Wahrnehmung eines nicht unmittelbar gegebenen Ereignisses (vgl. <bib id='Gemoll & Vretska 2006a'></bib>: S. 791; vgl. <bib id='Stowasser & Petschenig & Skutsch 1998a'></bib>: S. 554). In der medialen Perspektive ist der Fernseher die technische Apparatur, die gewissermaßen wie ein Fernrohr die Wahrnehmung nicht aktuell gegebener Ereignisse ermöglicht. Fernsehen meint weiterhin die aktive Tätigkeit der ''fern-sehenden Rezeption'' des Nutzers und ebenfalls das organisatorische Gefüge von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.
 
  
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==Wahrnehmungsdispositiv Fernsehen==
  
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Fernsehen ist als eigenständiges Dispo&shy;sitiv anzu&shy;sehen, es baut auf den appa&shy;rativen Konstel&shy;latio&shy;nen des Kinos auf und hat sich wenn auch später erfun&shy;den – paral&shy;lel zu diesem ent&shy;wickelt und tut es noch. Fern&shy;sehen konsti&shy;tuiert aller&shy;dings ein infor&shy;matio&shy;nelles elek&shy;troni&shy;sches Bild (vgl. <bib id='Paech 2006a'></bib>: S. 105) im Gegen&shy;satz zum ana&shy;logen kine&shy;mato&shy;graphi&shy;schen Bewe&shy;gungs&shy;bild (siehe auch [[Kino]]). Fern&shy;sehen besitzt zwar eine mit dem Kino vergleich&shy;bare Mensch-Ma&shy;schine-Anord&shy;nung und [[Blick]]-Konstel&shy;lation. Im Gegen&shy;satz zum Kino ist die Abdunk&shy;lung des Raumes nicht not&shy;wendig, zudem exis&shy;tiert im allge&shy;meinen keine Projek&shy;tionsrich&shy;tung (dies ändert sich jedoch zuneh&shy;mend, da Projek&shy;toren für den Heim&shy;bedarf immer er&shy;schwing&shy;licher werden). Auch ist der Zu&shy;schauer nicht notwen&shy;diger&shy;weise direkt vor dem Bild&shy;schirm plat&shy;ziert, sondern frei in seinen Bewe&shy;gungen und Hand&shy;lungen. Der letzte Punkt verweist auf den Ver&shy;zicht einer Diszip&shy;linie&shy;rung der Wahr&shy;nehmung des Zuschauers durch eine appa&shy;rativ beding&shy;te Fixie&shy;rung, wie sie im Kino zu finden ist (vgl. <bib id='Hickethier 1995a'></bib>: S. 65). Dies hängt mit der techno&shy;logischen Tradi&shy;tion des Fern&shy;sehens zusam&shy;men, die es eng an die Entwick&shy;lung des Radios bindet.
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Eine weitere wesentliche Differenz zum Kino ist die Möglich&shy;keit der Live-Über&shy;tragung über das Fern&shy;sehen, das eine aktu&shy;elle Teil&shy;habe an einem ent&shy;fernten Ereig&shy;nis ermög&shy;licht (die muss zwar mit Ein&shy;schränkun&shy;gen betrachtet werden, da das Kino eben&shy;falls begon&shy;nen hat, Live-Über&shy;tragun&shy;gen zu zeigen, den&shy;noch gehör&shy;ten diese nicht zur Essenz des Kinos in seinen An&shy;fängen, während der Live-Charak&shy;ter beim Fern&shy;sehen eben den funktio&shy;nalen Kern bilde&shy;te). Hier zeigt sich wiede&shy;rum die direk&shy;te und unaus&shy;lösch&shy;liche Verbin&shy;dung des Mediums Fern&shy;sehen als Emp&shy;fänger mit der Sende&shy;station eines Fernseh&shy;senders – ohne diesen käme die [[Interaktion und Kommunikation|Fernseh&shy;kommu&shy;nika&shy;tion]] nicht zustan&shy;de. Dies wird auch durch die Mög&shy;lich&shy;keit der Programm&shy;wahl verdeut&shy;lich, die mit Hilfe bestimm&shy;ter Sende&shy;logos inner&shy;halb des Fernseh&shy;bildes doku&shy;mentiert wird. Das Programm kann als Innen&shy;seite des Dispo&shy;sitivs Fernse&shy;hen verstan&shy;den werden, als dieje&shy;nige Ebe&shy;ne, auf der das Subjekt und das Fern&shy;sehen als insti&shy;tutio&shy;neller Appa&shy;rat zusam&shy;mentref&shy;fen (vgl. <bib id='Hickethier 1995a'></bib>: S. 76). Das Programm bildet somit die Schnitt&shy;stelle der Mensch-Ma&shy;schine-An&shy;ordnung und unter&shy;scheidet das Dispo&shy;sitiv Fern&shy;sehen von anderen Bild&shy;medien, wie z.B. dem Com&shy;puter. Durch die impli&shy;zite Mög&shy;lich&shy;keit der Programm&shy;wahl durch den Rezi&shy;pienten wird der Zu&shy;schauer als Subjekt — anders als im Kino — ein mitbe&shy;stimmen&shy;der Faktor inner&shy;halb des Dispo&shy;sitivs.
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Wulff unterteilt das Fernsehen als Wahr&shy;nehmungs&shy;dispo&shy;sitiv in sechs Ebenen:
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:(2) Fernsehapparat<br>
