Symbol, Index, Ikon: Unterschied zwischen den Versionen
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==Einteilung der Zeichen bei Peirce == | ==Einteilung der Zeichen bei Peirce == | ||
− | [[Datei:Peirce.jpg|thumb| | + | [[Datei:Peirce.jpg|thumb|Ab­bil­dung 1: Klei­ne Über­sicht über die drei­fa­che Ba­sis-​Drei­tei­lung der Peir­ce­schen Zei­chen­be­grif­fe]] |
− | Charles S. Peirce (1839-​1914) gilt als | + | Charles S. Peirce (1839-​1914) gilt als ei­ner der Grün­dungs­vä­ter der mo­der­nen Zei­chen­the­o­rie. Auf ihn geht auch ei­ne dif­fe­ren­zier­te Ein­tei­lung der Zei­chen­ar­ten zu­rück (Abb. 1), von der zu­min­dest ein Teil sehr wei­te Ver­brei­tung ge­fun­den hat. Grob skiz­ziert un­ter­schei­det Peirce drei zei­chen­re­le­van­te Ebe­nen, die un­ge­fähr mit der Ein­tei­lung in [[Pragmatik, Semantik, Syntax|Prag­ma­tik, Se­man­tik und Syn­tax]] über­ein­stim­men. In je­der die­ser Ebe­nen setzt er ei­ne wei­te­re Drei­tei­lung an. Syn­tak­tisch dif­fe­ren­ziert Peirce Zei­chen in​ »Sin­zei­chen«,​ »Le­gi­zei­chen«​ und​ »Qua­li­zei­chen«,​ wäh­rend​ »The­ma«,​ »Rhe­ma«​ und​ »Di­cent«​ prag­ma­ti­sche​ (wir­kungs­be­zo­ge­ne) Zei­chen­un­ter­ka­te­go­ri­en bil­den.<ref>Vgl. <bib id='Peirce 1983a'></bib>; sie­he auch: <bib id='Birk et al. 2014a'></bib>.</ref> |
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− | Es ist vor allem die | + | Es ist vor allem die seman­tische Ebe­ne, deren Peirce­sche Dreitei­lung unter Semio­tikern und Theore­tikern benach­barter Diszi­plinen, wie Sprach­philo­sophie und Kunstge­schichte, machtvoll nachwirkt und nicht zuletzt in seinem Begriff der Iko­nizi­tät für die Bildthe­orie große Rele­vanz aufweist.<ref>Ob sich die Be­stim­mung der ent­spre­chen­den Be­grif­fe tat­säch­lich im rein se­man­ti­schen Sinn durch­füh­ren lässt, oder nicht viel­mehr tat­säch­lich not­wen­di­ger Wei­se prag­ma­ti­sche As­pek­te be­rück­sich­tigt wer­den müs­sen, hängt letzt­lich an dem Sta­tus, den man der Se­man­tik re­la­tiv zur Prag­ma­tik zu­schreibt (⊳ [[Pragmatik, Semantik, Syntax#Semantik|Prag­ma­tik, Se­man­tik, Syn­tax, Ab­schnitt «Se­man­tik»]]). </ref> |
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==Semantische Dreiteilung: Eigenheiten der Bedeu­tungsbe­ziehung== | ==Semantische Dreiteilung: Eigenheiten der Bedeu­tungsbe­ziehung== | ||
− | Da sie auf die semantische Ebene | + | Da sie auf die semantische Ebene fokus­siert sind, diffe­renzie­ren die Peirce­schen Zeichen­kate­gorien​ »Index«,​ »Ikon«​ und​ »Symbol«​ die Klasse der [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichen]] gemäß dem Charak­ter der Bezie­hung, die zwischen dem [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichen­träger]] und dem damit Bezeich­neten besteht (in Abb. 1 als ‘Objekt­bezug’ charak­teri­siert). Diese “Objekt”­bezie­hung gilt als konsti­tutiv für die Bedeu­tung, die dem Zeichen­träger zuge­schrieben wird.<ref>Of­fen bleibt an die­ser Stel­le, ob der “Ob­jekt­be­zug” ei­nen Re­fe­ren­ten im en­ge­ren (ex­ten­si­o­na­len) Sinn meint (⊳ [[Bedeutung und Referenz|Be­deu­tung und Re­fe­renz]] und [[Nomination|No­mi­na­ti­on]]) bzw. wel­ches Ver­hält­nis zu ei­nem [[Interaktions-, Selbst- und Sachbezug|Sach­be­zug]] im en­gen ([[Proposition|pro­po­si­ti­o­na­len]]) Sinn be­steht. Vgl. auch <bib id='Schelske 2000a'>Schel­ske 2000a</bib>.</ref> Genau genom­men handelt es sich bei den drei Kate­gorien um Ideal­typen; in konkre­ten Fällen wirken die zuge­höri­gen Bedeu­tungsre­latio­nen oft auf kompli­zierte Weise zusam­men (vgl. das [[#Zur Anwendung auf Bilder: Ein (kom­ple­xes) Beispiel|ausführ­liche Beispiel unten]]). |
===Ikonizität und Ähnlich­keiten=== | ===Ikonizität und Ähnlich­keiten=== | ||
− | Der Peircesche Ausdruck ‘Ikon’ (Plural: | + | Der Peircesche Ausdruck ‘Ikon’ (Plural: ‘Iko­ne’),<ref>Sel­te­ner, und laut Du­den auch nicht ganz kor­rekt, fin­det sich auch die ang­li­sier­te Form ‘Ikons’ als Plu­ral.</ref> der seine altgrie­chische Wurzel ([[Griechisch: 'agalma', 'phantasma', 'eidolon', 'typos', 'eikon'#‘Eikon’|εἰκών]], etwa ‘Abbild’) ganz offen­sichtlich sowohl mit der mittel­alter­lich-​reli­giösen [[Ikone|Iko­ne]] als auch mit dem engli­schen Leihwort ‘Icon’ des Infor­mations­zeital­ters (dazu ⊳ [[Bilderschrift und Piktogramm|Bilder­schrift und Pikto­gramm]]) teilt, mit beidem aber nicht verwech­selt werden sollte, bezeich­net solche Zeichen, deren Bedeu­tungs­bezie­hung sich einer ''[[Ähnlichkeit|Ähnlich­keitsre­lation]]'' zwischen Zeichen­träger und Bezeich­netem verdankt (vgl. <bib id='Peirce 1983a'></bib>: S. 64). Dies trifft unter ande­rem auf [["natürliche" Bilder|“natür­liche” Bilder]] (Spiegel­bild) wie auch “norma­le” abbil­dende Bilder (Phantom­skizze),<ref>Da die ge­zeich­ne­te Per­son durch­aus fik­tiv sein kann, deu­tet das Bei­spiel​ »Phan­tom­bild«​ zu­gleich an, dass es sich auch um ei­ne nur in­ten­ti­o­na­le Ab­bild­lich­keit han­deln kann.</ref> auf “Foleys” (von einem Geräu­schespe­zialis­ten für Hörspiel, [[Film]] oder Compu­terspiel erzeug­te “Geräusch­attrap­pen”) und synthe­tische Gerü­che (künstli­ches Erdbeer­aro­ma), sowie im sprachli­chen Bereich auf ono­mato­poeti­sche Wörter (‘Kuckuck’), form-​iko­nische Aus­drücke (‘T-Träger’) und – in gewis­ser Weise – auf [[Sprachliche Metaphern und allgemeine Metaphorologie|Meta­phern]] (“Sprachbil­der”) zu. |
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− | [[Datei:Aehnlichkeitstheorien1.png|thumb| | + | [[Datei:Aehnlichkeitstheorien1.png|thumb|Ab­bil­dung 2: Skiz­ze zu ver­schie­de­nen Ähn­lich­keits­kon­zep­ti­o­nen: (a) “Selbst­ähn­lich­keit” als Exem­pli­fi­ka­tion (''ge­nui­nes Ikon'' bei Peirce: ‹Hirsch exem­pli­fi­ziert Ge­weih­för­mig­keit›); (b) on­to­lo­gi­scher Ähn­lich­keits­be­griff; (c) epis­te­mi­scher Ähn­lich­keits­be­griff; (d) hand­lungs­the­o­re­ti­scher Ähn­lich­keits­be­griff]] |
− | + | Tat­säch­lich lie­gen bei Peirce ''ech­te'' (''ge­nu­i­ne'') Iko­ne nur dann vor, wenn man ei­ne Ei­gen­schaft ei­nes (als Zei­chen­trä­ger) wahr­ge­nom­me­nen Ge­gen­stands da­zu be­nutzt, sich (oder ei­nen an­de­ren) auf eben die­se Ei­gen­schaft auf­merk­sam zu ma­chen – wenn al­so, in Good­mans Be­griff­lich­keit, ei­ne [[Referenz, Denotation, Exemplifikation|Ex­em­pli­fi­ka­ti­on]] vor­liegt.<ref>Ge­nau aus die­sem Grund gel­ten ge­nu­i­ne Iko­ne Peirce auch als die ein­fach­ste der in Zei­chen vor­kom­men­den Ge­gen­stands­be­zie­hun­gen: Im Ge­gen­satz zu den bei­den an­de­ren Klas­sen rich­tet sich der Blick bei ge­nu­i­nen Iko­nen näm­lich nur auf ''ei­nen'' Ge­gen­stand (der “Ei­gen­schafts­trä­ger”), da Zei­chen­trä­ger und Be­zeich­ne­tes in ge­wis­ser Wei­se zu­sam­men­fal­len. Die­se Iden­ti­tät lässt ihn an­de­rer­seits aber auch von ei­nem de­ge­ne­rier­ten Zei­chen spre­chen.</ref> Zei­chen, bei de­nen we­gen ge­teil­ter Ei­gen­schaf­ten ein Ge­gen­stand auf ei­nen ''an­de­ren Ge­gen­stand'' ver­weist, be­zeich­net Peirce ge­nau­er als ‘Hy­po­iko­ne’ (auch ‘de­ge­ne­rier­te Iko­ne’ <bib id='Peirce 1998a'></bib>, §276). Doch hat sich ge­nau die­se ab­ge­lei­te­te Cha­rak­te­ri­sie­rung für den in der Se­mi­o­tik zu­meist ver­wen­de­ten Be­griff​ »Ikon«​ durch­ge­setzt. Of­fen bleibt da­bei zu­nächst, wel­che Kon­zep­ti­on ei­gent­lich von​ »Ähn­lich­keit«​ zu ver­wen­den ist. Geht man von ei­nem “on­to­lo­gisch” ge­fass­ten Ähn­lich­keits­be­griff aus, so stellt die Ähn­lich­keits­be­zie­hung eine “an sich” be­ste­hen­de Re­la­tion zwischen zwei Ge­gen­stän­den dar, die nicht von spe­zi­fi­schen Wahr­neh­mungs- und Er­kennt­nis­fä­hig­kei­ten ei­nes über Ähn­lich­keit Ur­tei­len­den ab­hängt. Ein “epis­te­misch” ge­fass­ter Ähnlich­keitsbe­griff würde hinge­gen auf das zurück­greifen, was einem bestimm­ten Betrach­ter<ref>Der Aus­druck ‘Be­trach­ter’ ist hier na­tür­lich recht weit ge­fasst, da er nicht auf die vi­su­el­le Sin­nes­mo­da­li­tät ein­ge­schränkt ver­wen­det wird.