Visual Culture / Visual Studies: Unterschied zwischen den Versionen

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(Disziplin, Interdisziplinarität, Begriffe)
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Ebenfalls umstritten ist die Frage, inwiefern es sich bei Visual Studies um eine Disziplin handelt. Die Frage wird selten bejaht und wenn, dann ist von Disziplin in einem eher schwachen Sinn die Rede. Gemeint ist damit zumeist, dass es seit den 1990er Jahren manifeste Formen der pädagogischen, wissenschaftlichen und publizistischen Institutionalisierung gibt, also Aufnahmen in universitäre Curricula, einschlägige Konferenzen und Veröffentlichungen bis hin zu spezifischen Zeitschriften. Darüber hinaus lassen sich auch Vorschläge zu weitergehenden Festlegungen inhaltlicher und methodischer Art finden, etwa in Bezug auf Grundlagentexte, kanonische Autoren, bevorzugte Objekte und Interpretationsmethoden – dazu später mehr. Auch weil diese eher diskutiert als geteilt werden, hat es sich eingebürgert, die Visual Studies statt als Disziplin vor allem als (akademisches) Feld anzusprechen.<ref>Vgl. dazu beispielsweise <bib id='Walker & Chaplin 1997a'></bib>: #.), <bib id='Morra & Smith 2006a'></bib>: S. 1f., 14) oder <bib id='Sturken & Cartwright 2001a'></bib>: S. 5f.).</ref> Ferner sind die Visual Studies wie schon die älteren Cultural Studies auch als „diskursive Formation“ apostrophiert worden<ref>Vgl. dazu im Anschluss an Stuart Hall <bib id='Jones 2003a'></bib>: 35. – Im Gebrauch, den Hall von Michel Foucaults Konzept der „diskursiven Formation“ macht, legt er den Akzent vor allem auf Diversität und Wandelbarkeit; demnach haben die Studies „no simple origins“, „multiple discourses“, „a number of different histories“ und „many different trajectories“ (<bib id='Hall  1992a'></bib>: S. 278).</ref> und als (nicht nur akademische, sondern auch politische) Bewegung (<bib id='Bal 2003a'></bib>: S. 5f.).
  
  

Version vom 28. März 2014, 12:41 Uhr

Unterpunkt zu: Bildtheoretische Ansätze


Begriffe
Zum Commonsense über Visual Culture und Visual Studies zählt die Einschätzung, dass sie in vielfacher Hinsicht umstritten sind. Ein Beleg dafür findet sich bereits in den zugrunde liegenden Begriffen: »visual culture«, »visual studies« und auch »visual culture studies« können einander teilweise, aber eben nur teilweise vertreten. Der am meisten verwendete, aber zugleich auch zweideutige Begriff ist »visual culture«. So heißt es anlässlich des Visual Culture Questionnaire, mit dem die Kunstzeitschrift «October» 1996 zur Reflexion über das Thema einlud: „‘Visual culture’ does double service: it is both a partial description of a social world mediated by commodity images and visual technologies, and an academic rubric for interdisciplinary convergences among art history, film theory, media analysis and cultural studies“ ([Foster & Krauss 1996a]Foster, H. & Krauss, R. (1996).
Introduction. In October, 77, 3-4.

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: S. 3). Demnach trifft auf ‘visual culture’ Ähnliches zu wie auf das deutsche ‘Kunstgeschichte’, das sowohl das Objekt als auch die Disziplin bezeichnet. Diese – in der Regel durch den Kontext disambiguierte – Zweideutigkeit ist bis in die jüngsten Schriften anzutreffen.[1]

Daneben haben sich Redeweisen etabliert, die um terminologische Eindeutigkeit bemüht sind. Douglas Crimp empfiehlt beispielsweise: „For purposes of clarification, we might say that visual culture is the object of study in visual studies“ ([Crimp 1998a]Literaturangabe fehlt.
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- Glossarlemma.
[1]). John A. Walker und Sarah Chaplin verwenden eine analoge Unterscheidung, sprechen sich jedoch anstatt für die Bezeichnung ‘visual studies’ für ‘visual culture studies’ aus ([Walker & Chaplin 1997a]Literaturangabe fehlt.
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- Glossarlemma.
: S. 1).[2]

Um terminologische Eindeutigkeit zu gewährleisten und auch um die als sprachwidrig kritisierte Umständlichkeit des Ausdrucks ‘visual culture studies’ zu vermeiden (vgl. dazu [Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge.

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: S. 7), wird im Folgenden ‘visual culture’ für das Objekt der Untersuchung und ‘visual studies’ für den wissenschaftlichen Zugriff auf dieses Objekt verwendet. Ausnahmen finden sich allein in den wörtlichen Zitaten aus anderen Texten#.
Disziplin?

