Nomination: Unterschied zwischen den Versionen

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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==Nomination als ungesättigte Teilhand&shy;lung der Propo&shy;sition==
  
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Fragt man nach der [[Pragmatik, Semantik, Syntax|Pragma&shy;tik]] von [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichen]], dann wird schnell ein kombi&shy;nato&shy;risches Schema asso&shy;ziiert ähnlich jenem, das die pragma&shy;tische Funktion von  [[Proposition|Aussa&shy;gen]] aus den Teilzei&shy;chenhand&shy;lungen der Nomi&shy;nation und der [[Prädikation|Prädi&shy;kation]] rekon&shy;struiert. Insbe&shy;sonde&shy;re bei Bildern – genau&shy;er bei [[Interaktion und Kommunikation|Kommu&shy;nika&shy;tionsak&shy;ten]] mithil&shy;fe von Bildern – wird oft unter&shy;sucht, ob nicht gerade jene Teilfunk&shy;tionen ein die Bildprag&shy;matik erzeu&shy;gendes System ele&shy;menta&shy;rer kommu&shy;nika&shy;tiver Akte liefern könnten (vgl. <bib id='Sachs-Hombach 2003a'></bib> oder <bib id='Harth 2001a'></bib>). Nomi&shy;nation ist die Zeichen&shy;teilhand&shy;lung, mit der man auf einen Gegen&shy;stand aufmerk&shy;sam macht, über den etwas mitge&shy;teilt werden soll; dieser Gegen&shy;stand muss dabei beiden Kommu&shy;nika&shy;tionspart&shy;nern bereits bekannt – in ihrem gemein&shy;samen ''Diskurs&shy;­uni­ver&shy;sum''<ref>Sie&shy;he hier&shy;zu auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Diskursuniversum Wi&shy;ki&shy;pe&shy;dia: Dis&shy;kurs&shy;uni&shy;ver&shy;sum].</ref> vorhan&shy;den – sein (cf. <bib id='Kamlah & Lorenzen 1973a'>Kamlah & Loren&shy;zen 1973a</bib>: § 3, sowie <bib id='Gerhardus et al. 1975a'>Gerhar&shy;dus et al. 1975a</bib>: S. 42). Dabei gilt die Nomi&shy;nation als im Sinne Freges ''unge&shy;sättigt'', d.h. als eine echte ''Teil''hand&shy;lung, die ergän&shy;zungsbe&shy;dürftig ist und sinnvol&shy;ler Weise nicht allei&shy;ne vorkom&shy;men kann.
=====Darstellung des gr. Zusammenhangs=====
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Insbesondere ohne die Vervoll&shy;ständi&shy;gung zu einer [[Proposition|Propo&shy;sition]] durch eine [[Prädikation|Prädi&shy;kation]] stünde das Erwäh&shy;nen eines Gegen&shy;standes durch die Nomi&shy;nation kommu&shy;nika&shy;tiv ge&shy;wisser&shy;maßen im leeren Raum.
  
<!--Hier die entsprechende Textpassage einfügen-->
 
<!--Anmerkung zwischen <ref> und </ref> im laufenden Text-->
 
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas 61a'>Jonas 1961</bib> -->
 
<!--  ... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
 
<!--  ... (siehe Link "Sammlung" in Bibliographie-Box -->
 
<!-- Bilder als thumbs einsetzen, Muster: [[Datei:Beispiel.png|thumb|Bildtitel]] -->
 
  
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==Arten und Voraussetzungen der Nomi&shy;nation==
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In Verbindung mit Zeige&shy;gesten dienen häufig deikti&shy;sche Aus&shy;drücke – „dies“, „diese/r/s“ etc. – dazu, die Teilhand&shy;lung »Nomi&shy;nation« auszu&shy;führen, vor allem wenn die aktu&shy;elle Kommu&shy;nika&shy;tionssi&shy;tuation und die „darin gege&shy;benen“ mate&shy;riellen Gegen&shy;stände gemeint sind. Die Funktion der Nomi&shy;nation ist nicht auf solche Gegen&shy;stände beschränkt: Auch mit den Aus&shy;drücken „das letzte Einhorn“, „diese Idee des Schönen“, „Otto von Gue&shy;ricke“ oder „Harry Potters Gegen&shy;spieler“ können wir ja durchaus auf Diskurs&shy;gegen&shy;stände verwei&shy;sen. Im ersten Fall handelt es sich um eine defi&shy;nite Kennzeich&shy;nungen auf einen fikti&shy;ven Gegen&shy;stand, im zweiten Fall um eine deikti&shy;sche Kennzeich&shy;nungen auf einen abstrak&shy;ten Gegen&shy;stand, im dritten Fall um einen Eigen&shy;namen für einen realen Gegen&shy;stand in der Vergan&shy;genheit und im vierten Fall um eine komple&shy;xe Nomi&shy;nation mit Eigen&shy;name und Kennzeich&shy;nung für einen medial vermit&shy;telten Gegen&shy;stand.
  
