Technisches Bild: Unterschied zwischen den Versionen

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== Vom Bild zum Technobild==
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Wenn man in heutiger Zeit vom techni&shy;schen Bild spricht, meint man in der Regel das Techno&shy;bild des Medien- und Kommu&shy;nika&shy;tionsphi&shy;loso&shy;phen Vilém Flusser.<ref>Vgl. für die nach&shy;fol&shy;gen&shy;den Dar&shy;le&shy;gun&shy;gen die ent&shy;spre&shy;chen&shy;den Ka&shy;pi&shy;tel in <bib id='Bidlo 2008a'>Bid&shy;lo 2008a</bib>.</ref> Flusser hat sich in einer Reihe von Arbei&shy;ten mit Bildern, der [[Bildherstellung|Bildpro&shy;duktion]], Techno&shy;bildern und Design ausein&shy;ander&shy;gesetzt. Um das Techno&shy;bild im Sinne Flussers verste&shy;hen zu können, muss man die Einbet&shy;tung kennen, die Flusser im Rahmen seiner medien&shy;theore&shy;tischen Über&shy;legun&shy;gen vorge&shy;nommen hat. Seine Ausar&shy;beitun&shy;gen hierzu stehen fest im Netz seiner Über&shy;legung zur kultu&shy;rellen, gesell&shy;schaftli&shy;chen und techni&shy;schen Entwick&shy;lung. Techno&shy;bilder – und ihre beson&shy;dere Wahrneh&shy;mungsform, die Flusser ‘Techno&shy;ima&shy;gina&shy;tion’ nennt – sind verschie&shy;den zu herkömm&shy;lichen Bildern.
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Traditionelle Bilder (z.B. die eines [[Malerei|Malers]]) sind nach Flusser Flächen mit einer Bedeu&shy;tung. Das [[Auge]] scannt die Ober&shy;fläche, um die Bedeu&shy;tung des Bildes zu erschlie&shy;ßen. Dieses Erfas&shy;sen stellt eine Verbin&shy;dung zweier Inten&shy;tionen dar, nämlich jener, die sich im Bild mani&shy;festiert, und jener des Betrach&shy;ters. In diesem Zwischen&shy;spiel lassen Bilder Raum für Deutun&shy;gen (vgl. <bib id='Flusser 1983a'></bib>: S. 9). Die Bilder tragen eine beson&shy;dere Zeitform in sich, die von der ewi&shy;gen Wieder&shy;kehr des Gleichen bestimmt ist. Für Flusser ist es die Zeitform der Welt der Magie, einer Welt, in der sich alles wieder&shy;holt und alles in einem bedeu&shy;tungsvol&shy;len Zusam&shy;menhang gestellt ist. Diese Welt und ihre Zeitform sind von der herkömm&shy;lichen histo&shy;rischen Line&shy;ari&shy;tät zu unter&shy;scheiden. Die Bedeu&shy;tung der Bilder bezeich&shy;net Flusser als ‘magisch’. Bilder sind keine objek&shy;tiven Ereig&shy;nisse, die die Wirklich&shy;keit spiegeln oder reflek&shy;tieren, sondern sie sind Vermitt&shy;lungen zwischen der Welt und dem Menschen. Bilder stellen sich zwischen den Menschen und die Welt und entfer&shy;nen ihn damit zugleich von dieser. Denn er findet seinen Zugang zur Welt nicht unmit&shy;telbar, sondern über die [[Vorstellung|Vorstel&shy;lungen]] von Welt, die er sich durch die Bilder macht.
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Mit der Erfindung der Schrift wurde das Bild dekon&shy;struiert und anschlie&shy;ßend in Zeilen rekon&shy;struiert. Aber eine Weltan&shy;nähe&shy;rung wurde so nicht erreicht, sondern eine weite&shy;re [[Abstraktion|Abstrak&shy;tions&shy;ebe&shy;ne]] zwischen Mensch und Welt etab&shy;liert. Die Anord&shy;nung in Zeilen, das einer Linie folgen&shy;de Voran&shy;schreiten, führte zum geschicht&shy;lichen Bewusst&shy;sein, die die zirku&shy;läre Zeit des Bildes ablös&shy;te. Die Welt wurde nun in Linien und Zeilen geord&shy;net.
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Technobilder kennzeichnen nunmehr einen weite&shy;ren Schritt in der Entfer&shy;nung des Menschen von der unmit&shy;telba&shy;ren Welt, sie bilden eine weite&shy;re Abstrak&shy;tions&shy;ebe&shy;ne, die weg von der Welt führt. Ein techni&shy;sches Bild bzw. Techno&shy;bilder, zu dem nicht nur die [[Fotografie|Foto&shy;grafie]] als ältes&shy;tes Techno&shy;bild gehört, sondern auch der [[Film|Film]] oder das [[Computergraphik|Compu&shy;terbild]] – sind ein von Appa&shy;raten erzeug&shy;tes Bild. Diese Bilder setzen sich in verschie&shy;dener Art vom herkömm&shy;lichen Bild ab und besit&shy;zen eine Reihe von Beson&shy;derhei&shy;ten, die sich auf unse&shy;re Wirklich&shy;keit legen bzw. diese durchdrin&shy;gen:
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:''Die allgegenwärtigen techni&shy;schen Bilder um uns herum sind daran, unse&shy;re ''Wirklich&shy;keit'' magisch umzu&shy;struktu&shy;rieren und in ein globa&shy;les Bild&shy;szena&shy;rium umzu&shy;kehren. Es geht hier um ein ''Verges&shy;sen''. Der Mensch vergißt, daß er es war, der die Bilder erzeug&shy;te, um sich an ihnen in der Welt zu orien&shy;tieren, er kann sie nicht mehr entzif&shy;fern und lebt von nun ab in Funktion seiner eige&shy;nen Bilder'' (<bib id='Flusser 1983a'></bib>: S. 19).
  
