Massenmedien: Unterschied zwischen den Versionen

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Der „iconic“ und „pictorial turn“ der 1990er Jahre artikulierten ein Beschreibungsdefizit angesichts der von den sogenannten Massenmedien erzeugten ‚Bilderschwemme’. Die Dringlichkeit, mit der eine Hinwendung zu den Bildern gefordert wurde, speiste sich aus einer Reihe von Beobachtungen, die die zunehmend invasive Bedeutung von Bildern, die Ersetzung von Schrift durch Bild und eine neue Art der Verteilung von Bildern durch das Internet zum Gegenstand hatten - Beobachtungen, denen überlieferte theoretische Ansätze nur ungenügend begegnen konnten. Ohne Berücksichtigung der Massenmedien, so der Tenor, würde man Bildproduktion und Bildpraktiken zukünftig kaum beschreiben können.
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Der «iconic turn» und «pictorial turn» der 1990er Jahre arti&shy;kulie&shy;rten ein Beschrei&shy;bungsde&shy;fizit ange&shy;sichts der von den soge&shy;nannten Massen&shy;medien erzeug&shy;ten ‘Bilder&shy;schwemme’. Die Dringlich&shy;keit, mit der eine Hinwen&shy;dung zu den Bildern gefor&shy;dert wurde, speiste sich aus einer Reihe von Beobach&shy;tungen, die die zuneh&shy;mend inva&shy;sive Bedeu&shy;tung von Bildern, die Erset&shy;zung von Schrift durch Bild und eine neue Art der Vertei&shy;lung von Bildern durch das Inter&shy;net zum Gegen&shy;stand hatten – Beobach&shy;tungen, denen über&shy;liefer&shy;te theore&shy;tische Ansät&shy;ze nur unge&shy;nügend begeg&shy;nen konnten. Ohne Berück&shy;sichti&shy;gung der Massen&shy;medien, so der Tenor, würde man Bildpro&shy;duktion und Bildprak&shy;tiken zukünf&shy;tig kaum beschrei&shy;ben können.
 
 
  
=====Massenmedien, „iconic“ und „pictorial turn“=====
 
  
Ein wesentliches Moment bildwissenschaftlicher Betätigung bezieht sich damit auf Medien, die der Kunstgeschichte lange Zeit als minderwertig und als zu vernachlässigen galten: den Massenmedien, einem äußert unscharfen, ambivalenten und # besetzten Gegenstand. Als Massenmedien werden gemeinhin [[technische Medien]] bezeichnet, die ihre Inhalte nicht nur wie etwa ein Brief zwischen einem Sender und einem Empfänger vermitteln, sondern eine große Menge von – zumeist anonymen –  Empfängern zugleich erreichen.<ref>Amphitheaterstruktur#; vgl. <bib id='Flusser 2003a'></bib>.</ref> Die paradigmatischen Massenmedien sind Radio und [[Fernsehen|Fernsehen]], die sich etwa vom Internet mit seiner Netzstruktur (die durchaus bestimmte massenmediale Aspekte beinhaltet) dadurch unterscheiden, dass sie sich nicht nur an viele Empfänger wenden, sondern an viele Empfänger im gleichen Moment mit dem gleichen Inhalt, wenn auch nicht auf die gleiche Weise. Parallel zur technischen Verringerung der Übertragungsgeschwindigkeit durch beständig neue technische Entwicklungen stieg die Anzahl der Empfänger ins potentiell Unendliche; ein Prozess, der seit Ende des 19. Jahrhunderts alle Bereiche der Kultur grundlegend verändert hat und darin kulminiert, dass Kultur heute ohne Massenmedien kaum noch denkbar erscheint. Er lässt sich jedoch weniger auf einzelne Techniken zurückführen, sondern ist Bestandteil einer grundlegenden Transformation zur Massenkultur, in der industrielle Produktions-, Reproduktions- und Distributionsweisen (aus einer Krise der Kontrolle heraus, vgl. Beniger #) zusammen mit neuen Medien ([[Fotografie|Fotografie]] seit 1826, Telegraphie seit 1837, [[Film|Film]] seit 1895), Transportmitteln, Urbanisierung und dem modernen Pressewesen zusammentreten. Dabei werden soziale, politische und ökonomische Ordnungen grundlegend umgestaltet.
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==Massenmedien, «iconic turn» und «picto&shy;rial turn»==
  