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{| class="wikitable"
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|+ Übersicht über die Arten der Nomi&shy;nation
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| align="left"|einfa&shy;che deikti&shy;sche Aus&shy;drücke (Demon&shy;strator)
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| align="left"|„dies“, „dieser“
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| zu&shy;sam&shy;men mit Zei&shy;ge&shy;ges&shy;te ver&shy;wen&shy;det, kei&shy;ne Ei&shy;gen&shy;schafts- oder Typ&shy;an&shy;ga&shy;be
 +
|-
 +
| align="left"|inde&shy;xika&shy;lische Aus&shy;drücke
 +
| align="left"|„ich“, „dir“, „uns“
 +
| er&shy;ge&shy;ben sich un&shy;mit&shy;tel&shy;bar aus der Kom&shy;mu&shy;ni&shy;ka&shy;ti&shy;ons&shy;si&shy;tu&shy;a&shy;ti&shy;on und ih&shy;ren Kom&shy;po&shy;nen&shy;ten; das Be&shy;zeich&shy;ne&shy;te muss al&shy;so ge&shy;gen&shy;wär&shy;tig sein; gilt ins&shy;be&shy;son&shy;de&shy;re für die Kom&shy;mu&shy;ni&shy;ka&shy;ti&shy;ons&shy;part&shy;ner selbst
 +
|-
 +
| align="left"|Anaphern
 +
| align="left"|„es“, „sie“, „ihm“, „ihnen“
 +
| oh&shy;ne Zei&shy;ge&shy;hand&shy;lung ver&shy;wen&shy;det, Ver&shy;weis auf vor&shy;er&shy;wähn&shy;te Ge&shy;gen&shy;stän&shy;de
 +
|-
 +
| align="left"|Eigen&shy;namen
 +
| „Ludwig“, „Mona Lisa“
 +
| kon&shy;ven&shy;ti&shy;o&shy;nell (durch Tauf&shy;akt im wei&shy;tes&shy;ten Sinn) etab&shy;lier&shy;te No&shy;mi&shy;na&shy;to&shy;ren
 +
|-
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| align="left"|defi&shy;nite Kenn&shy;zeich&shy;nungen<ref>Sie&shy;he auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Kennzeichnung Wi&shy;ki&shy;pe&shy;dia: Kenn&shy;zeich&shy;nung]. <br>Indefi&shy;nite Kennzeich&shy;nungen („ein Einhorn“) erfül&shy;len in aller Regel keine nomi&shy;nato&shy;rische sondern [[Prädikation|prädi&shy;kato&shy;rische]]
 +
Funktion.</ref>
 +
| „das Ein&shy;horn“, „das ver&shy;letz&shy;te Ein&shy;horn“, „das Ein&shy;horn, das sein Horn ver&shy;lo&shy;ren hat“
 +
| in&shy;di&shy;vi&shy;du&shy;ier&shy;te In&shy;stanz ei&shy;nes be&shy;stimm&shy;ten Typs – ei&shy;ne Des&shy;krip&shy;ti&shy;on „das&shy;je&shy;ni&shy;ge im ak&shy;tu&shy;el&shy;len Dis&shy;kurs&shy;uni&shy;ver&shy;sum, von dem Du weißt, dass es die&shy;se und je&shy;ne Ei&shy;gen&shy;schaft be&shy;sitzt“
 +
|-
 +
| align="left"|ana&shy;phori&shy;sche Kenn&shy;zeich&shy;nungen
 +
| „sein Ein&shy;horn“
 +
| Kom&shy;bi&shy;na&shy;ti&shy;on aus ana&shy;pho&shy;ri&shy;schen und des&shy;krip&shy;ti&shy;ven No&shy;mi&shy;na&shy;to&shy;ren
 +
|-
 +
| align="left"|deikti&shy;sche Kenn&shy;zeich&shy;nungen
 +
| „dieses Ein&shy;horn“
 +
| Kom&shy;bi&shy;na&shy;ti&shy;on aus deik&shy;ti&shy;schen und des&shy;krip&shy;ti&shy;ven No&shy;mi&shy;na&shy;to&shy;ren; gilt als die all&shy;ge&shy;mein&shy;ste Form, aus der sich die an&shy;de&shy;ren For&shy;men ab&shy;lei&shy;ten
 +
|}
  
 +
Wichtig ist in allen Fällen, dass die jewei&shy;ligen Kommu&shy;nika&shy;tionspart&shy;ner die gemein&shy;ten Gegen&shy;stände bereits kennen und in irgend&shy;einer Form von den ande&shy;ren gera&shy;de aktu&shy;ellen Diskurs&shy;gegen&shy;ständen aus&shy;einan&shy;derhal&shy;ten können. Eine Nomi&shy;nation kann nämlich nur erfolg&shy;reich durchge&shy;führt werden, wenn klar ist, welche Menge von Gegen&shy;ständen über&shy;haupt gera&shy;de zur Auswahl steht, d.h. über welches ''Diskurs&shy;uni&shy;versum'' die Kommu&shy;nika&shy;tionspart&shy;ner sich gera&shy;de verstän&shy;digen. Für die deikti&shy;schen Nomi&shy;nations&shy;formen ist sofort klar, dass dies die Äußerungs&shy;situa&shy;tion sein muss, in der sich die Gesprächs&shy;partner befin&shy;den, also genau&shy;er: die Gegen&shy;stände, die sie dort (gemein&shy;sam) wahrneh&shy;men können.<ref>Dar&shy;über hin&shy;aus kön&shy;nen deik&shy;ti&shy;sche Aus&shy;drü&shy;cke und die zu&shy;ge&shy;hö&shy;ri&shy;gen [[Zeigen und Sich-Zeigen|Zei&shy;ge&shy;ges&shy;ten]] auch in ei&shy;nem wei&shy;te&shy;ren Sinn ver&shy;wen&shy;det werden. Dann kön&shy;nen die Zei&shy;ge&shy;ges&shy;ten und der da&shy;mit ver&shy;bun&shy;de&shy;ne De&shy;mon&shy;stra&shy;tor auf ei&shy;nen le&shy;dig&shy;lich vor&shy;ge&shy;stell&shy;ten oder auch ab&shy;strak&shy;ten Ge&shy;gen&shy;stand ver&shy;wei&shy;sen, al&shy;ler&shy;dings im&shy;mer noch so, als wä&shy;re der in der ak&shy;tu&shy;el&shy;len Kom&shy;mu&shy;ni&shy;ka&shy;ti&shy;ons&shy;si&shy;tu&shy;a&shy;ti&shy;on kon&shy;kret zu&shy;ge&shy;gen.<br> Sie&shy;he auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Deixis Wi&shy;ki&shy;pe&shy;dia: Dei&shy;xis].</ref> Im allge&shy;meinen Fall bezie&shy;hen sich die Nomi&shy;natio&shy;nen auf einen [[Kontext]], der entwe&shy;der impli&shy;zit<ref>Ne&shy;ben der un&shy;mit&shy;tel&shy;ba&shy;ren Äu&shy;ße&shy;rungs&shy;si&shy;tu&shy;a&shy;ti&shy;on er&shy;gibt sich als Stan&shy;dard&shy;fall bei ei&shy;ner Fol&shy;ge von Aus&shy;sa&shy;gen der Kon&shy;text ei&shy;ner Aus&shy;sa&shy;ge, falls nichts an&shy;de&shy;res aus&shy;drück&shy;lich er&shy;wähnt wird, aus dem Kon&shy;text der vo&shy;ran&shy;ge&shy;hen&shy;den Aus&shy;sa&shy;ge.</ref> klar ist oder expli&shy;zit<ref>Ne&shy;ben aus&shy;drück&shy;li&shy;chen Ver&shy;wei&shy;sen auf einen Kon&shy;text, et&shy;wa in Form von Orts- und Zeit&shy;an&shy;ga&shy;ben (‘in Pa&shy;ris vor dem Tor der Bas&shy;tille am 14. Ju&shy;li 1789’, als Satz&shy;ad&shy;verb) oder Me&shy;dien&shy;an&shy;ga&shy;ben (‘in dem Film «Ver&shy;ti&shy;go» von Hitch&shy;cock’, als Satz&shy;ad&shy;verb), lie&shy;fern bei&shy;spiels&shy;wei&shy;se auch die Tem&shy;pus&shy;an&shy;ga&shy;ben den ge&shy;mein&shy;ten Kon&shy;text&shy;be&shy;zug.</ref> ange&shy;geben wurde.
  