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=====Darstellung des gr. Zusammenhangs=====
 
  
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==Technobilder==
<!--Anmerkung zwischen <ref> und </ref> im laufenden Text-->
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Technische Bilder werden von Appa&shy;raten erzeugt. Appa&shy;rate hinge&shy;gen sind Erzeug&shy;nisse ange&shy;wandter wissen&shy;schaftli&shy;cher Texte. Sie sind Mate&shy;rie gewor&shy;dene Theorie und Formel. Daher handelt es sich bei techni&shy;schen Bildern, als Produkt eines Appa&shy;rates, um mittel&shy;bare Erzeug&shy;nisse wissen&shy;schaftli&shy;cher Texte. Die Schrift wiede&shy;rum ist selbst eine Abstrak&shy;tion der Welt. Sie ordnet die Bild&shy;ele&shy;mente in Zeilen an. Die Schrift ist daher nach Flusser noch eine Ebe&shy;ne weiter von der Welt entfernt als die alten, nicht-&#8203;techni&shy;schen Bilder. Denn Texte „bedeu&shy;ten nicht die Welt, sie bedeu&shy;ten die Bilder, die sie zerrei&shy;ßen“ (<bib id='Flusser 1983a'></bib>: S. 11), um auf die Welt zu blicken. „Texte entzif&shy;fern heißt folglich, die von ihnen bedeu&shy;teten Bilder zu entde&shy;cken“ (<bib id='Flusser 1983a'></bib>: S. 11), die auf die Welt [[Referenz|verwei&shy;sen]].
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas 61a'>Jonas 1961</bib> -->
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<!-... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
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Betrachtet man ein Technobild ganz aus der Nähe, so wird deutlich, dass es aus Punkt&shy;ele&shy;menten besteht und nicht aus einer Fläche (⊳ [[Digitale Medien|Digi&shy;tale Medien]]). Man muss sich aus den Punkten das Bild einbil&shy;den, um es sehen zu können. Und dafür muss man das Bild ober&shy;flächlich beschau&shy;en, denn wenn man es genau ansieht, erkennt man nur noch die einzel&shy;nen Bild&shy;punkte, die letztlich Sympto&shy;me chemi&shy;scher oder elek&shy;troni&shy;scher Prozes&shy;se sind. Daher spricht Flusser vom „Lob der Ober&shy;flächlich&shy;keit“ (vgl. <bib id='Flusser 1993a'></bib>). Das Bild steigt aus dem abstrak&shy;ten Punkt&shy;uni&shy;versum, aus einem reinen Punkte&shy;schwarm empor und wird durch die [[Einbildungskraft|Einbil&shy;dungskraft]] zu einem konkre&shy;ten Bild. Ihre vermeint&shy;liche [[Ähnlichkeit|Ähnlich&shy;keit]] mit der Welt verführt die Menschen zu dem Glauben und der Annah&shy;me einer Über&shy;einstim&shy;mung von Welt und Techno&shy;bildern. Aus diesem Grunde sind sie gefähr&shy;lich, da sie die [[Simulation / Illusion|Illu&shy;sion]] der Reali&shy;tät erzeu&shy;gen, sich als Reali&shy;tät ausge&shy;ben, obwohl sie [[Begriff|Begrif&shy;fe]] und spezi&shy;fische [[Anschauung|Anschau&shy;ungen]] vermit&shy;teln. Denn die Techno-&#8203;Bilder proji&shy;zieren etwas und stellen nicht etwas dar. Techni&shy;sche Bilder sind Projek&shy;tionen.
<!-- ... (siehe Link "Sammlung" in Bibliographie-Box -->
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<!-- Bilder als thumbs einsetzen, Muster: [[Datei:Beispiel.png|thumb|Bildtitel]] -->
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:''Sie fangen bedeu&shy;tungslo&shy;se Zeichen auf, die aus der Welt auf sie zukom&shy;men (Photo&shy;nen, Elek&shy;tronen), und sie codie&shy;ren sie, um ihnen eine Bedeu&shy;tung zu geben. Daher ist es falsch, bei ihnen zu fragen, was sie bedeu&shy;ten [...]. Zu fragen bei ihnen ist, wozu sie das, was sie zeigen, bedeu&shy;ten. Denn was sie zeigen ist nur eine Funktion dessen, wozu sie bedeu&shy;ten.'' (<bib id='Flusser 1999a'></bib>: S. 54)
 