Fernsehen ist als eigenständiges Dispositiv anzusehen, es baut auf den apparativen Konstellationen des Kinos auf und hat sich wenn auch später erfunden — parallel zu diesem entwickelt und tut es noch. Fernsehen konstituiert allerdings ein informationelles elektronisches Bild (vgl. <bib id='Paech 2006a'></bib>: S. 105) im Gegensatz zum analogen kinematographischen Bewegungsbild (siehe auch [[Kino]]). Fernsehen besitzt zwar eine mit dem Kino vergleichbare Mensch-Maschine-Anordnung und Blick-Konstellation. Im Gegensatz zum Kino ist die Abdunklung des Raumes nicht notwendig, zudem existiert im allgemeinen keine Projektionsrichtung (dies ändert sich jedoch zunehmend, da Projektoren für den Heimbedarf immer erschwinglicher werden). Auch ist der Zuschauer nicht notwendigerweise direkt vor dem Bildschirm platziert, sondern frei in seinen Bewegungen und Handlungen. Der letzte Punkt verweist auf den Verzicht einer Disziplinierung der Wahrnehmung des Zuschauers durch eine apparativ bedingte Fixierung, wie sie im Kino zu finden ist (vgl. <bib id='Hickethier 1995a'></bib>: S. 65). Dies hängt mit der technologischen Tradition des Fernsehens zusammen, die es eng an die Entwicklung des Radios bindet.
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:::ENTHÄLT<br>
Eine weitere wesentliche Differenz zum Kino ist die Möglichkeit der Live-Übertragung über das Fernsehen, das eine aktuelle Teilhabe an einem entfernten Ereignis ermöglicht (die muss zwar mit Einschränkungen betrachtet werden, da das Kino ebenfalls begonnen hat, Live-Übertragungen zu zeigen, dennoch gehörten diese nicht zur Essenz des Kinos in seinen Anfängen, während der Live-Charakter beim Fernsehen eben den funktionalen Kern bildete). Hier zeigt sich wiederum die direkte und unauslöschliche Verbindung des Mediums Fernsehen als Empfänger mit der Sendestation eines Fernsehsenders – ohne diesen käme die [[Interaktion und Kommunikation|Fernsehkommunikation]] nicht zustande. Dies wird auch durch die Möglichkeit der Programmwahl verdeutlich, die mit Hilfe bestimmter Sendelogos innerhalb des Fernsehbildes dokumentiert wird. Das Programm kann als Innenseite des Dispositivs Fernsehen verstanden werden, als diejenige Ebene, auf der das Subjekt und das Fernsehen als institutioneller Apparat zusammentreffen (vgl. <bib id='Hickethier 1995a'></bib>: S. 76). Das Programm bildet somit die Schnittstelle der Mensch-Maschine-Anordnung und unterscheidet das Dispositiv Fernsehen von anderen Bildmedien, wie z.B. dem Computer. Durch die implizite Möglichkeit der Programmwahl durch den Rezipienten wird der Zuschauer als Subjekt — anders als im Kino — ein mitbestimmender Faktor innerhalb des Dispositivs.<br>
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:(3) Glasfläche [als Teil des Fernseh&shy;apparats]<br>
Wulff unterteilt das Fernsehen als Wahrnehmungsdispositiv in sechs Ebenen:
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:(4) Schriftfläche<br>
(1) Umgebungsraum<br>
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:(5) Fernsehbild<br>
(2) Fernsehapparat<br>
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::ENTHÄLT<br>
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:(6) Fernseh-Raum
(3) Glasfläche [als Teil des Fernsehapparats]<br>
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::IST BILDTRÄGER VON<br>
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(4) Schriftfläche<br>
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Das Fernsehbild (5) hinter der Glas&shy;fläche (3) ist dabei die Kern&shy;zone des Rezi&shy;pienten&shy;inte&shy;resses, den&shy;noch bleibt die Glas&shy;fläche – auch wenn sie während der gewöhn&shy;lichen Rezep&shy;tion in den Hinter&shy;grund der Wahr&shy;nehmung tritt – die Bedin&shy;gung dafür, dass eine Sendung wahr&shy;genom&shy;men werden kann. Und obwohl sich Fehler auf der Glas&shy;fläche auf das Bild aus&shy;wirken können, werden sie für gewöhnl&shy;ich nicht dem Bild zuge&shy;rechnet folg&shy;lich können Glas&shy;fläche und Bild klar von einan&shy;der getrennt werden. Im Kino gibt es die Glas&shy;fläche (3) als Bild&shy;träger oder Konsti&shy;tutiv einer Fernseh&shy;bildräum&shy;lichkeit nicht, die Lein&shy;wand wird nur in selten&shy;sten Fällen in der Wahr&shy;nehmung thema&shy;tisch (z.B. wenn sie Löcher oder Risse enthält), während die Glas&shy;fläche des Fernseh&shy;gerä&shy;tes die Wahr&shy;nehmung immer wieder thema&shy;tisiert (etwa bei Kratzern oder Refle&shy;xionen in der Glas&shy;fläche, ⊳ [[Syntaktisch unkorrekte Bilder|Syntak&shy;tisch unkor&shy;rekte Bilder]]).
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(5) Fernsehbild<br>
 