</ref> als ähnlich ''erscheint''. Nur inso­fern sich ein Teil der (als objek­tiv oder subjek­tiv gefass­ten) “Eigen­schafts­struktur” eines Dings in der Eigen­schafts­struktur eines ande­ren Dings spiegelt, kann dieses als iko­nisches Zeichen für jenes verwen­det werden – und umge­kehrt.<ref>Tech­nisch wird oft von ei­ner par­ti­el­len [[Isomorphie|Iso­mor­phie]] – ei­ner teil­wei­sen Struk­tur­gleich­heit – ge­spro­chen. Da die­ser Typ von Ähn­lich­keits­be­zie­hung of­fen­sicht­lich re­fle­xiv ist, folgt das­sel­be für die Iko­ni­zi­tät: Wenn ''X'' ähn­lich zu bzw. iko­ni­sches Zei­chen für ''Y'' ist, dann ist auch ''Y'' ähn­lich zu bzw. iko­ni­sches Zei­chen für ''X''.</ref> Bei einem “beha­vioris­tischen” (genauer: [[Exkurs:Handlungen|handlungs­theore­tischen]]) Ähnlich­keitsbe­griff ver­schiebt sich der Fokus darauf, dass ein Beobach­ter beur­teilt, ob ein beobach­tetes Wesen in seinem Verhal­ten Anlass zu der Behaup­tung gibt, etwas als etwas ande­rem ähnlich erkannt zu haben.<ref>Die­se um ei­ne Ebe­ne zu­rück­ver­leg­te Be­trach­tung er­laubt ei­ne “Sym­me­trie-​Bre­chung”, denn aus dem Vor­lie­gen sol­cher Grün­de, die ''A'' da­für vor­bringt, dass ''B'' ''X'' für ''Y'' ähn­lich hält, folgt eben kei­nes­wegs, dass ''A'' auch Grün­de in ''B''’s Ver­hal­ten da­für fin­det, dass ''B'' ''Y'' für ''X'' ähn­lich hält.</ref> Diese Ansät­ze tragen dem Sachver­halt Rechnung, dass intro­spekti­ve Begrün­dungen für Ähnlich­keitszu­schreibun­gen allei­ne nicht ausrei­chen, um über Iko­nizi­tät inter­sujek­tiv Einig­keit zu errei­chen (vgl. <bib id='Schirra & Sachs-Hombach 2013a'>Schirra & Sachs-​Hombach 2013a</bib>).<ref> Der Un­ter­schied zwi­schen tie­ri­scher Ge­gen­stands­wahr­neh­mung und mensch­li­cher Ge­gen­stands­wahr­neh­mung lässt sich (u.a. bei hand­lungs­the­o­re­ti­scher Be­trach­tung) auch da­rauf zu­rück­füh­ren, dass bei letz­te­rer prin­zi­pi­ell und da­her un­ab­trenn­bar ei­ne re­flek­tie­ren­de Dis­tanz zum Wahr­neh­men tritt: Das mensch­li­che Ge­gen­stands­se­hen ist im­mer ein »sich selbst zu se­hen ge­ben« (wo­bei der da­bei in der Er­läu­te­rung ver­wen­de­te Aus­druck ‘se­hen’ auf die tie­ri­sche, d.h. nicht re­flek­tier­te Ver­si­on be­zo­gen bleibt; ⊳ [[Sehen|Se­hen]]; vgl. auch [[Sortale Gegenstände und Individuation|Sor­ta­le Ge­gen­stän­de und In­di­vi­du­a­ti­on]] und [[Dezeptiver und immersiver Modus|De­zep­ti­ver und im­mer­si­ver Mo­dus]]). In der Fol­ge ist dann die Re­de da­von, dass Men­schen se­hen, in­dem sie sich – sich selbst ge­gen­über – als Se­hen­de dar­stel­len.</ref> | |
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− | Im Prinzip genügt jeweils bereits ''eine | + | Im Prinzip genügt jeweils bereits ''eine einzi­ge'' (objek­tive bzw. subjek­tive) Eigen­schaft, die – neben belie­big vielen diffe­rieren­den – von den betrach­teten Gegen­ständen geteilt wird, um die Iko­nizi­tät einer Zeichen­bezie­hung zwischen jenen zu gewähr­leisten. Je größer die Ähnlich­keit, desto stärker ist die Iko­nizi­tät, wenn der eine Gegen­stand als Zeichen für den ande­ren betrach­tet wird. Proble­me erge­ben sich hinge­gen, wenn ''alle'' Eigen­schaften über­einstim­men: Als im engen Sinne​ »ähnlich«​ werden übli­cherwei­se zwei Gegen­stände nur dann betrach­tet, wenn es mindes­tens auch eine Eigen­schaft gibt, in der sie sich nicht gleichen.<ref>Ob je­der Ge­gen­stand als sich selbst ähn­lich ver­stan­den wer­den soll­te, ob der Be­griff​ »Ähn­lich­keit«​ al­so als Be­griff ei­ner re­fle­xi­ven zwei­stel­li­gen Re­la­ti­on an­ge­setzt wer­den soll­te, ist um­strit­ten (vgl. etwa <bib id='Goodman 1970a'>Good­man 1970a</bib>). Weit­ge­hen­de Ei­nig­keit herrscht hin­ge­gen da­rü­ber, dass ein Zei­chen­trä­ger nur dann Zei­chen­funk­ti­on er­fül­len kann, wenn er nicht mit dem Ge­gen­stand, auf den er ver­weist, iden­tisch ist (vgl. be­reits <bib id='Platon 1922a'>Pla­ton 1922a</bib>: 432a-c). Peirce etwa bezeich­net ge­nu­i­ne Iko­ne we­gen der Ver­let­zung die­ser Be­din­gung auch als ‘''de­ge­ne­rier­te'' Zei­chen’.</ref> |
===Indexikalität und raumzeitliche Zu­sammen­hänge=== | ===Indexikalität und raumzeitliche Zu­sammen­hänge=== | ||
− | Von einem ‘Index’ (Plural | + | Von einem ‘Index’ (Plural ‘Indi­zes’) spricht Peirce bei einem Zeichen, dessen Träger aufgrund seines ''raumzeit­lichen'' und insbe­sonde­re ''kausa­len'' Zusam­menhangs mit dem Bezeich­neten als Zeichen für letzte­res verwen­det wird (vgl. <bib id='Peirce 1983a'></bib>: S. 65): wenn also beispiels­weise Rauch das Zeichen für Feuer oder rote Haut­flecken das Zeichen für (eine Infek­tion mit) Masern bilden. Alles was in den entspre­chenden Natur­wissen­schaften von Physik bis Medi­zin als Auswir­kung, Anzei­chen oder Symptom für ein Phäno­men ''X'' gilt, stellt mithin auch einen Peirce­schen Index für ''X'' dar.<ref>Vgl. auch [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem#cite_note-7|Zei­chen, Zei­chen­trä­ger, Zei­chen­sys­tem: An­mer­kung 8]]. — Da Symp­to­me nicht kri­te­ri­al (al­so we­der hin­rei­chend noch not­wen­dig) für das, was sie an­zei­gen (kön­nen), sind – Rauch kann auch oh­ne Feu­er auf­tre­ten (und Feu­er oh­ne Rauch), so wie ro­te Haut­fle­cken oh­ne Ma­sern­in­fek­ti­on (und Ma­sern­in­fek­ti­o­nen oh­ne das Aus­bil­den von ro­ten Haut­fle­cken) mög­lich sind – kann der In­dex-​Cha­rak­ter ei­nes Zei­chens recht la­bil sein.</ref> Genau genom­men verweist ein inde­xika­lisches Zeichen daher weni­ger auf einen ande­ren Gegen­stand als vielmehr auf die ''Anwe­senheit'' eines ande­ren Gegen­stands in direk­ter Nähe zum Zeichen­träger. Das unter­scheidet Indi­zes deutlich von den beiden ande­ren Zeichen­arten, die eher dazu verwen­det werden, Abwe­sendes zu bezeich­nen.<ref>Wie oben er­wähnt stel­len nur ge­nu­i­ne Iko­ne im Peirce­schen Sinn ei­ne Aus­nah­me da­von dar.</ref> Was genau als »Nähe zum Zeichen­träger« zu verste­hen ist kann dabei aller­dings von verschie­denen Fakto­ren abhän­gen. Bei einer ''Spur'' etwa kann die zeitli­che Koin­zidenz mehr oder weni­ger stark in die Vergan­genheit ausge­dehnt sein: Der die Spur erzeu­gende Hase beispiels­weise mag längst über alle Berge sein, wenn der Jäger sie als inde­xika­lisches Zeichen für den Hasen (oder genau­er seine Anwe­senheit) nutzt. Kausal­ketten können zu einer fast belie­big großen räumli­chen Ausdeh­nung der zu betrach­tenden Nähe-​Region beitra­gen. Wesent­lich ist für Inde­xika­lität, dass der Bereich, den der Zeichen­nutzer als (erwei­tertes) “Hier und Jetzt” betrach­tet, neben dem Zeichen­träger stets auch das Bezeich­nete enthält, so dass man gewis­serma­ßen auch mit dem Finger darauf deuten könnte.<ref>We­gen die­ser Be­son­der­heit spie­len In­di­zes in Tauf­si­tu­a­ti­o­nen, wie sie zur Ein­füh­rung von [[#Symbolhaftigkeit und Bedeu­tungs­konven­tionen|sym­bo­li­schen Zei­chen]] ver­wen­det wer­den, ei­ne wich­ti­ge Rol­le. — Die Be­zeich­nung ‘In­dex’ lei­tet sich vom la­tei­ni­schen Wort für Zei­ge­fin­ger ab.</ref> |