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Technische Bilder sind nunmehr Erfin&shy;dungen, um Texte, die ja bereits eine Ablei&shy;tung von der Welt darstel&shy;len, wieder magisch aufzu&shy;laden und vorstell&shy;bar zu machen. Ein herkömm&shy;liches, von einem Maler entwor&shy;fenes Bild ist eine Abstrak&shy;tion ersten Grades von der Welt. Texte sind Abstrak&shy;tionen zweiten Grades, da sie das Bildhaf&shy;te in Zeilen zerle&shy;gen und pressen, die dann linear gele&shy;sen werden müssen. Die techni&shy;schen Bilder sind Abstrak&shy;tionen dritten Grades, da sie von den abstrak&shy;ten, wissen&shy;schaftli&shy;chen Texten, die sich in Form von Appa&shy;raten mate&shy;riali&shy;sieren, eine Abstrak&shy;tion sind. Daraus ergibt sich für Flusser die kate&shy;gori&shy;sche Unter&shy;scheidung von&#8203; »vorge&shy;schichtlich«&#8203; (klassi&shy;sches Bild),&#8203; »geschicht&shy;lich«&#8203; (Texte) und&#8203; »nachge&shy;schichtlich«&#8203; (techni&shy;sches Bild).
 
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Ein interessanter Umstand ist in diesem Zusam&shy;menhang die scheinba&shy;re Objek&shy;tivi&shy;tät der techni&shy;schen Bilder. Sie bilden die Wirklich&shy;keit vermeint&shy;lich objek&shy;tiv und unmit&shy;telbar ab, sodass sie auf der gleichen Wirklich&shy;keits&shy;ebe&shy;ne wie ihre Bedeu&shy;tung zu liegen scheinen. Sie werden von den Menschen zunächst nicht als [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Symbo&shy;le]] begrif&shy;fen, sondern vielmehr als reine und unver&shy;stellte Fenster zur Welt. Und da der Mensch ihnen traut wie seinen Augen, kriti&shy;siert er sie nicht, sondern nimmt sie unge&shy;deutet als eine unmit&shy;telba&shy;re Weltan&shy;schauung wahr. Darin sieht Flusser einen Fehler und eine Gefahr, denn die Techno-&#8203;Bilder sind nicht nur nicht objek&shy;tiv, sondern „stellen noch weit abstrak&shy;tere Symbol&shy;komple&shy;xe dar als die tradi&shy;tionel&shy;len Bilder“ (<bib id='Flusser 1983a'></bib>: S. 14), da sie auf Texte basie&shy;ren, ja Meta&shy;codes von Texten sind. Während beim tradi&shy;tionel&shy;len Bild der Maler zwischen Welt und Betrach&shy;ter des Bildes geschal&shy;tet war bzw. sich dazwi&shy;schen gescho&shy;ben hat, ist es beim techni&shy;schen Bild nicht nur der Foto&shy;graf, sondern auch der Appa&shy;rat, der in Form einer Blackbox mit In- und Output das Bild auswirft. Das komple&shy;xe Gesche&shy;hen, die Codie&shy;rung der Bilder, in der Blackbox bleibt rätsel&shy;haft verbor&shy;gen. Der Foto&shy;graf sieht davon nichts. Die Appa&shy;rate erfor&shy;dern den Menschen als eine Funktion, z.B. um den Auslö&shy;ser zu betä&shy;tigen. Gleich einem Funkti&shy;onär kontrol&shy;liert der Mensch scheinbar den Appa&shy;rat, dank der Kontrol&shy;le seiner außen liegen&shy;den Tasten, die auf Program&shy;me und Funktions&shy;abläu&shy;fe im Inne&shy;ren hindeu&shy;ten, aber nichts weiter preisge&shy;ben. Der Appa&shy;rat beherrscht durch die Undurch&shy;sichtig&shy;keit seines Inneren den Menschen. Die Freiheit des Foto&shy;grafen ist damit eine vorstruk&shy;turier&shy;te und program&shy;mierte Freiheit. Er kann nur das aufneh&shy;men, was im Programm steht, die Bilder sind appa&shy;ratge&shy;sättigt. Die Wahl des aufzu&shy;nehmen&shy;den Objek&shy;tes ist zwar frei, bildet aber letztlich eine Funktion des Programms des Appa&shy;rats. Am Foto&shy;appa&shy;rat selbst ist das Entschei&shy;dende nicht das Mate&shy;rial (Hard&shy;ware), sondern die Soft&shy;ware, das weiche Programm, welches letztlich die Möglich&shy;keitsspiel&shy;räume bestimmt. Aus diesem Grund kann die Foto&shy;grafie nicht die Erfas&shy;sung von Welt, sondern nur die Erfor&shy;schung der Möglich&shy;keiten des Programms sein.