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Das Fernsehbild (5) hinter der Glasfläche (3) ist dabei die Kernzone des Rezipienteninteresses, dennoch bleibt die Glasfläche – auch wenn sie während der gewöhnlichen Rezeption in den Hintergrund der Wahrnehmung tritt – die Bedingung dafür, dass eine Sendung wahrgenommen werden kann. Und obwohl sich Fehler auf der Glasfläche auf das Bild auswirken können, werden sie für gewöhnlich nicht dem Bild zugerechnet folglich können Glasfläche und Bild klar von einander getrennt werden. Im Kino gibt es die Glasfläche (3) als Bildträger oder Konstitutiv einer Fernsehbildräumlichkeit nicht, die Leinwand wird nur in seltensten Fällen in der Wahrnehmung thematisch (z.B. wenn sie Löcher oder Risse enthält), während die Glasfläche des Fernsehgerätes die Wahrnehmung immer wieder thematisiert (etwa bei Kratzern oder Reflexionen in der Glasfläche).
 
 
 
  
 
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* [[Benutzer:Dimitri Liebsch|Liebsch, Dimitri]]
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Aktuelle Version vom 15. Dezember 2019, 15:34 Uhr

Unterpunkt zu: Bildverwendungstypen


Etymologie und Wortbedeutung

Der Ausdruck ‘Fernsehen’ leitet sich vom Kompo­situm ‘Tele­vision’ ab. Das altgrie­chische Wort ‘tele’ (τηλε: weit­hin, weit weg, fern) und das latei­nische Substan­tiv ‘visio’ (vīsiō: An­blick, Schau, Sehen) erge­ben die etab­lierte Bedeu­tung der Fern-Sicht als Mittel zur Wahr­nehmung eines nicht unmit­telbar gege­benen Ereig­nisses (vgl. [Gemoll & Vretska 2006a]Gemoll, Wilhelm & Vretska, Karl (2006a).
Gemoll. Griechisch-​deutsches Schulwör­terbuch und Handwör­terbuch. München: Olden­bourg Schul­buch­verlag.

