Griechisch: 'agalma', 'phantasma', 'eidolon', 'typos', 'eikon': Unterschied zwischen den Versionen

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''Typos'' leitet sich von den Verben für Schlagen und Prägen ab, und die dort implizierte Dialektik von Erstem und Zweitem, Bewirkendem und Bewirkten findet sich in der Spannweite der Bedeutung auf vielfache Weise wieder.<ref>Vgl.<bib id='Strenge_1998a'>Strenge 1998a, S.1587</bib>.</ref> Auf der konkreten Ebene, im handwerklich-künstlerischen Bereich, bedeutet »typos« sowohl ›prägende Form‹ (Hohlform, Skizze) als auch ›Geprägtes‹ (Relief, Statue, Gravur) und ›Abdruck‹ (etwa eines Siegelrings oder Münzstempels). Teilweise gelockert oder sogar gelöst wird der Bezug zur Dreidimensionalität bei den tendenziell abstrakteren Bedeutungen wie ›Umriß‹, ›Gestalt‹, ›Form‹ und ›Art‹. Die genannte Dialektik ist auch insofern deutlich erkennbar, als ''typos'' (in nachklassischer Zeit dabei oft zu ''arche''- oder ''prototypos'' vereindeutigt) sowohl ein Wort für das Muster oder Vorbild als auch ein Wort für das Abbild (dann oft ''ektypos'') ist. Im Lauf der Zeit kann sich ''typos'' sehr weit von der handgreiflichen und -werklichen Wurzel entfernen und wird beispielsweise in ethischen, erkenntnistheoretischen, metaphysischen und theologischen Zusammenhängen verwendet. ''Typos'' ist ein moralisches Vorbild; Platon und Aristoteles vergleichen die erinnerten Wahrnehmungen mit Abdrücken im Wachs; der Neuplatonismus Philons von Alexandrien begreift die sinnliche Welt als Abbild eines Urbildes (nämlich der intelligiblen Welt); und auch der Adam des Alten Testaments gilt in einer an Paulus anschließenden Bibelhermeneutik als ''typos'', und zwar weil er das Neue Testament und insbesondere das Kommen Christi ankündigen soll. Dass der Bezug auf das Prägen keineswegs verschwinden muss, lässt sich noch anhand einer jüngeren Bedeutungsnuance belegen; für das 16. Jh. handelt es sich bei dem – mittlerweile latinisierten – ''typus'' u.a. um eine Figur oder ein Bild in einer Gipswand (vgl. <bib id='Schlenstedt/Georges 2005'></bib>: S. 191f.). Noch in der heutigen Alltags- und Fachsprache lassen sich viele Ableitungen von ''typos'' nachweisen. Sie finden sich beispielsweise im Vokabular, das sich im Anschluss an die (Druck-)Typen von Buchdruck und Schreibmaschine entwickelt hat (»Typographie«, »typewriter« usw.), oder in der Semiotik, die nach Peirce zwischen der Form (»type«) und ihrer Instantiierung (»token«) unterscheidet und damit die angesprochene Dialektik variiert.
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''Typos'' leitet sich von den Verben für Schlagen und Prägen ab, und die dort implizierte Dialektik von Erstem und Zweitem, Bewirkendem und Bewirkten findet sich in der Spannweite der Bedeutung auf vielfache Weise wieder.<ref>Vgl.<bib id='Strenge_1998a'>Strenge 1998a, S.1587</bib>.</ref> Auf der konkreten Ebene, im handwerklich-künstlerischen Bereich, bedeutet »typos« sowohl ›prägende Form‹ (Hohlform, Skizze) als auch ›Geprägtes‹ (Relief, Statue, Gravur) und ›Abdruck‹ (etwa eines Siegelrings oder Münzstempels). Teilweise gelockert oder sogar gelöst wird der Bezug zur Dreidimensionalität bei den tendenziell abstrakteren Bedeutungen wie ›Umriß‹, ›Gestalt‹, ›Form‹ und ›Art‹. Die genannte Dialektik ist auch insofern deutlich erkennbar, als ''typos'' (in nachklassischer Zeit dabei oft zu ''arche''- oder ''prototypos'' vereindeutigt) sowohl ein Wort für das Muster oder Vorbild als auch ein Wort für das Abbild (dann oft ''ektypos'') ist. Im Lauf der Zeit kann sich ''typos'' sehr weit von der handgreiflichen und -werklichen Wurzel entfernen und wird beispielsweise in ethischen, erkenntnistheoretischen, metaphysischen und theologischen Zusammenhängen verwendet. ''Typos'' ist ein moralisches Vorbild; Platon und Aristoteles vergleichen die erinnerten Wahrnehmungen mit Abdrücken im Wachs; der Neuplatonismus Philons von Alexandrien begreift die sinnliche Welt als Abbild eines Urbildes (nämlich der intelligiblen Welt); und auch der Adam des Alten Testaments gilt in einer an Paulus anschließenden Bibelhermeneutik als ''typos'', und zwar weil er das Neue Testament und insbesondere das Kommen Christi ankündigen soll. Dass der Bezug auf das Prägen keineswegs verschwinden muss, lässt sich noch anhand einer jüngeren Bedeutungsnuance belegen; für das 16. Jh. handelt es sich bei dem – mittlerweile latinisierten – ''typus'' u.a. um eine Figur oder ein Bild in einer Gipswand (vgl. <bib id='Schlenstedt/George 2005'></bib>: S. 191f.). Noch in der heutigen Alltags- und Fachsprache lassen sich viele Ableitungen von ''typos'' nachweisen. Sie finden sich beispielsweise im Vokabular, das sich im Anschluss an die (Druck-)Typen von Buchdruck und Schreibmaschine entwickelt hat (»Typographie«, »typewriter« usw.), oder in der Semiotik, die nach Peirce zwischen der Form (»type«) und ihrer Instantiierung (»token«) unterscheidet und damit die angesprochene Dialektik variiert.
  