=====Engere Begriffsbestimmung=====
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Die Technobilder stellen eine neue Form der Codie&shy;rung der Welt dar, die von den Menschen eine neue Form der Einbil&shy;dungskraft fordern, um sie inter&shy;pretieren und gänzlich verste&shy;hen zu können. Der Mensch muss die durch ihn selbst kodi&shy;fizier&shy;te Welt, d.h. die wirkli&shy;che Welt, die mit Sinn ange&shy;füllt wurde, wieder neu zu erfas&shy;sen lernen. Denn der Mensch ist ein der Welt entfrem&shy;detes Wesen und sucht mittels selbst hervor&shy;gebrach&shy;ter Codes wieder mit der Welt in Verbin&shy;dung zu kommen. Die Codes und die vom Menschen gespon&shy;nene kodi&shy;fizier&shy;te Welt sollen dem Menschen Sinn vermit&shy;teln, der in der Welt, in die er durch Geburt gewor&shy;fen ist, nicht vorhanden ist. Symbol&shy;gebung und Code&shy;erzeu&shy;gung, das Spinnen einer Sinnwelt rettet den Menschen vor dem Wissen um seinen (unver&shy;meidli&shy;chen) Tod, vor dem Zuströ&shy;men hin zur Entro&shy;pie. Eben dieser Vorgang des Sinnent&shy;werfens vollzieht sich durch [[Interaktion und Kommunikation|Kommu&shy;nika&shy;tion]] über Codes mit ande&shy;ren Menschen. Erst in Kommu&shy;nika&shy;tion mit Ande&shy;ren webt sich das Netz der Sinnwelt, die die wirkli&shy;che, sinnlo&shy;se Welt verschlei&shy;ert. Aber diese Sinnwelt, die dem Menschen seine Exis&shy;tenz- und Todes&shy;angst nehmen soll, führt in dem Augen&shy;blick zu einer Krise, wenn der Mensch vergisst, dass diese ihn umge&shy;bene Welt auf einer Verein&shy;barung (Codes, Symbo&shy;le) beruht und er diese nicht mehr entzif&shy;fern und recht deuten kann. Somit wird deutlich, „daß Symbo&shy;le nicht nur ihre Bedeu&shy;tung zeigen, sondern sie auch verde&shy;cken, daß sie also nicht nur als sinnge&shy;bend, sondern auch als wahnsinn&shy;gebend funkti&shy;onieren“ (<bib id='Flusser 2003a'></bib>: S. 210). Die Techno&shy;bilder sind der neue Code, der um sich greift und in den Vorder&shy;grund tritt. Der Mensch muss lernen, die Program&shy;mierung und die Funktions&shy;weise der Techno&shy;bilder zu durchschau&shy;en. Dies kann ihm nur mit einer ausge&shy;bilde&shy;ten Techno-&#8203;Ima&shy;gina&shy;tion, die zur Entschlüs&shy;selung und zum Verständ&shy;nis der Techno&shy;bilder nötig ist, gelin&shy;gen, mit der er die Appa&shy;rate wieder unter seine Herr&shy;schaft bekommt und nicht bloß eine Funktion des Appa&shy;rates bleibt. Flusser defi&shy;niert nun die Techno-&#8203;Ima&shy;gina&shy;tion wie folgt:
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:''‘Techno-Imagination’ soll nun die Fähig&shy;keit genannt werden, durch Appa&shy;rate erzeug&shy;te Bilder (‘Techno&shy;bilder’) zu verschlüs&shy;seln und zu entzif&shy;fern. [Dem] liegt die Hypo&shy;these zugrun&shy;de, daß sich diese Fähig&shy;keit von der tradi&shy;tionel&shy;len Ima&shy;gina&shy;tion radi&shy;kal unter&shy;scheidet.'' (<bib id='Flusser 1993a'></bib>: S. 153)
 