Ein Resultat dieser Prozesse ist um 1900 das Auftauchen eines neuen sozialen Phänomens: der gestaltlosen, indifferenten, affektiven Masse, wie sie etwa Gustave Le Bon oder Gabriel Tarde beschreiben <bib id='Gamper 2007a'></bib>. Sie trifft auf neue Medien, die Bilder für alle verteilen, jeden Menschen adressierbar machen, wenigen # Zugang zu allen verschaffen und damit zum mächtigen Faktor der Politik des 20. Jahrhunderts werden. Die Masse ist seit ihrem Auftauchen mit Fragen von Herrschaft und Macht verbunden <bib id='Canetti 2011a'></bib>. Zudem stellt sich die Frage, ob Medien jeweils eigene Massen hervorbringen oder ob sie im Gegenteil nur die Bedürfnisse der Masse befriedigen, in welchem Konstitutionsverhältnis also Medien und Masse zueinander stehen.
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Ein wesentliches Moment bildwis&shy;senschaft&shy;licher Betä&shy;tigung bezieht sich damit auf Medien, die der Kunstge&shy;schichte lange Zeit als minder&shy;wertig und als zu vernach&shy;lässigen galten: den Massen&shy;medien, einem äußert unschar&shy;fen, ambi&shy;valen&shy;ten und kultur&shy;pessi&shy;mistisch besetz&shy;ten Gegen&shy;stand. Als Massen&shy;medien werden gemein&shy;hin [[technische Medien|techni&shy;sche Medien]] bezeichnet, die ihre Inhalte nicht nur wie etwa ein Brief zwischen einem Sender und einem Empfän&shy;ger vermit&shy;teln, sondern eine große Menge von – zumeist ano&shy;nymen – Empfän&shy;gern zugleich errei&shy;chen. Sinnfäl&shy;lig wird das an der Bezeich&shy;nung ‘Broad&shy;casting’, die mit dem Massen&shy;medium Radio einge&shy;führt und auch für das Fernse&shy;hen beibe&shy;halten wird; sie stammt aus dem Acker&shy;bau und bezeich&shy;net dort das breitwür&shy;fige Säen, also ein Verfah&shy;ren, bei dem aus einer Hand heraus eine große oder größtmög&shy;liche Streuung erreicht werden soll. Die para&shy;digma&shy;tischen Massen&shy;medien sind Radio und [[Fernsehen|Fernse&shy;hen]], die sich etwa vom [[Cyberspace|Inter&shy;net]] mit seiner Netzstruk&shy;tur (die durchaus bestimm&shy;te massen&shy;medi&shy;ale Aspek&shy;te be&shy;inhal&shy;tet) dadurch unter&shy;scheiden, dass sie sich nicht nur an viele Empfän&shy;ger wenden, sondern an viele Empfän&shy;ger im gleichen Moment mit dem gleichen Inhalt, wenn auch nicht auf die gleiche Weise. Paral&shy;lel zur techni&shy;schen Verrin&shy;gerung der Über&shy;tragungs&shy;geschwin&shy;digkeit durch bestän&shy;dig neue techni&shy;sche Entwick&shy;lungen stieg die Anzahl der Empfän&shy;ger ins poten&shy;tiell Unend&shy;liche; ein Prozess, der seit Ende des 19. Jahrhun&shy;derts alle Berei&shy;che der Kultur grundle&shy;gend verän&shy;dert hat und darin kulmi&shy;niert, dass Kultur heute ohne Massen&shy;medien kaum noch denkbar erscheint. Er lässt sich jedoch weni&shy;ger auf einzel&shy;ne Techni&shy;ken zurück&shy;führen, sondern ist Bestand&shy;teil einer grundle&shy;genden Transfor&shy;mation zur Massen&shy;kultur, in der indus&shy;trielle Produk&shy;tions-, Repro&shy;duktions- und Distri&shy;butions&shy;weisen<ref>James Be&shy;ni&shy;ger hat die Me&shy;di&shy;en&shy;ent&shy;wick&shy;lun&shy;gen des 19. Jahr&shy;hun&shy;derts auf eine „Kri&shy;se der Kon&shy;t&shy;rol&shy;le“ zu&shy;rück&shy;ge&shy;führt, die auf den un&shy;ter&shy;schied&shy;li&shy;chen Zeit&shy;re&shy;gi&shy;men der neu&shy;en Tech&shy;no&shy;lo&shy;gi&shy;en be&shy;ruht, wel&shy;che in lang&shy;wie&shy;ri&shy;gen tech&shy;ni&shy;schen und so&shy;zi&shy;a&shy;len Syn&shy;chro&shy;ni&shy;sa&shy;ti&shy;ons&shy;pro&shy;zes&shy;sen auf&shy;ei&shy;n&shy;an&shy;der ab&shy;ge&shy;stimmt werden muss&shy;ten; vgl. <bib id='Beniger 1986a'>Be&shy;ni&shy;ger 1986a</bib>.</ref> zusam&shy;men mit neuen Medien ([[Fotografie|Foto&shy;grafie]] seit 1826, Tele&shy;grafie seit 1837, [[Film|Film]] seit 1895), Transport&shy;mitteln, Urba&shy;nisie&shy;rung und dem moder&shy;nen Presse&shy;wesen zusam&shy;mentre&shy;ten. Dabei werden sozi&shy;ale, poli&shy;tische und öko&shy;nomi&shy;sche Ordnun&shy;gen grundle&shy;gend umge&shy;staltet.
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Ein Resultat dieser Prozesse ist um 1900 das Auftau&shy;chen eines neuen sozi&shy;alen Phäno&shy;mens: der gestalt&shy;losen, indif&shy;feren&shy;ten, affek&shy;tiven Masse, wie sie etwa Gustave Le Bon oder Gabriel Tarde beschrei&shy;ben <bib id='Gamper 2007a'></bib>. Sie trifft auf neue Medien, die Bilder für alle vertei&shy;len, jeden Menschen adres&shy;sierbar machen, weni&shy;gen Perso&shy;nen Zugang zu allen verschaf&shy;fen und damit zum mächti&shy;gen Faktor der Poli&shy;tik des 20. Jahrhun&shy;derts werden. Die Masse ist seit ihrem Auftau&shy;chen mit Fragen von Herrschaft und Macht verbun&shy;den <bib id='Canetti 2011a'>Canet&shy;ti 2011a</bib>. Zudem stellt sich die Frage, ob Medien jeweils eige&shy;ne Massen hervor&shy;bringen oder ob sie im Gegen&shy;teil nur die Bedürf&shy;nisse der Masse befrie&shy;digen, in welchem Konsti&shy;tutions&shy;verhält&shy;nis also Medien und Masse zu&shy;einan&shy;der stehen.
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Massenmedien stehen damit im Gegen&shy;satz zu einer [[Interaktion und Kommunikation|Kommu&shy;nika&shy;tion]] ''face to face'', die sich nur an die begrenz&shy;te Zahl der Anwe&shy;senden richten kann. Die Kommu&shy;nika&shy;tion ''face to face'' gilt seit der Schriftkri&shy;tik in Platons «Phaidros» als Modell der “guten”, unver&shy;mittel&shy;ten Kommu&shy;nika&shy;tion. Auf diesen Topos rekur&shy;rierte die Medien&shy;kritik stets dann, wenn neue Medien das Gefü&shy;ge alter Medien in Unord&shy;nung brachten <bib id='Sprenger 2010a'></bib>. Sokra&shy;tes kriti&shy;siert im genann&shy;ten Dialog an der Schrift, sie antwor&shy;te nicht, sage nur immer ein und dassel&shy;be, könne nicht inter&shy;agieren, richte sich an Belie&shy;bige, schwäche das Erin&shy;nerungs&shy;vermö&shy;gen und sei nicht wie der Dialog geeig&shy;net, mit dem Gegen&shy;über in der Gegen&shy;wart die Wahrheit aufzu&shy;decken. Die Schrift (oder in der folgen&shy;den plato&shy;nisti&shy;schen Medien&shy;kritik: das gedruck&shy;te Buch, das Foto, der Film usw.) ist demnach gefähr&shy;lich und schlecht, weil sie sich an alle wendet und allen das Gleiche über&shy;trägt.
  
