Ikonische Differenz

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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Unterpunkt zu: Grundbegriffe der Bildlichkeit


Einleitung und Textbe­stand

Der von Gottfried Boehm geprägte “Begriff” der iko­nischen Diffe­renz[1] soll eben­so wie ande­re promi­nente Begrif­fe der Bild­theorie​ (»Au­ra«,​ »punctum«​ etc.) offen­bar „nicht zu Ende gedacht“ werden. Laut einem zusam­menfas­senden Arti­kel von 2011 wurde er von Boehm bereits seit 1978 ent­wickelt ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 170), eine ande­re Selbst­auskunft ([Boehm 2007b]Boehm, Gottfried (2007).
Iconic Turn. Ein Brief.
In Bilder­fragen. Die Bild­wissen­schaft im Aufbruch, 27-36.

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: S. 35) datiert den Ursprung auf einen Text von 1980.[2]
Seitdem wurde der Begriff in konzep­tuell sehr unter­schiedli­chen Vari­anten publi­ziert, ohne jemals zu einem theore­tischen Gesamt­system ausge­arbei­tet worden zu sein. Das Vorläu­fige und Prozess­hafte des Begriffs ist durchaus gewollt, so heißt es noch 2004: „Ich bin dabei, dieses Grund­modell weiter auszu­arbei­ten und mit weite­ren theore­tischen strata auszu­statten“ ([Boehm 2004a]Boehm, Gottfried (2007).
Jen­seits der Sprache? Anmer­kungen zur Logik der Bilder (2004).
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zeigens, 34-53.

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: S. 16). Die Vari­abi­lität der Konzep­tion korre­liert also mit dem ausdrück­lichen Wunsch, die Begrün­dung eines bild-​theore­tischen Systems zu vermei­den:
Dieses Modell der ikoni­schen Diffe­renz dient dazu, die in Bildern wirksa­me Logik zu ana­lysie­ren, ohne damit ein theore­tisches System zu inten­dieren. ([Boehm 2007a]Boehm, Gottfried (2007).
Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zei­gens. Berlin: Berlin Uni­ver­sity Press.

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: S. 16)
Vielmehr entwickelt sie sich anhand einer rela­tiv konstan­ten Grund­frage (s. unten Kap. 2) weiter. Entspre­chend muss sich die hier versuch­te Darstel­lung des Konzep­tes der iko­nischen Diffe­renz an einem Textbe­stand orien­tieren, bei dem manchmal expli­zit und ausführ­lich für es argu­mentiert wird (vgl. z.B. [Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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, [Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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, [Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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) und manchmal eher peri­pher und zita­tiv auf den Begriff verwie­sen wird, wie dies etwa im Zusam­menhang mit dem Zeichnen (vgl. [Boehm 2008a]Boehm, Gottfried (2008).
Au­gen­maß. Zur Gene­se der iko­nischen Evi­denz.
In Movens Bild. Zwischen Evi­denz und Affekt, 15-43.

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: S. 16, 34), der Bild-Evi­denz (vgl. [Boehm 2009a]Boehm, Gottfried (2009).
Spur und Gespür. Zur Archä­olo­gie der Zeich­nung.
In Öffnun­gen. Zur Theorie und Geschich­te der Zeichnung, 43-59.

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: S. 43, 46), dem Zeigen von Bildern ([Boehm 2010a]Boehm, Gottfried (2010).
Das Zeigen der Bilder.
In Zeigen. Die Rheto­rik des Sichtba­ren, 19-53.

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: S. 44f.), aber auch in der wissen­schaftli­chen Selbst­posi­tionie­rung ([Boehm 2007b]Boehm, Gottfried (2007).
Iconic Turn. Ein Brief.
In Bilder­fragen. Die Bild­wissen­schaft im Aufbruch, 27-36.

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: S. 35) geschieht.
Auch unter den expliziten Darstellun­gen des Konzepts der iko­nischen Diffe­renz sind bei Boehm mehre­re Vari­anten unter­scheidbar, die jeweils unter dem Einfluss bestimm­ter zeitge­nössi­scher Diskus­sionen stehen und dem Begriff dabei verän­derte Quali­täten und Begrün­dungsmus­ter zuschrei­ben. So ent­wickelt die frühe Vari­ante (vgl. [Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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) die Konzep­tion der iko­nischen Diffe­renz vor allem inner­halb der Unter­scheidung des iconic vom lin­guistic turn und orien­tiert sie dabei, zumin­dest prokla­mativ, an dem sprach­wissen­schaftli­chen Begriff der Meta­pher (s. unten Kap. 5). Die späte­re Varian­te (vgl. [Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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) wird gleicher­maßen unter Hinweis auf die Diskur­se zur Geste und das Thema des bildli­chen Zeigens formu­liert (s. unten Kap. 7).

Wegen der gewollten Vari­abi­lität der Konzep­tion und dem mäan­dernden Textbe­stand erschei­nen alle kritisch syste­mati­schen Darstel­lungen des Begriffs unver­meidlich als holz­schnittar­tige Reduk­tionen. Gleichwohl müssen sie versucht werden, weil die Vari­anten iko­nischer Diffe­renz erstens nicht selbst­erklä­rend sind, ihr thema­tisches Inte­resse aber zweitens auf den Kern bildthe­oreti­scher Fragen abzielt, wie nicht zuletzt die Konjunk­tur des Termi­nus belegt.


Ziele

Trotz seiner permanenten Varia­bili­tät steht das Konzept der iko­nischen Diffe­renz unter dem Einfluss eines bestimm­ten, gleichblei­benden Inte­resses am Bild, das die zentra­len Fragen des iconic turn betrifft. In den Worten Boehms argu­mentiert er entlang einer

Gratwanderung [...], die sich auf die Singu­lari­tät der Bilder einlässt und sie zugleich auf diese inne­re Struktur hin befragt. Das geschieht in der Erwar­tung, dass sich das Iko­nische wieder­kehren­der Regeln und Verfah­ren bedient, die die Rede von einer alter­nati­ven Logik rechtfer­tigen und verständ­lich machen, wie Bilder zu ihrer Macht gelan­gen. Sie lässt sich als Über­zeugungs­kraft, Sugges­tivi­tät, Evi­denz, Luzi­dität, Aura etc. genau­er ausbuch­stabie­ren. ([Boehm 2007a]Boehm, Gottfried (2007).
Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zei­gens. Berlin: Berlin Uni­ver­sity Press.

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: S. 16)

Diese Gratwanderung verläuft zwischen den singu­lären Quali­täten je einzel­ner Bilder und dem Anspruch, ihre Wirkungs­weise in durchaus bild­theore­tisch uni­versa­len Regeln wieder­zuge­ben. Da solche Unter­suchun­gen aber nicht bei der Singu­lari­tät der Bilder enden, sondern in ihr wiede­rum eine „inne­re Struktur“ zu kontu­rieren versu­chen, die sogar als „alter­nati­ve Logik“ ange­sprochen wird, zielen sie letztlich doch auf eine theore­tische Allge­meingül­tigkeit ab. Aller­dings ist es nicht die medien­philo­sophi­sche Frage nach einer verläss­lichen Begrün­dung der Wirkungs­weise von Bildern, sondern vielmehr ein spezi­ali­sierte­res Sachin­teres­se, das sich mit der Konzep­tion der iko­nischen Diffe­renz verbin­det. Diese „Leit­frage“ lautet:

Wie generie­ren Bilder auf ihre Weise einen visu­ellen, einen iko­nischen Sinn? ([Boehm 2004b]Boehm, Gottfried (2004).
Das Bild in der Kunst­wissen­schaft. Inter­view mit Gott­fried Boehm.
In Wege zur Bild­wissen­schaft. Inter­views, 11-21.

