Fotografie: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | ==Bildwissenschaftliche Fragen an das Medium Foto­grafie== | |
− | + | Für die bildwissenschaftliche Refle­xion auf das Bild, die Bilder und die Bild­medien stellt die Aus­einan­derset­zung mit der Foto­grafie ein bevor­zugtes Arbeits­gebiet dar. Wiewohl auch der Bild­begriff der Foto­grafie umstrit­ten, die Kontu­ren seines Terrains unscharf und die medi­alen Defi­niti­onen von Foto­grafie vielfäl­tig sind, spitzen sich in den bild­wissen­schaftli­chen Über­legun­gen zur Foto­grafie grund­sätz­liche Frage­stellun­gen der Bild­wissen­schaft prägnant zu. Histo­risch auf die Zeit nach 1830 datier­bar, technisch mit einem appa­rati­ven Dispo­sitiv verbun­den, zeichen­theore­tisch als [[Symbol, Index, Ikon|Index]] bestimmt, kultur­wissen­schaftlich als [[Massenmedien|Massen­medium]] beschreib­bar und mit der Idee der [[Reproduktion|Repro­duzier­barkeit]] eng verknüpft, legi­timiert die Foto­grafie dabei nur auf den ersten Blick die verein­fachen­de Gleich­setzung von Bild/Ab­bild und damit ein vermeint­lich über­sicht­liches Ab­stecken bild­wissen­schaftli­cher Arbeits­felder. Auf den zweiten Blick zeigt sich auch und gerade anläss­lich der Foto­grafie, dass Bild­lichkeit immer nur in der ''two­foldness''<ref> Vgl. zur Über­nah­me die­ses Aus­drucks von Ri­chard Woll­heim <bib id='Schürmann 2008a'></bib>: S. 120.</ref> von Trans­parenz und Opa­zität, von einem Sehen des Darge­stellten wie des Mediums der Dar­stellung, d.h. im Blick auf [[Zeigen und Sich-Zeigen|das Gezeig­te wie auf das Zei­gende]], zu fassen ist. | |
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− | Erste medienästhetisch | + | Erste medienästhetisch akzen­tuier­te Bestim­mungen der Foto­grafie als Bild wurden im Kontext der Neuen Sach­lich­keit erprobt. Während das foto­grafi­sche Bild zuvor mit an der Kunst, insbe­sonde­re an der [[Malerei|Male­rei]], gewo­nnenen Krite­rien von Bild­lich­keit gemes­sen wurde, fragten Foto­grafen und Foto­grafie­theore­tiker wie Albert Renger-Patzsch (<bib id='Renger-Patzsch 2010a'>Ren­ger-Patzsch 2010a</bib>), László Moho­ly-Nagy (<bib id='Moholy-Nagy 1986a'>Mo­ho­ly-Nagy 1986a</bib>),<ref> Ver­streut pub­li­zier­te Tex­te Mo­ho­ly-Nagys sind wie­der­ab­ge­druckt in <bib id='Passuth 1987a'></bib>.</ref> Ale­xander Rodtschen­ko oder Ernst Kallai in den 1920/30er Jahren<ref>Vgl. im Über­blick Band 2 der Edi­tion ''The­o­rie der Fo­to­gra­fie'' <bib id='Kemp 1979a'></bib>.</ref> erstmals nach dem spezi­fisch bildli­chen Aussa­gepo­tential des „neuen Mediums“. Der Foto­grafie wurde dabei ein beson­derer Reali­tätsge­halt zuge­sprochen, der das [[Technisches Bild|technisch-appa­rati­ve]], soge­nannte [[Bild in der Wissenschaft|objek­tive Gemacht­sein]] des foto­grafi­schen Bildes beton­te und klassisch-ästhe­tischen Bestim­mungen von Bild­lich­keit, etwa der Idee von [[Gleichheit, Ähnlichkeit und Identität|Ähn­lich­keit]] und [[Mimesis|Mime­sis]], eine neue Ausrich­tung gab (vgl. <bib id='Moholy-Nagy 1986a'>Mo­ho­ly-Nagy 1986a</bib>: S. 342-344). |
