GIB - Glossar der Bildphilosophie Diskussion:Glossarentwurf Änderungswünsche Eva und Mark (August 2010)

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
Version vom 10. September 2010, 09:46 Uhr von Joerg R.J. Schirra (Diskussion | Beiträge) (Meine Anmerkungen zu den Änderungswünschen -- ~~~~)
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Meine Anmerkungen zu den Änderungswünschen -- Joerg R.J. Schirra 10:46, 10. Sep. 2010 (CEST)

Liebe Eva, lieber Mark, liebe Glossargruppe,

endlich komme ich dazu, mich bei Euch wegen Eurer Änderunsgwünsche zu melden. Ich richte diese Nachricht an die ganze Glossargruppe, denn ich denke, es ist sinnvoll, wenn alle Gelegenheit bekommen, ihre Meinung dazu zu äußern; immerhin haben wir ja auch die ursprüngliche Glossarhierarchie gemeinsam entworfen und abgesegnet. Um beides vor Augen zu haben, habe ich, wie Ihr vielleicht schon bemerkt habt, die alte Fassung rekonstruiert und die neue von Euch beiden vorgeschlagene in einer Extra-Seite bereitgestellt -- beides ist über die Diskussionsseite vom Glossarportal erreichbar. Im Folgenden rede ich daher vor allem zu Eva und Mark, aber mit der Glossargruppe als Zuhörer im Hinterkopf.

Natürlich habe ich nichts prinzipiell gegen Anpassungen der Stichworthierarchie, insbesondere was die Liste der Unterpunkte angeht; aber bei den von Euch gewünschten Änderungen möchte ich doch meine Einwände -- bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger -- vorbringen. Vielleicht lassen sich diese Argumente ja auch in der einen oder anderen Form für die Einführungstexte auf der Hauptpunkt- und Theorieperspektiv-Ebenen nutzen.

Die Reduktion der Hauptpunkte von 3 auf 2 in der Theorieperspektive "Bild und Wahrnehmung" halte ich für noch verhältnismäßig unproblematisch, auch wenn mir eine größere Zahl an Hauptpunkten aus prinzipiellen Gründen besser gefallen würde. Die ursprüngliche Aufteilung vom Januar in (i) allgemeine Grundlagen der Wahrnehmungstheorien, (ii) Spezielles zum (konkreten) Wahrnehmen von Bildern und (iii) weitere wahrnehmungstheoretische Effekte von Bildern (inklusive bloß vorgestellter Wahrnehmung von Bildern) schien und scheint mir da auch durchaus plausibel. Anders ausgedrückt, warum eigentlich ist es sinnvoll, die beiden letzten Punkte zusammenzufassen und die Theorieperspektive auf nur 2 Hauptpunkte zu reduzieren?

Das Argument gilt offensichtlich in noch viel schärferer Form für die komplette Aufhebung der Glossarhierarchie in der Theorieperspektive "Bildlichkeit", schlagt Ihr doch vor, überhaupt nur einen einzigen Hauptpunkt anzusetzen -- und damit natürlich eigentlich gar keinen mehr, denn ohne Alternativen bleibt die Hauptpunktgliederung einfach sinnlos und die Unterpunkte könnten genauso gut direkt auf der zweiten Ebene angesiedelt werden. Daß der Titel der Perspektive "Bildlichkeit: Bedingungen und Folgen" obsolet wird, wenn nur noch der Hauptpunkt "Grundbegriffe der Bildlichkeit" darunter fällt, ist dabei nur eine kleinere formale Inkonsistenz am Rande.

Ich will mal versuchen, kurz nachzuzeichnen, warum mir die ursprüngliche Hierarchie an dieser Stelle plausibel erscheint. Erinnern wir uns doch mal zurück, daß es ja gar nicht so leicht war, für diese Theorieperspektive einen überzeugenden Titel zu finden. Da war zunächst von Bildkompetenzen die Rede. Das schien mir damals auch durchaus weit akzeptabeler als die damals (bei unserem ersten Frankfurter Treffen) durchdachten Alternativen, sollte es doch hier darum gehen, "welche Qualitäten Bilder haben" -- eine Formulierung, die mir große Bauchschmerzen bereitet hat, da das Haben solcher Qualitäten ja immer nur hinsichtlich entsprechender Kompetenzen des Umgehens mit den Gegenständen auf Seiten der Bildnutzer bestimmt werden kann -- von daher war die Ausweitung der Grundfragestellung auf "Welche Qualitäten des Bildes erfordern welche Kompetenzen beim Produzenten und beim Rezipienten?" für mich nicht nur höchst plausibel, sondern auch der einzige gangbare Weg: "Bildkompetenzen" als Titel damit für mich durchaus hinreichend motiviert.