Massenmedien stehen damit im Gegensatz zu einer [[Interaktion und Kommunikation|Kommunikation]] „face to face“, die sich nur an die begrenzte Zahl der Anwesenden richten kann. Die Kommunikation „face to face“ gilt seit der Schriftkritik in Platons „Phaidros“ als Modell der ‚guten‘, unvermittelten Kommunikation. Auf diesen Topos rekurrierte die Medienkritik stets dann, wenn neue Medien das Gefüge alter Medien in Unordnung brachten <bib id='Sprenger 2010a'></bib>. Sokrates kritisiert im genannten Dialog an der Schrift, sie antworte nicht, sage nur immer ein und dasselbe, könne nicht interagieren, richte sich an Beliebige, schwäche das Erinnerungsvermögen und sei nicht wie der Dialog geeignet, mit dem Gegenüber in der Gegenwart die Wahrheit aufzudecken. Die Schrift - oder in der folgenden platonistischen Medienkritik: das gedruckte Buch, das Foto, der Film usw. - ist demnach gefährlich und schlecht, weil sie (er) sich an alle wendet und allen das Gleiche überträgt.
 
  
=====Massenmedien und Gesellschaft=====
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==Massenmedien und Gesell&shy;schaft==
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Massenmedien, so ein weit verbrei&shy;teter Verdacht, nehmen Einfluss auf die Massen, kontrol&shy;lieren oder mani&shy;pulie&shy;ren sie.<ref>Vgl. da&shy;zu kri&shy;tisch <bib id='Eco 1984a'></bib>.</ref> Die Frage nach dem Einfluss von Medien auf Gesell&shy;schaft und Indi&shy;viduen ist mit den Massen&shy;medien im 20. Jahrhun&shy;dert zum Angel&shy;punkt kultu&shy;reller Selbstbe&shy;schreibun&shy;gen und ihrer Krisen&shy;szena&shy;rios aufge&shy;stiegen. Zumeist wird die Konsti&shy;tution von Massen kultur&shy;kritisch aufge&shy;laden und mit Mani&shy;pula&shy;tion, Meinungs&shy;mache und Machtmiss&shy;brauch asso&shy;ziiert. Die uni&shy;direk&shy;tiona&shy;le Struktur von Sender und Empfän&shy;ger hat Bertolt Brecht schon um 1930 am Radio kriti&shy;siert und darauf hinge&shy;wiesen, dass dem Radio aufgrund seiner techni&shy;schen Beson&shy;derheit, poten&shy;tiell auch ein Sende&shy;gerät zu sein, als Massen&shy;medium auch eman&shy;zipa&shy;tori&shy;sche Kraft zukom&shy;men könne <bib id='Brecht 1992a'></bib>. Diese Kraft wird heute in sozi&shy;alen Medien veror&shy;tet und soll noch im “ara&shy;bischen Früh&shy;ling” am Werk sein. Der Begriff »Massen&shy;medien« kann dahin&shy;gehend als Feld der Aus&shy;einan&shy;derset&shy;zung um den poli&shy;tischen Status von Medien in moder&shy;nen Gesell&shy;schaften gelten. Beson&shy;ders einfluss&shy;reich waren in dieser Hinsicht die Erklä&shy;rungsmo&shy;delle der Frankfur&shy;ter Schule, die die Massen&shy;medien als Kultur&shy;indus&shy;trie iden&shy;tifi&shy;zierten <bib id='Adorno & Horkheimer 1947a'>Ador&shy;no & Horkhei&shy;mer 1947a</bib>. Vor allem Günther Anders hat die Massen&shy;medien für die Zerstö&shy;rung der Urteils&shy;fähig&shy;keit und für den Kollaps der Diffe&shy;renz zwischen Ereig&shy;nis und Abbild verant&shy;wortlich gemacht <bib id='Anders 2009a'></bib> – einen Kollaps, den dann Jean Baudril&shy;lard mithil&shy;fe der Ausdrü&shy;cke [[Simulation, Simulakrum|‘Simu&shy;lakrum’ und ‘Simu&shy;lation’]] beschrie&shy;ben hat <bib id='Baudrillard 1978a'>Baudril&shy;lard 1978a</bib>.
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Ganz anders haben die englisch&shy;sprachigen «Cultu&shy;ral Studies» seit den 1960er Jahren Massen&shy;medien und vor allem das Fernse&shy;hen beschrie&shy;ben <bib id='Fiske 2003a'></bib>. Ihnen geht es weni&shy;ger um Verblen&shy;dung und Mani&shy;pula&shy;tion als um Produk&shy;tivi&shy;tät und Kreati&shy;vität, aber auch um die hege&shy;monia&shy;le Struktur von [[Kontext|Rezep&shy;tionskon&shy;texten]] im alltäg&shy;lichen Gebrauch, ohne in Hoch- und Popkul&shy;tur zu unter&shy;scheiden. Massen&shy;medien geben demnach ihren Rezep&shy;tionskon&shy;text nicht vor und ihre Verwen&shy;dung ist offen und unvor&shy;herseh&shy;bar.
  