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− | Der Diskurs um die | + | Der Diskurs um die Medien­spezi­fik der Foto­grafie (wie der Diskurs um die Medien­spezi­fik ande­rer Medien gleicher­maßen) konnte eine essen­zia­listi­sche, zuwei­len empha­tisch vorge­trage­ne Perspek­tive nicht verleug­nen, die zahl­reiche Kriti­ker auf den Plan rief. Spätes­tens seit den 1960er/70er Jahren wurde im Zuge des Struktu­ralis­mus und des Poststruk­tura­lismus verstärkt der Kon­strukti­vität des Realen in der Foto­grafie bzw. der Kon­strukti­vität des Media­len im foto­grafi­schen Bild nachge­gangen. Statt von „der Foto­grafie“ ist seitdem gerne vom „Foto­grafi­schen“ (vgl. <bib id='Krauss 1998a'></bib>) die Rede, womit deut­lich werden soll, dass der „Status der Foto­grafie nicht aus bestimm­ten Eigen­schaften foto­grafi­scher Bilder“ (<bib id='Geimer 2009a'></bib>: S. 12) herge­leitet wird, sondern aus den Funk­tionen bzw. den Handlungs­kontex­ten der Foto­grafie qua medi­aler Produk­tion, Distri­bution und Rezep­tion. |
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− | Eine ( | + | Eine (notwendiger­weise unvoll­ständi­ge) Über­sicht über die unter­schiedli­chen bild­wissen­schaftli­chen Fragen an das Medium Foto­grafie kann vier Berei­che unter­scheiden: |
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+ | ==Semiotische Ansätze== | ||
+ | Die prominentesten Posi­tionen der philo­sophi­schen Bild­wissen­schaft der Foto­grafie argu­mentie­ren ''zeichentheoretisch'', indem sie sich auf [[Bildsemiotik|Charles Sanders Peirce]] beru­fen und die Foto­grafie als Index (d.h. über eine Kausal­rela­tion zwischen Zeichen­träger und Objekt) bestim­men. Hatte Peirce die Foto­grafie nur als ein Beispiel für den inde­xika­lischen Zeichen­typus unter ande­ren erwähnt und darü­ber hinaus auch die Ähnlich­keitsre­lation zwischen Zeichen­träger und Objekt in der Foto­grafie reflek­tiert (Foto­grafie als Ikon) (vgl. (<bib id='Geimer 2009a'></bib>: S. 18-25), so wurde die Foto­grafie bei – oder besser nach (‘nach’ im Sinne der zeit­lichen Nach­folge genau­so wie im Sinne des frz. ‘selon’/‘gemäß’) Roland Barthes (vgl. <bib id='Barthes 1989a'></bib>), Rosa­lind Krauss (vgl. <bib id='Krauss 2000c'></bib>: S. 249-276) und Philippe Dubois (vgl. <bib id='Dubois 1998a'></bib>) als Spur des Realen schlechthin thema­tisiert. Alter­nati­ve Zeichen­modi (wie das Ikon) wurden kaum mehr im Hinblick auf ihre Tauglich­keit für die Frage nach der Foto­grafie/dem Foto­grafi­schen über­prüft. „An die Stelle der Ähn­lich­keit der Mime­sis [trat] nun die Natür­lichkeit der inde­xika­lischen Refe­rentia­lität“ (<bib id='Stiegler 2010a'></bib>: S. 74) als Para­digma des foto­grafi­schen Bildes. Je inten­siver diesem Zeichen­typus nachge­fragt wurde, desto essen­zialis­tischer aber geriet auch dessen Lesart, wiewohl dies der Inten­tion der post­struktu­ralis­tischen Foto­theorie wider­sprach. Insbe­sonde­re Roland Barthes Essay «Die helle Kammer» provo­zierte einsei­tige Rezep­tionsfor­men, je nachdem, ob die fast magisch anmu­tende Unmit­telbar­keit der „Ema­nation des Refe­renten“ (<bib id='Barthes 1989a'></bib>: S. 90) oder aber der zeitlich beding­te, unhin­tergeh­bare „Entzug“ des Refe­renten – im Sinne der „Ema­nation des ''vergan­genen Wirk­lichen''“ (<bib id='Barthes 1989a'></bib>: S. 99; Hervor­hebun­gen im Ori­ginal) – die Bestim­mung der Foto­grafie/des Foto­grafi­schen nach Barthes domi­nierten. | ||
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+ | ==Wahrnehmungstheore­tische An­sätze== | ||