=====Engere Begriffsbestimmung=====
 
  
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+
==Bildhafte Nomina&shy;tionen?==
 +
Inwiefern ist die Teilhand&shy;lung »Nomi&shy;nation« für die Bildver&shy;wendung rele&shy;vant? Immer&shy;hin reden wir umgangs&shy;sprachlich oft so, dass wir uns mithil&shy;fe eines Bildes einen bestimm&shy;ten Gegen&shy;stand vor Augen (und Geist) führen. Sollte mögli&shy;cherwei&shy;se gar die Nomi&shy;nation die grundle&shy;gende Form des Bildge&shy;brauchs sein? Wäre das der Fall, dann müsste die Nomi&shy;nation
 +
''jeder'' Bildver&shy;wendung zu Grunde liegen.
  
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[[Datei:GoldenGate1.jpg|thumb|Ab&shy;bil&shy;dung 1: Ein Bei&shy;spiel: „Ist 1936 ge&shy;baut wor&shy;den“]]
  
=====optional Beispiele=====
+
Bei&shy;spiels&shy;wei&shy;se emp&shy;fin&shy;den wir es als nicht un&shy;ge&shy;wöhn&shy;lich, wenn je&shy;mand das Bild ei&shy;ner gro&shy;ßen, rot an&shy;ge&shy;stri&shy;che&shy;nen Hän&shy;ge&shy;brü&shy;cke mit zwei auf&shy;fäl&shy;lig ge&shy;stal&shy;te&shy;ten Pfei&shy;lern prä&shy;sen&shy;tiert (Abb. 1) und da&shy;zu knapp be&shy;merkt: „Ist 1936 ge&shy;baut wor&shy;den.“ Der [[Bildhandeln|Bild&shy;zei&shy;chen&shy;akt]] über&shy;nimmt al&shy;so an&shy;schei&shy;nend die Rol&shy;le der No&shy;mi&shy;na&shy;ti&shy;on; hier gilt eben&shy;so wie bei den rein sprach&shy;li&shy;chen No&shy;mi&shy;na&shy;ti&shy;o&shy;nen, dass auch der pas&shy;si&shy;ve Dis&shy;kurs&shy;part&shy;ner je&shy;nes Ob&shy;jekt be&shy;reits als ge&shy;mein&shy;sam be&shy;kannt ver&shy;ste&shy;hen muss, da er an&shy;sons&shy;ten nicht wüss&shy;te, wo&shy;rauf er die Prä&shy;di&shy;ka&shy;ti&shy;on des Bau&shy;jah&shy;res über&shy;haupt be&shy;zie&shy;hen soll.
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Die [[Modalität|modale Bild&shy;theorie]] wider&shy;spricht dieser Ana&shy;lyse der Beispiel&shy;situ&shy;ation: Bei der anschei&shy;nend nomi&shy;nato&shy;risch einge&shy;setzten Abbil&shy;dung der Golden Gate-Brücke eröff&shy;ne das Bild vielmehr einen refe&shy;renti&shy;ellen [[Kontext]] mit dem inten&shy;tiona&shy;len Gegen&shy;stand als (poten&shy;tielle) [[Figur/Grund-Differenzierung|Figur]] vor einem (poten&shy;tiellen) Grund. Über diesen wird dann (unter der Annah&shy;me, dass das Gegen&shy;über den indi&shy;vidu&shy;ellen Gegen&shy;­stand auch visu&shy;ell erkennt) das nicht wahrnehm&shy;bare Baujahr prädi&shy;ziert. Tatsäch&shy;lich wird ja nicht das gesam&shy;te Bild nomi&shy;nato&shy;risch benutzt – der Himmel, der Ozean, die Insel hinter der Brücke oder ein Boot davor, die eben&shy;falls zu sehen sein mögen, sind in diesem Fall nicht ange&shy;sprochen, obwohl im letzten Fall die ange&shy;gebe&shy;ne Prädi&shy;kation durchaus auch verwend&shy;bar sein könnte. Diese abge&shy;bilde&shy;ten Gegen&shy;stände könnten aber bei Gele&shy;genheit jeweils eben&shy;falls als Figur heraus&shy;gegrif&shy;fen werden (⊳ [[Gegenstand der visuellen Wahrnehmung|Gegen&shy;stand der visu&shy;ellen Wahrneh&shy;mung]]).
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Tatsächlich treten, wenn man versucht, Bildver&shy;wendung im Sinne einer der Nomi&shy;nations&shy;arten zu verste&shy;hen, eine Reihe charak&shy;teris&shy;tischer Proble&shy;me auf, die jeweils Beson&shy;derhei&shy;ten der Bildver&shy;wendung unter&shy;streichen können. Im Folgen&shy;den sind diese Proble&shy;me der Situ&shy;ation gegen&shy;über&shy;gestellt, dass eine entspre&shy;chende sprachli&shy;che Nomi&shy;nations&shy;form die Bildprä&shy;senta&shy;tion beglei&shy;tet.
  
