Rahmung, Rahmen
Unterpunkt zu: Grundbegriffe der Bildlichkeit
Grenze des Bildes und Bedingung seiner EinheitDer Begriff des Rahmens ist für Bilder zentral und umfasst nicht nur den gegenständlichen Bilderrahmen, sondern im weiteren Sinne auch den Museums- und Diskursraum, wie er für Kunstwerke seit Duchamps Readymades als konstitutiv erachtet wird. Durch ihre Ausschnitthaftigkeit sind auch Bühnenbilder, Film- und Fernsehbilder auf eine Kadrierung angewiesen. Im übertragenen Sinne können mit ‘Rahmen’ auch implizite Vorstellungsbedingungen, wie sie durch Weltbilder oder normative Vorannahmen gegeben sind, gemeint sein. Berücksichtigt man den Umstand, dass besonders in Kunstbildern oft die Deutungsmuster einer Zeit thematisch werden, die ausserhalb der Kunst unthematisch mitlaufen,[1] lässt sich ein großer Teil der Kunst der Moderne als Versuch, dem Rahmen zu entkommen oder ihn zu erweitern, begreifen. Das gilt für den Rahmen des Museums und des dinglichen Werkbegriffs, ebenso wie für den der normativen Hintergrundannahmen bzgl. dessen, was Kunst sei. Der Bildrahmen. Ein ästhetischer Versuch. In Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908 Bd. 1, 101-108. Eintrag in Sammlung zeigen). Die Unterscheidung ‘Rahmen/Gerahmtes’ bedingt insofern auch den Unterschied zwischen Bild und Nicht-Bild.[2]
Das ParergonaleMit dem griechischen Terminus ‘Parergon’ reflektiert der französische Philosoph Jacques Derrida auch die über einen gegenständlichen oder institutionellen Rahmen hinausgehenden Prozesse der Rahmung ([Derrida 1992a]Derrida, Jacques (1992).Die Wahrheit in der Malerei. Wien: Passagen. Eintrag in Sammlung zeigen, [Dünkelsbühler 1991a]Dünkelsbühler, Ulrike (1991). Kritik der Rahmen-Vernunft. Parergon- Versionen nach Kant und Derrida. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen). Damit sind performative (vgl. [Wirth 2004a]Wirth, Uwe (2004). Das Vorwort als performative, paratextuelle und parergonale Rahmung. In Rhetorik. Figuration und Performanz, 603-628. Eintrag in Sammlung zeigen) Tätigkeiten kontextueller Bezugnahmen und Zuschnitte gemeint, welche Bedingungen der Möglichkeit jeglichen Darstellens sind. Zwei Formen des Parergonalen sind zu differenzieren: einerseits der Rahmen im Sinne einer institutionellen oder gegenständlichen Gegebenheit, die eine Werkeinheit stiftet; andererseits die Rahmung im Sinne der vollzugsförmigen Modalität einer Aus- oder Durchführung durch Prozesse des Darstellens und Inszenierens wie im Übrigen auch des Rezipierens. Letzteres betrifft gewissermaßen auch die Bedingung der Möglichkeit immer neuer Lesarten. Kritik der Urteilskraft. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Eintrag in Sammlung zeigen: § 14, S. 65) oder andere „äußerliche Zutaten“, die innerhalb der Analytik des Schönen eine differenzierte Rolle spielen. Die Wahrheit in der Malerei. Wien: Passagen. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 80f.) und in weitestem Sinne auch von ihren diskursiven Horizonten. Von all dem hebt sich das Parergon jedoch in anderer Weise ab als das Ergon, der Rahmen selbst indessen ist atopisch, weder außen noch innen, während er dem Gerahmten erst eigentlich einen Ort zuweist ([Krewani 2003a]Krewani, Anna Maria (2003). Philosophie der Malerei bei Jacques Derrida.. Eintrag in Sammlung zeigen). Das Beiwerk macht also das Werk zum Werk, das scheinbar Nebensächliche garantiert die Unterscheidbarkeit »innerbildlich/außerbildlich«.
Perspektive als RahmungNiklas Luhmann weist im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zur Beobachtung zweiter Ordnung darauf hin, dass die Einheit eines Bildes jedoch nicht nur durch Exklusion/Inklusion zustande kommt, sondern auch werk-immanent verhandelt wird:
Demzufolge wäre auch die innerbildliche Perspektive als Rahmung zu begreifen, durch die eine nur durch das Bild ermöglichte Sicht sichtbar wird. |
Anmerkungen
[Derrida 1992a]: Derrida, Jacques (1992). Die Wahrheit in der Malerei. Wien: Passagen.
[Dünkelsbühler 1991a]: Dünkelsbühler, Ulrike (1991). Kritik der Rahmen-Vernunft. Parergon- Versionen nach Kant und Derrida. München: Fink.
[Kant 1974a]: Kant, Immanuel (1974). Kritik der Urteilskraft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
[Krewani 2003a]: Krewani, Anna Maria (2003). Philosophie der Malerei bei Jacques Derrida. Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [22], Eva Schürmann [8] und Sebastian Spanknebel [2] — (Hinweis) |