+ | Eine eher ''wahrnehmungs­theoretisch'' fokus­sierte Bild­wissen­schaft hat ihr Inte­resse vor allem auf das techni­sche Dispo­sitiv der Foto­grafie und von hier aus auf den Zusam­menhang von Wahrneh­mung und Bild gerich­tet. Im Rückgriff auf den Vergleich von Kame­ra und [[camera obscura|came­ra obscu­ra]] genau­so wie auf den Vergleich von Kame­ra/came­ra obscu­ra und [[Auge]] gilt ihr die Foto­grafie bzw. das Foto­grafi­sche als Ausgangs­punkt für eine Reka­pitu­lation verschie­dener Modi des [[Sehen|Sehens]] und Model­le von Sicht­barkeit. Eine kultur­histo­rische Grund­legung für solche Über­legun­gen hatte Jona­than Crary 1990 erar­beitet, dessen an Foucault an­schließen­de, diskurs­ana­lyti­sche Studie «Tech­niques of the Obser­ver. On Vision and Moder­nity in the Nine­teenth Centu­ry» (vgl. <bib id='Crary 1990a'></bib>) die Erfin­dung und Verbrei­tung der Foto­grafie (sowie ande­rer Techni­ken des Betrach­ters, insbe­sonde­re die Stereo­skopie) als Symptom eines Para­digmen­wechsels von der geo­metri­schen Optik des 17. und 18. Jahr­hunderts zur physio­logischen Optik des 19. Jahr­hunderts und damit zu einem neu konzi­pierten Betrach­ter begreift. Ein diskurs­ana­lyti­scher Ansatz erwies sich auch für die von Bernd Stiegler ver­folgte «Theorie­geschich­te der Photo­graphie» (vgl. <bib id='Stiegler 2006a'></bib>) als produk­tiv, eben­so wie für Peter Geimers «Bilder aus Verse­hen. Eine Geschich­te foto­grafi­scher Erschei­nungen» (vgl. <bib id='Geimer 2010a'></bib>). Auch wenn sich diese Studien nicht dezi­diert im Kontext der Bild­wissen­schaft veror­ten, proble­mati­sieren sie gleich­wohl exemp­larisch, ausge­hend von der Geschich­te der Foto­grafie, die für die Bild­wissen­schaft zentra­le Frage nach dem Verhäl­tnis von (appa­rati­vem) Sehen, Wahr­nehmung und Bild. | ||
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+ | ==Wissenschaftshistorische An­sätze== | ||
+ | Weniger als Instru­menta­rium des Sehens denn als Instru­menta­rium des vermeint­lich objek­tiven Aufzeich­nens figu­riert der Foto­appa­rat im Kontext einer (Stil-)Ge­schichte [[Bild in der Wissenschaft|wissen­schaft­licher Bilder]], seien dies die Bilder der Natur- und Technik­wissen­schaften, der Medi­zin oder der Kunst­wissen­schaften.<ref>Vgl. zur Fo­to­gra­fie im Kon­text der Wis­sen­schafts­ge­schich­te der Kunst­ge­schich­te <bib id='Caraffa 2009a'></bib>.</ref> Das Bild/die Foto­grafie wird hier unter ''wissenschaftshistorischen'' Vorzei­chen befragt. Für Lorrai­ne Daston und Peter Gali­son (vgl. <bib id='Daston & Galison 1992a'>Das­ton & Gali­son 1992a</bib>; <bib id='Daston & Galison 2007a'>Das­ton & Gali­son 2007a</bib>) stellt sich die Foto­grafie in den Wissen­schaften des 19. Jahr­hunderts als Medium einer (mora­lisie­renden) Objek­tivi­tätskon­struktion dar. Wissen­schaftler, so ihre These, „entdeck­ten das mecha­nische Bild als einen ethisch-epis­temi­schen Ausweg aus ihrer ständi­gen Sorge, der eige­nen Subjek­tivi­tät zu erlie­gen“ (<bib id='Daston & Galison 2007a'>Das­ton & Gali­son 2007a</bib>: S. 145). Durch die Ana­lyse wissen­schaft­licher Objek­tivi­tätsfik­tionen gewinnt die wissen­schaftshis­torisch gepräg­te Bild­wissen­schaft zugleich Erkennt­nisse über die verschie­denen Modi des Zeigens, die dem Bild bzw. der Foto­grafie (und den ande­ren Aufzeich­nungsme­dien) zuge­sprochen wurden. In vergleich­barer Absicht werden am [http://www.kulturtechnik.hu-berlin.de Helmholtz-Zentrum für Kultur­technik in Berlin] techni­sche Bilder (denen in der Regel das Foto­grafi­sche im Sinne des Inde­xika­lischen zu­grunde liegt) „nicht als illus­trieren­de Reprä­senta­tionen, sondern in ihrer produk­tiven Kraft als eigen­ständi­ges, mehr­schich­tiges Ele­ment des Erkennt­nisge­winns“ (<bib id='Bredekamp et al. 2008a'></bib>: S. 8) unter­sucht. | ||