Massenmedien, so ein weit verbreiteter Verdacht, nehmen Einfluss auf die Massen, kontrollieren oder manipulieren sie.<ref>Vgl. dazu kritisch <bib id='Eco 1984a'></bib>.</ref> Die Frage nach dem Einfluss von Medien auf Gesellschaft und Individuen ist mit den Massenmedien im 20. Jahrhundert zum Angelpunkt kultureller Selbstbeschreibungen und ihrer Krisenszenarios aufgestiegen. Zumeist wird die Konstitution von Massen kulturkritisch aufgeladen und mit Manipulation, Meinungsmache und Machtmissbrauch assoziiert. Die unidirektionale Struktur von Sender und Empfänger hat Bertolt Brecht schon um 1930 am Radio kritisiert und darauf hingewiesen, dass dem Radio aufgrund seiner technischen Besonderheit, potentiell auch ein Sendegerät zu sein, als Massenmedium auch emanzipatorische Kraft zukommen könne #. Diese Kraft wird heute in sozialen Medien verortet und soll noch im ‚arabischen Frühling’ am Werk sein. Der Begriff „Massenmedien“ kann dahingehend als Feld der Auseinandersetzung um den politischen Status von Medien in modernen Gesellschaften gelten. Besonders einflussreich waren in dieser Hinsicht die Erklärungsmodelle der Frankfurter Schule, die die Massenmedien als Kulturindustrie identifizierten (Theodor W. Adorno, Hans Magnus Enzensberger). Vor allem Günther Anders hat die Massenmedien für die Zerstörung der Urteilsfähigkeit und für den Kollaps der Differenz zwischen Ereignis und Abbild verantwortlich gemacht <bib id='Anders 2009a'></bib> - einen Kollaps, den dann Jean Baudrillard mithilfe der Begriffe [[Simulation, Simulakrum|„Simulakrum“]] und [[Simulation, Simulakrum|„Simulation“]] beschrieben hat <bib id='Baudrillard 1978a'></bib>.
 
 
Ganz anders haben die englischsprachigen Cultural Studies seit den 1960er Jahren Massenmedien und vor allem das Fernsehen beschrieben <bib id='Fiske 2003a'></bib>. Ihnen geht es weniger um Verblendung und Manipulation als um Produktivität und Kreativität, aber auch um die hegemoniale Struktur von Rezeptionskontexten im alltäglichen Gebrauch, ohne in Hoch- und Popkultur zu unterscheiden. Massenmedien geben demnach ihren Rezeptionskontext nicht vor und ihre Verwendung ist offen und unvorhersehbar.
 
 
=====Genealogie der Massenmedienforschung=====
 
 
Der Begriff „Massenmedien“ ist in den letzten Jahren zunehmend einer kritischen Historisierung unterzogen worden und hat dabei viel von dem vormaligen Kredit eingebüßt, der ihn vor allem in der Publizistik zum Grundbegriff werden ließ und der dazu führte, dass er sogar mit „Medien“ allgemein in eins gesetzt wurde. Zur gegenwärtigen Neuorientierung haben zwei Tendenzen beigetragen: Erstens haben eine Reihe historischer Untersuchungen gezeigt, wie der Begriff „mass media“ in den 1950er und 1960er Jahren in den USA in bestimmten Interessenskontexten geprägt und politisch ausgerichtet wurde <bib id='Hagen 2003a'></bib>. Massenmedien werden seit den 1940er Jahren als funktionalistisches Mittel der Massenkommunikation verstanden, was nicht ohne die Ausweitung des Kommunikationsbegriffs zum Basisbegriff der Nachkriegszeit zu verstehen ist <bib id='Schüttpelz 2002a'></bib>.
 