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: S. 16)

Diese Frage nach der bildli­chen Gene­se von Sinn umfasst die frühen und späten Konzep­tionen des Begriffs gleicher­maßen:

Die iko­nische Diffe­renz versucht [...] ein ande­res Denken von Sinn einzu­leiten. ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 172)

Die Rede von der Genese bildlichen Sinns ist dabei durchaus kausa­listisch zu verste­hen, inso­fern mit der Anga­be eines „Grund­kontras­tes“ tatsäch­lich eine Ursa­che bildli­cher Wirkun­gen iden­tifi­ziert wird:

Was Bilder in aller histo­rischen Vielfalt als Bilder 'sind', was sie 'zeigen', was sie 'sagen', verdankt sich mithin einem visu­ellen Grund­kontrast, der zugleich der Geburts­ort jedes bildli­chen Sinnes genannt werden kann. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 30])

Dieser theoretische Anspruch wird zugleich als Erfolgs­krite­rium eta­bliert, wobei es insbe­sonde­re gilt, solch eine Gene­se bildli­chen Sinns jenseits sprachli­cher Logi­ken zu ermi­tteln.[3]

Mit dieser Zielangabe unterscheidet sich die​ »iko­nische Diffe­renz«​ auch von ande­ren diffe­renzthe­oreti­schen Posi­tionen in der Bild­theorie. Anders als der Begriff der​ »pictu­ralen Diffe­renz«​ bei Walden­fels (vgl. [Walden­fels 2004a]Waldenfels, Bern­hard (2004).
Das Bild in der Philo­sophie.
In Wege der Bild­wissen­schaft. Inter­views, 53-68.

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: S. 58f.) oder der​ »spezi­fischen Diffe­renz«​ bei Brandt (vgl. [Brandt 2004a]Brandt, Reinhard (2004).
Das Bild: Gesehen und erkannt.
In Wege zur Bildwissenschaft. Interviews, 170-182.

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: S. 173), ist Boehms Begriff nicht vorran­gig an einer philo­sophi­schen Begrün­dung des Bildbe­griffs inte­ressiert. Er thema­tisiert Fragen der Sukzes­sion oder Simu­lari­tät zwei­stelli­ger Bild­wahrneh­mungen, wie sie zwischen Gombrich (vgl. [Gombrich 1978a]Gombrich, Ernst H. (1978).
Medi­tati­onen über ein Stecken­pferd. Von den Wurzeln und Grenzen der Kunst. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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) und Wollheim (vgl. [Wollheim 1982a]Wollheim, Richard (1982).
Se­hen-als, sehen-in und bild­liche Darstel­lung.
In Objek­te der Kunst, 192-210.

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) ausge­handelt wurden, inte­ressiert sich hierbei aber vorran­gig für die produk­tiven Leistun­gen des Bildes, wie sie etwa Max Imdahl (vgl. [Imdahl 1996c]Imdahl, Max (1996).
Re­fle­xion, Theorie, Metho­de. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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) disku­tiert hatte.


Synonyme der Differenz: Kontrast, Wech­sel­spiel, Oszil­lation

Man kann nicht sinnvoll von Diffe­renzen reden, ohne anzu­geben, zwischen was und in welcher Weise diese Rela­tion behaup­tet wird. In welcher Weise die iko­nische Diffe­renz das von ihr Unter­schiede­ne vermit­telt lässt sich auf der Grundla­ge des Text­bestands vergleichs­weise leicht ange­ben, auch wenn es eine Reihe von Syno­nymen hierfür gibt:

Wir verstehen die ikonische Diffe­renz als Ereig­nis im Sinne einer Oszil­lation, bzw. einer Logik des Kontras­tes. Bildwer­ke eröff­nen ihren Bedeu­tungsraum, indem sie dem Auge ein komple­xes Hin- und Her ermög­lichen, es ihm gestat­ten, zwischen simul­tanem Ausgriff und sukze­dieren­der Bewe­gung einzu­schwingen. ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 175)

Es geht um eine für die bildliche Gene­se von Sinn konsti­tuti­ve Diffe­renz, also um eine zweistel­lige Rela­tion, deren häufig­ste Syno­nyme sie aller­dings als Kontrast, selte­ner als ein Wechsel­spiel oder eine Oszil­lation ausge­ben. Damit wird eine dyna­mische Rela­tion ange­sprochen, die zwischen gegen­sätzli­chen Polen vorherrscht und deren Diffe­renz, anders als bei einem dialek­tischen Antago­nismus, nicht aufheb­bar ist:

Vor allem das 'Wechselspiel' in der Diffe­renz gilt es ins Auge zu fassen. Wir vermei­den ausdrück­lich, von einer Dialek­tik oder Synthe­se zu sprechen [...] ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 172).

Unter dieser Prämisse reduziert sich der Bereich mögli­cher bild­imma­nenter Diffe­renzen auf solche, die sich erstens in einer unauf­hebba­ren Pola­rität befin­den und die sich zweitens nicht abnut­zen, nicht zum Ausgleich gebracht werden können.

Grundsätzlich handelt es sich also um eine Wirkung, die dyna­misch verstan­den wird und deshalb kein festes Ziel, keinen typi­schen Verlauf und kein verbind­liches zeitli­ches Ende aufweist (hierin vergleich­bar mit Kants freiem Spiel der Erkennt­niskräf­te). Diese Wirkung speist sich, wie auch bei Kant, aus der Wechsel­wirkung zweier mitein­ander kontras­tieren­der Kompo­nenten; sie wird aller­dings nicht mehr vermö­genspsy­cholo­gisch, sondern vielmehr bild­theore­tisch gefasst.[4]

Kontrastverhältnisse sind spezi­fischer als Diffe­renzen.[5] Da die iko­nische Diffe­renz wesent­lich auf einer Kontrast­figur basiert, könnte sie zutref­fender als ‘iko­nischer Kontrast’ titu­liert werden. ‘Wechsel­spiel’ und ‘Oszil­lation’ sind inso­fern schwäche­re Syno­nyme, weil sie zwar den dyna­mischen Prozess, nicht jedoch die als verur­sachend ange­nomme­ne Struktur benen­nen. ‘Iko­nischer Kontrast’ wäre also zutref­fend, zumal das Prädi­kat ‘iko­nisch’ in Boehms Lesart auch bereits die erwünsch­te Dyna­mik inklu­diert. Denn in Abgren­zung zu Max Imdahls Iko­nik (vgl. [Imdahl 1994a]Imdahl, Max (1994).
Iko­nik: Bilder und ihre Anschau­ung.
In Was ist ein Bild?, 300-​324.