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+ | ==Kunsthistorische Ansätze== | ||
+ | Obwohl die Kunstge­schichte ange­sichts der Omni­präsenz des Foto­grafi­schen in der Bild­kultur der Moder­ne ihre Zustän­digkeit für die bild­wissen­schaftli­che Ana­lyse aller Bilder ([[Künstlerisches Bild und Alltagsbild|künstle­rischer und nicht-künstle­rischer Art]]) wieder­holt betont hat und als Bild­wissen­schaft avant la lettre verstanden werden möchte<ref>Vgl. <bib id='Bredekamp 2003b'></bib>: S. 56: „Die Kunst­ge­schich­te des 19. Jahr­hun­derts hat ih­re Me­tho­den zwar an den kom­ple­xes­ten Ge­bil­den der sog. Hoch­kunst ent­wickelt und ge­schärft, kei­nes­falls aber auf die­sen Werk­kreis be­schränkt; viel­mehr wur­den […] auch nicht-künst­le­ri­sche Bil­der al­ler Art ein­ge­schlos­sen.“ Hier­zu zählt für Bre­de­kamp we­sent­lich auch die Fo­to­gra­fie, ja „in der Aus­ei­nan­der­set­zung mit der Fo­to­gra­fie (sic!)“ liegt für Bre­de­kamp ein ent­schei­den­der „Grund für die Etab­lie­rung der Kunst­ge­schich­te als Bild­wis­sen­schaft“ (<bib id='Bredekamp 2003b'></bib>: ebd.). ⊳ [[Kunstgeschichte als Bildgeschichte|Kunst­ge­schich­te als Bild­ge­schich­te]].</ref>, bleibt zu konsta­tieren, dass auch eine klassi­scher dimen­sionier­te Kunstge­schichte in ihrem ''kunst­histo­rischen'' Umgang mit der Foto­grafie (als Kunst) bild­wissen­schaft­lich rele­vante Frage­stellun­gen verfolgt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil gerade im Bereich der künstle­rischen Foto­grafie die Verhält­nisbe­stimmung von Bild und Abbild oft beson­ders prägnant zuge­spitzt wurde, sodass die Foto­grafie als Bild­medium damit dezi­diert selbst zur Diskus­sion gestellt wird. | ||
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− | In bildphilosophischer bzw. | + | In bildphilosophischer bzw. bild­wissen­schaftli­cher Hinsicht ist jeden­falls bezeich­nend, dass das Para­digma des Foto­grafi­schen zunächst für den Kontext der Kunst formu­liert wurde, bevor es zur Chiffre für das Inde­xika­lische wurde.<ref>Peter Geimer be­tont zu Recht, dass Krauss’ Fo­to­the­o­rie ei­ne „Ge­gen­läu­fig­keit“ in­hä­riert, näm­lich „‘das Fo­to­gra­fi­sche’ als ''spe­zi­fi­sche'' Ab­bil­dungs­form zu de­fi­nie­ren, die­se De­fi­ni­tion dann aber ver­ges­sen zu müs­sen, so­bald es da­rum geht, die Fo­to­gra­fie als ''all­ge­mei­nes'' Mo­dell für die Lo­gik der Kunst aus­zu­ge­ben“ (<bib id='Geimer 2009a'></bib>: S. 31).