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=====optional Beispiele=====
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In unserer Zeit sind es die Techno&shy;bilder und nicht mehr die Texte, die in der kodi&shy;fizier&shy;ten Welt die meisten Botschaf&shy;ten über&shy;mitteln. Und daher wird es für die Menschen über&shy;lebens&shy;wichtig, „die unse&shy;re Welt betref&shy;fenden Botschaf&shy;ten ''richtig'' zu senden und zu empfan&shy;gen“ (<bib id='Flusser 1993a'></bib>: S. 153). Gegen&shy;wärtig sind wir, nach Flusser, gera&shy;de erst dabei, die Fähig&shy;keit der Techno-&#8203;Ima&shy;gina&shy;tion auszu&shy;bilden. Wir sind noch nicht fähig, gleich einem Anal&shy;phabe&shy;ten in einer Textwelt, uns in der Techno&shy;bilder&shy;welt zu orien&shy;tieren. Denn unsere „Erleb&shy;nis-, Denk- und Wertka&shy;tego&shy;rien“ (<bib id='Flusser 1993a'></bib>: S. 154) sind nach wie vor auf ein geschicht&shy;liches, linear-&#8203;schriftli&shy;ches Dasein ausge&shy;richtet und noch nicht auf ein nachge&shy;schichtli&shy;ches, wie es sich durch das Aufkom&shy;men der Techno&shy;bilder entwi&shy;ckelt hat. Da jede Code&shy;form ein beson&shy;deres Exis&shy;tenzkli&shy;ma be&shy;inhal&shy;tet – das magi&shy;sche Dasein vermit&shy;telt durch die tradi&shy;tionel&shy;len Bilder und das histo&shy;rische durch Texte –, müssen wir „das histo&shy;rische Bewusst&shy;sein über&shy;schreiten“ (<bib id='Flusser 1993a'></bib>: S. 154), um uns in der Welt der Techno&shy;bilder zurecht&shy;zufin&shy;den.
 
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* [[Begriff]]
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* [[Darstellung und Vorstellung]]
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* [[Digitale Medien]]
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* [[Einbildungskraft]]
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* [[Film]]
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* [[Fotografie]]
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* [[Interaktion und Kommunikation]]
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* [[Malerei]]
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* [[Referenz]]
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* [[Simulation / Illusion]]
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* [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem]]
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* [[Zeigen und Sich-Zeigen]]
  
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2019, 14:07 Uhr

Unterpunkt zu: Bildverwendungstypen


Vom Bild zum Technobild

Wenn man in heutiger Zeit vom techni­schen Bild spricht, meint man in der Regel das Techno­bild des Medien- und Kommu­nika­tionsphi­loso­phen Vilém Flusser.[1] Flusser hat sich in einer Reihe von Arbei­ten mit Bildern, der Bildpro­duktion, Techno­bildern und Design ausein­ander­gesetzt. Um das Techno­bild im Sinne Flussers verste­hen zu können, muss man die Einbet­tung kennen, die Flusser im Rahmen seiner medien­theore­tischen Über­legun­gen vorge­nommen hat. Seine Ausar­beitun­gen hierzu stehen fest im Netz seiner Über­legung zur kultu­rellen, gesell­schaftli­chen und techni­schen Entwick­lung. Techno­bilder – und ihre beson­dere Wahrneh­mungsform, die Flusser ‘Techno­ima­gina­tion’ nennt – sind verschie­den zu herkömm­lichen Bildern.

Traditionelle Bilder (z.B. die eines Malers) sind nach Flusser Flächen mit einer Bedeu­tung. Das Auge scannt die Ober­fläche, um die Bedeu­tung des Bildes zu erschlie­ßen. Dieses Erfas­sen stellt eine Verbin­dung zweier Inten­tionen dar, nämlich jener, die sich im Bild mani­festiert, und jener des Betrach­ters. In diesem Zwischen­spiel lassen Bilder Raum für Deutun­gen (vgl. [Flusser 1983a]: S. 9). Die Bilder tragen eine beson­dere Zeitform in sich, die von der ewi­gen Wieder­kehr des Gleichen bestimmt ist. Für Flusser ist es die Zeitform der Welt der Magie, einer Welt, in der sich alles wieder­holt und alles in einem bedeu­tungsvol­len Zusam­menhang gestellt ist. Diese Welt und ihre Zeitform sind von der herkömm­lichen histo­rischen Line­ari­tät zu unter­scheiden. Die Bedeu­tung der Bilder bezeich­net Flusser als ‘magisch’. Bilder sind keine objek­tiven Ereig­nisse, die die Wirklich­keit spiegeln oder reflek­tieren, sondern sie sind Vermitt­lungen zwischen der Welt und dem Menschen. Bilder stellen sich zwischen den Menschen und die Welt und entfer­nen ihn damit zugleich von dieser. Denn er findet seinen Zugang zur Welt nicht unmit­telbar, sondern über die Vorstel­lungen von Welt, die er sich durch die Bilder macht.

