Kino

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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Darstellung des gr. Zusammenhangs

Der Begriff Kino ist eine verkürzte Form des Begriffs Kinematograph bzw. Kinematographie. Der altgriechische Ursprung des Begriffs bezieht sich auf die Verbindung der Wörter κίνημα (kinēma, Bewegung) und γράφειν (graphein, zeichnen).

Der Kinematograph (cinématographe) wurde von den Brüdern Louis und Auguste Lumière erfunden und diente als Aufnahmegerät zur Belichtung von Filmmaterial, Projektor und Kopiergerät. Die Projektion des kinematographischen Filmmaterials ermöglichte die Darstellung von Bewegung und konstituierte das spezifische Bewegungs-Bild des Films.

Der Begriff Kino dient heutzutage weitestgehend der apparativen Charakterisierung speziell ausgestatteter Orte (Leinwand, Sitzreihen etc.), an denen Filmvorführungen einem zahlenden Publikum öffentlich zugänglich gemacht werden.


Engere Begriffsbestimmung

Spricht man über das Kino oder über Kinovorführungen so meinen diese Begriffe stets zweierlei, einerseits die komplexe technische Apparatur, andererseits den spezifischen Ort an dem sich diese Apparatur befindet. Die kinematographische Bildlichkeit ist in erster Linie abhängig von der technischen Apparatur, welche eine triadische Einheit aus Film, Projektionsvorgang und Projektionsfläche bildet (vgl. Paesch 2006: 92). Dieser triadisch-apparative Systemzusammenhang ist die Grundbedingung für das kinematographische Bewegungsbild (siehe auch FILM) und dessen Dimensionierung von Bewegung, Räumlichkeit und Zeitlichkeit. Der Ort der Kinovorstellung hingegen (mit spezifischem Eventcharakter) ist abhängig von der Größe der Projektionsfläche (Leinwand), von der Anzahl und Anordnung der Sitzflächen, von der jeweils individuell verschiedenen Entfernung zur Leinwand, der Anordnung bzw. Positionierung des Blickwinkels (Zuschauer-Perspektive) und der damit abhängigen Idealentfaltung des kinematographischen Tonsystems (Ton-Normierung nach DTS, SDDS, Dolby Digital, THX etc.).

Der komplexe Systemzusammenhang aus technischer Apparatur und Strukturierung des Kino-Raums (der Ort von Kinovorstellungen) konstituiert die Gesamtheit des kinematographischen Dispositivs: Hier zeigt sich das Kino grundsätzlich in einer apparativen sowie rezeptiven Dimension.

Das kinematographische Bewegungsbild zeigt sich explizit verschieden von den digitalen und informationell elektronischen Bewegungsbildern wie sie beispielsweise durch den Fernseher oder den Computermonitor konstituiert werden (vgl. Paesch 2006: 105). Das kinematographische Bewegungsbild konstituiert sich hingegen analog und grundsätzlich abhängig von der Entwicklung der technischen Apparatur. Die historische Entwicklung des kinematographischen Bewegungsbildes offeriert eine implizite Technikgeschichte des Films. Diese beginnt bei statischen Bildern die mittels spezifischer Apparaturen in Bewegung versetzt wurden (diese bleiben noch statisch verankert und artifiziell) und endet dann schließlich bei der 24 bis 25 Bilder pro Sekunde projizierenden Apparatur, die in der Lage ist einen dynamischen Wirklichkeitseindruck zu realisieren. Die neueren Entwicklungen im Bereich des stereoskopen Bewegungsbildes (3D-Technik) oder der Fulldome-Technologie zeigen zudem deutlich eine Weiterentwicklung kinematographischer Projektionsverfahren, wobei die 3D-Technik passend als Streben des Bildes in den Raum der leiblichen Anwesenheit zu beschreiben ist.

Zwei wechselseitige Elemente sind in der Technikgeschichte des Films als zentrale und analoge Bezugsgrößen zu bestimmen: Projektion und Bewegung. Die Projektionskunst, die auf die Camera Obscura (Projektion und Aufzeichnung) und später die Laterna Magica (reine Projektionskunst) zurückgeht, basiert auf der Belichtung eines Gegenstandes oder Bildes und der Projektion auf eine dafür vorgesehene Fläche. Generell ist das projizierte Motiv bzw. der aufgezeichnete Gegenstand statisch organisiert, so dass durch die Projektion ebenfalls ein statisches Bild wiedergegeben wird. Die spezifische Bewegung strukturiert sich nicht durch eine alleinige Bewegungsdarstellung innerhalb des statischen Motivs, dies ließe sich sehr gut als eine Darstellung von Bewegung klassifizieren, sondern vielmehr durch die apparative Möglichkeit, eine Serie statischer Bilder in Bewegung zu versetzen. Um eine Serie statische Bilder sinnvoll in Bewegung zu versetzen müssen zwei notwendige Bedingungen erfüllt sein: Einerseits muss das Motiv der Bildserie eine figurale Differenz (vgl. Paesch 2006: 99) zu den vorangehenden Bildern aufweisen (z.B. eine Fotoserie eines gehenden Menschen muss einzelne Bewegungsfolgen darstellen bzw. zeigen) und andererseits muss die Apparatur in der Lage sein die serielle Bildfolge hintereinander und zeitlich strukturiert (bei gleichbleibender und wahrnehmungsauffälliger Geschwindigkeit) über ein Sichtfeld oder eine Blende freizugeben, damit die Verbindung von Stroboskop- und Nachbildeffekt zum Rezeptionseffekt der Bewegung führen kann.

Bevor die moderne Kinematographie in der Lage war das ideale Verhältnis von Projektion und Bewegung für die technischen Apparaturen nutzbar zu machen gab es eine Vielzahl an Apparaturen, die allgemein als technische Vorgänger der modernen Kinematographie gelten, z.B. Phenakistiskop, Zoetrop, Praxinoskop, Zoepraxiskop, Elektrotachyskop, Kinetograph und Kinetoskop. Augrund der anfänglich noch unausgereiften Apparatur war die Kinematographie noch in ihren Anfängen im wahrsten Sinne ein „Kurbelbetrieb; Kurbeln an der Kamera und am Projektor dirigieren die Aufnahme und die Wiedergabe des aufgenommenen Materials“ (Kreimeier 2010: 155). Vor allem die Elektrifizierung ermöglichte dann die Perfektionierung der technischen Wiedergabe und Elektromotoren revolutionierten die Kinematographie: „Bald werden Elektromotoren in den neuen Maschinen der puppenhaften Ungelenkigkeit dessen, was auf der Leinwand zu sehen ist, ein Ende bereiten. Die Geschichte der Kinematographie wird von nun an einen anderen Verlauf nehmen und zur Filmgeschichte werden“ (Kreimeier 2010: 155).

Auswirkungen auf andere Begriffe
  • Fernsehen
  • Film
  • Video


Anmerkungen
Literatur                            [Sammlung]

Keine Literaturangaben


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Seitenbearbeitungen durch: Lars Grabbe [31], Dimitri Liebsch [18], Joerg R.J. Schirra [12] und Patrick Kruse [7] — (Hinweis)