Im Plenum kam diese Motivation dann nicht zum Zug und der Ausdruck "Bildlichkeit" tauchte auf, mit dem ich mich arrangieren konnte, solange man damit die ursprünglich anvisierte Abhängigkeit von charakteristischen Qualitäten und diese bestimmenden Kompetenzen im Auge behielt. Noch plausibler fand ich das in Kombination mit begriffsgenetischen Betrachtungen: daß man nämlich einerseits die die Bildlichkeit bestimmenden Kompetenzen versteht als etwas, das dadurch charakterisiert werden kann, indem die, Kantisch gesprochen, Bedingungen der Möglichkeit dieser Begriffe aufgezeigt werden -- das sollten nämlich die erwähnten Grundbegriffe sein. Die Kompetenz, mit Bildern umgehen zu können, und damit Bildlichkeit, ist ein Begriff, der in einem begrifflichen Zusammenhang steht, der auf einfacherer Begriffszusammenhänge zurückverweist. In der Kombination der grundlegenderen Begriffe ergibt sich aber nicht nur der Begriff der Bildlichkeit, sondern auch noch weitere, für dieses komplexe Feld typische und mit der Bildkompetenz in engem Zusammenhang stehende Begriffe (für Fähigkeiten eines entsprechenden Wesens). Und diese weiteren Folgen der Genese von Bildlichkeit sollten zum Anderen ebenfalls in dieser Theorieperspektive behandelt werden und bildeten dann gerade den zweiten zugehörigen Hauptpunkt. Die Ergänzung "Bedingungen und Folgen" zu "Bildlichkeit" in der Theorieperspektive trugen für mich genau dem Rechnung.

Die ganze Argumentation bzw. unser Verständigungsproblem darüber scheint mit auch in eingem Zusammenhang zu stehen mit dem Verständnis des Unterpunktes "Weltbild", was ich deshalb zur weiteren Klärung hier einschieben möchte. Du sagtest mir, Eva, bei dem Treffen in Essen war es, gaube ich, daß Du das Stichwort "Weltbild" viel eher im Hauptpunkt "Grundbegriffe" siehst als unter den Auswirkungen, wohin ich es eingeordnet hatte, als ich die Hierarchie ins System inkorporierte. Für mich war ganz klar, daß etwas, was sich in der Bezeichnung auf "Bild" bezieht, nur als eine Folge der Genese von Bildlichkeit behandelt werden kann (daher auch der entsprechende Verweis hierauf bei unserer Metapherndiskussion). Du hast aber offensichtlich etwas anderes im Auge, und es erscheint mir nun, nachdem ich Deinen Artikel gelesen habe, auch durchaus sachlich gerechtfertigt, es unter die Grundbegriffe zu nehmen. Nur würde ich das dann auf gar keinen Fall unter dem Titel "Weltbild" tun. Viel eher scheint mir da etwa das von Wittgenstein entliehene "Lebensform" geeignet. Wie kann das aber sein, daß ich Dir zugleich recht gebe und nicht. Nun, worum geht es denn: Darum, daß sich Bildlichkeit nur aubilden kann relativ zu Wesen, die an eine bestimmte "Weltsicht" gebunden sind, oder genauer: die wir als an eine solche Weltsicht gebunden verstehen, als etwas, das eine bestimmte Lebensform im Wittgensteinschen Sinn hat -- denn das scheint mit genau der Punkt zu sein, daß diese Wesen ohne Bildkompetenz womöglich selbst noch gar keinen Zugang zu dieser Bedingung haben, unter der sie stehen. Mit dem Ausbilden der Bildkompetenz können diese Wesen aber diese eigen "Lebensform" (und die anderer Wesen) als etwas zu verstehen beginnen, was gewisse Analogien zu einem Bild aufweist und was man daher dann metaphorisch ein "Weltbild" nennen kann. Mein Vorschlag wäre daher, Deinen Artikel (entsprechend erweitert) aber unter anderem Titel in die "Grundbegriffe" zu stellen, aber dort den Bezug zum Ausdruck "Weltbild" nur mit einen entsprechenden Verweis auf das Schlagwort "Metaphorisches / uneigentliche Bilder" unter den Folgen der Bildlichkeit zu verwenden. Alles andere wäre in höchstem Maße verwirrend: Einen Begriff, dessen Hauptausdruck sich so offensichtlich auf den Bildbegriff bezieht, als einen Grundbegriff -- eine Bedingung der Möglichkeit -- des Bildbegriffs zu verwenden, muß doch Vielen als fehlerhaftes Zirkelargument erscheinen. Daß einige der historischen Philosophiegroßkopferten lieber den Ausdruck "Weltbild" verwendet haben ändert ja nichts daran, daß der Ausdruck für diesen Zusammenhang bestenfalls sekundär ist.

(Rein technisch: Daß wir zudem einen reinen Verweis von "Weltbild" auf sagen wir jetzt mal einfach "Lebensform" machen, versteht sich von selbst)

Auch dieser Punkt spricht also dafür, die ursprüngliche Aufteilung zu belassen. Soweit mein Prädoyer für die ursprüngliche Form der Glossarhierarchie insbesondere die Perspektive "Bildlichkeit " betreffend: Über die Zuordnung der Unterpunkte zu den Hauptpunkten können wir uns, reetablierte Harmonie auf der Hauptpunktebene vorausgesetzt, sicher noch im Sinne des obigen Beispiels "Weltbild" im einzelnen verständigen. Mir wäre es nur wichtig, daß wir uns nach Möglichkeit bis zum Treffen in Budapest wieder über die Hierarchie geeinigt haben. Schließlich erscheint mir noch plausibel, daß wir uns die "Folgen" nochmal genauer durchdenken sollten -- das könnten wir vielleicht auf dem glossarinternen Treffen in Budapest angehen.