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− | Zu beachten ist allerdings, dass die | + | Zu beachten ist allerdings, dass die Defi­nition der Inde­xika­lität nicht notwen­dig von einer natür­lichen Bezie­hung zwischen Zeichen­träger und Bezeich­netem ausgeht: Auch das Ortsein­gangsschild am Rand einer Stadt steht in direk­ter, wenn auch absicht­lich erzeug­ter raumzeit­licher Bezie­hung zu dem Bezeich­neten (eben dem Rand jener Stadt). Gleiches gilt für das auf dieser Glossar­seite links oben gezeig­te Logo (das markiert: ›dies ist eine Seite des Glossars der Bildphi­loso­phie‹), die farbli­chen Markie­rungen, die in diesem Glossar­text anzei­gen, an welchen Stellen durch Mausklick eine ande­re Seite erreicht werden kann, oder auch gene­rell Pfeile und Zeiger. Nicht alle Indi­zes sind mithin auch Sympto­me im engen (physi­kalisch-​kausa­len) Sinn, oder, wie es dann auch heißt: ‘''natür­liche'' Indi­zes’. Im Gegen­satz zu den natür­lichen ist die raumzeit­liche Bezie­hung, die zwischen Zeichen­träger und Bezeich­netem vermit­telt, bei den ''künstli­chen'' Indi­zes mit Absicht erzeugt – Inten­tiona­lität ersetzt also in diesen Fällen Kausa­lität.<ref>Die in­ten­ti­ons­ba­sier­ten In­di­zes ste­hen in en­ger Ver­bin­dung zum Be­griff des [[Zeigen und Sich-Zeigen|Zei­gens]], d.h. der Dei­xis (›je­mand zeigt je­man­dem et­was‹), wäh­rend die kau­sa­len In­di­zes höch­stens als ein­fa­che Fäl­le von​ »[[Zeigen und Sich-Zeigen|Sich-​Zei­gen]]«​ (›et­was zeigt sich‹) be­grif­fen wer­den kön­nen.</ref> Gleichwohl besteht die seman­tische Pointe auch bei dieser Unter­klasse darin, dass allein die raumzeit­liche Nähe bereits die Bedeu­tung des Zeichens bei der Verwen­dung zu indu­zieren scheint. |
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− | Sprachliche Ausdrücke, wie | + | Sprachliche Ausdrücke, wie insbe­sonde­re ‘hier’ und ‘jetzt’, aber auch ‘ich’, ‘wir’, ‘du’, ‘ihr’ hängen in ihrer jewei­ligen Bedeu­tung eben­falls stark ab vom [[Kontext]] ihrer Verwen­dung: Die raumzeit­liche Bezie­hung zu Ort und Zeit ihrer Äuße­rung bestimmt, welcher Ort mit ‘hier’, welche Person mit ‘du’ gemeint ist. Gleiches gilt natür­lich auch für ‘içi’ oder ‘here’, für ‘tu’ oder ‘you’ – um nur zwei ande­re euro­päische Sprachen als Beispiele zu bemü­hen. Neben aller Konven­tiona­lität, die diese Art von Aus­drücken eigent­lich zu [[#Symbolhaftigkeit und Bedeu­tungs­konven­tionen|Symbo­len]] im Sinne von Peirce werden lässt, bleibt ihnen ein Moment an Inde­xika­lität wesent­lich, weshalb man auch von ‘inde­xika­lischen Aus­drücken’ spricht.<ref>Sprach­phi­lo­so­phisch ist In­de­xi­ka­li­tät zu­dem im Fal­le von [[Metonymie|Me­to­ny­men]] wirk­sam: Wenn ein Gan­zes über (Be­zeich­nun­gen für) ei­nes sei­ner Tei­le an­ge­spro­chen wird, liegt of­fen­sicht­lich eben­falls ei­ne ent­spre­chen­de Nä­he-​Be­zie­hung zwischen Zei­chen­trä­ger (Teil) und da­mit Be­zeich­ne­tem (Gan­zes) vor.</ref> |
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− | Einen weiteren Sonderfall | + | Einen weiteren Sonderfall indexika­lischer Zeichen stellen [[Fotografie|Photo­graphien]] (und die Produk­te verwand­ter techni­scher Bildge­bungsver­fahren) dar: Offen­kundig beru­hen die hier betrach­teten Produk­tionsver­fahren für Zeichen­träger darauf, dass eine mehr oder weni­ger lange, aber durchge­hende Kette streng kausa­ler, physi­kalisch-​chemi­scher Schritte den Zeichen­träger auto­matisch aus dem Bezeich­neten (‘Abge­bilde­ten’) ablei­ten.<ref>Vgl. hier­zu auch die Dis­kus­si­on im Glos­sar­bei­trag​ «[[Digitales Bild#Zu a. (Nicht-)Indexikalität|Di­gi­ta­les Bild]]»​ zu de­ren (Nicht-)​In­de­xi­ka­li­tät.</ref> Obwohl als Bilder eigent­lich den [[#Ikonizität und Ähnlich­keiten|iko­nischen]] Zeichen zuzu­ordnen, schwingt zumin­dest bei dieser Unter­menge auch Inde­xika­lität in ihrem Begriff mit.<ref>Ei­ne ana­lo­ge Ar­gu­men­ta­ti­on gilt für tech­nisch er­zeug­te “Ton­kon­ser­ven”: Auch die­se be­in­hal­ten of­fen­kun­dig stets so­wohl iko­ni­sche als auch in­de­xi­ka­li­sche Mo­men­te. </ref> |
===Symbolhaftigkeit und Bedeu­tungs­konven­tionen=== | ===Symbolhaftigkeit und Bedeu­tungs­konven­tionen=== | ||
− | Ikone gleichen Indizes in einer | + | Ikone gleichen Indizes in einer wichti­gen Hinsicht, in der die dritte seman­tische Zeichen­kate­gorie von Peirce abweicht: Wegen des direkt erkenn­baren Zusam­menhangs zwischen Zeichen­träger und Bezeich­netem scheint die Bedeu­tung des Zeichens nicht erst durch einen geeig­neten Taufakt etab­liert werden zu müssen. Indi­zes und Iko­ne funkti­onieren ohne voran­gehen­de Festle­gung einer entspre­chenden Bedeu­tungskon­vention. Das gilt für viele der von uns im Alltag verwen­deten Zeichen­gebräu­che keines­wegs, wie jeder leicht selbst feststel­len kann, wenn er eine fremde Sprache erler­nen will. Zeichen, deren Bedeu­tungsbe­ziehung mithil­fe einer Konven­tion festge­legt werden müssen, nennt Peirce ‘Symbo­le’ (vgl. <bib id='Peirce 1983a'></bib>: S. 65ff.).<ref>Das Wort geht auf das grie­chi­sche ‘συμ­βάλ­λω’ zu­rück (sym­bál­lō – zu­sam­men­fü­gen).</ref> |
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− | [[Datei:Symbol und Zeichen2.png|thumb| | + | [[Datei:Symbol und Zeichen2.png|thumb|Ab­bil­dung 3: Skiz­ze zum Prob­lem um die Aus­drü­cke ‘Zei­chen’ und ‘Sym­bol’]] |
− | + | Die­ser Wort­ge­brauch dif­fe­riert deut­lich von ei­ner an­de­ren, vor al­lem im deutsch­spra­chi­gen Raum ver­brei­te­ten (auch von Saus­sure be­nutz­ten) Kon­ven­ti­on, die dem ‘Zei­chen’ das ‘Sym­bol’ ge­gen­über­stellt, wo­bei ‘Sym­bol’ in die­sem Sinn häu­fig sy­no­nym zu ‘Sinn­bild’ ge­braucht wird.<ref>Vgl. hier­zu auch die An­mer­kun­gen zu ‘Sinn­bild’ im Ar­ti­kel​ «[[Emblem|Em­blem]]». Ei­ne gro­be Über­sicht fin­det sich un­ter [http://de.wikipedia.org/wiki/Symbol Wi­ki­pe­dia: Sym­bol]. Vgl. auch <bib id='Berndt & Drügh 2009a'></bib>.</ref> Markiert man die unter­schiedli­chen Wortge­bräuche mit den Indi­zes ‘''D''’ (deutsch) und ‘''P''’ (Peirce), so ergibt sich (Abb. 3):​ »Symbo­le<sub>''D''</sub>«​ sind gera­de keine​ »Zei­chen<sub>''D''</sub>«,​ während​ »Symbo­le<sub>''P''</sub>«​ eine Unter­art von​ »Zei­chen<sub>''P''</sub>«​ sind; des weite­ren entspre­chen​ »Symbo­le<sub>''P''</sub>«​ weitge­hend​ »Zei­chen<sub>''D''</sub>«,​ wohin­gegen​ »Symbo­le<sub>''D''</sub>«​ in etwa den Peirce­schen​ »Iko­nen«​ entspre­chen, also zwar keine​ »Zei­chen<sub>''D''</sub>«,​ wohl aber​ »Zei­chen<sub>''P''</sub>«​ sind.<ref>Da zu­dem der we­sent­li­che Un­ter­schied zwi­schen »Zei­chen<sub>''D''</sub>«​ und »Sym­bo­len<sub>''D''</sub>«​ da­rin be­steht, dass die Be­deu­tungs­re­la­ti­on bei er­ste­ren als rein will­kür­lich, bei letz­te­ren hin­ge­gen als aus dem Sym­bo­li­sier­ten na­tür­lich er­wach­sen­de Re­la­ti­on ver­stan­den wird, schlie­ßen sich bei­de wech­sel­sei­tig aus. Die Peirce­schen Be­griffs­um­fän­ge über­lap­pen sich hin­ge­gen.</ref> Es empfiehlt sich daher, – beson­ders in der bild­wissen­schaftli­chen Dikus­sion – sehr genau darauf zu achten, in welcher Bedeu­tung die Aus­drücke ‘Zeichen’ und ‘Symbol’ jeweils verwen­det werden.<ref>Vor die­sem Hin­ter­grund mag je­mand, der Bil­der als (iko­ni­sche)​ »Zei­chen<sub>''P''</sub>«​ be­trac­htet, schnell in ein Wort­ge­fecht über die Zei­chen­haf­tig­keit von Bil­dern ge­ra­ten mit je­man­dem, der Bil­der als​ »Sym­bo­le<sub>''D''</sub>«​ ver­steht.</ref> | |