</ref> Da insbe­sonde­re der Foto­konzep­tualis­mus im Medium der Foto­grafie die Foto­grafie als Bild­medium reflek­tiert, finden sich gera­de in diesem Bereich Bilder, die, soweit dieses Vermö­gen Bildern über­haupt zuge­sprochen wird, selbst Bild­begrif­fe ent­wickeln und dement­sprechend kunsthis­torisch bzw. bild­wissen­schaft­lich zu befra­gen sind. Als Beispie­le für einen solchen [[Bild in reflexiver Verwendung|selbst­refle­xiven Gebrauch]] des Mediums Foto­grafie im Foto­konzep­tualis­mus können frühe Foto­posi­tionen von Joseph Kosuth («One and three photo­graphs», 1965) oder von Jan Dibbets («Perspec­tive Correc­tion: My Studio I,I: Square on Wall», 1969) genannt werden (vgl. dazu <bib id='Dobbe 2010a'></bib>). Aber auch postkon­zeptua­listi­sche Foto­posi­tionen, wie beispiels­weise der Zyklus «For Example: Die Welt ist schön» (1993-2001) von Christo­pher Williams, bergen ein emi­nent bildkri­tisches Poten­zial. Wie Ale­xander Alber­ro zu Recht fest­stellte, war „der Konzep­tualis­mus zentral für die Befrei­ung der Kunst aus den [modernis­tischen, M.D.] Zwängen der Selbstre­feren­ziali­tät“ (<bib id='Alberro 2006a'></bib>: S. 14). |
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− | Ähnlich wie der | + | Ähnlich wie der Mini­malis­mus der 1960er Jahre ope­rieren konzep­tualis­tische und postkon­zeptua­listi­sche Posi­tionen dabei freilich in einer „Crux“ (vgl. <bib id='Foster 1995a'></bib>), der Crux nämlich, ihre Refe­renzia­lität „nicht mehr in der Orien­tierung am Modell des Bildes und seines schritt­weisen Rück­zugs aus der darge­stellten Welt“ (<bib id='Egenhofer 2002a'></bib>: S. 212)<ref>Be­zo­gen auf den Mi­ni­ma­lis­mus heißt es bei Egen­ho­fer ge­nau­er: „Aus der Kreu­zung von spät­mo­der­ner Ab­strak­tion und al­le­go­ri­scher De­struk­ti­on der Au­tor­schaft ent­steht so ein Werk­typ, in des­sen Prä­senz die Be­mü­hung der mo­der­nen ab­strak­ten Kunst um Di­rekt­heit und Un­mit­tel­bar­keit der äs­the­ti­schen Er­fah­rung kul­mi­niert, der aber im sel­ben Zug die grund­le­gen­de Vo­raus­set­zung des Ab­strak­ti­ons­ge­dan­kens e­li­mi­niert hat: das ''Welt­ver­hält­nis'' des mi­ni­ma­li­sti­schen Ob­jekts kann nicht mehr in der O­rien­tie­rung am Mo­dell des Bil­des und sei­nes schritt­wei­sen Rück­zugs aus der dar­ge­stell­ten Welt be­stimmt wer­den.“ (<bib id='Egenhofer 2002a'></bib>: ebd.)</ref> bestim­men zu können. Daher rührt, dass die Ana­lyse des Bild­status (post)kon­zeptua­listi­scher (Foto)Po­sitio­nen so unter­schiedlich ausfällt: Während etwa Thomas Crow der Auffas­sung ist, „daß der Konzep­tualis­mus mit seiner Infra­gestel­lung moder­nisti­scher Prämis­sen das über­schritten hat, was mit der Kate­gorie des Bildes zu fassen war“ (zit. n. <bib id='Alberro 2006a'></bib>: S. 17)<ref> Alberro be­zieht sich hier auf <bib id='Crow 2006a'></bib>.</ref>, spricht Jeff Wall, nahe­zu umge­kehrt, dem Foto­konzep­tualis­mus das Verdienst zu, die Voraus­setzun­gen dafür geschaf­fen zu haben, dass das „Konzept des Bildes […] als eine zentra­le Kate­gorie der Gegen­warts­kunst“ (<bib id='Wall 1997a'></bib>: S. 434) erscheint, nachdem jeder essen­zialis­tische Versuch, die Medien der Künste zu bestim­men, als geschei­tert ange­sehen wird (vgl. dazu auch <bib id='Dobbe 2006a'></bib>). |
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− | Vielleicht kann man die | + | Vielleicht kann man die Wider­sprüchlich­keit der beiden genann­ten Auffas­sungen aber auch dadurch rela­tivie­ren, dass man betont, dass bei Wall ausdrück­lich vom Foto-Konzep­tualis­mus die Rede ist. Gera­de der Foto-Konzep­tualis­mus, so wäre zu folgern, lebt aus jenem Spannungs­verhält­nis von Abbild und Bild, welches für die genau­ere Bestim­mung des Bildme­diums Foto­grafie – wie hier im Glossar der Bild­philo­sophie – eine bleiben­de Heraus­forderung ist. |