Mit der Erfindung der Schrift wurde das Bild dekon­struiert und anschlie­ßend in Zeilen rekon­struiert. Aber eine Weltan­nähe­rung wurde so nicht erreicht, sondern eine weite­re Abstrak­tions­ebe­ne zwischen Mensch und Welt etab­liert. Die Anord­nung in Zeilen, das einer Linie folgen­de Voran­schreiten, führte zum geschicht­lichen Bewusst­sein, die die zirku­läre Zeit des Bildes ablös­te. Die Welt wurde nun in Linien und Zeilen geord­net.

Technobilder kennzeichnen nunmehr einen weite­ren Schritt in der Entfer­nung des Menschen von der unmit­telba­ren Welt, sie bilden eine weite­re Abstrak­tions­ebe­ne, die weg von der Welt führt. Ein techni­sches Bild bzw. Techno­bilder, zu dem nicht nur die Foto­grafie als ältes­tes Techno­bild gehört, sondern auch der Film oder das Compu­terbild – sind ein von Appa­raten erzeug­tes Bild. Diese Bilder setzen sich in verschie­dener Art vom herkömm­lichen Bild ab und besit­zen eine Reihe von Beson­derhei­ten, die sich auf unse­re Wirklich­keit legen bzw. diese durchdrin­gen:

Die allgegenwärtigen techni­schen Bilder um uns herum sind daran, unse­re Wirklich­keit magisch umzu­struktu­rieren und in ein globa­les Bild­szena­rium umzu­kehren. Es geht hier um ein Verges­sen. Der Mensch vergißt, daß er es war, der die Bilder erzeug­te, um sich an ihnen in der Welt zu orien­tieren, er kann sie nicht mehr entzif­fern und lebt von nun ab in Funktion seiner eige­nen Bilder ([Flusser 1983a]: S. 19).


Technobilder

Technische Bilder werden von Appa­raten erzeugt. Appa­rate hinge­gen sind Erzeug­nisse ange­wandter wissen­schaftli­cher Texte. Sie sind Mate­rie gewor­dene Theorie und Formel. Daher handelt es sich bei techni­schen Bildern, als Produkt eines Appa­rates, um mittel­bare Erzeug­nisse wissen­schaftli­cher Texte. Die Schrift wiede­rum ist selbst eine Abstrak­tion der Welt. Sie ordnet die Bild­ele­mente in Zeilen an. Die Schrift ist daher nach Flusser noch eine Ebe­ne weiter von der Welt entfernt als die alten, nicht-​techni­schen Bilder. Denn Texte „bedeu­ten nicht die Welt, sie bedeu­ten die Bilder, die sie zerrei­ßen“ ([Flusser 1983a]: S. 11), um auf die Welt zu blicken. „Texte entzif­fern heißt folglich, die von ihnen bedeu­teten Bilder zu entde­cken“ ([Flusser 1983a]: S. 11), die auf die Welt verwei­sen.

Betrachtet man ein Technobild ganz aus der Nähe, so wird deutlich, dass es aus Punkt­ele­menten besteht und nicht aus einer Fläche (⊳ Digi­tale Medien). Man muss sich aus den Punkten das Bild einbil­den, um es sehen zu können. Und dafür muss man das Bild ober­flächlich beschau­en, denn wenn man es genau ansieht, erkennt man nur noch die einzel­nen Bild­punkte, die letztlich Sympto­me chemi­scher oder elek­troni­scher Prozes­se sind. Daher spricht Flusser vom „Lob der Ober­flächlich­keit“ (vgl. [Flusser 1993a]). Das Bild steigt aus dem abstrak­ten Punkt­uni­versum, aus einem reinen Punkte­schwarm empor und wird durch die Einbil­dungskraft zu einem konkre­ten Bild. Ihre vermeint­liche Ähnlich­keit mit der Welt verführt die Menschen zu dem Glauben und der Annah­me einer Über­einstim­mung von Welt und Techno­bildern. Aus diesem Grunde sind sie gefähr­lich, da sie die Illu­sion der Reali­tät erzeu­gen, sich als Reali­tät ausge­ben, obwohl sie Begrif­fe und spezi­fische Anschau­ungen vermit­teln. Denn die Techno-​Bilder proji­zieren etwas und stellen nicht etwas dar. Techni­sche Bilder sind Projek­tionen.