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===Bilder und deiktische oder ana&shy;phori&shy;sche Aus&shy;drücke===
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Bilder im Sinne von deikti&shy;schen Aus&shy;drücken zu verwen&shy;den, also etwa an Stelle der Äuße&shy;rung von ‘Dies!’ und zusam&shy;men mit einer (nicht auf das Bild gerich&shy;teten) Zeige&shy;geste, ist nicht recht vorstell&shy;bar, müsste doch der damit gemein&shy;te Gegen&shy;stand dann immer zugleich zuge&shy;gen sein. Man würde diese Präsen&shy;tations&shy;handlun&shy;gen jeden&shy;falls übli&shy;cherwei&shy;se nicht in dem hier inten&shy;dierten Sinn verste&shy;hen.
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Für anaphorische Nomina&shy;tion gilt prinzi&shy;piell Ana&shy;loges: Sie können durch Bildver&shy;wendung nicht ersetzt werden. Umge&shy;kehrt kann man aber sehr wohl mit Ana&shy;phern auch ohne Vorer&shy;wähntheit auf abge&shy;bilde&shy;te Gegen&shy;stände sprachlich verwei&shy;sen, eben&shy;so wie dazu ein Demon&shy;strator mit Zeige&shy;geste in Richtung auf das Bild häufig ohne Proble&shy;me verwen&shy;det werden kann.
  
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===Bilder und Eigen&shy;namen===
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Generell wird ''nicht'' davon ausge&shy;gangen, dass Bilder wie Eigen&shy;namen funkti&shy;onieren können, da Eigen&shy;namen in einer (mehr oder weni&shy;ger weit gefass&shy;ten) Taufsi&shy;tuation konven&shy;tionell einge&shy;setzt werden müssen. Bei Bildern steht hinge&shy;gen zumindest im Kernbe&shy;reich eine (mehr oder weni&shy;ger starke) nicht-konven&shy;tionel&shy;le Darstel&shy;lungsbe&shy;ziehung im Fokus der Aufmerk&shy;samkeit. Umge&shy;kehrt werden Eigen&shy;namen faktisch häufig mit einer Bildver&shy;wendung in Zusam&shy;menhang gebracht, etwa bei Portraits, Passbil&shy;dern oder der Abbil&shy;dung bekann&shy;ter Bauwer&shy;ke. Wäre die Bildver&shy;wendung im Grunde ana&shy;log einer Nomi&shy;nation per Eigen&shy;name, so würde ein solches Verhal&shy;ten keinen Sinn machen, da entwe&shy;der der sprachli&shy;che oder der bildhaf&shy;te Eigen&shy;name allein bereits ausrei&shy;chen würde, um den Gegen&shy;stand zu iden&shy;tifi&shy;zieren oder aber beide als Nomi&shy;nation jeweils versa&shy;gen.
  
=====Auswirkungen auf andere Begriffe=====
+
===Bilder und Kennzeich&shy;nungen===
 +
Viel näher scheint es hinge&shy;gen zu liegen, Bilder im Sinne von Kennzei&shy;chnungen zu gebrau&shy;chen, wird ein abge&shy;bilde&shy;ter Gegen&shy;stand doch vor allem mithil&shy;fe seiner visu&shy;ellen Eigen&shy;schaften präsen&shy;tiert.
 +
:
 +
Kennzeichnungstheorien des Bildes sind häufig einge&shy;bettet in Prädi&shy;kationsthe&shy;orien (⊳ [[Prädikation|Prädi&shy;kation]]), da jede Kennzeich&shy;nung im Kern auf eine vorgän&shy;gige Prädi&shy;kation zurück&shy;greift (so etwa bei Sachs-Hombach). Ein Gegen&shy;stand werde entspre&shy;chend bildlich iden&shy;tifi&shy;ziert, indem seine bekann&shy;ten visu&shy;ellen Charak&shy;teris&shy;tika verwen&shy;det werden. Wie oben erwähnt wird in einem darstel&shy;lenden Bild aber in der Regel mehr als ein einzel&shy;ner iso&shy;lierter Gegen&shy;stand gezeigt.
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:
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Wie schon bei den Eigen&shy;namen werden auch sprachli&shy;che Kennzeich&shy;nungen viel eher im Zusam&shy;menhang von Bildern verwen&shy;det, genau&shy;er: Kennzei&shy;chnungen werden dazu verwen&shy;det, um auf Gegen&shy;stände, die durch die Bildprä&shy;senta&shy;tion medial ins Diskurs&shy;uni&shy;versum einge&shy;führt wurden, verwei&shy;sen zu können und über diese etwas auszu&shy;sagen. Vor allem der Gebrauch deikti&shy;scher Kennzeich&shy;nungen ist in dieser Hinsicht aufschluss&shy;reich: Denn auf was zeigt man eigent&shy;lich, wenn man auf eine Stelle eines Bildträ&shy;gers deutet und dabei eine deikti&shy;sche Kennzeich&shy;nung benutzt, die einen abge&shy;bilde&shy;ten Gegen&shy;stand iden&shy;tifi&shy;ziert? Dass dabei ein einzel&shy;ner, dem Gesprächs&shy;partner als bekannt voraus&shy;gesetz&shy;ter Gegen&shy;stand gemeint ist ergibt sich aus der allge&shy;meinen Funktion der Nomi&shy;nation. Dass dieser gemein&shy;te Gegen&shy;stand als zumin&shy;dest in gewis&shy;sem Sinn anwe&shy;send gelten muss, folgt aus der Verwen&shy;dung der deikti&shy;schen Parti&shy;kel zusam&shy;men mit der Zeige&shy;geste. Genau&shy;er gesagt hat die Verwen&shy;dung des Bildes in diesem Fall also die Funktion, die Kommu&shy;nika&shy;tionssi&shy;tuation um nicht anwe&shy;sende Gegen&shy;stände zu erwei&shy;tern. Es handelt sich demnach um eine [[Kontextbildung|Kontext&shy;bildung]] im Sinne der [[Modalität|moda&shy;len Bild&shy;theorie]].
  