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) und zum Ikon bei Peirce soll mit dem Prädi­kat ‘iko­nisch’ „das Bild zugleich als Gegen­stand und als Verfah­ren gekenn­zeichnet“ werden ([Boehm 2007b]Boehm, Gottfried (2007).
Iconic Turn. Ein Brief.
In Bilder­fragen. Die Bild­wissen­schaft im Aufbruch, 27-36.

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: S. 32).


Was kontrastiert?

Schwieriger wird es, wenn man fragt, was im Sinne der iko­nischen Diffe­renz jeweils oszil­liert, wo­zwischen also der Kontrast ange­nommen werden kann. Hier kommen in der frühen Konzep­tion mehre­re Kontrast­paare in Frage, deren Verhält­nis unter­einan­der aber unge­klärt bleibt. So heißt es, die iko­nische Diffe­renz

markiert eine zugleich visu­elle und logi­sche Mächtig­keit, welche die Eigen­art des Bildes kennzeich­net, das der mate­riellen Kultur unauf­hebbar zuge­hört, auf unver­zichtba­re Weise in Mate­rie einge­schrieben ist, darin aber einen Sinn aufschei­nen lässt, der zugleich alles Fakti­sche über­bietet. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 30)

Diese Leitdifferenz, die zugleich als Kontrast und Pola­rität konzi­piert ist, ließe sich in dem Dualis­mus von Mate­riali­tät und Idea­lität des Bildes zusam­menfas­sen. Denn tatsäch­lich findet sich diese Diffe­renzbe­ziehung am Häufig­sten in den Selbst­darstel­lungen des Begriffs, ohne dass sie aller­dings expli­zit auch als gemein­same Struktur aller spezi­ali­sierte­ren Diffe­renzver­hältnis­se ausge­wiesen wäre.

Solch einem „basalen Phänomen“ näher zu kommen, wird noch 2004 als „Haupt­absicht“ des Begriffs ausge­wiesen.[6] Er zielt also auf die Beschrei­bung einer „basa­len“ Diffe­renz, die zwischen den mate­riellen Bedin­gungen und Gege­benhei­ten eines Bildes und der Möglich­keit, es gleichwohl als ein sinnhaf­tes Bestim­mungsver­hältnis zu sehen, zu erken­nen und zu verste­hen, besteht. Eben dieses Verhält­nis gilt als konsti­tutiv für einen nicht-​sprachli­chen, bildli­chen Sinn. Es wird zugleich als zentra­le medien­spezi­fische Bestim­mung von Bildlich­keit ange­nommen.[7] Diesem großen Anspruch kann der Begriff der iko­nischen Diffe­renz aber nicht gerecht werden, weil der gene­relle Kontrast wieder­holt durch Einzel­phäno­mene ersetzt wird, wobei zusätz­lich ihr Verhält­nis zuein­ander unge­klärt bleibt.

So werden zahlreiche Kontrast-​Rela­tionen genannt, aber schon der nächste „Grundkon­trast“ verschiebt und verfehlt die Rela­tion von bildli­cher Mate­riali­tät und Idea­lität, weil er eher visu­elle Ganzhei­ten und Details korre­liert:

Was uns als Bild begegnet, beruht auf einem einzi­gen Grund­kontrast, dem zwischen einer über­schauba­ren Gesamt­fläche und allem, was sie an Binnen­ereig­nissen einschließt. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 29f.)

Damit wären bereits im frühen Text (1994) zwei Kandi­daten für einen bildli­chen Grundkon­trast genannt. Der Letzte­re lässt sich zudem an histo­rischen Vari­anten exem­plifi­zieren.[8] Schwierig wird es jedoch, wenn solche Details gleicher­maßen einen der beiden Grundkon­traste exem­plifi­zieren sollen: Ein „starkes Bild“

bindet sich dabei aber an arti­fiziel­le Bedin­gungen, an einen iko­nischen Kontrast, von dem gesagt wurde, er sei zugleich flach und tief, opak und transpa­rent, mate­riell und völlig ungreif­bar. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 35)

Genau für das systematische Verhält­nis des oder der Grundkon­traste zu solchen speziel­leren Kontrast­rela­tionen besteht aber ein großer Klärungs­bedarf. Gibt es verschie­dene, auch quali­tativ unter­scheidba­re Konstel­latio­nen iko­nischer Diffe­renz, je nachdem ob sich Figur und Hinter­grund, Flächig­keit und Tiefe, Mate­riali­tät und ide­elle Perma­nenz eines Bildes in Wechsel­wirkung befin­den? Und darü­ber hinaus wäre zu fragen: Wie lassen sich im Sinne einer wider­spruchsfrei­en Konzep­tion iko­nischer Diffe­renz Über­schneidungs­verhält­nisse zwischen den kontras­tieren­den Paaren verste­hen? Sind bild­phäno­meno­logisch wirksa­me Wechsel­wirkun­gen zwischen z.B. Tiefe und Mate­riali­tät, Figur und Fläche etc. eben­falls als struktu­reller Anlass iko­nischer Diffe­renzef­fekte aufzu­fassen? Limi­tiert sich der Begriff hinsicht­lich bestimm­ter Kontrast­paare? Meint er eine offe­ne Aufzäh­lung oder etwas, was all diesen Paaren zugrun­de liegt?


Ikonische Differenz nach dem Modell der Meta­pher (1994)

Ikonische Differenz wird bei Gottfried Boehm 1994 durch die Über­nahme des Begriffs der Meta­pher und seine Über­tragung auf das Bild konzi­piert.[9] Diese frühe Vari­ante ist zugleich an künstle­rischen Bildern orien­tiert und im Sinne eines Wertmaß­stabs zur Beur­teilung von „starken Bildern“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 35) ausge­wiesen, die von Simu­lati­onen und bloßen Abbil­dern unter­schieden werden. Ihre opti­male Verwirk­lichung findet sie daher im Bereich der moder­nen Male­rei, ihrem Anspruch nach gilt sie aber als medien­spezi­fische Bestim­mung für die bildli­che Sinn­gene­se insge­samt.

Dabei wird die Metapher als Kontrast­figur inter­pretiert.[10] Diese Gleichset­zung von Meta­pher und bildli­chem Kontrast ist nicht ganz über­zeugend, denn die Figur des Kontras­tes basiert ja auf gleichbe­rechtig­ten Ele­menten, während die Meta­pher eher mit einer Steige­rung ope­riert: Das Buchstäb­liche ist verständ­lich und syste­matisch vollstän­dig, es kommt ohne über­trage­ne Bedeu­tung aus, während umge­kehrt die Meta­phorik auf das Buchstäb­liche ange­wiesen ist und es über­schreitet. So muss man fragen, wie im Bild Buchstäb­liches mit Übertra­genem inter­agiert. Erst in den späte­ren Versi­onen, die sich nicht mehr auf die Meta­pher beru­fen, kommt ein entspre­chendes Ungleich­gewicht zwischen den kontras­tieren­den Posi­tionen als Gefäl­le oder Asym­metrie zur Sprache.