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− | Eine konventionelle | + | Eine konventionelle Bedeutungs­zuschrei­bung liegt im Übri­gen nicht nur dann vor, wenn eine Regel, auf die man sich im Zweifels­fall beru­fen kann, ausdrück­lich festge­legt wird (Taufakt im weiten Sinn). Es kann sich auch um histo­risch gewach­sene Gewohn­heiten oder stillschwei­gende (impli­zite) Über­einkünf­te handeln, wie sie bei den meisten Zeichen der “natür­lichen” Sprachen, etwa den Wörtern und Sätzen des Deutschen, vorlie­gen. Hier exis­tieren keine vorweis­baren Situ­ati­onen mit entspre­chenden bedeu­tungs­stiften­den Akten, auf die man beim Verdacht einer falschen Verwen­dungswei­se des symbo­lischen Zeichens verwei­sen könnte. Zudem wirken in aller Regel die sozi­alen Mecha­nismen, die zur Bildung der Tradi­tion beige­tragen haben, immer weiter, weswe­gen sich die Tradi­tionen konti­nuier­lich “unter der Hand” ändern​ (»Sprach­wandel«).​ Im Gegen­satz zu den tradier­ten Bedeu­tungskon­venti­onen können ausdrück­lich verein­barte Zeichen­bedeu­tungen hinge­gen nur wieder durch weite­re ausdrück­liche Verein­barun­gen der betrof­fenen Zeichen­nutzer verän­dert werden.<ref>Als Al­ter­na­ti­ve bleibt al­ler­dings eine Ent­wick­lung von der ex­pli­zit ver­ein­bar­ten Kon­ven­ti­on zu ei­ner die ur­sprüng­li­che “Tauf­si­tu­a­ti­on” ver­ges­sen­den und im Wei­te­ren als rein tra­dier­te Kon­ven­ti­on ver­stan­de­nen Be­deu­tungs­re­la­ti­on mög­lich. </ref> |
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− | Obwohl verwandt sollten die | + | Obwohl verwandt sollten die Begrif­fe​ »Konven­tion«​ und​ »Will­kür­lich­keit«​ (auch​ »Arbi­trari­tät«)​ in diesem Zusam­menhang nicht mitein­ander verwech­selt werden: Auch tradier­te Konven­tionen sind in der Regel auf die eine oder ande­re Weise moti­viert und nicht rein willkür­lich.<ref>Ein Bei­spiel für der­ar­ti­ge Mo­ti­va­ti­o­nen ist im [[Exkurs:Beispiel für motivierte Zeichenkonventionen|Ex­­kurs: Bei­spiel für mo­ti­vier­te Zei­chen­kon­ven­ti­o­nen]] dar­ge­stellt.</ref> Und selbst die an sich frei verfüg­baren Asso­ziati­onsmög­lichkei­ten werden bei expli­zit verein­barten Konven­tionen aus guten (etwa mnemo­techni­schen) Gründen kaum je wirklich ausge­schöpft. Histo­risch bilde­te zwar die Frage nach der Willkür­lichkeit der Bedeu­tungsbe­ziehung in Gestalt der ''phýsei/​thései''-​Debat­te in der griechi­schen Anti­ke den wesent­lichen Ausgangs­punkt für die sukzes­sive Diffe­renzie­rung mögli­cher Objekt­rela­tionen bis hin zu Peirce (und darü­ber hinaus). Doch ergab sich im Verlauf dieser begriff­lichen Entfal­tung, dass es weni­ger um die Frage nach einer natür­lich (sprich: unab­hängig von Zeichen­verwen­dern) beste­henden Bezie­hung zwischen Zeichen​(träger) und Bezeich­netem geht, als vielmehr um verschie­dene Möglich­keiten, Aspek­te eines als Zeichen­träger verwen­deten Objekts in das komple­xe Gesche­hen von Zeichen­handlun­gen zu inte­grieren (vgl. <bib id='Trabant 1996a'></bib>, Abschn. II.4).<ref>In en­gem Zu­sam­men­hang zur “Will­kür­lich­keit” von Zei­chen­trä­gern für die zu­ge­hö­ri­gen Be­deu­tun­gen steht zu­dem die Dis­kus­si­on um die Mög­lich­keit ei­ner Rück­wir­kung des Zei­chen­trä­gers auf das Ver­ständ­nis des­sen, was die­ser Aus­druck be­deu­tet: Un­ter der Be­zeich­nung ‘Prin­zip der sprach­li­chen Re­la­ti­vi­tät’ (auch: ‘Sa­pir​-Whorf-​Hy­po­the­se’; vgl. [http://de.m.wikipedia.org/wiki/Sapir-Whorf-Hypothese Wi­ki­pe­dia: Sa­pir-​Whorf-​Hy­po­the­se] wird die Vor­stel­lung dis­ku­tiert, dass die “Welt­sicht”, das “Welt­bild” ei­ner Sprach- (oder all­ge­mei­ner: Zei­chen-)​ge­mein­schaft ent­schei­dend durch die von ih­ren Mit­glie­dern ver­wen­de­ten Sprach­zei­chen be­stimmt wird; ⊳ [[Weltbild, Lebensform|Welt­bild, Le­bens­form]] & [[Linguistic turn, pictorial turn, medial turn|Lin­guis­tic turn, pic­to­rial turn, me­dial turn]].</ref> |
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− | Ein Beispiel für diesen | + | Ein Beispiel für diesen Zusam­menhang kann man in der Diskus­sion um die [[Perspektive und Projektion|Perspek­tive]] als einer symbo­lischen Form<ref>Cas­si­rer be­zeich­net mit dem Aus­druck ‘sym­bo­li­sche Form’ „je­de Ener­gie des Geis­tes [...], durch wel­che ein geis­ti­ger Be­deu­tungs­ge­halt an ein kon­kre­tes sinn­li­ches Zei­chen ge­knüpft und die­sem Zei­chen in­ner­lich zu­ge­eig­net wird“ (<bib id='Cassirer 2009a'>Cas­si­rer 2009a</bib>, S. 67). Der Aus­druck ‘Zei­chen’ wird da­bei of­fen­sicht­lich im Sinn von ‘Zei­chen­trä­ger’ ver­wen­det und ‘Sym­bol’ (als drit­te im vor­lie­gen­den Text er­wähn­te Be­deu­tungs­va­ri­an­te die­ses Aus­drucks) ana­log zu ‘Zei­chen<sub><small>''P''</small></sub>’ (s.o.).</ref> “sehen” (vgl. <bib id='Panofsky 1924a'>Panof­sky 1924a</bib>). Zwar scheinen zentral­perspek­tivi­sche Konstruk­tionen in einer quasi kausa­len Ablei­tung beson­ders natür­lich wirken­de Bildzei­chen zu erzeu­gen. Doch um diese Zeichen geht es nun gar nicht. Vielmehr ist die Konstruk­tion selbst – als Zeichen für das jene Natür­lichkeit aller­erst begrün­dende [[Sehen]] genom­men – nur eine (histo­risch gewach­sene) Möglich­keit unter vielen ande­ren; eine Möglich­keit, die, da sie ein einäu­giges, simul­tanes Sehen mit starrem Blick unter­stellt, trotz aller iko­nischer Antei­le (d.h. beste­henden Ähnlich­keiten zur Bedeu­tung dieses Zeichens, dem zweiäu­gigen, sakka­dischen Sehen mit beweg­lichen Augen) auch stark von tradiert-​konven­tionel­len Fakto­ren abhängt: der Konven­tion nämlich, dass eben auf genau diese Weise das Sehen darzu­stellen sei (vgl. <bib id='Cassirer 1930a'>Cassi­rer 1930a</bib>). |
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==Zur Anwendung auf Bilder: Ein (kom­ple­xes) Beispiel== | ==Zur Anwendung auf Bilder: Ein (kom­ple­xes) Beispiel== | ||
− | :''Nach diesen Prämissen sind Bilder häufig als der | + | :''Nach diesen Prämissen sind Bilder häufig als der Proto­typ des iko­nischen Zeichens inter­pretiert und gele­gentlich sogar mit dem Ikon über­haupt verwech­selt worden [...] Es gibt aber Bilder, die in größe­rem Maße iko­nisch, solche, die eher inde­xika­lisch, und ande­re, die über­wiegend symbo­lisch sind. Das Krite­rium des Anteils an iko­nischen, inde­xika­lischen und symbo­lischen Ele­menten erlaubt es, in der Kultur­geschich­te des Bildes drei Proto­typen zu bestim­men. Proto­typ des iko­nischen Bildes ist danach nicht die gegen­ständli­che, sondern vielmehr die nicht­gegen­ständli­che, die abstrak­te Male­rei. Proto­typ des inde­xika­lischen Bildes sind eben­so die Photo­graphie wie die gegen­ständli­che Male­rei, und Proto­typ des symbo­lischen Bildes ist die [[Ikonografie, Ikonologie, Ikonik|iko­nolo­gisch]] bezie­hungswei­se [[Ikonografie, Ikonologie, Ikonik|iko­nogra­phisch]] kodi­fizier­te Male­rei.'' (<bib id='Nöth 2009a'></bib>, S. 243f.) |