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+ | * [[Auge]] | ||
+ | * [[Bild in reflexiver Verwendung]] | ||
* [[Bildsemiotik]] | * [[Bildsemiotik]] | ||
− | * [[ | + | * [[Bild in der Wissenschaft]] |
* [[camera obscura]] | * [[camera obscura]] | ||
+ | * [[Gleichheit, Ähnlichkeit und Identität]] | ||
+ | * [[Kunstgeschichte als Bildgeschichte]] | ||
+ | * [[Künstlerisches Bild und Alltagsbild]] | ||
* [[Massenmedien]] | * [[Massenmedien]] | ||
+ | * [[Mimesis]] | ||
* [[optische Medien]] | * [[optische Medien]] | ||
− | * [[ | + | * [[Reproduktion]] |
+ | * [[Sehen]] | ||
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* [[Technisches Bild]] | * [[Technisches Bild]] | ||
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Aktuelle Version vom 15. Dezember 2019, 15:37 Uhr
Unterpunkt zu: Bildmedien
Bildwissenschaftliche Fragen an das Medium FotografieFür die bildwissenschaftliche Reflexion auf das Bild, die Bilder und die Bildmedien stellt die Auseinandersetzung mit der Fotografie ein bevorzugtes Arbeitsgebiet dar. Wiewohl auch der Bildbegriff der Fotografie umstritten, die Konturen seines Terrains unscharf und die medialen Definitionen von Fotografie vielfältig sind, spitzen sich in den bildwissenschaftlichen Überlegungen zur Fotografie grundsätzliche Fragestellungen der Bildwissenschaft prägnant zu. Historisch auf die Zeit nach 1830 datierbar, technisch mit einem apparativen Dispositiv verbunden, zeichentheoretisch als Index bestimmt, kulturwissenschaftlich als Massenmedium beschreibbar und mit der Idee der Reproduzierbarkeit eng verknüpft, legitimiert die Fotografie dabei nur auf den ersten Blick die vereinfachende Gleichsetzung von Bild/Abbild und damit ein vermeintlich übersichtliches Abstecken bildwissenschaftlicher Arbeitsfelder. Auf den zweiten Blick zeigt sich auch und gerade anlässlich der Fotografie, dass Bildlichkeit immer nur in der twofoldness[1] von Transparenz und Opazität, von einem Sehen des Dargestellten wie des Mediums der Darstellung, d.h. im Blick auf das Gezeigte wie auf das Zeigende, zu fassen ist. Erste medienästhetisch akzentuierte Bestimmungen der Fotografie als Bild wurden im Kontext der Neuen Sachlichkeit erprobt. Während das fotografische Bild zuvor mit an der Kunst, insbesondere an der Malerei, gewonnenen Kriterien von Bildlichkeit gemessen wurde, fragten Fotografen und Fotografietheoretiker wie Albert Renger-Patzsch ([Renger-Patzsch 2010a]Literaturangabe fehlt. Der Diskurs um die Medienspezifik der Fotografie (wie der Diskurs um die Medienspezifik anderer Medien gleichermaßen) konnte eine essenzialistische, zuweilen emphatisch vorgetragene Perspektive nicht verleugnen, die zahlreiche Kritiker auf den Plan rief. Spätestens seit den 1960er/70er Jahren wurde im Zuge des Strukturalismus und des Poststrukturalismus verstärkt der Konstruktivität des Realen in der Fotografie bzw. der Konstruktivität des Medialen im fotografischen Bild nachgegangen. Statt von „der Fotografie“ ist seitdem gerne vom „Fotografischen“ (vgl. [Krauss 1998a]Literaturangabe fehlt. Eine (notwendigerweise unvollständige) Übersicht über die unterschiedlichen bildwissenschaftlichen Fragen an das Medium Fotografie kann vier Bereiche unterscheiden:
Semiotische AnsätzeDie prominentesten Positionen der philosophischen Bildwissenschaft der Fotografie argumentieren zeichentheoretisch, indem sie sich auf Charles Sanders Peirce berufen und die Fotografie als Index (d.h. über eine Kausalrelation zwischen Zeichenträger und Objekt) bestimmen. Hatte Peirce die Fotografie nur als ein Beispiel für den indexikalischen Zeichentypus unter anderen erwähnt und darüber hinaus auch die Ähnlichkeitsrelation zwischen Zeichenträger und Objekt in der Fotografie reflektiert (Fotografie als Ikon) (vgl. ([Geimer 2009a]Literaturangabe fehlt.
Wahrnehmungstheoretische AnsätzeEine eher wahrnehmungstheoretisch fokussierte Bildwissenschaft hat ihr Interesse vor allem auf das technische Dispositiv der Fotografie und von hier aus auf den Zusammenhang von Wahrnehmung und Bild gerichtet. Im Rückgriff auf den Vergleich von Kamera und camera obscura genauso wie auf den Vergleich von Kamera/camera obscura und Auge gilt ihr die Fotografie bzw. das Fotografische als Ausgangspunkt für eine Rekapitulation verschiedener Modi des Sehens und Modelle von Sichtbarkeit. Eine kulturhistorische Grundlegung für solche Überlegungen hatte Jonathan Crary 1990 erarbeitet, dessen an Foucault anschließende, diskursanalytische Studie «Techniques of the Observer. On Vision and Modernity in the Nineteenth Century» (vgl. [Crary 1990a]Literaturangabe fehlt.
Wissenschaftshistorische AnsätzeWeniger als Instrumentarium des Sehens denn als Instrumentarium des vermeintlich objektiven Aufzeichnens figuriert der Fotoapparat im Kontext einer (Stil-)Geschichte wissenschaftlicher Bilder, seien dies die Bilder der Natur- und Technikwissenschaften, der Medizin oder der Kunstwissenschaften.[4] Das Bild/die Fotografie wird hier unter wissenschaftshistorischen Vorzeichen befragt. Für Lorraine Daston und Peter Galison (vgl. [Daston & Galison 1992a]Literaturangabe fehlt.Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. ; [Daston & Galison 2007a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. ) stellt sich die Fotografie in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts als Medium einer (moralisierenden) Objektivitätskonstruktion dar. Wissenschaftler, so ihre These, „entdeckten das mechanische Bild als einen ethisch-epistemischen Ausweg aus ihrer ständigen Sorge, der eigenen Subjektivität zu erliegen“ ([Daston & Galison 2007a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. : S. 145). Durch die Analyse wissenschaftlicher Objektivitätsfiktionen gewinnt die wissenschaftshistorisch geprägte Bildwissenschaft zugleich Erkenntnisse über die verschiedenen Modi des Zeigens, die dem Bild bzw. der Fotografie (und den anderen Aufzeichnungsmedien) zugesprochen wurden. In vergleichbarer Absicht werden am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik in Berlin technische Bilder (denen in der Regel das Fotografische im Sinne des Indexikalischen zugrunde liegt) „nicht als illustrierende Repräsentationen, sondern in ihrer produktiven Kraft als eigenständiges, mehrschichtiges Element des Erkenntnisgewinns“ ([Bredekamp et al. 2008a]Bredekamp, Horst; Schneider, Birgit; Dünkel, Vera (2008). Das Technische Bild. Kompendium für eine Stilgeschichte wissenschaftlicher Bilder. Berlin: Akademie. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 8) untersucht.