Sie fangen bedeu­tungslo­se Zeichen auf, die aus der Welt auf sie zukom­men (Photo­nen, Elek­tronen), und sie codie­ren sie, um ihnen eine Bedeu­tung zu geben. Daher ist es falsch, bei ihnen zu fragen, was sie bedeu­ten [...]. Zu fragen bei ihnen ist, wozu sie das, was sie zeigen, bedeu­ten. Denn was sie zeigen ist nur eine Funktion dessen, wozu sie bedeu­ten. ([Flusser 1999a]: S. 54)

Technische Bilder sind nunmehr Erfin­dungen, um Texte, die ja bereits eine Ablei­tung von der Welt darstel­len, wieder magisch aufzu­laden und vorstell­bar zu machen. Ein herkömm­liches, von einem Maler entwor­fenes Bild ist eine Abstrak­tion ersten Grades von der Welt. Texte sind Abstrak­tionen zweiten Grades, da sie das Bildhaf­te in Zeilen zerle­gen und pressen, die dann linear gele­sen werden müssen. Die techni­schen Bilder sind Abstrak­tionen dritten Grades, da sie von den abstrak­ten, wissen­schaftli­chen Texten, die sich in Form von Appa­raten mate­riali­sieren, eine Abstrak­tion sind. Daraus ergibt sich für Flusser die kate­gori­sche Unter­scheidung von​ »vorge­schichtlich«​ (klassi­sches Bild),​ »geschicht­lich«​ (Texte) und​ »nachge­schichtlich«​ (techni­sches Bild).

Ein interessanter Umstand ist in diesem Zusam­menhang die scheinba­re Objek­tivi­tät der techni­schen Bilder. Sie bilden die Wirklich­keit vermeint­lich objek­tiv und unmit­telbar ab, sodass sie auf der gleichen Wirklich­keits­ebe­ne wie ihre Bedeu­tung zu liegen scheinen. Sie werden von den Menschen zunächst nicht als Symbo­le begrif­fen, sondern vielmehr als reine und unver­stellte Fenster zur Welt. Und da der Mensch ihnen traut wie seinen Augen, kriti­siert er sie nicht, sondern nimmt sie unge­deutet als eine unmit­telba­re Weltan­schauung wahr. Darin sieht Flusser einen Fehler und eine Gefahr, denn die Techno-​Bilder sind nicht nur nicht objek­tiv, sondern „stellen noch weit abstrak­tere Symbol­komple­xe dar als die tradi­tionel­len Bilder“ ([Flusser 1983a]: S. 14), da sie auf Texte basie­ren, ja Meta­codes von Texten sind. Während beim tradi­tionel­len Bild der Maler zwischen Welt und Betrach­ter des Bildes geschal­tet war bzw. sich dazwi­schen gescho­ben hat, ist es beim techni­schen Bild nicht nur der Foto­graf, sondern auch der Appa­rat, der in Form einer Blackbox mit In- und Output das Bild auswirft. Das komple­xe Gesche­hen, die Codie­rung der Bilder, in der Blackbox bleibt rätsel­haft verbor­gen. Der Foto­graf sieht davon nichts. Die Appa­rate erfor­dern den Menschen als eine Funktion, z.B. um den Auslö­ser zu betä­tigen. Gleich einem Funkti­onär kontrol­liert der Mensch scheinbar den Appa­rat, dank der Kontrol­le seiner außen liegen­den Tasten, die auf Program­me und Funktions­abläu­fe im Inne­ren hindeu­ten, aber nichts weiter preisge­ben. Der Appa­rat beherrscht durch die Undurch­sichtig­keit seines Inneren den Menschen. Die Freiheit des Foto­grafen ist damit eine vorstruk­turier­te und program­mierte Freiheit. Er kann nur das aufneh­men, was im Programm steht, die Bilder sind appa­ratge­sättigt. Die Wahl des aufzu­nehmen­den Objek­tes ist zwar frei, bildet aber letztlich eine Funktion des Programms des Appa­rats. Am Foto­appa­rat selbst ist das Entschei­dende nicht das Mate­rial (Hard­ware), sondern die Soft­ware, das weiche Programm, welches letztlich die Möglich­keitsspiel­räume bestimmt. Aus diesem Grund kann die Foto­grafie nicht die Erfas­sung von Welt, sondern nur die Erfor­schung der Möglich­keiten des Programms sein.