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− | Aus bildwissenschaftlicher | + | Aus bildwissenschaftlicher Perspekti­ve spielen Iko­nizi­tät (inso­fern​ »Bild«​ und​ »Ähnlich­keit«​ zusam­menhän­gen) und Inde­xika­lität (vor allem bei den kausa­len Bildge­bungsver­fahren) die grösse­re, aber keines­wegs die allei­nige Rolle. Auch bei Bildver­wendun­gen treten zahlrei­che symbo­lische Aspek­te auf.<ref>Nöths Zu­ord­nung der iko­ni­schen Pro­to­ty­pi­ka­li­tät mit der [[Semantik ungegenständlicher Bilder|nicht­ge­gen­ständ­li­chen Ma­le­rei]] in obi­gem Zi­tat mag zu­nächst ver­wun­dern, ist aber dem Um­stand ge­schul­det, dass er die bei­den Po­le der As­so­zi­a­ti­on auf je spe­ziel­le Wei­se in­ter­pre­tiert: Mit sol­chen Bild­trä­gern wür­de ers­tens näm­lich nur auf ei­ne Ei­gen­schaft des je­wei­li­gen Bild­trä­gers ver­wie­sen, was zwei­tens eben ge­nau dem ur­sprüng­li­chen Peirce­schen ''ge­nu­i­nen'' Ikon ent­spricht. Al­ler­dings sind ei­ner­seits an­de­re In­ter­pre­ta­ti­o­nen des Phä­no­mens un­ge­gen­ständ­li­cher Bil­der mög­lich (⊳ [[Bild in reflexiver Verwendung#Zusammenhänge mit anderen Begriffen|Bild in re­fle­xi­ver Ver­wen­dung, Ab­schnitt «Zu­sam­men­hän­ge mit an­de­ren Be­grif­fen»]]), und an­de­rer­seits ei­ne wei­ter ge­fass­te Ver­wen­dungs­wei­se von ‘Ikon’ bild­phi­lo­so­phisch durch­aus üb­li­cher.</ref> In der Praxis dürften proto­typi­sche Fälle von Iko­nizi­tät, Inde­xika­lität oder Symbol­haftig­keit in der Tat weder bei Bildern noch auch bei ande­ren Zeichen­typen häufig auftre­ten. Mischfor­men domi­nieren unse­ren Bild(Zei­chen)ge­brauch. |
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− | [[Datei:Hiroshima.jpg|thumb| | + | [[Datei:Hiroshima.jpg|thumb|Ab­bil­dung 4: Ein Schat­ten in Hi­ro­shi­ma — 6. Au­gust 1945, 8:15]] |
− | Die | + | Die An­wen­dung der drei As­pek­te auf ein kon­kre­tes Bei­spiel mag bes­ser ver­deut­li­chen, wie viel­fäl­tig die se­man­ti­schen Re­la­ti­o­nen letzt­end­lich für ei­nen ein­zi­gen Bild­trä­ger zu­sam­men­wir­ken: Ab­bil­dung 4 gibt das Schwarz-​Weiß-​Pho­to ei­nes un­be­kann­ten Pho­to­gra­phen wie­der, das ver­mut­lich in den letz­ten Ta­gen des Jah­res 1945 auf­ge­nom­men wur­de und im ''Hi­ro­shi­ma Peace Me­mo­rial Mu­seum'' auf­be­wahrt wird. Zu se­hen sind zwei Stu­fen ei­ner stei­ner­nen Trep­pe, die zum Ein­gang des Ge­bäu­des der Su­mi­to­mo-​Bank im Zen­trum der ja­pa­ni­schen Stadt Hi­ro­shi­ma führt, so­wie ein klei­ner Aus­schnitt der Wand des Ge­bäu­des. Auf den Trep­pen­stu­fen zeich­nen sich schwärz­li­che Spu­ren im per­spek­ti­visch ver­zerr­ten Um­riß ei­nes mensch­li­chen Kör­pers ab. Es wird an­ge­nom­men, dass sie ent­stan­den sind, als am 6. Au­gust 1945 um 8 Uhr 15 eine Atom­bom­be die Stadt zer­stör­te und Druck, Hit­ze und Strah­lung die ver­glü­hen­den Über­res­te ei­ner Per­son, die zu­fäl­lig zu die­sem Zeit­punkt vor dem Ge­bäu­de auf den Stu­fen stand, in den Stein ein­ge­brannt ha­ben. |
− | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­haftigkeit der Beispiel­ | + | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­haftigkeit der Beispiel­photo­graphie=== |
− | Wegen der längeren, aber durchweg | + | Wegen der längeren, aber durchweg kausa­len Kette von opti­schen, photo­chemi­schen und digi­taltech­nischen Transfor­mati­onen, die den hier betrach­teten Zeichen­träger mit der Aufnah­mesi­tuati­on in Hiro­shima zu einem unbe­kannten Zeitpunkt kurz nach der Bomben­explo­sion verbin­den, hat das damit verwen­dete Zeichen offen­sichtlich Index-​Charak­ter. Da zudem eine visu­elle Ähnlich­keit zu den tatsäch­lichen Treppen­stufen in Japan besteht, ist auch ein deutli­cher iko­nischer Anteil gege­ben. Symbol­haftig­keit tritt hinzu, weil die Signi­fikanz dieses Bildes erst klar werden kann, wenn man es in seinen histo­rischen Kontext einord­nen kann: Zwar ist – iko­nisch – eine Art menschli­cher Schatten zu sehen, der – inde­xika­lisch – als Teil einer real in Raum und Zeit exis­tieren­den (d.h. mit dem ''Hier und Jetzt'' der Rezep­tionssi­tuati­on kausal verbun­denen) Szene verstan­den wird, doch dass diese Photo­graphie etwa auch als Zeichen für die schreckli­che Gewalt einer Atom­bomben­explo­sion über bewohn­tem Gebiet dienen mag erschließt sich nur in einem durch Konven­tionen etab­lierten Verständ­nisrah­men. |
− | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­ | + | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­haftig­keit des abge­bilde­ten “Schattens”=== |
− | Tatsächlich lassen sich | + | Tatsächlich lassen sich Ikoni­zität, Inde­xika­lität und Symbol­haftig­keiten in diesem Beispiel (wie übri­gens bei fast allen Bildern) auch noch auf einer zweiten Ebe­ne anwen­den: Denn auch der “Schatten” selbst wird in der Regel ja zeichen­haft gele­sen. Als Symptom der ihn verur­sachen­den Explo­sion kann er als Index für alle der in der zu ihm führen­den Kausal­kette enthal­tenen Fakto­ren verwen­det werden: Domi­nant in dieser Hinsicht sind sicher­lich die Person, die in jenem verhäng­nisvol­len Augen­blick an jener Stelle stand, die Strahlun­gen, die in jenem Moment den Schatten in den Stein brannten, sowie das Ereig­nis, das die Strahlung ausge­löst hat: die Explo­sion von «Little Boy».<ref>We­gen der Tran­si­ti­vi­tät der Kau­sal­be­zie­hung “ver­län­gert” die Pho­to­gra­phie als In­dex die be­reits sig­ni­fi­kan­ten Kau­sal­ket­ten der ab­ge­bil­de­ten Sze­ne so­zu­sa­gen bis zum Be­trach­ter.</ref> Voraus­setzung für eine solche inde­xika­lische Zeichen­verwen­dung mit einer dieser Bedeu­tungen ist die Einbet­tung des “Schattens” in eine [[Interaktion und Kommunikation|kommu­nika­tive Inter­aktion]] (inklu­sive Selbstdar­stellung des Senders) mit bewuss­ter Kontrol­le des kommu­nika­tiven Zwecks der Handlung (Refle­xivie­rung inklu­sive Anti­zipa­tion des Kommu­nika­tionspart­ners; ⊳ [[Bildrezeption als Kommunikationsprozess|Bildre­zeption als Kommu­nika­tionspro­zess]]). Diese Bedin­gung ist auch erfüllt, wenn sich jemand selbst vor Ort mithil­fe des “Schattens” auf die entspre­chende Ursa­che aufmerk­sam macht. |
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− | Insofern der “Schatten” eine gewisse | + | Insofern der “Schatten” eine gewisse Ähnlich­keit mit jenem Menschen hat, kann er zudem als ein iko­nisches Zeichen für jenen stehen. Auch hier ist die Einbet­tung in den komple­xen Handlungs­zusam­menhang einer Zeichen­verwen­dung Voraus­setzung. Ana­log zur Verlän­gerung der inde­xika­lischen Aspek­te des Darge­stellten durch die Inde­xika­lität der Darstel­lung “verlän­gert” die Iko­nizi­tät des Bildes die iko­nischen Aspek­te des im Bild Darge­stellten.<ref>Die­se Tran­si­ti­vi­tät ist al­ler­dings we­ni­ger deut­lich aus­ge­prägt als bei der Kau­sa­li­tät: Wenn ''A'' ähn­lich zu ''B'' ist, ''B'' ähn­lich zu ''C'' und schließ­lich ''C'' ähn­lich zu ''D'', folgt be­kannt­lich kei­nes­wegs zwing­end, dass ''A'' auch ähn­lich zu ''D'' ist – mit ent­spre­chen­den Kon­se­quen­zen für die Iko­ni­zi­tät der zu­ge­hö­ri­gen Dar­stel­lungs­be­zie­hun­gen (etwa: die Ko­pie ei­ner Ko­pie ei­ner Ko­pie ei­nes Bil­des). </ref> |
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− | Als einem symbolischen Zeichen kann man sich dem “Schatten” schließlich | + | Als einem symbolischen Zeichen kann man sich dem “Schatten” schließlich zuwen­den, wenn man damit etwa die eige­ne Aufmerk­samkeit oder die eines ande­ren absicht­lich auf den Sachver­halt lenken möchte, dass die Menschheit mit der in Hiro­shima erstmals grauen­voll demon­strierten Fähig­keit, Atom­bomben über bevöl­kerten Städten explo­dieren zu lassen, eine gefähr­liche Grenze über­schritten hat. |
− | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­ | + | ===Ikonizität, Indexikalität und Symbol­haftig­keit des refle­xiv genutz­ten Photos=== |
− | Eine dritte Bedeutungsebene ergibt sich, wenn wir in Betracht ziehen, dass jedes Bild auch dazu benutzt werden kann, als Zeichen für einen Aspekt des | + | Eine dritte Bedeutungsebene ergibt sich, wenn wir in Betracht ziehen, dass jedes Bild auch dazu benutzt werden kann, als Zeichen für einen Aspekt des Zeichen­gebrauchs selbst zu dienen (⊳ [[Bild in reflexiver Verwendung|Bild in refle­xiver Verwen­dung]]). Eben dies ist ja unter ande­rem in diesem Glossar­arti­kel mit dem Zeichen­träger aus Abbil­dung 4 gesche­hen. Auch auf dieser Ebe­ne können die drei Arten von ''Objekt­bezü­gen'' auftre­ten: |