Das Problem der Optimier­barkeit iko­nischer Diffe­renz

Als wesentliches systemati­sches Merkmal der frühen Konzep­tion kann man die These einer bildpro­dukti­ven Opti­mierbar­keit der iko­nischen Diffe­renz anneh­men (die teilwei­se, wenn auch nicht mehr so deutlich, noch in den späte­ren Texten wieder­holt wird). Sie stellt in syste­mati­scher Hinsicht die Crux dieser Posi­tion dar. Grundsätz­lich stimmt sie mit der Konzen­tration des Begriffs auf künstle­rische Bilder und hier insbe­sonde­re auf die künstle­rische Bildpro­duktion über­ein. Zugleich stellt sie damit aber die medien­philo­sophi­sche Basis der Konzep­tion in Frage.

Zunächst erscheinen die Kontrast­verhält­nisse des Bildes als bevor­zugtes Betä­tigungs­feld von Bildkünst­lern und werden damit bereits als beherrsch- und opti­mierbar ausge­geben:

Das Verhältnis zwischen dem anschau­lichen Ganzen und dem, was es an Einzel­bestim­mungen (der Farbe, der Form, der Figur etc.) be­inhal­tet, wurde vom Künstler auf irgend­eine Weise opti­miert. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 30)

So erscheint die ikonische Diffe­renz nun als arti­fiziell bewirk­te und regu­lierba­re Bildqua­lität, die sich unter der Perspek­tive ihrer Opti­mierbar­keit zugleich als “nachvoll­ziehba­re” Darstel­lungsin­tention und “wirkungs­starke” Kommu­nika­tion gibt und damit eher dem Bereich der Bildprag­matik anzu­gehö­ren scheint als dem einer bildli­chen Sinnge­nese.[11]

Auch Photographie, Film und Video können unter Umstän­den „starke Bilder“ im Sinne der iko­nischen Diffe­renz hervor­bringen.

Von diesen neuen Techniken einen bildstär­kenden Gebrauch zu machen, setzte freilich voraus, die iko­nische Spannung kontrol­liert aufzu­bauen und dem Betrach­ter sichtbar werden zu lassen. ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
Die Wie­der­kehr der Bilder.
In Was ist ein Bild?, 11-38.

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: S. 35)

Versucht man das Prinzip der Opti­mierung mit dem Konzept der iko­nischen Diffe­renz wider­spruchsfrei zu verbin­den, so ist folgen­de Konse­quenz zu ziehen: Iko­nische Diffe­renz ist ein gradu­elles Phäno­men. D.h.: Die mit dem Begriff ausge­drückten sinnhaf­ten Wechsel­wirkun­gen in Bildern können in unter­schiedli­cher Inten­sität vorlie­gen, wobei ein grundsätz­liches, allen Bildern in medien­spezi­fischer Weise zuste­hendes Prinzip ange­nommen wird, das sich wissent­lich und absichts­voll in (künstle­rischen) Bildpro­duktio­nen mani­pulie­ren lässt und dann offen­bar auch im Sinne einer Wirkungs­steige­rung rezi­piert werden kann. In dieser Lesart verliert der Begriff jedoch seine medien­philo­sophi­sche Radi­kali­tät und wird zum Wertmaß­stab künstle­rischer Bilder im Sinne eines Eva­luations­krite­riums.

In kritischer Perspektive muss daher gefragt werden, ob sich solche Wirkungs­steige­rungen im Sinne der iko­nischen Diffe­renz auch unbe­absich­tigt einstel­len können, ob es also denkbar ist, dass sich eine für grundsätz­lich bildlich gehal­tene Sinnge­nese („die Bedin­gungen des Mediums selbst“) inner­halb von Bildpro­duktio­nen auch zufäl­lig, unbe­absich­tigt oder jenseits ihrer souve­ränen artis­tischen Beherr­schung und damit im eigent­lichen Sinne auf der Basis der medi­alen Bestim­mungen des Bildes selbst ent­wickeln kann. Denn erst dann wäre die iko­nische Diffe­renz auch in einem radi­kalen Sinne iko­nisch zu verste­hen. Handelt es sich bei dem Begriff also um eine medien­theore­tische oder um eine produk­tionsäs­theti­sche Bestim­mung? Nur die erste Vari­ante iko­nischer Diffe­renz, die sich auf Bildlich­keit gründet und nicht auf Darstel­lungsab­sichten und Produk­tionswei­sen, wäre als Darstel­lung einer genuin bildli­chen Sinnge­nese zu verste­hen. Sie würde sich aber grundsätz­lich keiner souve­ränen Verfü­gung durch Bildpro­duzen­ten verdan­ken, auch wenn sie theore­tisch noch mit dem Prinzip der Opti­mierung als eines nachge­ordne­ten Interes­ses verbun­den sein könnte.


Ikonische Differenz nach dem Modell des gesti­schen Zeigens (2007)

Die spätere Konzeption ikonischer Diffe­renz verzich­tet argu­menta­tiv auf das Postu­lat einer medi­alen Diffe­renz zwischen Sprache und Schrift, wie sie mit der Ausru­fung des iconic turn noch verbun­den war. Sie orien­tiert sich vielmehr an der „Verwandt­schaft zwischen dem Zeigen und den Bildern“ ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 19). Dieses Zeigen wird im Bereich der Bilder als ein doppel­tes Zeigen von etwas und sich ausge­wiesen und nimmt nun die Posi­tion des Grundkon­trastes in der iko­nischen Diffe­renz ein, der nun unter Verweis auf die körper­liche Geste (und ihre bildli­che Darstel­lung)[12] begrün­det wird.[13] So wird auch in der späte­ren Version nicht ausschließ­lich im Bereich bildli­cher Medi­ali­tät argu­mentiert, obwohl es diese als Diffe­renzstruk­tur zu begrün­den gilt:
Genauer gesprochen geht es um die zur These verfes­tigte Vermu­tung, dass Bilder ihrer eige­nen Natur nach auf einem doppel­ten Zeigen beru­hen, nämlich etwas zu zeigen und sich zu zeigen. ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 19)
An die Stelle der sprachlichen Metapher rückt nun die körper­liche Geste als eines argu­menta­tiv, aber auch illus­trativ gebrauch­ten Diffe­renzme­diums, geht es doch darum: „[...] an Körper und Geste Aufschlüs­se über die Funktions­weise von Bildern zu gewin­nen, über ihr im strikten Sinne iko­nisches Zeigen.“ ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 28). Unter der „enge[n] Verbin­dung von iko­nischer Diffe­renz und körper­licher Gebär­dung“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 175) wandelt sich die Konzep­tion iko­nischer Diffe­renz dabei grundle­gend. Denn ein genuin bildli­ches Kontrast­verhält­nis wird nun zwischen dem expli­ziten Sagen und dem Sich-​Zeigen des Bildes ange­nommen und konsti­tutiv auf das Verhält­nis des gesti­schen Zeigens zum Sich-​Zeigen gegrün­det. Demnach weist der gesti­kulie­rende Körper in seinen Haltun­gen einen expli­ziten Bezug auf (das, worauf er verweist, was er deutlich macht, womit er expres­siv wird) und zugleich bleibt er an einen ruhen­den Körper gebun­den, der für die Gesti­kula­tion konsti­tutiv ist und in seiner singu­lären Anwe­senheit auch den Charak­ter der jeweils expli­ziten Gesti­kula­tion “färbt”.