<!--Hier die entsprechende Textpassage einfügen-->
+
===Bilder als eigen&shy;ständige Form der Nomi&shy;nation===
 +
Offen bleibt derzeit, ob sich mithil&shy;fe von Bildprä&shy;senta&shy;tionen eine ganz eigen&shy;ständi&shy;ge Art der Nomi&shy;nation durchfüh&shy;ren lässt, die nicht mit den Mecha&shy;nismen der sprachli&shy;chen Nomi&shy;natio&shy;nen über&shy;einstimmt. Es müsste dabei um eine Zeichen&shy;teilhand&shy;lung gehen, durch die man, um darüber etwas Weite&shy;res mitzu&shy;teilen, einen dem Gegen&shy;über bereits bekann&shy;ten Gegen&shy;stand in den gemein&shy;samen Fokus der Aufmerk&shy;samkeit rückt, indem man weder konven&shy;tionell verge&shy;bene Symbo&shy;le noch charak&shy;teris&shy;tische Eigen&shy;schaften, weder osten&shy;sive Deixis noch Vorer&shy;wähntheit ausnutzt.
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===Welche Gegenstände identi&shy;fizieren unge&shy;genständ&shy;liche Bilder?===
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Unter der Hypothese einer prinzi&shy;piell nomi&shy;nato&shy;rischen Grundver&shy;wendung von Bildern muss auch die Frage geklärt werden, welche Gegen&shy;stände dann eigent&shy;lich mithil&shy;fe von unge&shy;genständ&shy;lichen Bildern iden&shy;tifi&shy;ziert werden. Alles in allem erscheint damit die Nomi&shy;nation als Basis&shy;form der Bildver&shy;wendung wenig über&shy;zeugend (⊳ [[Semantik ungegenständlicher Bilder|Seman&shy;tik unge&shy;genständ&shy;licher Bilder]]).
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==Nominator, singulärer Ausdruck und Satz&shy;subjekt==
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Die sprachlichen Ausdrücke, mit deren Hilfe eine Nomi&shy;nation ausge&shy;führt wird, werden ‘''Nomi&shy;nato&shy;ren''’ genannt. Sie entspre&shy;chen weitge&shy;hend dem, was mit dem älte&shy;ren Ausdruck ‘singu&shy;läre Termi&shy;ni’ bezeich&shy;net wurde, ana&shy;log zu den ‘gene&shy;rellen Termi&shy;ni’ (cf. <bib id='Tugendhat & Wolf 1983a'>Tugend&shy;hat & Wolf 1983a</bib> und <bib id='Tugendhat 1976a'>Tugend&shy;hat 1976a</bib>). Der Ausdruck ‘Nomi&shy;nator’ wurde einge&shy;führt in <bib id='Lorenz 1970a'></bib>: S. 214 insbe&shy;sonde&shy;re mit dem Ziel, eine klare&shy;re Unter&shy;scheidung zu erhal&shy;ten zwischen logi&shy;scher und lingu&shy;isti&shy;scher Ana&shy;lyse.<ref>Vgl. hier&shy;zu auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Nominator_(Logik) Wi&shy;ki&shy;pe&shy;dia: No&shy;mi&shy;na&shy;tor (Lo&shy;gik)].</ref>
 +
:
 +
Obwohl mit dem Satzsubjekt in aller Regel eine Nomi&shy;nation ausge&shy;führt wird, gibt es Ausnah&shy;men: die Sätze mit unper&shy;sönlich gebrauch&shy;tem ‘es’, wie in ‘es regnet’. Diese bilden daher im enge&shy;ren Sinn auch keine Propo&shy;siti&shy;onen.
 +
 
 +
{{GlossarSiehe}}
 +
* [[Bildhandeln]]
 +
* [[Figur/Grund-Differenzierung]]
 +
* [[Gegenstand der visuellen Wahrnehmung]]
 +
* [[Interaktion und Kommunikation]]
 +
* [[Kontext]]
 +
* [[Kontextbildung]]
 +
* [[Modalität]]
 +
* [[Prädikation]]
 +
* [[Pragmatik, Semantik, Syntax]]
 +
* [[Proposition]]
 +
* [[Semantik ungegenständlicher Bilder]]
 +
* [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem]]
 +
* [[Zeigen und Sich-Zeigen]]
  
<!--den folgenden Befehl, der die drei rechten Kästen einfügt, nicht verändern-->
 
<!--Anmerkungen und Literatur wird automatisch eingesetzt -->
 
<!--Literatur muß dazu mit entsprechender Bezeichnung in der Bibliogryphy-Seite eingetragen sein-->
 
<!-- ... dazu den "Sammlung"-Link im Literaturkasten verwenden -->
 
 
{{GlosTab2}}
 
{{GlosTab2}}
 
{{GlosTab3}}
 
{{GlosTab3}}
 +
''Ausgabe 1: 2013''
 +
{{GlosTab4}}
 
''Verantwortlich:''  
 
''Verantwortlich:''  
  
<!--in der folgenden Zeile XXX durch Benutzernamen ersetzen-->
+
* [[Benutzer:Joerg R.J. Schirra|Schirra, Jörg R.J. ]]
[[Benutzer:XXX]]
+
 
 +
{{GlosTab4}}
 +
''Lektorat:''
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* [[Benutzer:Klaus Sachs-Hombach|Sachs-Hombach, Klaus]]
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Aktuelle Version vom 17. August 2023, 16:25 Uhr

Unterpunkt zu: Zeichentheorien: Übersicht

English Version: Nomination


Nomination als ungesättigte Teilhand­lung der Propo­sition

Fragt man nach der Pragma­tik von Zeichen, dann wird schnell ein kombi­nato­risches Schema asso­ziiert ähnlich jenem, das die pragma­tische Funktion von Aussa­gen aus den Teilzei­chenhand­lungen der Nomi­nation und der Prädi­kation rekon­struiert. Insbe­sonde­re bei Bildern – genau­er bei Kommu­nika­tionsak­ten mithil­fe von Bildern – wird oft unter­sucht, ob nicht gerade jene Teilfunk­tionen ein die Bildprag­matik erzeu­gendes System ele­menta­rer kommu­nika­tiver Akte liefern könnten (vgl. [Sachs-Hombach 2003a]Sachs-Hombach, Klaus (2003).
Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Herbert von Halem.

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oder [Harth 2001a]Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
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- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
). Nomi­nation ist die Zeichen­teilhand­lung, mit der man auf einen Gegen­stand aufmerk­sam macht, über den etwas mitge­teilt werden soll; dieser Gegen­stand muss dabei beiden Kommu­nika­tionspart­nern bereits bekannt – in ihrem gemein­samen Diskurs­­uni­ver­sum[1] vorhan­den – sein (cf. [Kamlah & Loren­zen 1973a]Kamlah, Wilhelm & Lorenzen, Paul (1973).
Logische Propädeutik - Vorschule des vernünftigen Redens. München: BI Wissenschaftsverlag.