 
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Version vom 7. September 2011, 10:44 Uhr


Unterpunkt zu: Bildtermini anderer Sprachen


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Das Altgriechische hält eine Reihe von Bildbegriffen bereit, die nicht nur die damaligen Diskussionen befruchtet haben, sondern teils noch als Lehnwörter in den heutigen Sprachen präsent sind.

'Typos'

Typos leitet sich von den Verben für Schlagen und Prägen ab, und die dort implizierte Dialektik von Erstem und Zweitem, Bewirkendem und Bewirkten findet sich in der Spannweite der Bedeutung auf vielfache Weise wieder.[1] Auf der konkreten Ebene, im handwerklich-künstlerischen Bereich, bedeutet »typos« sowohl ›prägende Form‹ (Hohlform, Skizze) als auch ›Geprägtes‹ (Relief, Statue, Gravur) und ›Abdruck‹ (etwa eines Siegelrings oder Münzstempels). Teilweise gelockert oder sogar gelöst wird der Bezug zur Dreidimensionalität bei den tendenziell abstrakteren Bedeutungen wie ›Umriß‹, ›Gestalt‹, ›Form‹ und ›Art‹. Die genannte Dialektik ist auch insofern deutlich erkennbar, als typos (in nachklassischer Zeit dabei oft zu arche- oder prototypos vereindeutigt) sowohl ein Wort für das Muster oder Vorbild als auch ein Wort für das Abbild (dann oft ektypos) ist. Im Lauf der Zeit kann sich typos sehr weit von der handgreiflichen und -werklichen Wurzel entfernen und wird beispielsweise in ethischen, erkenntnistheoretischen, metaphysischen und theologischen Zusammenhängen verwendet. Typos ist ein moralisches Vorbild; Platon und Aristoteles vergleichen die erinnerten Wahrnehmungen mit Abdrücken im Wachs; der Neuplatonismus Philons von Alexandrien begreift die sinnliche Welt als Abbild eines Urbildes (nämlich der intelligiblen Welt); und auch der Adam des Alten Testaments gilt in einer an Paulus anschließenden Bibelhermeneutik als typos, und zwar weil er das Neue Testament und insbesondere das Kommen Christi ankündigen soll. Dass der Bezug auf das Prägen keineswegs verschwinden muss, lässt sich noch anhand einer jüngeren Bedeutungsnuance belegen; für das 16. Jh. handelt es sich bei dem – mittlerweile latinisierten – typus u.a. um eine Figur oder ein Bild in einer Gipswand (vgl. [Schlenstedt/George 2005]Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
: S. 191f.). Noch in der heutigen Alltags- und Fachsprache lassen sich viele Ableitungen von typos nachweisen. Sie finden sich beispielsweise im Vokabular, das sich im Anschluss an die (Druck-)Typen von Buchdruck und Schreibmaschine entwickelt hat (»Typographie«, »typewriter« usw.), oder in der Semiotik, die nach Peirce zwischen der Form (»type«) und ihrer Instantiierung (»token«) unterscheidet und damit die angesprochene Dialektik variiert.

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Auswirkungen auf andere Begriffe
Anmerkungen
  1. Vgl.[Strenge 1998a, S.1587]Strenge, Britta (1998).
    Typos/Typologie.
    In Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 10, 1587-1595.

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Literatur                             [Sammlung]

[Schlenstedt/George 2005]:
Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Strenge 1998a, S.1587]: Strenge, Britta (1998). Typos/Typologie. In: Joachim Ritter et al. (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 10. Basel: Schwabe Verlag, S. 1587-1595.


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