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: S. 791; vgl. [Stowasser et al. 1998a]Stowasser, J. M. & Petschenig, M. & Skutsch, Fr. (1998a).
Sto­wasser. La­tei­nisch-​Deutsches Schul­wörter­buch.
In , 574.

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: S. 554). In der medi­alen Perspek­tive ist der Fern­seher die techni­sche Appa­ratur, die gewis­serma­ßen wie ein Fern­rohr die Wahr­nehmung nicht aktuell gege­bener Ereig­nisse ermög­licht. Fern­sehen meint weiter­hin die akti­ve Tätig­keit der fern-sehen­den Rezep­tion des Nutzers und eben­falls das orga­nisa­tori­sche Gefü­ge von priva­ten und öffent­lich-recht­lichen Sende­anstal­ten.


Wahrnehmungsdispositiv Fernsehen

Fernsehen ist als eigenständiges Dispo­sitiv anzu­sehen, es baut auf den appa­rativen Konstel­latio­nen des Kinos auf und hat sich – wenn auch später erfun­den – paral­lel zu diesem ent­wickelt und tut es noch. Fern­sehen konsti­tuiert aller­dings ein infor­matio­nelles elek­troni­sches Bild (vgl. [Paech 2006a]Paech, Joachim (2006a).
Was ist ein kine­mato­graphi­sches Bewe­gungs­bild?.
In Bildthe­orie und Film, 92-​108.

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: S. 105) im Gegen­satz zum ana­logen kine­mato­graphi­schen Bewe­gungs­bild (siehe auch ⊳ Kino). Fern­sehen besitzt zwar eine mit dem Kino vergleich­bare Mensch-Ma­schine-Anord­nung und Blick-Konstel­lation. Im Gegen­satz zum Kino ist die Abdunk­lung des Raumes nicht not­wendig, zudem exis­tiert im allge­meinen keine Projek­tionsrich­tung (dies ändert sich jedoch zuneh­mend, da Projek­toren für den Heim­bedarf immer er­schwing­licher werden). Auch ist der Zu­schauer nicht notwen­diger­weise direkt vor dem Bild­schirm plat­ziert, sondern frei in seinen Bewe­gungen und Hand­lungen. Der letzte Punkt verweist auf den Ver­zicht einer Diszip­linie­rung der Wahr­nehmung des Zuschauers durch eine appa­rativ beding­te Fixie­rung, wie sie im Kino zu finden ist (vgl. [Hickethier 1995a]Hickethier, Knut (1995).
Dispositiv Fernsehen – Skizze eines Modells. In Montage/av, 4, 1, 63-83.

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: S. 65). Dies hängt mit der techno­logischen Tradi­tion des Fern­sehens zusam­men, die es eng an die Entwick­lung des Radios bindet.
Eine weitere wesentliche Differenz zum Kino ist die Möglich­keit der Live-Über­tragung über das Fern­sehen, das eine aktu­elle Teil­habe an einem ent­fernten Ereig­nis ermög­licht (die muss zwar mit Ein­schränkun­gen betrachtet werden, da das Kino eben­falls begon­nen hat, Live-Über­tragun­gen zu zeigen, den­noch gehör­ten diese nicht zur Essenz des Kinos in seinen An­fängen, während der Live-Charak­ter beim Fern­sehen eben den funktio­nalen Kern bilde­te). Hier zeigt sich wiede­rum die direk­te und unaus­lösch­liche Verbin­dung des Mediums Fern­sehen als Emp­fänger mit der Sende­station eines Fernseh­senders – ohne diesen käme die Fernseh­kommu­nika­tion nicht zustan­de. Dies wird auch durch die Mög­lich­keit der Programm­wahl verdeut­lich, die mit Hilfe bestimm­ter Sende­logos inner­halb des Fernseh­bildes doku­mentiert wird. Das Programm kann als Innen­seite des Dispo­sitivs Fernse­hen verstan­den werden, als dieje­nige Ebe­ne, auf der das Subjekt und das Fern­sehen als insti­tutio­neller Appa­rat zusam­mentref­fen (vgl. [Hickethier 1995a]Hickethier, Knut (1995).
Dispositiv Fernsehen – Skizze eines Modells. In Montage/av, 4, 1, 63-83.