 
Zweitens erscheint der Begriff angesichts der sozialen Medien und der Technologien des Tracings und Trackings wie RFID und GPS kaum mehr brauchbar. Nicht nur weil der Begriff der Masse unscharf wird, sondern auch weil die vermeintlichen ‚Massen’ dieser Medien dezentral organisiert und gestaffelt sind, verliert der Begriff an Einfluss. In dieser Hinsicht ist auch das Korrespondenzverhältnis von Massen und Medien erforscht und die Frage thematisiert worden, welche Relation das vielschichtige Objekt Masse zu den historischen Etappen seiner Erforschung hat.
 
 
John Durham Peters hat jüngst drei Kriterien identifiziert, anhand derer sich Massemmedien historisch untersuchen lassen, ohne bestimmte Medien zu privilegieren <bib id='Peters 2011a'></bib>. Ausgangspunkt ist die These, dass sowohl der Begriff der Masse als auch der Begriff des Mediums einer grundlegenden Revision bedürfen. Er hat für eine Ausweitung des Begriffs der Massenmedien plädiert, weil sich die gängige Identifikation von Massenmedien mit bestimmten Technologien erschöpft habe. Massenmedien seien gekennzeichnet a) durch ihre Verfahren der Adressierung ihrer Öffentlichkeit, Massen oder Rezipienten, b) durch ihre Verteilung in Raum und Zeit aufgrund von Reichweite und Dauer sowie c) ihre jeweils spezifische Form der Interaktion. Damit ließen sich historisch verschiedenste Technologien als Massenmedien identifizieren und in ihrer jeweiligen Spezifik bestimmen. Dem wäre hinzuzufügen, dass der Begriff der Massenmedien – wie auch die Begriffe von Masse und von Medien im engeren Sinne – selbst Produkte des 20. Jahrhunderts sind, die alle drei historisiert werden müssen.
 
  
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==Genealogie der Massen&shy;medien&shy;forschung==
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Der Begriff »Massen&shy;medien« ist in den letzten Jahren zuneh&shy;mend einer kriti&shy;schen Histo&shy;risie&shy;rung unter&shy;zogen worden und hat dabei viel von dem vorma&shy;ligen Kredit einge&shy;büßt, der ihn vor allem in der Publi&shy;zistik zum Grundbe&shy;griff werden ließ und der dazu führte, dass er sogar mit »Medien« allge&shy;mein in eins gesetzt wurde. Zur gegen&shy;wärti&shy;gen Neu&shy;orien&shy;tierung haben zwei Tenden&shy;zen beige&shy;tragen: Erstens haben eine Reihe histo&shy;rischer Unter&shy;suchun&shy;gen gezeigt, wie die Bezeich&shy;nung ‘mass media’ in den 1950er und 1960er Jahren in den USA in bestimm&shy;ten Inte&shy;ressens&shy;kontex&shy;ten geprägt und poli&shy;tisch ausge&shy;richtet wurde <bib id='Hagen 2003a'></bib>. Inner&shy;halb dieser Histo&shy;risie&shy;rung wurde darge&shy;stellt, wie Massen&shy;medien seit den 1940er Jahren als funkti&shy;ona&shy;listi&shy;sches Mittel der Massen&shy;kommu&shy;nika&shy;tion verstan&shy;den wurden, was nicht ohne die Auswei&shy;tung des Kommu&shy;nika&shy;tionsbe&shy;griffs zum Basis&shy;begriff der Nachkriegs&shy;zeit zu verstehen ist <bib id='Schüttpelz 2002a'></bib>. Zweitens erscheint der Begriff angesichts der sozi&shy;alen Medien und der Techno&shy;logien des Tracings und Trackings wie RFID (radio-frequen&shy;cy iden&shy;tifi&shy;cation) und GPS (global posi&shy;tioning system) kaum mehr brauchbar, die zur Iden&shy;tifi&shy;kation von Objek&shy;ten oder zur Loka&shy;lisie&shy;rung mittels Satel&shy;lit enor&shy;me Daten&shy;mengen sammeln und verar&shy;beiten, dabei aber Daten über Objek&shy;te oder Menschen je einzeln verar&shy;beiten. Nicht nur weil der Begriff der Masse unscharf wird, sondern auch weil die vermeintlichen “Massen” dieser Medien dezen&shy;tral orga&shy;nisiert und gestaf&shy;felt sind, verliert der Begriff an Einfluss. In dieser Hinsicht ist auch das Korres&shy;pondenz&shy;verhält&shy;nis von Massen und Medien erforscht und die Frage thema&shy;tisiert worden, welche Rela&shy;tion das vielschich&shy;tige Objekt Masse zu den historischen Etap&shy;pen seiner Erfor&shy;schung hat <bib id='Vehlken 2012a'></bib>.
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John Durham Peters hat jüngst drei Krite&shy;rien iden&shy;tifi&shy;ziert, anhand derer sich Massen&shy;medien histo&shy;risch unter&shy;suchen lassen, ohne bestimm&shy;te Medien zu privi&shy;legie&shy;ren <bib id='Peters 2011a'></bib>. Ausgangs&shy;punkt ist die These, dass sowohl der Begriff der Masse als auch der Begriff des Mediums einer grundle&shy;genden Revi&shy;sion bedür&shy;fen. Er hat für eine Auswei&shy;tung des Begriffs der Massen&shy;medien plädiert, weil sich die gängi&shy;ge Iden&shy;tifi&shy;kation von Massen&shy;medien mit bestimm&shy;ten Techno&shy;logien erschöpft habe. Massen&shy;medien seien gekenn&shy;zeichnet a) durch ihre Verfah&shy;ren der Adres&shy;sierung ihrer Öffent&shy;lichkeit, Massen oder Rezi&shy;pienten, b) durch ihre Vertei&shy;lung in Raum und Zeit aufgrund von Reichwei&shy;te und Dauer sowie c) ihre jeweils spezi&shy;fische Form der Inter&shy;aktion. Damit ließen sich histo&shy;risch verschie&shy;denste Techno&shy;logien als Massen&shy;medien iden&shy;tifi&shy;zieren und in ihrer jewei&shy;ligen Spezi&shy;fik bestim&shy;men. Dem wäre hinzu&shy;zufü&shy;gen, dass der Begriff der Massen&shy;medien – wie auch die Begriffe von Masse und von Medien im enge&shy;ren Sinne – selbst Produk&shy;te des 20. Jahrhun&shy;derts sind, die alle drei histo&shy;risiert werden müssen.
  
