Vexierbild: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | ==Zwei Bedeutungen als Basis eines Bild­rätsels== | ||
− | + | [[Datei:Pintos.jpg|thumb|Ab­bildung 1: Rät­sel­bild «Pin­tos» von Bev Doo­litt­le, 1979]] | |
− | + | Der Aus­druck ‘Ve­xier­bild’ wird für Rät­sel- oder Such­bil­der ver­wen­det, in de­nen der Be­trach­ter über den ers­ten Au­gen­schein hi­naus ei­nen oder meh­re­re zu­sätz­li­che [[Bildinhalt|Bild­in­hal­te]] er­ken­nen kann. Die Re­la­ti­o­nen zwi­schen den al­ter­na­ti­ven Bild­in­hal­ten va­ri­ie­ren von ver­steckt (wie in Abb. 1) zu weit­ge­hend of­fen­sicht­lich (et­wa den ma­nie­ris­ti­schen ''as­so­zi­a­ti­ven'' Ge­mäl­den Ar­cim­bol­dos, et­wa [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arcimboldovertemnus.jpeg «Ver­tum­nus»], bei de­nen nur ex­tre­me Dis­tanz oder Nä­he zur Bild­flä­che zu ei­ner deut­li­chen Be­vor­zu­gung ei­ner In­ter­pre­ta­ti­on vor der an­de­ren füh­ren). Da­bei schlie­ßen sich die ver­schie­de­nen Be­deu­tungs­ebe­nen zwar prin­zi­pi­ell wech­sel­sei­tig aus: We­der be­steht ein Ge­sicht wirk­lich aus Früch­ten noch bil­det ei­ne be­stimm­te An­ord­nung von Früch­ten trotz al­ler [[Ähnlichkeit|Ähn­lich­keit]] tat­säch­lich ein Ge­sicht. Gleichwohl ist die eine Lesart bei diesen Bildern auf das Vorhan­densein der ande­ren begrün­det: Ohne “Felsen und Schnee” gäbe es in Abbil­dung 1 auch keine “Mustangs” zu sehen und umge­kehrt. | |
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− | + | [[Datei:Drudel.png|thumb|Ab­bil­dung 2: Dru­del «Ein Me­xi­ka­ner mit Som­bre­ro brät sich zwei Spie­gel­ei­er»]] | |
− | + | Son­der­for­men der Ve­xier­bil­der sind die so ge­nann­ten ''un­mög­li­chen Bil­der'' (z.B. Pen­rose-​Drei­eck<ref>Vgl. et­wa [http://de.wikipedia.org/wiki/Penrose-Dreieck Wi­ki­pe­dia: Pen­rose-​Drei­eck].</ref>), die [[Anamorphose|Ana­mor­pho­sen]], die ei­nen Bild­in­halt nur un­ter ei­ner be­son­de­rer [[Perspektive und Projektion|Be­trach­ter­per­spek­ti­ve]] zei­gen,<ref>Be­rühm­tes­tes Bei­spiel für ei­ne Ana­mor­pho­se ist das Ge­mäl­de​ [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Holbein-ambassadors.jpg?uselang=de «Die Ge­sand­ten»]​ von Hans Hol­bein dem Jün­ge­ren: Aus ei­nem fla­chen Win­kel von links be­trach­tet, kann in der merk­wür­dig er­schei­nen­den Form am un­te­ren Bild­rand ein To­ten­kopf er­kannt wer­den. </ref> das ''Um­kehr­bild'', bei dem sich die zwei­te Be­deu­tung (bei gleich­zei­ti­gem Ver­schwin­den der ers­ten In­ter­pre­ta­tion) erst of­fen­bart, wenn man den Bild­trä­ger auf den Kopf ge­stellt be­trach­tet, so­wie das ''Dru­del'', ein stark [[Abstraktion|ab­stra­hier­tes]] Rät­sel­bild, bei dem sich die zwei­te Les­art als Sicht aus für die – meist sehr cli­chee­haft – dar­ge­stell­ten Ob­jek­te un­ge­wöhn­li­chem Blick­win­kel er­gibt (Abb. 2). | |
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− | + | ==Vexierbild und Kipp­bild== | |
− | + | [[Datei:Kippfigur.jpg|thumb|Ab­bil­dung 3: Die­se Kipp­figur («Va­se und Ge­sich­ter») wird dem dä­ni­schen Psy­cho­lo­gen Ed­gar J. Ru­bin zu­ge­schrie­ben]] | |