Kunsthistorische AnsätzeObwohl die Kunstgeschichte angesichts der Omnipräsenz des Fotografischen in der Bildkultur der Moderne ihre Zuständigkeit für die bildwissenschaftliche Analyse aller Bilder (künstlerischer und nicht-künstlerischer Art) wiederholt betont hat und als Bildwissenschaft avant la lettre verstanden werden möchte[5], bleibt zu konstatieren, dass auch eine klassischer dimensionierte Kunstgeschichte in ihrem kunsthistorischen Umgang mit der Fotografie (als Kunst) bildwissenschaftlich relevante Fragestellungen verfolgt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil gerade im Bereich der künstlerischen Fotografie die Verhältnisbestimmung von Bild und Abbild oft besonders prägnant zugespitzt wurde, sodass die Fotografie als Bildmedium damit dezidiert selbst zur Diskussion gestellt wird. In bildphilosophischer bzw. bildwissenschaftlicher Hinsicht ist jedenfalls bezeichnend, dass das Paradigma des Fotografischen zunächst für den Kontext der Kunst formuliert wurde, bevor es zur Chiffre für das Indexikalische wurde.[6] Da insbesondere der Fotokonzeptualismus im Medium der Fotografie die Fotografie als Bildmedium reflektiert, finden sich gerade in diesem Bereich Bilder, die, soweit dieses Vermögen Bildern überhaupt zugesprochen wird, selbst Bildbegriffe entwickeln und dementsprechend kunsthistorisch bzw. bildwissenschaftlich zu befragen sind. Als Beispiele für einen solchen selbstreflexiven Gebrauch des Mediums Fotografie im Fotokonzeptualismus können frühe Fotopositionen von Joseph Kosuth («One and three photographs», 1965) oder von Jan Dibbets («Perspective Correction: My Studio I,I: Square on Wall», 1969) genannt werden (vgl. dazu [Dobbe 2010a]Literaturangabe fehlt. Ähnlich wie der Minimalismus der 1960er Jahre operieren konzeptualistische und postkonzeptualistische Positionen dabei freilich in einer „Crux“ (vgl. [Foster 1995a]Literaturangabe fehlt. Vielleicht kann man die Widersprüchlichkeit der beiden genannten Auffassungen aber auch dadurch relativieren, dass man betont, dass bei Wall ausdrücklich vom Foto-Konzeptualismus die Rede ist. Gerade der Foto-Konzeptualismus, so wäre zu folgern, lebt aus jenem Spannungsverhältnis von Abbild und Bild, welches für die genauere Bestimmung des Bildmediums Fotografie – wie hier im Glossar der Bildphilosophie – eine bleibende Herausforderung ist. Siehe auch:
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Anmerkungen
[Alberro 2006a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Barthes 1989a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Bredekamp 2003b]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Bredekamp et al. 2008a]: Bredekamp, Horst; Schneider, Birgit; Dünkel, Vera (2008). Das Technische Bild. Kompendium für eine Stilgeschichte wissenschaftlicher Bilder. Berlin: Akademie. [Caraffa 2009a]: Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [26], Mark A. Halawa [15] und Martina Dobbe [7] — (Hinweis) Zitierhinweis: [Dobbe 2013g-a]Literaturangabe fehlt. |