 
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* [[Cyberspace]]
 
* [[Fernsehen]]
 
* [[Fernsehen]]
 
* [[Film]]
 
* [[Film]]
 
* [[Fotografie]]
 
* [[Fotografie]]
 
* [[Interaktion und Kommunikation]]
 
* [[Interaktion und Kommunikation]]
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* [[Kontext]]
 
* [[Simulation, Simulakrum]]
 
* [[Simulation, Simulakrum]]
 
* [[Technische Medien]]
 
* [[Technische Medien]]
 
<!--Anmerkung zwischen <ref> und </ref> im laufenden Text-->
 
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas 61a'>Jonas 1961</bib> -->
 
<!--  ... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
 
<!--  ... (siehe Link "Sammlung" in Bibliographie-Box -->
 
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Aktuelle Version vom 15. Dezember 2019, 16:55 Uhr

Unterpunkt zu: Medientheorien: Übersicht


Der «iconic turn» und «pictorial turn» der 1990er Jahre arti­kulie­rten ein Beschrei­bungsde­fizit ange­sichts der von den soge­nannten Massen­medien erzeug­ten ‘Bilder­schwemme’. Die Dringlich­keit, mit der eine Hinwen­dung zu den Bildern gefor­dert wurde, speiste sich aus einer Reihe von Beobach­tungen, die die zuneh­mend inva­sive Bedeu­tung von Bildern, die Erset­zung von Schrift durch Bild und eine neue Art der Vertei­lung von Bildern durch das Inter­net zum Gegen­stand hatten – Beobach­tungen, denen über­liefer­te theore­tische Ansät­ze nur unge­nügend begeg­nen konnten. Ohne Berück­sichti­gung der Massen­medien, so der Tenor, würde man Bildpro­duktion und Bildprak­tiken zukünf­tig kaum beschrei­ben können.


Massenmedien, «iconic turn» und «picto­rial turn»

Ein wesentliches Moment bildwis­senschaft­licher Betä­tigung bezieht sich damit auf Medien, die der Kunstge­schichte lange Zeit als minder­wertig und als zu vernach­lässigen galten: den Massen­medien, einem äußert unschar­fen, ambi­valen­ten und kultur­pessi­mistisch besetz­ten Gegen­stand. Als Massen­medien werden gemein­hin techni­sche Medien bezeichnet, die ihre Inhalte nicht nur wie etwa ein Brief zwischen einem Sender und einem Empfän­ger vermit­teln, sondern eine große Menge von – zumeist ano­nymen – Empfän­gern zugleich errei­chen. Sinnfäl­lig wird das an der Bezeich­nung ‘Broad­casting’, die mit dem Massen­medium Radio einge­führt und auch für das Fernse­hen beibe­halten wird; sie stammt aus dem Acker­bau und bezeich­net dort das breitwür­fige Säen, also ein Verfah­ren, bei dem aus einer Hand heraus eine große oder größtmög­liche Streuung erreicht werden soll. Die para­digma­tischen Massen­medien sind Radio und Fernse­hen, die sich etwa vom Inter­net mit seiner Netzstruk­tur (die durchaus bestimm­te massen­medi­ale Aspek­te be­inhal­tet) dadurch unter­scheiden, dass sie sich nicht nur an viele Empfän­ger wenden, sondern an viele Empfän­ger im gleichen Moment mit dem gleichen Inhalt, wenn auch nicht auf die gleiche Weise. Paral­lel zur techni­schen Verrin­gerung der Über­tragungs­geschwin­digkeit durch bestän­dig neue techni­sche Entwick­lungen stieg die Anzahl der Empfän­ger ins poten­tiell Unend­liche; ein Prozess, der seit Ende des 19. Jahrhun­derts alle Berei­che der Kultur grundle­gend verän­dert hat und darin kulmi­niert, dass Kultur heute ohne Massen­medien kaum noch denkbar erscheint. Er lässt sich jedoch weni­ger auf einzel­ne Techni­ken zurück­führen, sondern ist Bestand­teil einer grundle­genden Transfor­mation zur Massen­kultur, in der indus­trielle Produk­tions-, Repro­duktions- und Distri­butions­weisen[1] zusam­men mit neuen Medien (Foto­grafie seit 1826, Tele­grafie seit 1837, Film seit 1895), Transport­mitteln, Urba­nisie­rung und dem moder­nen Presse­wesen zusam­mentre­ten. Dabei werden sozi­ale, poli­tische und öko­nomi­sche Ordnun­gen grundle­gend umge­staltet.