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: § 3, sowie [Gerhar­dus et al. 1975a]Gerhardus, Dietfried & Kledzik, S.M. & Reitzig, G.H. (1975).
Schlüssiges Argumentieren – Logisch-propädeutisches Lehr- und Arbeitsbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

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: S. 42). Dabei gilt die Nomi­nation als im Sinne Freges unge­sättigt, d.h. als eine echte Teilhand­lung, die ergän­zungsbe­dürftig ist und sinnvol­ler Weise nicht allei­ne vorkom­men kann.

Insbesondere ohne die Vervoll­ständi­gung zu einer Propo­sition durch eine Prädi­kation stünde das Erwäh­nen eines Gegen­standes durch die Nomi­nation kommu­nika­tiv ge­wisser­maßen im leeren Raum.


Arten und Voraussetzungen der Nomi­nation

In Verbindung mit Zeige­gesten dienen häufig deikti­sche Aus­drücke – „dies“, „diese/r/s“ etc. – dazu, die Teilhand­lung »Nomi­nation« auszu­führen, vor allem wenn die aktu­elle Kommu­nika­tionssi­tuation und die „darin gege­benen“ mate­riellen Gegen­stände gemeint sind. Die Funktion der Nomi­nation ist nicht auf solche Gegen­stände beschränkt: Auch mit den Aus­drücken „das letzte Einhorn“, „diese Idee des Schönen“, „Otto von Gue­ricke“ oder „Harry Potters Gegen­spieler“ können wir ja durchaus auf Diskurs­gegen­stände verwei­sen. Im ersten Fall handelt es sich um eine defi­nite Kennzeich­nungen auf einen fikti­ven Gegen­stand, im zweiten Fall um eine deikti­sche Kennzeich­nungen auf einen abstrak­ten Gegen­stand, im dritten Fall um einen Eigen­namen für einen realen Gegen­stand in der Vergan­genheit und im vierten Fall um eine komple­xe Nomi­nation mit Eigen­name und Kennzeich­nung für einen medial vermit­telten Gegen­stand.

Übersicht über die Arten der Nomi­nation
einfa­che deikti­sche Aus­drücke (Demon­strator) „dies“, „dieser“ zu­sam­men mit Zei­ge­ges­te ver­wen­det, kei­ne Ei­gen­schafts- oder Typ­an­ga­be
inde­xika­lische Aus­drücke „ich“, „dir“, „uns“ er­ge­ben sich un­mit­tel­bar aus der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tu­a­ti­on und ih­ren Kom­po­nen­ten; das Be­zeich­ne­te muss al­so ge­gen­wär­tig sein; gilt ins­be­son­de­re für die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­part­ner selbst
Anaphern „es“, „sie“, „ihm“, „ihnen“ oh­ne Zei­ge­hand­lung ver­wen­det, Ver­weis auf vor­er­wähn­te Ge­gen­stän­de
Eigen­namen „Ludwig“, „Mona Lisa“ kon­ven­ti­o­nell (durch Tauf­akt im wei­tes­ten Sinn) etab­lier­te No­mi­na­to­ren
defi­nite Kenn­zeich­nungen[2] „das Ein­horn“, „das ver­letz­te Ein­horn“, „das Ein­horn, das sein Horn ver­lo­ren hat“ in­di­vi­du­ier­te In­stanz ei­nes be­stimm­ten Typs – ei­ne Des­krip­ti­on „das­je­ni­ge im ak­tu­el­len Dis­kurs­uni­ver­sum, von dem Du weißt, dass es die­se und je­ne Ei­gen­schaft be­sitzt“
ana­phori­sche Kenn­zeich­nungen „sein Ein­horn“ Kom­bi­na­ti­on aus ana­pho­ri­schen und des­krip­ti­ven No­mi­na­to­ren
deikti­sche Kenn­zeich­nungen „dieses Ein­horn“ Kom­bi­na­ti­on aus deik­ti­schen und des­krip­ti­ven No­mi­na­to­ren; gilt als die all­ge­mein­ste Form, aus der sich die an­de­ren For­men ab­lei­ten

Wichtig ist in allen Fällen, dass die jewei­ligen Kommu­nika­tionspart­ner die gemein­ten Gegen­stände bereits kennen und in irgend­einer Form von den ande­ren gera­de aktu­ellen Diskurs­gegen­ständen aus­einan­derhal­ten können. Eine Nomi­nation kann nämlich nur erfolg­reich durchge­führt werden, wenn klar ist, welche Menge von Gegen­ständen über­haupt gera­de zur Auswahl steht, d.h. über welches Diskurs­uni­versum die Kommu­nika­tionspart­ner sich gera­de verstän­digen. Für die deikti­schen Nomi­nations­formen ist sofort klar, dass dies die Äußerungs­situa­tion sein muss, in der sich die Gesprächs­partner befin­den, also genau­er: die Gegen­stände, die sie dort (gemein­sam) wahrneh­men können.[3] Im allge­meinen Fall bezie­hen sich die Nomi­natio­nen auf einen Kontext, der entwe­der impli­zit[4] klar ist oder expli­zit[5] ange­geben wurde.


Bildhafte Nomina­tionen?

Inwiefern ist die Teilhand­lung »Nomi­nation« für die Bildver­wendung rele­vant? Immer­hin reden wir umgangs­sprachlich oft so, dass wir uns mithil­fe eines Bildes einen bestimm­ten Gegen­stand vor Augen (und Geist) führen. Sollte mögli­cherwei­se gar die Nomi­nation die grundle­gende Form des Bildge­brauchs sein? Wäre das der Fall, dann müsste die Nomi­nation jeder Bildver­wendung zu Grunde liegen.

Ab­bil­dung 1: Ein Bei­spiel: „Ist 1936 ge­baut wor­den“

Bei­spiels­wei­se emp­fin­den wir es als nicht un­ge­wöhn­lich, wenn je­mand das Bild ei­ner gro­ßen, rot an­ge­stri­che­nen Hän­ge­brü­cke mit zwei auf­fäl­lig ge­stal­te­ten Pfei­lern prä­sen­tiert (Abb. 1) und da­zu knapp be­merkt: „Ist 1936 ge­baut wor­den.“ Der Bild­zei­chen­akt über­nimmt al­so an­schei­nend die Rol­le der No­mi­na­ti­on; hier gilt eben­so wie bei den rein sprach­li­chen No­mi­na­ti­o­nen, dass auch der pas­si­ve Dis­kurs­part­ner je­nes Ob­jekt be­reits als ge­mein­sam be­kannt ver­ste­hen muss, da er an­sons­ten nicht wüss­te, wo­rauf er die Prä­di­ka­ti­on des Bau­jah­res über­haupt be­zie­hen soll.