  Eintrag in Sammlung zeigen
: S. 76). Das Programm bildet somit die Schnitt­stelle der Mensch-Ma­schine-An­ordnung und unter­scheidet das Dispo­sitiv Fern­sehen von anderen Bild­medien, wie z.B. dem Com­puter. Durch die impli­zite Mög­lich­keit der Programm­wahl durch den Rezi­pienten wird der Zu­schauer als Subjekt — anders als im Kino — ein mitbe­stimmen­der Faktor inner­halb des Dispo­sitivs.

Wulff unterteilt das Fernsehen als Wahr­nehmungs­dispo­sitiv in sechs Ebenen:

(1) Umgebungsraum
ENTHÄLT
(2) Fernsehapparat
ENTHÄLT
(3) Glasfläche [als Teil des Fernseh­apparats]
IST BILDTRÄGER VON
(4) Schriftfläche
UND
(5) Fernsehbild
UND
(6) Fernseh-Raum

Das Fernsehbild (5) hinter der Glas­fläche (3) ist dabei die Kern­zone des Rezi­pienten­inte­resses, den­noch bleibt die Glas­fläche – auch wenn sie während der gewöhn­lichen Rezep­tion in den Hinter­grund der Wahr­nehmung tritt – die Bedin­gung dafür, dass eine Sendung wahr­genom­men werden kann. Und obwohl sich Fehler auf der Glas­fläche auf das Bild aus­wirken können, werden sie für gewöhnl­ich nicht dem Bild zuge­rechnet – folg­lich können Glas­fläche und Bild klar von einan­der getrennt werden. Im Kino gibt es die Glas­fläche (3) als Bild­träger oder Konsti­tutiv einer Fernseh­bildräum­lichkeit nicht, die Lein­wand wird nur in selten­sten Fällen in der Wahr­nehmung thema­tisch (z.B. wenn sie Löcher oder Risse enthält), während die Glas­fläche des Fernseh­gerä­tes die Wahr­nehmung immer wieder thema­tisiert (etwa bei Kratzern oder Refle­xionen in der Glas­fläche, ⊳ Syntak­tisch unkor­rekte Bilder).

Anmerkungen
Literatur                             [Sammlung]

[Gemoll & Vretska 2006a]: Gemoll, Wilhelm & Vretska, Karl (2006a). Gemoll. Griechisch-​deutsches Schulwör­terbuch und Handwör­terbuch. München: Olden­bourg Schul­buch­verlag.

[Hickethier 1995a]: Hickethier, Knut (1995). Dispositiv Fernsehen – Skizze eines Modells. Montage/av, Band: 4, Nummer: 1, S. 63-83. [Paech 2006a]: Paech, Joachim (2006a). Was ist ein kine­mato­graphi­sches Bewe­gungs­bild?. In: Koebner, Th. & Meder, Th. (Hg.): Bildthe­orie und Film. München: Edi­tion Text + Kritik, S. 92-​108. [Stowasser et al. 1998a]: Stowasser, J. M. & Petschenig, M. & Skutsch, Fr. (1998a). Sto­wasser. La­tei­nisch-​Deutsches Schul­wörter­buch. München: Olden­bourg Schul­buch­verlag.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Lektorat:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [17], Lars Grabbe [14], Patrick Kruse [14], Dimitri Liebsch [8] und Franziska Kurz [2] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Kruse et al. 2013g-a]Vergleiche vollständigen Eintrag
in Literatursammlung
.

  Eintrag in Sammlung zeigen

Kruse, Patrick; Grabbe, Lars & Wulf, Hans J. (2013). Fernsehen. (Ausg. 1). In: Schirra, J.R.J.; Halawa, M. & Liebsch, D. (Hg.): Glossar der Bildphilosophie. (2012-2024).
Permalink.