− | * Ikonizität als | + | * Ikonizität als Exem­plifi­kation einer konkre­ten Eigen­schaft des aktu­ellen Zeichen­handlungs­''schemas'': Z.B. kann mithil­fe des Bildträ­gers darauf aufmerk­sam gemacht werden, dass die Bedeu­tungen jeder seiner Zeichen­verwen­dungen iko­nische, inde­xika­lische und symbo­lische Aspek­te umfasst, indem eben diese Eigen­schaft am Exem­pel demon­striert wird. |
− | * Indexikalität als Verweis auf die gerade im Kontext | + | * Indexikalität als Verweis auf die gerade im Kontext ablau­fende Zeichen­handlungs­''instan­zen'' und ihre Eigen­heiten: So kann sich ein Leser dieses Text-​Bild-​Ensem­bles etwa mithil­fe des Zeichen­trägers aus Abbil­dung 4 darauf aufmerk­sam machen, dass die Bedeu­tungen, die er ihm in verschie­denen Instan­ziierun­gen der Zeichen­handlung im Verlauf der Lektü­re des umge­benden Textes gibt, sich wandeln und etwa mal mehr, mal weni­ger iko­nisch oder inde­xika­lisch bestimmt sind. |
− | * Symbolhaftigkeit, insofern alle | + | * Symbolhaftigkeit, insofern alle abstrak­ten Eigen­schaften des Zeichen­handlungs­schemas, auf die mit der refle­xiven Verwen­dung des Bildträ­gers verwie­sen werden kann, wegen ihrer Abstrakt­heit konven­tionell (oder tradi­tionell) etab­liert worden sind: Dass eine Bildver­wendung Begrif­fe wie​ »syntak­tische Dichte«,​ »genu­ine Iko­nizi­tät«​ oder​ »Ästhe­tisie­rung eines Sujets«​ exem­plifi­zieren kann hat stets auch eine regel­bezo­gene Kompo­nente. Das gilt insbe­sonde­re für Fälle nega­tiver Exem­plifi­kation, bei denen defi­nitions­gemäß keine iko­nischen oder inde­xika­lischen Momen­te auftre­ten können. |
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− | — In jedem konkreten Gebrauch des in | + | <br/> |
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+ | — In jedem konkreten Gebrauch des in Abbil­dung 4 wieder­gege­benen Zeichen­trägers können auf den erwähn­ten drei Zeichen­ebe­nen die drei von Peirce inspi­rierten Objekt­bezü­ge in jeweils verschie­denen Ausprä­gungen und variie­renden Kombi­nati­onen die effek­tive Kommu­nika­tion seman­tisch prägen. Vor diesem Hinter­grund ist die Vorstel­lung von einer einzi­gen »Bedeu­tung eines Bildträ­gers« besten­falls stark verkürzt und stets abhän­gig von einer – meist nur impli­zit – als Standard festge­legten Refe­renzver­wendungs­weise, zu der ein Begriff von standar­disier­ten Kommu­nizie­renden mit bestimm­tem Hinter­grundwis­sen eben­so wie standar­disier­te Kommu­nika­tionszie­le gehö­ren (z.B. iko­nische, nicht-​refle­xive Verwen­dung). Semi­ose – bei Peirce als fortlau­fende Erzeu­gung weite­rer Inter­pretan­ten gedacht, genau­er: als Folge (menta­ler) Zeichen, die die Bedeu­tung des ersten Zeichens ela­borieren – kann offen­sichtlich auch noch in einem ande­ren Sinn verstan­den werden: als ein sukzes­sives Ausar­beiten der verschie­denen Möglich­keiten, einen Zeichen­träger als Zeichen zu verwen­den. | ||
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− | Für die Frage nach der [[Identität bildhafter Zeichen]] verschiebt sich der Fokus von einem am | + | Für die Frage nach der [[Identität bildhafter Zeichen|Iden­tität bildhaf­ter Zeichen]] verschiebt sich der Fokus von einem am physi­schen Bildträ­ger orien­tierten Krite­rium zu einem an der jewei­ligen Verwen­dungssi­tuati­on orien­tierten Krite­rium. |
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Aktuelle Version vom 2. September 2023, 18:56 Uhr
Unterpunkt zu: Zeichentheorien: Übersicht
English Version: Symbol, Index, Icon
Einteilung der Zeichen bei PeirceCharles S. Peirce (1839-1914) gilt als einer der Gründungsväter der modernen Zeichentheorie. Auf ihn geht auch eine differenzierte Einteilung der Zeichenarten zurück (Abb. 1), von der zumindest ein Teil sehr weite Verbreitung gefunden hat. Grob skizziert unterscheidet Peirce drei zeichenrelevante Ebenen, die ungefähr mit der Einteilung in Pragmatik, Semantik und Syntax übereinstimmen. In jeder dieser Ebenen setzt er eine weitere Dreiteilung an. Syntaktisch differenziert Peirce Zeichen in »Sinzeichen«, »Legizeichen« und »Qualizeichen«, während »Thema«, »Rhema« und »Dicent« pragmatische (wirkungsbezogene) Zeichenunterkategorien bilden.[1] Es ist vor allem die semantische Ebene, deren Peircesche Dreiteilung unter Semiotikern und Theoretikern benachbarter Disziplinen, wie Sprachphilosophie und Kunstgeschichte, machtvoll nachwirkt und nicht zuletzt in seinem Begriff der Ikonizität für die Bildtheorie große Relevanz aufweist.[2]
Semantische Dreiteilung: Eigenheiten der BedeutungsbeziehungDa sie auf die semantische Ebene fokussiert sind, differenzieren die Peirceschen Zeichenkategorien »Index«, »Ikon« und »Symbol« die Klasse der Zeichen gemäß dem Charakter der Beziehung, die zwischen dem Zeichenträger und dem damit Bezeichneten besteht (in Abb. 1 als ‘Objektbezug’ charakterisiert). Diese “Objekt”beziehung gilt als konstitutiv für die Bedeutung, die dem Zeichenträger zugeschrieben wird.[3] Genau genommen handelt es sich bei den drei Kategorien um Idealtypen; in konkreten Fällen wirken die zugehörigen Bedeutungsrelationen oft auf komplizierte Weise zusammen (vgl. das ausführliche Beispiel unten). Ikonizität und ÄhnlichkeitenDer Peircesche Ausdruck ‘Ikon’ (Plural: ‘Ikone’),[4] der seine altgriechische Wurzel (εἰκών, etwa ‘Abbild’) ganz offensichtlich sowohl mit der mittelalterlich-religiösen Ikone als auch mit dem englischen Leihwort ‘Icon’ des Informationszeitalters (dazu ⊳ Bilderschrift und Piktogramm) teilt, mit beidem aber nicht verwechselt werden sollte, bezeichnet solche Zeichen, deren Bedeutungsbeziehung sich einer Ähnlichkeitsrelation zwischen Zeichenträger und Bezeichnetem verdankt (vgl. [Peirce 1983a]Literaturangabe fehlt. Tatsächlich liegen bei Peirce echte (genuine) Ikone nur dann vor, wenn man eine Eigenschaft eines (als Zeichenträger) wahrgenommenen Gegenstands dazu benutzt, sich (oder einen anderen) auf eben diese Eigenschaft aufmerksam zu machen – wenn also, in Goodmans Begrifflichkeit, eine Exemplifikation vorliegt.[6] Zeichen, bei denen wegen geteilter Eigenschaften ein Gegenstand auf einen anderen Gegenstand verweist, bezeichnet Peirce genauer als ‘Hypoikone’ (auch ‘degenerierte Ikone’ [Peirce 1998a]Literaturangabe fehlt. Im Prinzip genügt jeweils bereits eine einzige (objektive bzw. subjektive) Eigenschaft, die – neben beliebig vielen differierenden – von den betrachteten Gegenständen geteilt wird, um die Ikonizität einer Zeichenbeziehung zwischen jenen zu gewährleisten. Je größer die Ähnlichkeit, desto stärker ist die Ikonizität, wenn der eine Gegenstand als Zeichen für den anderen betrachtet wird. Probleme ergeben sich hingegen, wenn alle Eigenschaften übereinstimmen: Als im engen Sinne »ähnlich« werden üblicherweise zwei Gegenstände nur dann betrachtet, wenn es mindestens auch eine Eigenschaft gibt, in der sie sich nicht gleichen.