Ein Resultat dieser Prozesse ist um 1900 das Auftau­chen eines neuen sozi­alen Phäno­mens: der gestalt­losen, indif­feren­ten, affek­tiven Masse, wie sie etwa Gustave Le Bon oder Gabriel Tarde beschrei­ben [Gamper 2007a]Literaturangabe fehlt.
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. Sie trifft auf neue Medien, die Bilder für alle vertei­len, jeden Menschen adres­sierbar machen, weni­gen Perso­nen Zugang zu allen verschaf­fen und damit zum mächti­gen Faktor der Poli­tik des 20. Jahrhun­derts werden. Die Masse ist seit ihrem Auftau­chen mit Fragen von Herrschaft und Macht verbun­den [Canet­ti 2011a]Literaturangabe fehlt.
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. Zudem stellt sich die Frage, ob Medien jeweils eige­ne Massen hervor­bringen oder ob sie im Gegen­teil nur die Bedürf­nisse der Masse befrie­digen, in welchem Konsti­tutions­verhält­nis also Medien und Masse zu­einan­der stehen.

Massenmedien stehen damit im Gegen­satz zu einer Kommu­nika­tion face to face, die sich nur an die begrenz­te Zahl der Anwe­senden richten kann. Die Kommu­nika­tion face to face gilt seit der Schriftkri­tik in Platons «Phaidros» als Modell der “guten”, unver­mittel­ten Kommu­nika­tion. Auf diesen Topos rekur­rierte die Medien­kritik stets dann, wenn neue Medien das Gefü­ge alter Medien in Unord­nung brachten [Sprenger 2010a]Literaturangabe fehlt.
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. Sokra­tes kriti­siert im genann­ten Dialog an der Schrift, sie antwor­te nicht, sage nur immer ein und dassel­be, könne nicht inter­agieren, richte sich an Belie­bige, schwäche das Erin­nerungs­vermö­gen und sei nicht wie der Dialog geeig­net, mit dem Gegen­über in der Gegen­wart die Wahrheit aufzu­decken. Die Schrift (oder in der folgen­den plato­nisti­schen Medien­kritik: das gedruck­te Buch, das Foto, der Film usw.) ist demnach gefähr­lich und schlecht, weil sie sich an alle wendet und allen das Gleiche über­trägt.


Massenmedien und Gesell­schaft

Massenmedien, so ein weit verbrei­teter Verdacht, nehmen Einfluss auf die Massen, kontrol­lieren oder mani­pulie­ren sie.[2] Die Frage nach dem Einfluss von Medien auf Gesell­schaft und Indi­viduen ist mit den Massen­medien im 20. Jahrhun­dert zum Angel­punkt kultu­reller Selbstbe­schreibun­gen und ihrer Krisen­szena­rios aufge­stiegen. Zumeist wird die Konsti­tution von Massen kultur­kritisch aufge­laden und mit Mani­pula­tion, Meinungs­mache und Machtmiss­brauch asso­ziiert. Die uni­direk­tiona­le Struktur von Sender und Empfän­ger hat Bertolt Brecht schon um 1930 am Radio kriti­siert und darauf hinge­wiesen, dass dem Radio aufgrund seiner techni­schen Beson­derheit, poten­tiell auch ein Sende­gerät zu sein, als Massen­medium auch eman­zipa­tori­sche Kraft zukom­men könne [Brecht 1992a]Literaturangabe fehlt.
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. Diese Kraft wird heute in sozi­alen Medien veror­tet und soll noch im “ara­bischen Früh­ling” am Werk sein. Der Begriff »Massen­medien« kann dahin­gehend als Feld der Aus­einan­derset­zung um den poli­tischen Status von Medien in moder­nen Gesell­schaften gelten. Beson­ders einfluss­reich waren in dieser Hinsicht die Erklä­rungsmo­delle der Frankfur­ter Schule, die die Massen­medien als Kultur­indus­trie iden­tifi­zierten [Ador­no & Horkhei­mer 1947a]Literaturangabe fehlt.
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. Vor allem Günther Anders hat die Massen­medien für die Zerstö­rung der Urteils­fähig­keit und für den Kollaps der Diffe­renz zwischen Ereig­nis und Abbild verant­wortlich gemacht [Anders 2009a]Literaturangabe fehlt.
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– einen Kollaps, den dann Jean Baudril­lard mithil­fe der Ausdrü­cke ‘Simu­lakrum’ und ‘Simu­lation’ beschrie­ben hat [Baudril­lard 1978a]Baudrillard, Jean (1978).
Agonie des Realen. Berlin: Merve.

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Ganz anders haben die englisch­sprachigen «Cultu­ral Studies» seit den 1960er Jahren Massen­medien und vor allem das Fernse­hen beschrie­ben [Fiske 2003a]Literaturangabe fehlt.
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. Ihnen geht es weni­ger um Verblen­dung und Mani­pula­tion als um Produk­tivi­tät und Kreati­vität, aber auch um die hege­monia­le Struktur von Rezep­tionskon­texten im alltäg­lichen Gebrauch, ohne in Hoch- und Popkul­tur zu unter­scheiden. Massen­medien geben demnach ihren Rezep­tionskon­text nicht vor und ihre Verwen­dung ist offen und unvor­herseh­bar.


