Rahmung, Rahmen: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff des Rahmens ist für Bilder zentral und umfasst nicht nur den gegenständlichen Bilderrahmen, sondern im weiteren Sinne auch den Museums- und Diskursraum wie er für Kunstwerke seit Duchamps Readymades als konstitutiv erachtet wird. Durch ihre Ausschnitthaftigkeit sind auch Bühnenbilder, Film- und Fernsehbilder auf eine Kadrierung angewiesen. Im übertragenen Sinne können mit Rahmen auch implizite Vorstellungsbedingungen, wie sie durch Weltbilder oder normative Vorannahmen gegeben sind, gemeint sein.
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Berücksichtigt man den Umstand, dass besonders in Kunstbildern oft die Deutungsmuster einer Zeit thematisch werden, die ausserhalb der Kunst unthematisch mitlaufen, lässt sich ein großer Teil der Kunst der Moderne als Versuch, dem Rahmen zu entkommen oder ihn zu erweitern begreifen. Das gilt für den Rahmen des Museums und des dinglichen Werkbegriffs, ebenso wie für den der normativen Hintergrundannahmen bzgl. dessen, was Kunst sei.
 
Im wörtlichen Sinne ist der Rahmen die konkrete Grenze eines Bildes und das, was dadurch bewirkt wird, ist die Stiftung einer inneren Einheit durch Abgrenzung nach außen. Der Rahmen eröffnet also gleichsam, indem er verschließt; Georg Simmel hat das als Inklusion nach innen und Exklusion nach aussen beschrieben. <ref>Vgl. G. Simmel: Der Bildrahmen. Ein ästhetischer Versuch. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908 Bd. 1. Frankfurt a. M. 1995. S. 101-108. Die Unterscheidung Rahmen/Gerahmtes bedingt insofern auch den Unterschied zwischen Bild und Nicht-Bild. </ref>
 
Im wörtlichen Sinne ist der Rahmen die konkrete Grenze eines Bildes und das, was dadurch bewirkt wird, ist die Stiftung einer inneren Einheit durch Abgrenzung nach außen. Der Rahmen eröffnet also gleichsam, indem er verschließt; Georg Simmel hat das als Inklusion nach innen und Exklusion nach aussen beschrieben. <ref>Vgl. G. Simmel: Der Bildrahmen. Ein ästhetischer Versuch. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908 Bd. 1. Frankfurt a. M. 1995. S. 101-108. Die Unterscheidung Rahmen/Gerahmtes bedingt insofern auch den Unterschied zwischen Bild und Nicht-Bild. </ref>
  

Version vom 3. Juli 2010, 10:27 Uhr


Unterpunkt zu: Grundbegriffe der Bildlichkeit


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Der Begriff des Rahmens ist für Bilder zentral und umfasst nicht nur den gegenständlichen Bilderrahmen, sondern im weiteren Sinne auch den Museums- und Diskursraum wie er für Kunstwerke seit Duchamps Readymades als konstitutiv erachtet wird. Durch ihre Ausschnitthaftigkeit sind auch Bühnenbilder, Film- und Fernsehbilder auf eine Kadrierung angewiesen. Im übertragenen Sinne können mit Rahmen auch implizite Vorstellungsbedingungen, wie sie durch Weltbilder oder normative Vorannahmen gegeben sind, gemeint sein. Berücksichtigt man den Umstand, dass besonders in Kunstbildern oft die Deutungsmuster einer Zeit thematisch werden, die ausserhalb der Kunst unthematisch mitlaufen, lässt sich ein großer Teil der Kunst der Moderne als Versuch, dem Rahmen zu entkommen oder ihn zu erweitern begreifen. Das gilt für den Rahmen des Museums und des dinglichen Werkbegriffs, ebenso wie für den der normativen Hintergrundannahmen bzgl. dessen, was Kunst sei. Im wörtlichen Sinne ist der Rahmen die konkrete Grenze eines Bildes und das, was dadurch bewirkt wird, ist die Stiftung einer inneren Einheit durch Abgrenzung nach außen. Der Rahmen eröffnet also gleichsam, indem er verschließt; Georg Simmel hat das als Inklusion nach innen und Exklusion nach aussen beschrieben. [1]

Mit dem griechischen Terminus Parergon[2] reflektiert der französische Philosoph Jacques Derrida auch die über einen gegenständlichen oder institutionellen Rahmen hinausgehenden Prozesse der Rahmung. Damit sind performative Tätigkeiten kontextueller Bezugnahmen und Zuschnitte gemeint, welche Bedingungen der Möglichkeit jeglichen Darstellens sind. Zwei Formen des Parergonalen sind also zu differenzieren: einerseits der Rahmen im Sinne einer institutionellen oder gegenständlichen Gegebenheit, die eine Werkeinheit stiftet; andererseits die Rahmung im Sinne der vollzugsförmigen Modalität einer Aus- oder Durchführung durch Prozesse des Darstellens und Inszenierens wie im Übrigen auch des Rezipierens. Letzteres betrifft gewissermaßen auch die Bedingung der Möglichkeit immer neuer Lesarten.




Engere Begriffsbestimmung
optional Beispiele
Auswirkungen auf andere Begriffe
Anmerkungen
  1. Vgl. G. Simmel: Der Bildrahmen. Ein ästhetischer Versuch. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908 Bd. 1. Frankfurt a. M. 1995. S. 101-108. Die Unterscheidung Rahmen/Gerahmtes bedingt insofern auch den Unterschied zwischen Bild und Nicht-Bild.
  2. J. Derrida: Die Wahrheit in der Malerei. Wien 1992. Ein Kommentar von Ulrike Dünkelsbühler: Kritik der Rahmen-Vernunft. Parergon-Versionen nach Kant und Derrida. München 1991.
Literatur                            [Sammlung]

Keine Literaturangaben


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Verantwortlich:

Eva Schürmann

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [22], Eva Schürmann [8] und Sebastian Spanknebel [2] — (Hinweis)