[11] Indexikalität und raumzeitliche ZusammenhängeVon einem ‘Index’ (Plural ‘Indizes’) spricht Peirce bei einem Zeichen, dessen Träger aufgrund seines raumzeitlichen und insbesondere kausalen Zusammenhangs mit dem Bezeichneten als Zeichen für letzteres verwendet wird (vgl. [Peirce 1983a]Literaturangabe fehlt. Zu beachten ist allerdings, dass die Definition der Indexikalität nicht notwendig von einer natürlichen Beziehung zwischen Zeichenträger und Bezeichnetem ausgeht: Auch das Ortseingangsschild am Rand einer Stadt steht in direkter, wenn auch absichtlich erzeugter raumzeitlicher Beziehung zu dem Bezeichneten (eben dem Rand jener Stadt). Gleiches gilt für das auf dieser Glossarseite links oben gezeigte Logo (das markiert: ›dies ist eine Seite des Glossars der Bildphilosophie‹), die farblichen Markierungen, die in diesem Glossartext anzeigen, an welchen Stellen durch Mausklick eine andere Seite erreicht werden kann, oder auch generell Pfeile und Zeiger. Nicht alle Indizes sind mithin auch Symptome im engen (physikalisch-kausalen) Sinn, oder, wie es dann auch heißt: ‘natürliche Indizes’. Im Gegensatz zu den natürlichen ist die raumzeitliche Beziehung, die zwischen Zeichenträger und Bezeichnetem vermittelt, bei den künstlichen Indizes mit Absicht erzeugt – Intentionalität ersetzt also in diesen Fällen Kausalität.[15] Gleichwohl besteht die semantische Pointe auch bei dieser Unterklasse darin, dass allein die raumzeitliche Nähe bereits die Bedeutung des Zeichens bei der Verwendung zu induzieren scheint. Sprachliche Ausdrücke, wie insbesondere ‘hier’ und ‘jetzt’, aber auch ‘ich’, ‘wir’, ‘du’, ‘ihr’ hängen in ihrer jeweiligen Bedeutung ebenfalls stark ab vom Kontext ihrer Verwendung: Die raumzeitliche Beziehung zu Ort und Zeit ihrer Äußerung bestimmt, welcher Ort mit ‘hier’, welche Person mit ‘du’ gemeint ist. Gleiches gilt natürlich auch für ‘içi’ oder ‘here’, für ‘tu’ oder ‘you’ – um nur zwei andere europäische Sprachen als Beispiele zu bemühen. Neben aller Konventionalität, die diese Art von Ausdrücken eigentlich zu Symbolen im Sinne von Peirce werden lässt, bleibt ihnen ein Moment an Indexikalität wesentlich, weshalb man auch von ‘indexikalischen Ausdrücken’ spricht.[16] Einen weiteren Sonderfall indexikalischer Zeichen stellen Photographien (und die Produkte verwandter technischer Bildgebungsverfahren) dar: Offenkundig beruhen die hier betrachteten Produktionsverfahren für Zeichenträger darauf, dass eine mehr oder weniger lange, aber durchgehende Kette streng kausaler, physikalisch-chemischer Schritte den Zeichenträger automatisch aus dem Bezeichneten (‘Abgebildeten’) ableiten.[17] Obwohl als Bilder eigentlich den ikonischen Zeichen zuzuordnen, schwingt zumindest bei dieser Untermenge auch Indexikalität in ihrem Begriff mit.[18] Symbolhaftigkeit und BedeutungskonventionenIkone gleichen Indizes in einer wichtigen Hinsicht, in der die dritte semantische Zeichenkategorie von Peirce abweicht: Wegen des direkt erkennbaren Zusammenhangs zwischen Zeichenträger und Bezeichnetem scheint die Bedeutung des Zeichens nicht erst durch einen geeigneten Taufakt etabliert werden zu müssen. Indizes und Ikone funktionieren ohne vorangehende Festlegung einer entsprechenden Bedeutungskonvention. Das gilt für viele der von uns im Alltag verwendeten Zeichengebräuche keineswegs, wie jeder leicht selbst feststellen kann, wenn er eine fremde Sprache erlernen will. Zeichen, deren Bedeutungsbeziehung mithilfe einer Konvention festgelegt werden müssen, nennt Peirce ‘Symbole’ (vgl. [Peirce 1983a]Literaturangabe fehlt. Dieser Wortgebrauch differiert deutlich von einer anderen, vor allem im deutschsprachigen Raum verbreiteten (auch von Saussure benutzten) Konvention, die dem ‘Zeichen’ das ‘Symbol’ gegenüberstellt, wobei ‘Symbol’ in diesem Sinn häufig synonym zu ‘Sinnbild’ gebraucht wird.[20] Markiert man die unterschiedlichen Wortgebräuche mit den Indizes ‘D’ (deutsch) und ‘P’ (Peirce), so ergibt sich (Abb. 3): »SymboleD« sind gerade keine »ZeichenD«, während »SymboleP« eine Unterart von »ZeichenP« sind; des weiteren entsprechen »SymboleP« weitgehend »ZeichenD«, wohingegen »SymboleD« in etwa den Peirceschen »Ikonen« entsprechen, also zwar keine »ZeichenD«, wohl aber »ZeichenP« sind.[21] Es empfiehlt sich daher, – besonders in der bildwissenschaftlichen Dikussion – sehr genau darauf zu achten, in welcher Bedeutung die Ausdrücke ‘Zeichen’ und ‘Symbol’ jeweils verwendet werden.[22] Eine konventionelle Bedeutungszuschreibung liegt im Übrigen nicht nur dann vor, wenn eine Regel, auf die man sich im Zweifelsfall berufen kann, ausdrücklich festgelegt wird (Taufakt im weiten Sinn). Es kann sich auch um historisch gewachsene Gewohnheiten oder stillschweigende (implizite) Übereinkünfte handeln, wie sie bei den meisten Zeichen der “natürlichen” Sprachen, etwa den Wörtern und Sätzen des Deutschen, vorliegen. Hier existieren keine vorweisbaren Situationen mit entsprechenden bedeutungsstiftenden Akten, auf die man beim Verdacht einer falschen Verwendungsweise des symbolischen Zeichens verweisen könnte. Zudem wirken in aller Regel die sozialen Mechanismen, die zur Bildung der Tradition beigetragen haben, immer weiter, weswegen sich die Traditionen kontinuierlich “unter der Hand” ändern (»Sprachwandel«). Im Gegensatz zu den tradierten Bedeutungskonventionen können ausdrücklich vereinbarte Zeichenbedeutungen hingegen nur wieder durch weitere ausdrückliche Vereinbarungen der betroffenen Zeichennutzer verändert werden.[23] Obwohl verwandt sollten die Begriffe »Konvention« und »Willkürlichkeit« (auch »Arbitrarität«) in diesem Zusammenhang nicht miteinander verwechselt werden: Auch tradierte Konventionen sind in der Regel auf die eine oder andere Weise motiviert und nicht rein willkürlich.[24] Und selbst die an sich frei verfügbaren Assoziationsmöglichkeiten werden bei explizit vereinbarten Konventionen aus guten (etwa mnemotechnischen) Gründen kaum je wirklich ausgeschöpft. Historisch bildete zwar die Frage nach der Willkürlichkeit der Bedeutungsbeziehung in Gestalt der phýsei/thései-Debatte in der griechischen Antike den wesentlichen Ausgangspunkt für die sukzessive Differenzierung möglicher Objektrelationen bis hin zu Peirce (und darüber hinaus). Doch ergab sich im Verlauf dieser begrifflichen Entfaltung, dass es weniger um die Frage nach einer natürlich (sprich: unabhängig von Zeichenverwendern) bestehenden Beziehung zwischen Zeichen(träger) und Bezeichnetem geht, als vielmehr um verschiedene Möglichkeiten, Aspekte eines als Zeichenträger verwendeten Objekts in das komplexe Geschehen von Zeichenhandlungen zu integrieren (vgl. [Trabant 1996a]Literaturangabe fehlt. Die Perspektive als symbolische Form (1924). In Erwin Panofsky, Deutschsprachige Aufsätze Bd. 2, 664-757, Erstpublikation in: Vorträge der Bibliothek Warburg (1924/25). Leipzig, 1927, 258-330. Eintrag in Sammlung zeigen). Zwar scheinen zentralperspektivische Konstruktionen in einer quasi kausalen Ableitung besonders natürlich wirkende Bildzeichen zu erzeugen. Doch um diese Zeichen geht es nun gar nicht. Vielmehr ist die Konstruktion selbst – als Zeichen für das jene Natürlichkeit allererst begründende Sehen genommen – nur eine (historisch gewachsene) Möglichkeit unter vielen anderen; eine Möglichkeit, die, da sie ein einäugiges, simultanes Sehen mit starrem Blick unterstellt, trotz aller ikonischer Anteile (d.h. bestehenden Ähnlichkeiten zur Bedeutung dieses Zeichens, dem zweiäugigen, sakkadischen Sehen mit beweglichen Augen) auch stark von tradiert-konventionellen Faktoren abhängt: der Konvention nämlich, dass eben auf genau diese Weise das Sehen darzustellen sei (vgl. [Cassirer 1930a]Cassirer, Ernst (2004). Mythischer, ästhetischer und theoretischer Raum (1930). In Ernst Cassirer: Gesammelte Werke, Bd. 17, 411-436 [1931]. Eintrag in Sammlung zeigen).