Die modale Bild­theorie wider­spricht dieser Ana­lyse der Beispiel­situ­ation: Bei der anschei­nend nomi­nato­risch einge­setzten Abbil­dung der Golden Gate-Brücke eröff­ne das Bild vielmehr einen refe­renti­ellen Kontext mit dem inten­tiona­len Gegen­stand als (poten­tielle) Figur vor einem (poten­tiellen) Grund. Über diesen wird dann (unter der Annah­me, dass das Gegen­über den indi­vidu­ellen Gegen­­stand auch visu­ell erkennt) das nicht wahrnehm­bare Baujahr prädi­ziert. Tatsäch­lich wird ja nicht das gesam­te Bild nomi­nato­risch benutzt – der Himmel, der Ozean, die Insel hinter der Brücke oder ein Boot davor, die eben­falls zu sehen sein mögen, sind in diesem Fall nicht ange­sprochen, obwohl im letzten Fall die ange­gebe­ne Prädi­kation durchaus auch verwend­bar sein könnte. Diese abge­bilde­ten Gegen­stände könnten aber bei Gele­genheit jeweils eben­falls als Figur heraus­gegrif­fen werden (⊳ Gegen­stand der visu­ellen Wahrneh­mung).

Tatsächlich treten, wenn man versucht, Bildver­wendung im Sinne einer der Nomi­nations­arten zu verste­hen, eine Reihe charak­teris­tischer Proble­me auf, die jeweils Beson­derhei­ten der Bildver­wendung unter­streichen können. Im Folgen­den sind diese Proble­me der Situ­ation gegen­über­gestellt, dass eine entspre­chende sprachli­che Nomi­nations­form die Bildprä­senta­tion beglei­tet.

Bilder und deiktische oder ana­phori­sche Aus­drücke

Bilder im Sinne von deikti­schen Aus­drücken zu verwen­den, also etwa an Stelle der Äuße­rung von ‘Dies!’ und zusam­men mit einer (nicht auf das Bild gerich­teten) Zeige­geste, ist nicht recht vorstell­bar, müsste doch der damit gemein­te Gegen­stand dann immer zugleich zuge­gen sein. Man würde diese Präsen­tations­handlun­gen jeden­falls übli­cherwei­se nicht in dem hier inten­dierten Sinn verste­hen.

Für anaphorische Nomina­tion gilt prinzi­piell Ana­loges: Sie können durch Bildver­wendung nicht ersetzt werden. Umge­kehrt kann man aber sehr wohl mit Ana­phern auch ohne Vorer­wähntheit auf abge­bilde­te Gegen­stände sprachlich verwei­sen, eben­so wie dazu ein Demon­strator mit Zeige­geste in Richtung auf das Bild häufig ohne Proble­me verwen­det werden kann.

Bilder und Eigen­namen

Generell wird nicht davon ausge­gangen, dass Bilder wie Eigen­namen funkti­onieren können, da Eigen­namen in einer (mehr oder weni­ger weit gefass­ten) Taufsi­tuation konven­tionell einge­setzt werden müssen. Bei Bildern steht hinge­gen zumindest im Kernbe­reich eine (mehr oder weni­ger starke) nicht-konven­tionel­le Darstel­lungsbe­ziehung im Fokus der Aufmerk­samkeit. Umge­kehrt werden Eigen­namen faktisch häufig mit einer Bildver­wendung in Zusam­menhang gebracht, etwa bei Portraits, Passbil­dern oder der Abbil­dung bekann­ter Bauwer­ke. Wäre die Bildver­wendung im Grunde ana­log einer Nomi­nation per Eigen­name, so würde ein solches Verhal­ten keinen Sinn machen, da entwe­der der sprachli­che oder der bildhaf­te Eigen­name allein bereits ausrei­chen würde, um den Gegen­stand zu iden­tifi­zieren oder aber beide als Nomi­nation jeweils versa­gen.

Bilder und Kennzeich­nungen

Viel näher scheint es hinge­gen zu liegen, Bilder im Sinne von Kennzei­chnungen zu gebrau­chen, wird ein abge­bilde­ter Gegen­stand doch vor allem mithil­fe seiner visu­ellen Eigen­schaften präsen­tiert.

Kennzeichnungstheorien des Bildes sind häufig einge­bettet in Prädi­kationsthe­orien (⊳ Prädi­kation), da jede Kennzeich­nung im Kern auf eine vorgän­gige Prädi­kation zurück­greift (so etwa bei Sachs-Hombach). Ein Gegen­stand werde entspre­chend bildlich iden­tifi­ziert, indem seine bekann­ten visu­ellen Charak­teris­tika verwen­det werden. Wie oben erwähnt wird in einem darstel­lenden Bild aber in der Regel mehr als ein einzel­ner iso­lierter Gegen­stand gezeigt.

Wie schon bei den Eigen­namen werden auch sprachli­che Kennzeich­nungen viel eher im Zusam­menhang von Bildern verwen­det, genau­er: Kennzei­chnungen werden dazu verwen­det, um auf Gegen­stände, die durch die Bildprä­senta­tion medial ins Diskurs­uni­versum einge­führt wurden, verwei­sen zu können und über diese etwas auszu­sagen. Vor allem der Gebrauch deikti­scher Kennzeich­nungen ist in dieser Hinsicht aufschluss­reich: Denn auf was zeigt man eigent­lich, wenn man auf eine Stelle eines Bildträ­gers deutet und dabei eine deikti­sche Kennzeich­nung benutzt, die einen abge­bilde­ten Gegen­stand iden­tifi­ziert? Dass dabei ein einzel­ner, dem Gesprächs­partner als bekannt voraus­gesetz­ter Gegen­stand gemeint ist ergibt sich aus der allge­meinen Funktion der Nomi­nation. Dass dieser gemein­te Gegen­stand als zumin­dest in gewis­sem Sinn anwe­send gelten muss, folgt aus der Verwen­dung der deikti­schen Parti­kel zusam­men mit der Zeige­geste. Genau­er gesagt hat die Verwen­dung des Bildes in diesem Fall also die Funktion, die Kommu­nika­tionssi­tuation um nicht anwe­sende Gegen­stände zu erwei­tern. Es handelt sich demnach um eine Kontext­bildung im Sinne der moda­len Bild­theorie.