Mit dieser Grundmetapher gesti­schen Arti­kulie­rens wird nun die iko­nische Diffe­renz in zweier­lei Weise neu kontu­riert: Erstens gilt sie nicht mehr für verschie­dene Kontrast­verhält­nisse, sondern für all jene, die sich diesem Modell inte­grieren lassen. Zweitens ist das Diffe­renzver­hältnis zwischen ‘sich zeigen’ und ‘etwas zeigen’ nun nicht mehr mit einem Opti­mierungs­these verknüpft, sondern stärker als medien­philo­sophi­sche Bestim­mung des Bildes konzi­piert:

Seine körperliche Präsenz, das, was sich zeigt, verdankt sich dage­gen keinem Autor und keiner Inten­tion. ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 32)

Es bleibt zwar historisch wandel­bar, bezeich­net aber eine grundle­gende medi­ale Bestim­mung von Bildern, die in verschie­denen Weisen des Bilder­machens nur jeweils anders reali­siert wurde. Denn:

Die Hintergründigkeit ist ein Merkmal, das Bildern struktu­rell zukommt. ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 29)
Diese „sinnliche Materialität des Bild­grundes“ wird als ein „tragen­der Ort“ verstan­den, der „jedmög­lichem Inhalt als Bedin­gung voraus­geht“ ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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: S. 29).
In dieser späteren Variante ikoni­scher Diffe­renz werden solche bildspe­zifi­schen Bestim­mungen direkt mit Einsich­ten in die Funktions­weise des körper­lichen Zeigens ana­logi­siert, wobei beson­ders ein gleicher­maßen gelten­des Diffe­renzsche­ma ange­nommen und von der Zeige­geste auf das Bild über­tragen wird.[14] Die Auffas­sung des bildli­chen Zeigens geht dabei also von einer gesti­schen Logik des menschli­chen Körpers aus.[15] Aller­dings ist die iko­nische Diffe­renz, wie es 2010 heißt, nicht vollstän­dig mit der körper­lichen Gebär­dung kompa­tibel, denn sie hat „ganz ande­re Eigen­schaften“ ([Boehm 2010a]Boehm, Gottfried (2010).
Das Zeigen der Bilder.
In Zeigen. Die Rheto­rik des Sichtba­ren, 19-53.

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: S. 44). Gleichwohl wird neben einem Zeigen vor allem die Annah­me gemein­samer Kontras­te und Diffe­renzen betont.[16]
Ikonische Differenz fungiert nun als Ordnungs­begriff für ein „System von Kontras­ten“, wobei aller­dings gera­de für diese Subor­dina­tion, also das Verhält­nis einzel­ner, empi­risch und histo­risch vorkom­mender bildli­cher Kontrast­bezie­hungen zu einer über­geord­neten und verein­heitli­chenden, genuin iko­nischen Kontrast­struktur keine Syste­matik erkenn­bar ist. Einer­seits kann die iko­nische Diffe­renz dabei als ein bloß zusam­menfas­sender Ausdruck erkenn­barer bildli­cher Kontrast­rela­tionen gelten und hat damit eine retro­spektiv deskrip­tive Funktion. Ande­rerseits steht sie aber auch für einen gerade­zu „transzen­denta­len Schema­tismus“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 175), nach dem sich Einzel­kontras­te erst bilden und der als „Bau der iko­nischen Diffe­renz“ apos­trophiert wird.[17]


Kritik und Fragen

a) Es gibt zahlreiche externe Abgren­zungen des Begriffs der iko­nischen Diffe­renz, aber kaum inter­ne Begrün­dungen. So wird zwar durchge­hend die exter­ne Diffe­renz des Bildes zur Sprache hervor­geho­ben und sowohl mit dem Prinzip der Meta­pher als auch mit dem Prinzip des bildli­chen Zeigens begrün­det; die Konzep­tion der iko­nischen Diffe­renz weist aber hinsicht­lich ihres eigent­lichen Ziels, der Frage nach der Gene­se bildli­chen Sinnes, Begrün­dungslü­cken auf. So fehlt etwa eine inter­ne Unter­scheidung des Begriffs von ande­ren diffe­renzthe­oreti­schen Perspek­tiven in den Bild­theorien. Solche inter­nen Begrün­dungen, die den Kern des Projekts der iko­nischen Diffe­renz selbst betref­fen, würden hier eine deutli­chere bildtheo­retische Kontu­rierung leisten. Warum ist es etwa ausge­schlossen, dass die Gene­se bildli­chen Sinns auch einstel­lig darge­stellt oder konzi­piert werden kann? Inwie­fern ist bildli­che Evi­denz und Sinnge­nese immer ein Effekt einer Diffe­renzope­ration? Muss das Etwas-​zeigen des Bildes immer mit seinem Sich-​zeigen oszil­lieren? Ist das bloß Etwas zeigende (Ab-)​Bild ein sinnlo­ses Bild, bzw. eines, das ausschließ­lich sprachli­chen Prädi­kati­onen unter­steht?

b) Der Begriff der ikonischen Differenz weist einen unschar­fen Gegen­standsbe­reich auf, weil er einen medien­theore­tischen Anspruch mit kunst- und bildkri­tischen Inte­ressen verbin­det:

Mit der ikonischen Differenz formu­lieren wir eine Hypo­these, deren Geltung für jedes beson­dere Bildwerk behaup­tet wird. ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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: S. 171)

Die Formulierung ‘jedes besondere’ kombi­niert die eva­luati­ve Exklu­sion mit einer uni­versa­len Inklu­sion von Bildern. D.h.: Hier wird eine vorder­gründig medien­spezi­fische Bestim­mung von Bildern mit einer einschrän­kenden und anspruchs­vollen Bildkri­tik verbun­den, und das ist in syste­mati­scher Hinsicht eine latent konflik­täre Bezie­hung. Denn der Begrün­dungsan­spruch ist ein durchaus allge­meiner.[18]

Das Konzept der ikonischen Diffe­renz unter­sucht die Gene­se eines genuin bildli­chen Sinns, der im Unter­schied zu sprachli­chen Prädi­kati­onen der Bilder kontu­riert werden soll und damit immer schon auf die Medien­spezi­fik des Bildes voraus­greift. Sein ide­ales Unter­suchungs­feld sind jedoch beson­ders gelun­gene künstle­rische Bilder, wobei vor allem die frühe Konzep­tion bildkri­tisch und produk­tionsäs­thetisch (Prinzip der Opti­mierung) argu­mentiert. Die Gene­se bildli­chen Sinnes erscheint hier als Effekt einer ästhe­tischen Inter­vention und der medien­theore­tische Anspruch des Begriffs der iko­nischen Diffe­renz damit als eine theore­tische Setzung, die bestimm­te Eigen­schaften gelun­gener künstle­rischer Bilder für die Gesamt­heit der Bilder proji­ziert. So gründet etwa die Evi­denz des Bildes auf einem „kunstvoll ange­legten Selbstver­gleich“, der von produk­tiven Bilder­machern aller­erst als inter­ne Diffe­renz des Bildes ent­wickelt wird (vgl. [Boehm 2008a]Boehm, Gottfried (2008).
Au­gen­maß. Zur Gene­se der iko­nischen Evi­denz.
In Movens Bild. Zwischen Evi­denz und Affekt, 15-43.

