Kommunikologie
Unterpunkt zu: Bildtheoretische Ansätze
Darstellung des gr. ZusammenhangsDer Begriff der Kommunikologie geht auf Vilém Flusser zurück.[1] Flusser bezeichnet die Lehre von der menschlichen Kommunikation als Kommunikologie. Menschliche Kommunikation ist ihm ein kultureller Vorgang, der sich auf die Erfindung von zu Codes organisierten Symbolen gründet. Diese Codes verhüllen die Natur, und diese Hülle ist für Flusser die Kultur. Und da die Welt der Symbole gedeutet und nicht erklärt werden muss, sie also interpretativ anzugehen ist, verortet er die menschliche Kommunikation in den Bereich der Geisteswissenschaft und verzichtet darauf, „in der Symbolisierung ein ‚biologisches‘ Phänomen zu sehen.“ ([Flusser 2003a]Literaturangabe fehlt.
Engere BegriffsbestimmungFlusser unterscheidet in seinem Buch „Kommunikologie“ zwei unterschiedliche Formen der Kommunikation, den Dialog und den Diskurs, die er später an Medien knüpft und die Medien dahingehend in dialogische und diskursive Medien einteilt.[2] 'Dialog und Diskurs'
Flusser versteht den Dialog als einen Prozess, „bei dem auf verschiedene Gedächtnisse aufgeteilte Informationen zu einer neuen Information synthetisiert werden“ ([Flusser 2003a]Literaturangabe fehlt. Flusser synthestisiert aus zwei Dialogarten, die er unterscheidet, eine neue Form des Dialogs. Zum einen nennt Flusser den griechischen (kreisförmigen) Dialog, so wie er von Sokrates praktiziert wurde. Hier steht der Logos im Mittelpunkt und der Erkenntnisgewinn. Wissen soll durch den Dialog gewonnen (oder validiert) werden. Davon abzugrenzen ist nun eine jüdisch-christliche Dialogvorstellung, die Flusser als Netzdialog fasst und die bisher noch nicht oder nur wenig in den Blick der westlichen Denktradition gekommen ist.
Der Netzdialog ist vom Kreisdialog durch seine Offenheit zu unterscheiden und fußt auf eine andere, eben jüdische Ontologie. In der griechischen Ontologie wird der Mensch zur Welt in einem Subjekt-Objekt-Verhältnis gesehen, ist der Mensch als „Ich“ der Welt als „Es“ gegenübergestellt. Im Judentum dagegen steigt das „Ich“ aus dem Angesprochenwerden des „Du Gottes“ empor. Es ist ein partnerschaftliches „Du“, das den Griechen fremd ist. Während die Form des griechischen Dialogs auf die Bildung neuer Informationen aus ist, betont der jüdische Dialog das Antworten auf das Angesprochenwerden und die daraus erwachsende Verantwortung für das Du. Aus diesen beiden Dialogformen synthetisiert Flusser seine Dialogform, die zum einen die Erzeugung von Informationen als Kennzeichen des griechischen Dialogs beinhaltet. Zum anderen kommt damit der Aspekt des Antwortens und Verantwortens als existenzieller Aspekt des jüdischen Dialogs hinzu. Die Einschränkungen des Kreisdialogs führen Flusser zur Präferenz einer Netzstruktur als das Muster, welches die Bedingungen – Informationsgenerierung und Ausbildung zwischenmenschlicher Beziehung als existentielle Erfüllung des Menschen – am besten erfüllen und sich zugleich den sich ausbreitenden Diskursen entgegenstellen kann. Kommunikation kann nach Flusser nur dann ihren Zweck erfüllen, nämlich die Einsamkeit und Sinnlosigkeit zu überwinden, „wenn sich Diskurs und Dialog das Gleichgewicht halten“ ([Flusser 2003a]Literaturangabe fehlt. Durch die Unterscheidung der beiden Kommunikationsformen „Dialog“ und „Diskurs“ kommt Flusser zu einer Einteilung der Medien, die sich in diskursive und dialogische Medien einteilen lassen und in denen besonders die elektronischen Medien zur Geltung kommen. Denn gerade das Fernsehen ist ein Beispiel für eine Besiedlung des Lebensraumes der Menschen mit einer Diskursform, die keine Antwort- und Reaktionsmöglichkeit mehr gestattet. Und ein weiterer wichtiger Punkt tritt in diesem Zusammenhang auf, der über die strukturellen Aspekte hinaus geht. Denn z.B. mit dem Fernseher ist eine besondere Plattform für die Technobilder geboten; und diese stellen einen völlig anderen Code dar, der ein anderes Grundverständnis als der alte alphanumerische Code und das traditionelle Bild als Code erfordern (⊳ Technobilder). Der Code der technischen Bilder, der nun Einzug in die Wohnzimmer erhält, ist als ein Wechsel in der Kodierung anzusehen. Und die Codes sind es, die uns programmieren. Die menschliche Kommunikation, so wie sie Flusser in seiner Kommunikologie fasst, dient dazu Informationen zu speichern, zu prozessieren und zugleich weiterzugeben. Und die Kultur ist entsprechend eine menschliche Vorrichtung, um Informationen zu speichern und weiterzugeben.Die Menschen versuchen durch Kommunikation zugleich sich selbst zu transzendieren, indem sie neue Informationen prozessieren, um so der Entropie des Universums zu entkommen. Der Mensch kommuniziert dergestalt, um den Tod und die Einsamkeit zu überwinden.
optional BeispieleAuswirkungen auf andere Begriffe |
Anmerkungen
[Bidlo 2008a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Flusser 2003a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [12], Mark A. Halawa [3] und Oliver Bidlo [3] — (Hinweis) |