Genealogie der Massen­medien­forschung

Der Begriff »Massen­medien« ist in den letzten Jahren zuneh­mend einer kriti­schen Histo­risie­rung unter­zogen worden und hat dabei viel von dem vorma­ligen Kredit einge­büßt, der ihn vor allem in der Publi­zistik zum Grundbe­griff werden ließ und der dazu führte, dass er sogar mit »Medien« allge­mein in eins gesetzt wurde. Zur gegen­wärti­gen Neu­orien­tierung haben zwei Tenden­zen beige­tragen: Erstens haben eine Reihe histo­rischer Unter­suchun­gen gezeigt, wie die Bezeich­nung ‘mass media’ in den 1950er und 1960er Jahren in den USA in bestimm­ten Inte­ressens­kontex­ten geprägt und poli­tisch ausge­richtet wurde [Hagen 2003a]Literaturangabe fehlt.
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. Inner­halb dieser Histo­risie­rung wurde darge­stellt, wie Massen­medien seit den 1940er Jahren als funkti­ona­listi­sches Mittel der Massen­kommu­nika­tion verstan­den wurden, was nicht ohne die Auswei­tung des Kommu­nika­tionsbe­griffs zum Basis­begriff der Nachkriegs­zeit zu verstehen ist [Schüttpelz 2002a]Literaturangabe fehlt.
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. Zweitens erscheint der Begriff angesichts der sozi­alen Medien und der Techno­logien des Tracings und Trackings wie RFID (radio-frequen­cy iden­tifi­cation) und GPS (global posi­tioning system) kaum mehr brauchbar, die zur Iden­tifi­kation von Objek­ten oder zur Loka­lisie­rung mittels Satel­lit enor­me Daten­mengen sammeln und verar­beiten, dabei aber Daten über Objek­te oder Menschen je einzeln verar­beiten. Nicht nur weil der Begriff der Masse unscharf wird, sondern auch weil die vermeintlichen “Massen” dieser Medien dezen­tral orga­nisiert und gestaf­felt sind, verliert der Begriff an Einfluss. In dieser Hinsicht ist auch das Korres­pondenz­verhält­nis von Massen und Medien erforscht und die Frage thema­tisiert worden, welche Rela­tion das vielschich­tige Objekt Masse zu den historischen Etap­pen seiner Erfor­schung hat [Vehlken 2012a]Literaturangabe fehlt.
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John Durham Peters hat jüngst drei Krite­rien iden­tifi­ziert, anhand derer sich Massen­medien histo­risch unter­suchen lassen, ohne bestimm­te Medien zu privi­legie­ren [Peters 2011a]Literaturangabe fehlt.
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. Ausgangs­punkt ist die These, dass sowohl der Begriff der Masse als auch der Begriff des Mediums einer grundle­genden Revi­sion bedür­fen. Er hat für eine Auswei­tung des Begriffs der Massen­medien plädiert, weil sich die gängi­ge Iden­tifi­kation von Massen­medien mit bestimm­ten Techno­logien erschöpft habe. Massen­medien seien gekenn­zeichnet a) durch ihre Verfah­ren der Adres­sierung ihrer Öffent­lichkeit, Massen oder Rezi­pienten, b) durch ihre Vertei­lung in Raum und Zeit aufgrund von Reichwei­te und Dauer sowie c) ihre jeweils spezi­fische Form der Inter­aktion. Damit ließen sich histo­risch verschie­denste Techno­logien als Massen­medien iden­tifi­zieren und in ihrer jewei­ligen Spezi­fik bestim­men. Dem wäre hinzu­zufü­gen, dass der Begriff der Massen­medien – wie auch die Begriffe von Masse und von Medien im enge­ren Sinne – selbst Produk­te des 20. Jahrhun­derts sind, die alle drei histo­risiert werden müssen.

Anmerkungen
  1. James Be­ni­ger hat die Me­di­en­ent­wick­lun­gen des 19. Jahr­hun­derts auf eine „Kri­se der Kon­t­rol­le“ zu­rück­ge­führt, die auf den un­ter­schied­li­chen Zeit­re­gi­men der neu­en Tech­no­lo­gi­en be­ruht, wel­che in lang­wie­ri­gen tech­ni­schen und so­zi­a­len Syn­chro­ni­sa­ti­ons­pro­zes­sen auf­ei­n­an­der ab­ge­stimmt werden muss­ten; vgl. [Be­ni­ger 1986a]Literaturangabe fehlt.
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    .
  2. Vgl. da­zu kri­tisch [Eco 1984a]Literaturangabe fehlt.
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    .
Literatur                             [Sammlung]

[Ador­no & Horkhei­mer 1947a]:
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[Anders 2009a]:
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[Baudril­lard 1978a]: Baudrillard, Jean (1978). Agonie des Realen. Berlin: Merve.

[Be­ni­ger 1986a]:
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[Brecht 1992a]:
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[Canet­ti 2011a]:
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[Eco 1984a]:
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[Fiske 2003a]:
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[Gamper 2007a]:
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[Hagen 2003a]:
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[Peters 2011a]:
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[Schüttpelz 2002a]:
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[Vehlken 2012a]:
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Ausgabe 1: 2013

Verantwortlich:

Lektorat:

Seitenbearbeitungen durch: Dimitri Liebsch [49], Florian Sprenger [27] und Joerg R.J. Schirra [14] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Sprenger 2013g-a]Literaturangabe fehlt.
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[Ador­no & Horkhei­mer 1947a]:
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[Be­ni­ger 1986a]:
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