Textur: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2019, 15:10 Uhr
Unterpunkt zu: Bildsyntax
Definition‘Textur’ (lat. textura = Gewebe) bezeichnet die Oberflächenbeschaffenheit eines Materials oder Gegenstandes. In diesem Sinne wird der Ausdruck von einer Reihe unterschiedlicher Wissenschaften gebraucht (z.B. in der Geologie). In Bezug auf ein Bild findet die Bezeichnung auf zwei unterschiedlichen Ebenen Gebrauch: Zum einem kann er auf die Oberflächenbeschaffenheit der dargestellten Materialien und Gegenstände bezogen werden. Doch kann der Terminus ‘Textur’ – und dies ist die kunst- und medientheoretisch prominentere Verwendung – sich auch auf die Oberflächenbeschaffenheit eines Bildes selbst beziehen (⊳ Bildmorphologie). Diese Textur eines Bildes hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Beschaffenheit der Materialien, aus dem das Bild besteht (etwa bei einem Gemälde das Gewebe der Leinwand, die Körnung der Pigmente etc.) sowie deren Bearbeitung (bei der Malerei etwa durch den Pinsel, siehe Abb. 1), schließlich aber auch allen anderen physikalischen oder chemischen Einwirkungen auf diese Materialien, seien diese beabsichtigt oder nicht (etwa durch die Einflüsse der Witterung, siehe Abb. 2).[1]
Abgrenzung von anderen BegriffenEin der Textur verwandter Begriff ist derjenige der Faktur. Meist fungiert Faktur als Unterkategorie der Textur. So versteht man unter ‘Faktur’ üblicherweise die Bearbeitungsspuren eines Materials (etwa bei einem Gemälde das Pinselwerk), also das Ergebnis eines Tuns. Diese Faktur kann sowohl handwerklich erzeugt sein, als auch mechanisch (letztere auch gemäß einer Wortschöpfung von Henryk Berlewi als ‘Mechano-Faktur’ bezeichnet). Von der Faktur geht oft die Suggestion aus, in ihr würde der handwerkliche Herstellungsprozess eines Bildes (oder eines anderen Gegenstandes) oder sogar – etwa bei einem besonders virtuosen Pinselwerk – die künstlerische Performanz unmittelbar anschaulich. Der Begriff der Faktur kann jedoch auch als von der Textur explizit abgegrenzt gesehen werden, so etwa in Moholy-Nagys «von material zu architektur» von 1929. Für László Moholy-Nagy steht der Begriff der Textur in enger Relation zu dem der Struktur. Unter letzterem versteht er „die unveränderbare aufbauart des materialgefüges“ ([Moholy-Nagy 1929a], alle Zitate auf S. 33). Mit ‘Textur’ bezeichnet man nach Moholy-Nagy „die organisch entstandene abschlußfläche jeder struktur nach außen“. In diesem Sinne spricht Moholy-Nagy auch von der Textur als einer „organischen Epidermis“ (siehe Abb. 3). Von ihr unterscheidet er die Faktur oder „künstliche Epidermis“, die er als „die art und erscheinung, der sinnlich wahrnehmbare niederschlag (die einwirkung) des werkprozesses, der sich bei jeder bearbeitung am material zeigt. also die oberfläche des von außen her veränderten materials“ definiert (siehe Abb. 4). Dabei ergibt sich die Faktur nicht nur als Ergebnis artifizieller Bearbeitung eines Materials durch den Menschen, sondern kann sich auch aus natürlichen Interventionen ergeben, etwa bei einem Baum durch Parasitenbefall. Diese Definition erlaubte es Moholy-Nagy, in Hinblick auf die neuen Medien wie Photographie und Film von einer Licht-Faktur zu sprechen.
Darstellung des größeren ZusammenhangsObwohl die Texturen eines Bildes meist nur visuell erfahrbar werden, evozieren sie doch stets auch ein taktiles Erlebnis. Entsprechend lassen sie sich einer Textur Eigenschaften sowohl aus dem Bereich der visuellen als auch der taktilen Wahrnehmung zuordnen (etwa mittels des Gegensatzpaares »glänzend/matt« bzw. »glatt/rau«). In der optischen Wahrnehmung werden Texturen eines Gegenstandes nicht nur nachrangig hinter anderen Phänomenen wie etwa Farben registriert, sondern werden oft erst dort bewusst wahrgenommen, wo sie besonders herausgestellt sind (etwa durch den Verzicht auf Farbe in einem monochromen Gemälde; [Julesz 1986a]). Medientheoretisch wird die sichtbare Textur bei einem Gemälde als Störung der darstellerischen “Transparenz” betrachtet. Das ist auch nicht selten der Fall. So hatte etwa bereits Jean-Auguste-Dominique Ingres darauf hingewiesen, dass das sichtbare Pinselwerk eines Gemäldes (touche) die Aufmerksamkeit des Betrachters vom dargestellten Gegenstand ablenke ([Delaborde 1870a]: S. 150). Insbesondere in der akademischen Malerei war es daher üblich, die Gemäldeoberfläche von allen Spuren des Pinsels zu reinigen, um so die Textur des Gemäldes gleichsam unsichtbar zu machen. Solche Bemühungen, die Textur zu leugnen, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bilder als materielle Artefakte stets eine wie auch immer geartete Textur aufweisen (etwa in der Körnung der Pigmente, so fein diese auch gemahlen seien). Zugleich muss jedoch eine herausgestellte Textur nicht notgedrungen als Beeinträchtigung der darstellerischen Transparenz wahrgenommen werden. Vielmehr wurde in der Malerei etwa der Farbauftrag oft dazu genutzt, um die Textur des dargestellten Gegenstandes zu imitieren. So erlaubt etwa ein pastoser Farbauftrag (franz. auch une touche beurrée) Butter in hoher materialmimetischer Perfektion wiederzugeben (Abb. 5). Historisch gewann die Textur vor allem im Zuge der Industrialisierung und des Aufkommens technischer Reproduktionsmedien wie etwa der Photographie an Bedeutung. Die hohe Homogenität industriell hergestellter Oberflächen (bzw. technisch reproduzierter Bilder) wurde oft als Negierung haptischer Reize wahrgenommen, wenn dies Phänomen auch höchst unterschiedliche Wertungen erfuhr. Während maschinell erzeugte Oberflächen oft von Hoffnungen der Überwindung des Handwerks, des Materials oder des Individualismus geprägt wurden ([Berlewi 1924a]), gewannen insbesondere bei den Kritikern der Industrialisierung die taktilen Texturen handwerklich gefertigter Oberflächen an Wertschätzung (so schon bei Ruskin). So führte etwa der durch das neue Bildmedium der Photographie ausgeübte Konkurrenzdruck in der Malerei kompensatorisch zu einer Betonung von Impasto und Pinselwerk. Gegenüber der anonymen Oberfläche industriell gefertigter Produkte wohnt manuell erzeugten Texturen die Verheißung inne, in ihr die individuelle Handschrift eines Künstlers (oder Handwerkers) erkennen zu können, über die dieser sich in sein Werk (oder Produkt) gleichsam eingeschrieben hat. |
Anmerkungen
[Berlewi 1924a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Buchholz & Schirra 2001a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Delaborde 1870a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Julesz 1986a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Moholy-Nagy 1929a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Ausgabe 1: 2015 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [65] und Dimitri Liebsch [2] — (Hinweis) Zitierhinweis: [Krüger 2015g-a]
[Berlewi 1924a]: |