Die Technobilder stellen eine neue Form der Codie­rung der Welt dar, die von den Menschen eine neue Form der Einbil­dungskraft fordern, um sie inter­pretieren und gänzlich verste­hen zu können. Der Mensch muss die durch ihn selbst kodi­fizier­te Welt, d.h. die wirkli­che Welt, die mit Sinn ange­füllt wurde, wieder neu zu erfas­sen lernen. Denn der Mensch ist ein der Welt entfrem­detes Wesen und sucht mittels selbst hervor­gebrach­ter Codes wieder mit der Welt in Verbin­dung zu kommen. Die Codes und die vom Menschen gespon­nene kodi­fizier­te Welt sollen dem Menschen Sinn vermit­teln, der in der Welt, in die er durch Geburt gewor­fen ist, nicht vorhanden ist. Symbol­gebung und Code­erzeu­gung, das Spinnen einer Sinnwelt rettet den Menschen vor dem Wissen um seinen (unver­meidli­chen) Tod, vor dem Zuströ­men hin zur Entro­pie. Eben dieser Vorgang des Sinnent­werfens vollzieht sich durch Kommu­nika­tion über Codes mit ande­ren Menschen. Erst in Kommu­nika­tion mit Ande­ren webt sich das Netz der Sinnwelt, die die wirkli­che, sinnlo­se Welt verschlei­ert. Aber diese Sinnwelt, die dem Menschen seine Exis­tenz- und Todes­angst nehmen soll, führt in dem Augen­blick zu einer Krise, wenn der Mensch vergisst, dass diese ihn umge­bene Welt auf einer Verein­barung (Codes, Symbo­le) beruht und er diese nicht mehr entzif­fern und recht deuten kann. Somit wird deutlich, „daß Symbo­le nicht nur ihre Bedeu­tung zeigen, sondern sie auch verde­cken, daß sie also nicht nur als sinnge­bend, sondern auch als wahnsinn­gebend funkti­onieren“ ([Flusser 2003a]: S. 210). Die Techno­bilder sind der neue Code, der um sich greift und in den Vorder­grund tritt. Der Mensch muss lernen, die Program­mierung und die Funktions­weise der Techno­bilder zu durchschau­en. Dies kann ihm nur mit einer ausge­bilde­ten Techno-​Ima­gina­tion, die zur Entschlüs­selung und zum Verständ­nis der Techno­bilder nötig ist, gelin­gen, mit der er die Appa­rate wieder unter seine Herr­schaft bekommt und nicht bloß eine Funktion des Appa­rates bleibt. Flusser defi­niert nun die Techno-​Ima­gina­tion wie folgt:

‘Techno-Imagination’ soll nun die Fähig­keit genannt werden, durch Appa­rate erzeug­te Bilder (‘Techno­bilder’) zu verschlüs­seln und zu entzif­fern. [Dem] liegt die Hypo­these zugrun­de, daß sich diese Fähig­keit von der tradi­tionel­len Ima­gina­tion radi­kal unter­scheidet. ([Flusser 1993a]: S. 153)

In unserer Zeit sind es die Techno­bilder und nicht mehr die Texte, die in der kodi­fizier­ten Welt die meisten Botschaf­ten über­mitteln. Und daher wird es für die Menschen über­lebens­wichtig, „die unse­re Welt betref­fenden Botschaf­ten richtig zu senden und zu empfan­gen“ ([Flusser 1993a]: S. 153). Gegen­wärtig sind wir, nach Flusser, gera­de erst dabei, die Fähig­keit der Techno-​Ima­gina­tion auszu­bilden. Wir sind noch nicht fähig, gleich einem Anal­phabe­ten in einer Textwelt, uns in der Techno­bilder­welt zu orien­tieren. Denn unsere „Erleb­nis-, Denk- und Wertka­tego­rien“ ([Flusser 1993a]: S. 154) sind nach wie vor auf ein geschicht­liches, linear-​schriftli­ches Dasein ausge­richtet und noch nicht auf ein nachge­schichtli­ches, wie es sich durch das Aufkom­men der Techno­bilder entwi­ckelt hat. Da jede Code­form ein beson­deres Exis­tenzkli­ma be­inhal­tet – das magi­sche Dasein vermit­telt durch die tradi­tionel­len Bilder und das histo­rische durch Texte –, müssen wir „das histo­rische Bewusst­sein über­schreiten“ ([Flusser 1993a]: S. 154), um uns in der Welt der Techno­bilder zurecht­zufin­den.

Inhaltsverzeichnis        

Anmerkungen
  1. Vgl. für die nach­fol­gen­den Dar­le­gun­gen die ent­spre­chen­den Ka­pi­tel in [Bid­lo 2008a].
Literatur                             [Sammlung]

[Bid­lo 2008a]: Bidlo, Oliver (2008). Vilém Flusser. Einführung. Essen: Oldib.

[Flusser 1983a]: Flusser, Vilém (1983). Für eine Philosophie der Fotografie. Göttingen: European Photography. [Flusser 1993a]: Flusser, Vilém (1993). Lob der Oberflächlichkeit. Für eine Phänomenologie der Medien. Bensheim, Düsseldorf: Bollmann. [Flusser 1999a]: Flusser, Vilém (1999). Ins Universum der technischen Bilder. Göttingen: European Photography. [Flusser 2003a]: Flusser, Vilém (2003). Kommunikologie. Frankfurt/Main: Fischer.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

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Lektorat:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [19], Mark A. Halawa [7] und Oliver Bidlo [6] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

[Bidlo 2013g-b] [Bidlo 2013g-b]:
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