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: S. 32, 36). Ist die iko­nische Diffe­renz produk­tionsäs­thetisch beherrsch­bar, also inten­diert? Kann sie nicht auch an Bildern auftre­ten, in denen sie nicht berück­sichtigt wurde, also zufäl­lig ist? Und kann sie sich in einem radi­kalen Sinne ihres medien­spezi­fischen Anspruchs even­tuell sogar gegen die Inten­tionen einer bloß abbild­lichen Bildpro­duktion richten, also mit einer Auto­nomie des Bildes korre­lieren?

c) Wie oben bereits mehrfach darge­legt, besteht eine unkla­re Syste­matik und fehlen­de Begrün­dungsar­beit hinsicht­lich der Bezie­hung eines medien­spezi­fischen Gesamt­kontras­tes zu den einzel­nen bildli­chen Kontrast­rela­tionen. Dadurch changiert der Begriff der iko­nischen Diffe­renz zwischen Deskrip­tion und Setzung. Als deskrip­tiver Begriff würde er ande­re Weisen bildli­cher Sinnge­nese zulas­sen und nur beste­hende diffe­renz- oder kontrast­basier­te Weisen zusam­menfas­sen. Als norma­tiver Begriff bean­sprucht er eine verbind­liche Darstel­lung der Grundstruk­tur bildli­cher Sinnge­nese, die ande­re Opti­onen ausschließt. Beides zusam­men geht nicht.

— Die hier angeführten Anmerkungen, Kommen­tare und Ordnung­versu­che können und wollen keines­wegs bestrei­ten, dass es sich bei dem Projekt der iko­nischen Diffe­renz um eine der wichtig­sten Baustel­len der Bildthe­orie handelt: die Erkun­dung der Bedingun­gen einer bildlichen Sinnge­nese. Es ist eben diese unbe­streitba­re Rele­vanz des Themas, die für eine starke Rezep­tion des Begriffs gesorgt hat. Aber gerade die Breite der Zustim­mung wird damit zum Anlaß, das Begriffs­verständ­nis im jewei­ligen Einzel­fall genau­er nachzu­fragen.

Anmerkungen
  1. Wahl­wei­se auch als „The­o­rem der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 32, 34), „Ka­te­go­rie oder Mo­dell der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 2004b]Boehm, Gottfried (2004).
    Das Bild in der Kunst­wissen­schaft. Inter­view mit Gott­fried Boehm.
    In Wege zur Bild­wissen­schaft. Inter­views, 11-21.

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    : S. 15), „Kon­strukt der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 2004b]Boehm, Gottfried (2004).
    Das Bild in der Kunst­wissen­schaft. Inter­view mit Gott­fried Boehm.
    In Wege zur Bild­wissen­schaft. Inter­views, 11-21.

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    : S. 16), „Mo­dell der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 2007a]Boehm, Gottfried (2007).
    Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zei­gens. Berlin: Berlin Uni­ver­sity Press.

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    : S. 16), „Be­grün­dungs­fi­gur“ oder „Ar­gu­men­ta­ti­ons­fi­gur der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 173f.), tat­säch­lich auch als „The­o­rie der iko­ni­schen Dif­fe­renz“ ([Boehm 2007b]Boehm, Gottfried (2007).
    Iconic Turn. Ein Brief.
    In Bilder­fragen. Die Bild­wissen­schaft im Aufbruch, 27-36.

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    : S. 36) und wie­de­rum als „Ka­te­go­rie“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 170) be­zeich­net.
  2. Boehm ver­weist hier auf fol­gen­de Ar­bei­ten: [Boehm 1978a]Boehm, Gottfried (1978).
    Zu einer Herme­neutik des Bildes.
    In Die Herme­neutik und die Wissen­schaft, 444-​471.

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    , [Boehm 1980a]Boehm, Gottfried (1980).
    Bild­sinn und Sinnes­orga­ne. In Neue Hefte für Philo­sophie, 18/19, 118-​132.

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    .
  3. So heißt es auch 2011: „Die Ar­gu­men­ta­ti­ons­fi­gur der iko­ni­schen Dif­fe­renz ist dann er­folg­reich, wenn sie zu be­grün­den ver­mag, wie die Bil­der Sinn ge­ne­rie­ren und wo­raus sie ih­re Kraft zie­hen, oh­ne je von sprach­li­chen oder sprach­ana­lo­gen Mo­del­len Ge­brauch zu ma­chen. [...] Die iko­ni­sche Dif­fe­renz ge­ne­riert Sinn, oh­ne ‘ist’ zu sa­gen, sie er­öff­net Zu­gän­ge zur Re­a­li­tät, die 'sich er­wei­sen', die 'sich zei­gen'. Bil­der sind deik­ti­sche Er­eig­nis­se, ihr Sinn der Ef­fekt ei­ner ma­te­ri­el­len Ord­nung und Dis­po­si­ti­on.“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 174)
  4. Un­aus­ge­führt bleibt Boehms spä­te­rer Vor­schlag, von ei­ner zwei­stel­li­gen zu ei­ner drei­stel­li­gen Kon­stel­la­ti­on zu wech­seln, die nun den Be­griff des Er­eig­nis­ses ein­be­zieht: „Denn die iko­ni­sche Dif­fe­renz er­weist sich nicht als zwei­glied­ri­ge, vi­su­ell ge­wen­de­te Op­po­si­ti­ons­fi­gur, son­dern sie re­prä­sen­tiert ei­nen drei­glied­ri­gen Über­gang, kon­zi­piert das Bild als Er­eig­nis.“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 171)
  5. Al­le Kon­tras­te sind Dif­fe­renz­re­la­ti­o­nen, aber Dif­fe­ren­zen müs­sen nicht not­wen­dig Kon­tras­te sein.
  6. „Das Kon­strukt der iko­ni­schen Dif­fe­renz macht den Ver­such, dort, wo Bil­der auf­tre­ten – sie tre­ten schon pa­lä­on­to­lo­gisch auf in Na­tur­ver­hält­nis­sen, in Höh­len, in wie im­mer ma­te­ri­ell sehr stark vor­struk­tu­rier­ten Ge­ge­ben­hei­ten – , dass sich dort ein Kon­trast aus­bil­det, ein op­ti­sches Kon­trast­ver­hält­nis, das die Men­schen dann als ein Be­stim­mungs­ver­hält­nis zu le­sen ver­stan­den ha­ben. Das ist gleich­sam das Wun­der des Bil­des, das man un­ter ma­te­ri­el­len Be­din­gun­gen se­hen, er­ken­nen und ver­ste­hen kann. Die iko­ni­sche Dif­fe­renz ist ei­gent­lich der Ver­such, die­sem ba­sa­len Pro­zess und Phä­no­men nä­her zu kom­men. Das ist die Haupt­ab­sicht.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 16)
  7. „Wenn wir jetzt von einem Kon­trast spre­chen, der das Bild ge­ne­rell kenn­zeich­net, sind nicht pri­mär Ein­zel­phä­no­me­ne im Blick, son­dern die Be­din­gun­gen des Me­di­ums selbst.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 29)
  8. Denn Bilder „ent­fal­ten das Ver­hält­nis zwi­schen ih­rer sicht­ba­ren To­ta­li­tät und dem Reich­tum ih­rer dar­ge­stell­ten Viel­falt. Das his­to­ri­sche Spek­trum mög­li­cher Wech­sel­be­stim­mun­gen die­ser iko­ni­schen Dif­fe­renz ist aus­ge­spro­chen reich.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 30)
  9. „Im wei­ten Fel­de der Spra­che er­scheint die Me­ta­pher als ein be­son­ders ge­eig­ne­ter Kan­di­dat, struk­tu­rel­le Ein­sich­ten in die Funk­ti­ons­wei­se von Bil­dern zu er­öff­nen, ob sie nun ge­malt, skulp­tiert, ge­baut, ge­stellt, ge­spielt oder ge­tanzt sind.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 26)
  10. „Die Bild­haf­tig­keit, die uns die Me­ta­pher dar­bie­tet, lässt sich, Ein­zel­be­ob­ach­tun­gen zu­sam­men­fas­send, als ein Phä­no­men des Kon­tras­tes kenn­zeich­nen.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 29)
  11. „Was auch im­mer ein Bild­künst­ler dar­stel­len woll­te, im dämm­ri­gen Dun­kel prä­his­to­ri­scher Höh­len, im sak­ra­len Kon­text der Iko­nen­ma­le­rei, im in­spi­rier­ten Raum des mo­der­nen Ate­li­ers, es ver­dankt sei­ne Exis­tenz, sei­ne Nach­voll­zieh­bar­keit und Wir­kungs­stär­ke der je­wei­li­gen Op­ti­mie­rung des­sen, was wir die ‘iko­ni­sche Dif­fe­renz’ nen­nen.“ ([Boehm 1994a]Boehm, Gottfried (1994).
    Die Wie­der­kehr der Bilder.
    In Was ist ein Bild?, 11-38.