− | + | Mit den Ve­xier­bil­dern ver­wandt sind die Kipp­fi­gu­ren oder [[Kippbild|Kipp­bil­der]], die nicht als Rät­sel­bil­der an­ge­legt sind, aber eben­falls mehr oder we­ni­ger deut­lich zwei In­hal­te re­la­tiv zur [[Figur/Grund-Differenzierung|Fi­gur-​Grund-​Dif­fe­ren­zie­rung]] er­ken­nen las­sen. Sie wer­den in der Wahr­neh­mungs­psy­cho­lo­gie un­ter op­ti­sche Täu­schun­gen oder [[Wahrnehmungsillusion|Wahr­neh­mungs­täu­schun­gen]] ge­führt und in der Re­gel im Zu­sam­men­hang mit den [[Gestalt|Ge­stalt­ge­set­zen]] ver­han­delt (<bib id='Kalkofen 2006a'>Kalk­ofen 2006a</bib>). Das so ge­nann­te​ «Ha­sen-​En­ten-​Bild»​ hat als Kipp­bild im Rah­men der Über­le­gun­gen von Witt­gen­stein als Bei­spiel für das As­pekt­se­hen phi­lo­so­phi­sche Be­rühmt­heit er­langt. | |
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2019, 14:19 Uhr
Unterpunkt zu: Bildverwendungstypen
Zwei Bedeutungen als Basis eines BildrätselsDer Ausdruck ‘Vexierbild’ wird für Rätsel- oder Suchbilder verwendet, in denen der Betrachter über den ersten Augenschein hinaus einen oder mehrere zusätzliche Bildinhalte erkennen kann. Die Relationen zwischen den alternativen Bildinhalten variieren von versteckt (wie in Abb. 1) zu weitgehend offensichtlich (etwa den manieristischen assoziativen Gemälden Arcimboldos, etwa «Vertumnus», bei denen nur extreme Distanz oder Nähe zur Bildfläche zu einer deutlichen Bevorzugung einer Interpretation vor der anderen führen). Dabei schließen sich die verschiedenen Bedeutungsebenen zwar prinzipiell wechselseitig aus: Weder besteht ein Gesicht wirklich aus Früchten noch bildet eine bestimmte Anordnung von Früchten trotz aller Ähnlichkeit tatsächlich ein Gesicht. Gleichwohl ist die eine Lesart bei diesen Bildern auf das Vorhandensein der anderen begründet: Ohne “Felsen und Schnee” gäbe es in Abbildung 1 auch keine “Mustangs” zu sehen und umgekehrt. Sonderformen der Vexierbilder sind die so genannten unmöglichen Bilder (z.B. Penrose-Dreieck[1]), die Anamorphosen, die einen Bildinhalt nur unter einer besonderer Betrachterperspektive zeigen,[2] das Umkehrbild, bei dem sich die zweite Bedeutung (bei gleichzeitigem Verschwinden der ersten Interpretation) erst offenbart, wenn man den Bildträger auf den Kopf gestellt betrachtet, sowie das Drudel, ein stark abstrahiertes Rätselbild, bei dem sich die zweite Lesart als Sicht aus für die – meist sehr clicheehaft – dargestellten Objekte ungewöhnlichem Blickwinkel ergibt (Abb. 2).
Vexierbild und KippbildMit den Vexierbildern verwandt sind die Kippfiguren oder Kippbilder, die nicht als Rätselbilder angelegt sind, aber ebenfalls mehr oder weniger deutlich zwei Inhalte relativ zur Figur-Grund-Differenzierung erkennen lassen. Sie werden in der Wahrnehmungspsychologie unter optische Täuschungen oder Wahrnehmungstäuschungen geführt und in der Regel im Zusammenhang mit den Gestaltgesetzen verhandelt ([Kalkofen 2006a]Kalkofen, Herrmann (2006).Inversion und Ambiguität. Ein Kapitel aus der psychologischen Optik. In IMAGE 3, 25-42. Eintrag in Sammlung zeigen). Das so genannte «Hasen-Enten-Bild» hat als Kippbild im Rahmen der Überlegungen von Wittgenstein als Beispiel für das Aspektsehen philosophische Berühmtheit erlangt. |
Inhaltsverzeichnis
Anmerkungen
[Kalkofen 2006a]: Kalkofen, Herrmann (2006). Inversion und Ambiguität. Ein Kapitel aus der psychologischen Optik. IMAGE 3, S. 25-42.
Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [22] und Stefan Kahl [4] — (Hinweis) Zitierhinweis: in Literatursammlung. Eintrag in Sammlung zeigen Sachs-Hombach, Klaus (2013). Vexierbild. (Ausg. 1). In: Schirra, J.R.J.; Halawa, M. & Liebsch, D. (Hg.): Glossar der Bildphilosophie. (2012-2024). |