Bilder als eigen­ständige Form der Nomi­nation

Offen bleibt derzeit, ob sich mithil­fe von Bildprä­senta­tionen eine ganz eigen­ständi­ge Art der Nomi­nation durchfüh­ren lässt, die nicht mit den Mecha­nismen der sprachli­chen Nomi­natio­nen über­einstimmt. Es müsste dabei um eine Zeichen­teilhand­lung gehen, durch die man, um darüber etwas Weite­res mitzu­teilen, einen dem Gegen­über bereits bekann­ten Gegen­stand in den gemein­samen Fokus der Aufmerk­samkeit rückt, indem man weder konven­tionell verge­bene Symbo­le noch charak­teris­tische Eigen­schaften, weder osten­sive Deixis noch Vorer­wähntheit ausnutzt.

Welche Gegenstände identi­fizieren unge­genständ­liche Bilder?

Unter der Hypothese einer prinzi­piell nomi­nato­rischen Grundver­wendung von Bildern muss auch die Frage geklärt werden, welche Gegen­stände dann eigent­lich mithil­fe von unge­genständ­lichen Bildern iden­tifi­ziert werden. Alles in allem erscheint damit die Nomi­nation als Basis­form der Bildver­wendung wenig über­zeugend (⊳ Seman­tik unge­genständ­licher Bilder).


Nominator, singulärer Ausdruck und Satz­subjekt

Die sprachlichen Ausdrücke, mit deren Hilfe eine Nomi­nation ausge­führt wird, werden ‘Nomi­nato­ren’ genannt. Sie entspre­chen weitge­hend dem, was mit dem älte­ren Ausdruck ‘singu­läre Termi­ni’ bezeich­net wurde, ana­log zu den ‘gene­rellen Termi­ni’ (cf. [Tugend­hat & Wolf 1983a]Tugendhat, Ernst & Wolf, Ursula (1983).
Logisch-semantische Propädeutik. Stuttgart: Reclam, (revid. 1986).

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und [Tugend­hat 1976a]Tugendhat, Ernst (1976).
Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

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). Der Ausdruck ‘Nomi­nator’ wurde einge­führt in [Lorenz 1970a]Lorenz, Kuno (1970).
Elemente der Sprachkritik – Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

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: S. 214 insbe­sonde­re mit dem Ziel, eine klare­re Unter­scheidung zu erhal­ten zwischen logi­scher und lingu­isti­scher Ana­lyse.[6]

Obwohl mit dem Satzsubjekt in aller Regel eine Nomi­nation ausge­führt wird, gibt es Ausnah­men: die Sätze mit unper­sönlich gebrauch­tem ‘es’, wie in ‘es regnet’. Diese bilden daher im enge­ren Sinn auch keine Propo­siti­onen.

Anmerkungen
  1. Sie­he hier­zu auch Wi­ki­pe­dia: Dis­kurs­uni­ver­sum.
  2. Sie­he auch Wi­ki­pe­dia: Kenn­zeich­nung.
    Indefi­nite Kennzeich­nungen („ein Einhorn“) erfül­len in aller Regel keine nomi­nato­rische sondern prädi­kato­rische Funktion.
  3. Dar­über hin­aus kön­nen deik­ti­sche Aus­drü­cke und die zu­ge­hö­ri­gen Zei­ge­ges­ten auch in ei­nem wei­te­ren Sinn ver­wen­det werden. Dann kön­nen die Zei­ge­ges­ten und der da­mit ver­bun­de­ne De­mon­stra­tor auf ei­nen le­dig­lich vor­ge­stell­ten oder auch ab­strak­ten Ge­gen­stand ver­wei­sen, al­ler­dings im­mer noch so, als wä­re der in der ak­tu­el­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tu­a­ti­on kon­kret zu­ge­gen.
    Sie­he auch Wi­ki­pe­dia: Dei­xis.
  4. Ne­ben der un­mit­tel­ba­ren Äu­ße­rungs­si­tu­a­ti­on er­gibt sich als Stan­dard­fall bei ei­ner Fol­ge von Aus­sa­gen der Kon­text ei­ner Aus­sa­ge, falls nichts an­de­res aus­drück­lich er­wähnt wird, aus dem Kon­text der vo­ran­ge­hen­den Aus­sa­ge.
  5. Ne­ben aus­drück­li­chen Ver­wei­sen auf einen Kon­text, et­wa in Form von Orts- und Zeit­an­ga­ben (‘in Pa­ris vor dem Tor der Bas­tille am 14. Ju­li 1789’, als Satz­ad­verb) oder Me­dien­an­ga­ben (‘in dem Film «Ver­ti­go» von Hitch­cock’, als Satz­ad­verb), lie­fern bei­spiels­wei­se auch die Tem­pus­an­ga­ben den ge­mein­ten Kon­text­be­zug.
  6. Vgl. hier­zu auch Wi­ki­pe­dia: No­mi­na­tor (Lo­gik).
Literatur                             [Sammlung]

[Gerhar­dus et al. 1975a]: Gerhardus, Dietfried & Kledzik, S.M. & Reitzig, G.H. (1975). Schlüssiges Argumentieren – Logisch-propädeutisches Lehr- und Arbeitsbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

[Harth 2001a]:
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[Kamlah & Loren­zen 1973a]: Kamlah, Wilhelm & Lorenzen, Paul (1973). Logische Propädeutik - Vorschule des vernünftigen Redens. München: BI Wissenschaftsverlag. [Lorenz 1970a]: Lorenz, Kuno (1970). Elemente der Sprachkritik – Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie. Frankfurt/M.: Suhrkamp. [Sachs-Hombach 2003a]: Sachs-Hombach, Klaus (2003). Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Herbert von Halem. [Tugend­hat & Wolf 1983a]: Tugendhat, Ernst & Wolf, Ursula (1983). Logisch-semantische Propädeutik. Stuttgart: Reclam, (revid. 1986). [Tugend­hat 1976a]: Tugendhat, Ernst (1976). Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Verantwortlich:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [36], Klaus Sachs-Hombach [3] und Emilia Didier [1] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Schirra 2013g-u]Literaturangabe fehlt.
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[Harth 2001a]:
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[Schirra 2013g-u]:
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