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    : S. 30)
  12. Be­mer­kens­wert ist, dass die spä­te­re Kon­zep­ti­on (1977) mit Bil­dern ar­gu­men­tiert, wo­bei es kei­nes­wegs künst­le­ri­sche Bil­der sind, die ei­ne iko­ni­sche Dif­fe­renz auf­wei­sen, son­dern fo­to­gra­fi­sche Ab­bil­der Ges­ten do­ku­men­tie­ren (ge­zeigt wird ei­ne Fo­to­se­rie zum ges­ti­ku­lie­ren­den Hei­deg­ger, auf­ge­nom­men von Digne Mel­ler Mar­co­vicz am 23. Sep­tem­ber 1966 im Rah­men ei­nes In­ter­views), die wie­de­rum zei­gen sol­len, auf wel­chem Grund­kon­trast ges­ti­sches Zei­gen grün­det. Falsch ist hier­bei der Ein­druck, iko­ni­sche Dif­fe­renz gel­te in ih­rer ges­ti­schen Be­grün­dung vor al­lem für Bil­der von Ges­ten, denn die spä­te­re Kon­zep­ti­on ist nicht auf ei­ne ein­ge­schränk­te Bild­gat­tung spe­zi­a­li­siert.
  13. „Die­ser do­mi­nan­te vi­su­el­le Sog von der Sin­gu­la­ri­tät des dar­ge­stell­ten Kör­pers zur Ganz­heit sei­nes Er­schei­nens und zu­rück eta­bliert ei­nen iko­ni­schen Grund­kon­trast [...]“ ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
    Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
    In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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    : S. 28).
  14. „Wenn wir frag­ten: wo­her nimmt das Zei­gen sei­nen Nach­druck? Was ver­leiht ihm Kraft und Evi­denz? So wis­sen wir jetzt Ent­schei­den­des mehr. Es ist ei­ne dop­pel­te Op­tik bzw. Les­bar­keit, die das Zei­gen in­stand setzt, Sinn zu ge­ne­rie­ren. Zei­gen stützt sich auf ei­ne Lo­gik der Kon­tras­te, wo­bei ein agie­ren­des Or­gan ein Zei­chen setzt, in­dem es aus der Grun­die­rung des Kör­pers her­vor­tritt und je­ne span­nungs­vol­le Be­zie­hung auf­baut, mit der sich ei­ne fun­da­men­ta­le Dif­fe­renz ein­stellt: die Ges­te zeigt et­was und sie weist zu­gleich den Kör­per vor, der sich zeigt. Die­se Dif­fe­renz aber ist der Ort sinn­träch­ti­ger Be­kun­dun­gen, die auch die Re­de von ei­nem deik­ti­schen Lo­gos recht­fer­tigt.“ ([Boehm 2007c]Boehm, Gottfried (2007).
    Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes.
    In Wie Bilder Sinn erzeu­gen, 19-33.

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    : S. 25f.)
  15. „Wir neh­men al­so die struk­tu­rel­le Ener­gie des Kör­pers in An­spruch [...], wir zie­hen das da­rin ent­hal­te­ne Sys­tem der Ori­en­tie­rung he­ran, wenn wir er­klä­ren wol­len, wie Bil­der zei­gen [...]“ ([Boehm 2010a]Boehm, Gottfried (2010).
    Das Zeigen der Bilder.
    In Zeigen. Die Rheto­rik des Sichtba­ren, 19-53.

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    : S. 44).
  16. „Was bei­de frei­lich, die so­ma­ti­sche und die iko­ni­sche Ord­nung, mit­ein­an­der ver­bin­det, ist die Kraft des Zei­gens, de­ren Dy­na­mik sich in je­nem Sys­tem von Kon­tras­ten ma­ni­fes­tiert, die wir mit der Ka­te­go­rie 'Dif­fe­renz' zu­sam­men­fas­sen.“ ([Boehm 2010a]Boehm, Gottfried (2010).
    Das Zeigen der Bilder.
    In Zeigen. Die Rheto­rik des Sichtba­ren, 19-53.