Zur Anwendung auf Bilder: Ein (komplexes) Beispiel
Aus bildwissenschaftlicher Perspektive spielen Ikonizität (insofern »Bild« und »Ähnlichkeit« zusammenhängen) und Indexikalität (vor allem bei den kausalen Bildgebungsverfahren) die grössere, aber keineswegs die alleinige Rolle. Auch bei Bildverwendungen treten zahlreiche symbolische Aspekte auf.[27] In der Praxis dürften prototypische Fälle von Ikonizität, Indexikalität oder Symbolhaftigkeit in der Tat weder bei Bildern noch auch bei anderen Zeichentypen häufig auftreten. Mischformen dominieren unseren Bild(Zeichen)gebrauch. Die Anwendung der drei Aspekte auf ein konkretes Beispiel mag besser verdeutlichen, wie vielfältig die semantischen Relationen letztendlich für einen einzigen Bildträger zusammenwirken: Abbildung 4 gibt das Schwarz-Weiß-Photo eines unbekannten Photographen wieder, das vermutlich in den letzten Tagen des Jahres 1945 aufgenommen wurde und im Hiroshima Peace Memorial Museum aufbewahrt wird. Zu sehen sind zwei Stufen einer steinernen Treppe, die zum Eingang des Gebäudes der Sumitomo-Bank im Zentrum der japanischen Stadt Hiroshima führt, sowie ein kleiner Ausschnitt der Wand des Gebäudes. Auf den Treppenstufen zeichnen sich schwärzliche Spuren im perspektivisch verzerrten Umriß eines menschlichen Körpers ab. Es wird angenommen, dass sie entstanden sind, als am 6. August 1945 um 8 Uhr 15 eine Atombombe die Stadt zerstörte und Druck, Hitze und Strahlung die verglühenden Überreste einer Person, die zufällig zu diesem Zeitpunkt vor dem Gebäude auf den Stufen stand, in den Stein eingebrannt haben. Ikonizität, Indexikalität und Symbolhaftigkeit der BeispielphotographieWegen der längeren, aber durchweg kausalen Kette von optischen, photochemischen und digitaltechnischen Transformationen, die den hier betrachteten Zeichenträger mit der Aufnahmesituation in Hiroshima zu einem unbekannten Zeitpunkt kurz nach der Bombenexplosion verbinden, hat das damit verwendete Zeichen offensichtlich Index-Charakter. Da zudem eine visuelle Ähnlichkeit zu den tatsächlichen Treppenstufen in Japan besteht, ist auch ein deutlicher ikonischer Anteil gegeben. Symbolhaftigkeit tritt hinzu, weil die Signifikanz dieses Bildes erst klar werden kann, wenn man es in seinen historischen Kontext einordnen kann: Zwar ist – ikonisch – eine Art menschlicher Schatten zu sehen, der – indexikalisch – als Teil einer real in Raum und Zeit existierenden (d.h. mit dem Hier und Jetzt der Rezeptionssituation kausal verbundenen) Szene verstanden wird, doch dass diese Photographie etwa auch als Zeichen für die schreckliche Gewalt einer Atombombenexplosion über bewohntem Gebiet dienen mag erschließt sich nur in einem durch Konventionen etablierten Verständnisrahmen. Ikonizität, Indexikalität und Symbolhaftigkeit des abgebildeten “Schattens”Tatsächlich lassen sich Ikonizität, Indexikalität und Symbolhaftigkeiten in diesem Beispiel (wie übrigens bei fast allen Bildern) auch noch auf einer zweiten Ebene anwenden: Denn auch der “Schatten” selbst wird in der Regel ja zeichenhaft gelesen. Als Symptom der ihn verursachenden Explosion kann er als Index für alle der in der zu ihm führenden Kausalkette enthaltenen Faktoren verwendet werden: Dominant in dieser Hinsicht sind sicherlich die Person, die in jenem verhängnisvollen Augenblick an jener Stelle stand, die Strahlungen, die in jenem Moment den Schatten in den Stein brannten, sowie das Ereignis, das die Strahlung ausgelöst hat: die Explosion von «Little Boy».[28] Voraussetzung für eine solche indexikalische Zeichenverwendung mit einer dieser Bedeutungen ist die Einbettung des “Schattens” in eine kommunikative Interaktion (inklusive Selbstdarstellung des Senders) mit bewusster Kontrolle des kommunikativen Zwecks der Handlung (Reflexivierung inklusive Antizipation des Kommunikationspartners; ⊳ Bildrezeption als Kommunikationsprozess). Diese Bedingung ist auch erfüllt, wenn sich jemand selbst vor Ort mithilfe des “Schattens” auf die entsprechende Ursache aufmerksam macht. Insofern der “Schatten” eine gewisse Ähnlichkeit mit jenem Menschen hat, kann er zudem als ein ikonisches Zeichen für jenen stehen. Auch hier ist die Einbettung in den komplexen Handlungszusammenhang einer Zeichenverwendung Voraussetzung. Analog zur Verlängerung der indexikalischen Aspekte des Dargestellten durch die Indexikalität der Darstellung “verlängert” die Ikonizität des Bildes die ikonischen Aspekte des im Bild Dargestellten.[29] Als einem symbolischen Zeichen kann man sich dem “Schatten” schließlich zuwenden, wenn man damit etwa die eigene Aufmerksamkeit oder die eines anderen absichtlich auf den Sachverhalt lenken möchte, dass die Menschheit mit der in Hiroshima erstmals grauenvoll demonstrierten Fähigkeit, Atombomben über bevölkerten Städten explodieren zu lassen, eine gefährliche Grenze überschritten hat. Ikonizität, Indexikalität und Symbolhaftigkeit des reflexiv genutzten PhotosEine dritte Bedeutungsebene ergibt sich, wenn wir in Betracht ziehen, dass jedes Bild auch dazu benutzt werden kann, als Zeichen für einen Aspekt des Zeichengebrauchs selbst zu dienen (⊳ Bild in reflexiver Verwendung). Eben dies ist ja unter anderem in diesem Glossarartikel mit dem Zeichenträger aus Abbildung 4 geschehen. Auch auf dieser Ebene können die drei Arten von Objektbezügen auftreten:
— In jedem konkreten Gebrauch des in Abbildung 4 wiedergegebenen Zeichenträgers können auf den erwähnten drei Zeichenebenen die drei von Peirce inspirierten Objektbezüge in jeweils verschiedenen Ausprägungen und variierenden Kombinationen die effektive Kommunikation semantisch prägen. Vor diesem Hintergrund ist die Vorstellung von einer einzigen »Bedeutung eines Bildträgers« bestenfalls stark verkürzt und stets abhängig von einer – meist nur implizit – als Standard festgelegten Referenzverwendungsweise, zu der ein Begriff von standardisierten Kommunizierenden mit bestimmtem Hintergrundwissen ebenso wie standardisierte Kommunikationsziele gehören (z.B. ikonische, nicht-reflexive Verwendung). Semiose – bei Peirce als fortlaufende Erzeugung weiterer Interpretanten gedacht, genauer: als Folge (mentaler) Zeichen, die die Bedeutung des ersten Zeichens elaborieren – kann offensichtlich auch noch in einem anderen Sinn verstanden werden: als ein sukzessives Ausarbeiten der verschiedenen Möglichkeiten, einen Zeichenträger als Zeichen zu verwenden. Für die Frage nach der Identität bildhafter Zeichen verschiebt sich der Fokus von einem am physischen Bildträger orientierten Kriterium zu einem an der jeweiligen Verwendungssituation orientierten Kriterium. Siehe auch:
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Anmerkungen
[Berndt & Drügh 2009a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Birk et al. 2014a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Cassirer 1930a]: Cassirer, Ernst (2004). Mythischer, ästhetischer und theoretischer Raum (1930). In: B. Recki (Hg.): Ernst Cassirer: Gesammelte Werke, Bd. 17. Hamburg: Meiner, S. 411-436 [1931]. [Cassirer 2009a]: Cassirer, Ernst (2009). Der Begriff der symbolischen Form im Aufbau der Geisteswissenschaften. Schriften zur Philosophie der symbolischen Formen. Hamburg: Meiner, S. 63-92, hrsg. von Marion Lauschke.
[Goodman 1970a]: Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [61] und Klaus Sachs-Hombach [9] — (Hinweis) Zitierhinweis: [Schirra 2013g-y]Literaturangabe fehlt. |