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    : S. 44)
  17. „Tat­säch­lich lie­ße sich aus ei­ner so in­ter­pre­tier­ten iko­ni­schen Dif­fe­renz ei­ne Ge­ne­a­lo­gie der Bil­der er­schlie­ßen, die sich nicht nur auf die Dif­fe­renz Wei­ße Wand/​Schwar­zes Loch stützt, son­dern auch auf an­de­re bild­ge­schicht­lich wirk­sa­me und bild­the­o­re­tisch be­deut­sa­me 'Me­cha­nis­men'. Da­zu zäh­len Punkt und Punkt­steu­e­rung, Fleck und Fle­cken­mus­ter [...], die Ener­gie der Li­nie oder sich aus­brei­ten­der Far­be etc. Sie or­ga­ni­sie­ren die Ge­ne­se bild­li­chen Sin­nes von ih­ren An­fän­gen her und ha­ben das Ge­sicht der Bild­ge­schich­te in gro­ßem Um­fang be­stimmt. Ih­rer Na­tur nach han­delt es sich um die Set­zung un­ter­schied­li­cher Dif­fe­ren­zen, die je­weils auf an­de­re Wei­se sche­ma­ti­sie­ren, d.h. Zu­gän­ge zur Welt er­öff­nen. Es ist der Bau der iko­ni­schen Dif­fe­renz, in dem sich un­ter­schied­li­che Sinn­kon­fi­gu­ra­ti­o­nen – was man den Lo­gos des Bil­des nen­nen kann – ma­ni­fes­tie­ren.“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 176)
  18. „Je­des iko­ni­sche Ar­te­fakt or­ga­ni­siert sich in der Form ei­ner vi­su­el­len, in­tel­li­gen­ten so­wie deik­ti­schen, und das heißt nicht-​sprach­li­chen, Dif­fe­renz. Ih­re kon­sti­tu­ti­ven As­pek­te sind je­weils an­de­re, ob es sich nun zum Bei­spiel um Höh­len­ma­le­rei, um Iko­nen, Mas­ken, Ta­fel­bil­der, um drei­di­men­si­o­na­le Bild­wer­ke, um Zeich­nun­gen, Fotos, bild­ge­ben­de Ver­fah­ren, Dia­gram­me oder Be­wegt­bil­der han­delt. In ei­nem frei­lich kom­men sie al­le über­ein: in ih­ren he­te­ro­ge­nen Er­schei­nungs­for­men ak­ti­vie­ren sie ein Struk­tur­mo­ment, das sie mit­ein­an­der ver­bin­det, sie zu Bil­dern macht. Al­le Bil­der ar­bei­ten, wie ge­sagt, struk­tu­rell ge­se­hen, mit dem Wech­sel­spiel ei­nes Kon­tras­tes zwi­schen kon­ti­nu­ie­ren­den Mo­men­ten und dis­kre­ten Ele­men­ten, sie sind ei­ne 'kon­ti­nu­ier­li­che Dis­kon­ti­nu­i­tät'.“ ([Boehm 2011a]Boehm, Gottfried (2011).
    Iko­nische Diffe­renz. In Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, 1, 170-​178.

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    : S. 171)
Literatur                             [Sammlung]

[Boehm 1978a]: Boehm, Gottfried (1978). Zu einer Herme­neutik des Bildes. In: Gada­mer, H. & Boehm, G. (Hg.): Die Herme­neutik und die Wissen­schaft. Frank­furt/M.: Suhr­kamp, S. 444-​471.

[Boehm 1980a]: Boehm, Gottfried (1980). Bild­sinn und Sinnes­orga­ne. Neue Hefte für Philo­sophie, Band: 18/19, S. 118-​132. [Boehm 1994a]: Boehm, Gottfried (1994). Die Wie­der­kehr der Bilder. In: Boehm, G. (Hg.): Was ist ein Bild?. München: Fink, S. 11-38. [Boehm 2004a]: Boehm, Gottfried (2007). Jen­seits der Sprache? Anmer­kungen zur Logik der Bilder (2004). In: Boehm, G. (Hg.): Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zeigens. Berlin: Berlin Uni­ver­sity Press, S. 34-53. [Boehm 2004b]: Boehm, Gottfried (2004). Das Bild in der Kunst­wissen­schaft. Inter­view mit Gott­fried Boehm. In: Sachs-​Hom­bach, K. (Hg.): Wege zur Bild­wissen­schaft. Inter­views. Köln: Halem, S. 11-21. [Boehm 2007a]: Boehm, Gottfried (2007). Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Die Macht des Zei­gens. Berlin: Berlin Uni­ver­sity Press. [Boehm 2007b]: Boehm, Gottfried (2007). Iconic Turn. Ein Brief. In: Belting, H. (Hg.): Bilder­fragen. Die Bild­wissen­schaft im Aufbruch. München: Fink, S. 27-36. [Boehm 2007c]: Boehm, Gottfried (2007). Die Hin­ter­grün­digkeit des Zeigens. Deikti­sche Wurzeln des Bildes. In: Boehm, G. (Hg.): Wie Bilder Sinn erzeu­gen. Berlin: Fink, S. 19-33. [Boehm 2008a]: Boehm, Gottfried (2008). Au­gen­maß. Zur Gene­se der iko­nischen Evi­denz. In: Boehm, G. & Mers­mann, B. & Spies, Ch. (Hg.): Movens Bild. Zwischen Evi­denz und Affekt. München: Fink, S. 15-43. [Boehm 2009a]: Boehm, Gottfried (2009). Spur und Gespür. Zur Archä­olo­gie der Zeich­nung. In: Bach, F. T. & Pichler, W. (Hg.): Öffnun­gen. Zur Theorie und Geschich­te der Zeichnung. München: Fink, S. 43-59. [Boehm 2010a]: Boehm, Gottfried (2010). Das Zeigen der Bilder. In: Boehm, G. & Egen­hofer, S. & Spies, Ch. (Hg.): Zeigen. Die Rheto­rik des Sichtba­ren. München: Fink, S. 19-53. [Boehm 2011a]: Boehm, Gottfried (2011). Iko­nische Diffe­renz. Rhein­sprung 11 – Zeit­schrift für Bildkri­tik, Band: 1, S. 170-​178. [Brandt 2004a]: Brandt, Reinhard (2004). Das Bild: Gesehen und erkannt. In: Sachs-Hombach, K. (Hg.): Wege zur Bildwissenschaft. Interviews. Köln: Herbert von Halem Verlag, S. 170-182. [Gombrich 1978a]: Gombrich, Ernst H. (1978). Medi­tati­onen über ein Stecken­pferd. Von den Wurzeln und Grenzen der Kunst. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Imdahl 1994a]: Imdahl, Max (1994). Iko­nik: Bilder und ihre Anschau­ung. In: Böhm, G. (Hg.): Was ist ein Bild?. München: Fink, S. 300-​324. [Imdahl 1996c]: Imdahl, Max (1996). Re­fle­xion, Theorie, Metho­de. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Walden­fels 2004a]: Waldenfels, Bern­hard (2004). Das Bild in der Philo­sophie. In: Sachs-Hombach, K. (Hg.): Wege der Bild­wissen­schaft. Inter­views. Köln: Halem, S. 53-68. [Wollheim 1982a]: Wollheim, Richard (1982). Se­hen-als, sehen-in und bild­liche Darstel­lung. In: Woll­heim, R. (Hg.): Objek­te der Kunst. Frank­furt/M.: Suhr­kamp, S. 192-210.


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Ausgabe 1: 2014

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Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [105] und Mark A. Halawa [15] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Richtmeyer 2014g-a]Vergleiche vollständigen Eintrag
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Richtmeyer, Ulrich (2014). Ikonische Differenz. (Ausg. 1). In: Schirra, J.R.J.; Halawa, M. & Liebsch, D. (Hg.): Glossar der Bildphilosophie. (2012-2024).
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