Ebenfalls umstritten ist die Frage, inwiefern es sich bei Visual Studies um eine Disziplin handelt. Die Frage wird selten bejaht und wenn, dann ist von Disziplin in einem eher schwachen Sinn die Rede. Gemeint ist damit zumeist, dass es seit den 1990er Jahren manifeste Formen der pädagogischen, wissenschaftlichen und publizistischen Institutionalisierung gibt, also Aufnahmen in universitäre Curricula, einschlägige Konferenzen und Veröffentlichungen bis hin zu spezifischen Zeitschriften. Darüber hinaus lassen sich auch Vorschläge zu weitergehenden Festlegungen inhaltlicher und methodischer Art finden, etwa in Bezug auf Grundlagentexte, kanonische Autoren, bevorzugte Objekte und Interpretationsmethoden – dazu später mehr. Auch weil diese eher diskutiert als geteilt werden, hat es sich eingebürgert, die Visual Studies statt als Disziplin vor allem als (akademisches) Feld anzusprechen.[3] Ferner sind die Visual Studies wie schon die älteren Cultural Studies auch als „diskursive Formation“ apostrophiert worden[4] und als (nicht nur akademische, sondern auch politische) Bewegung ([Bal 2003a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 5f.).



Der akademische Bereich der "visual studies" oder "visual culture studies" hat sich als Ableger der älteren "cultural studies" vor allem im angelsäsischen Bereich entwickelt und trotz seiner Unübersichtlichkeit erfolgreich etabliert. James Elkins spricht etwa als zentraler Vertreter der "visual studies" 2003 vom “labyrinth of journals” zum Thema ([Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge.

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: S. 14). Das Label "visual studies" hat sich 1996 etabliert durch den Visual Culture Questionnaire in der Sommerausgabe der u.a. von Mitchell hrsg. Zeitschrift «October». Die Mitherausgeber Hal Foster und Rosalind Krauss schreiben in dieser Ausgabe: „‚Visual culture’ does double service: it is both a partial description of a social world mediated by commodity images and visual technologies, and an academic rubric for interdisciplinary convergences among art history, film theory, media analysis and cultural studies.“ ([Foster & Krauss 1996a]Foster, H. & Krauss, R. (1996).
Introduction. In October, 77, 3-4.

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: S. 3) – Liste zu ergänzten um Kartographie, Informatik, cognitive sciences usw. – Verhältnis von visual studies und visual culture klären, Differenz zum Deutschen – erstmaliger Gebrauch der Bezeichung „visuelle Kultur“ bei Béla Balázs 1923 ([Balázs 2001b]Balázs, Béla (2001).
Der sichtbare Mensch.
In Texte zur Theorie des Films, 224-233.

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: S. 225) – vergleichbare Verfahren/Prototypisches bei Panofsky, Warburg, Baxandall usw.
Hybridität
notorisches Problem, visual studies zu definieren/zu begrenzen – typische Reaktion etwa: „The visual, in our view, never comes ‚pure’, it is always ‚contaminated‘ by the work of other senses (hearing, touch, smell), touched by other text and discourses, and imbricated in a whole series of apparatuses […]“ ([Shohat & Stam 1998a]Shohat, E. & Stam R. (1998).
Narrativizing Visual Culture. Towards a Polycentric Aesthetics.
In The Visual Culture Reader, 26-49.

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: S. 45) – am Besten im Allgemeinen sowohl Gegenstand als auch Methode als hybride zu beschreiben – bekannt etwa aus der Gegenstandsbestimmung der cultural studies, dort auch zwei Kulturbegriffe - anschlussfähig auch in Bezug auf Multimodalität.


Sichtbarkeit/Unsichtbarkeit
Spektrum der Gegenstände von “anything that can imprint itself on the retina” (Martin Jay) bis zu “the study of colorless, nonvisual discursive and systemic formations and their historical mutations” ( Jonathan Crary) (vgl. [VCQ 1996a] (1996).
Visual Culture Questionnaire. In October, 77, 25-70.

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: S. 34, 42) – soziale und historische Bedingungen, die regeln, was wir sehen oder zu sehen bekommen – apparativ und sozial aufgerüstetes Sehen als Praxis (ärztlicher Blick, Überwachung im Anschluß an Foucault) – epochenspezifische Wahrnehmung im Anschluß an das “period eye” ([Baxandall 1972a]Baxandall, Michael (1972).
Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Oxford: Clarendon Press.

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: S: 29-108)


Avantgarde/Alltag
“Most images are not art.” ([Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge.

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: S. 3) – zwar Interesse an reflexiver bildender Kunst, aber deutliche Ausweitung des klassischen Gegenstandsbereiches der Kunstgeschichte, teilweise Anleihen bei Medien- und Filmwissenschaft – im Stile der cultural studies keine ausschließliche Berücksichtigung von ausgezeichneten Artefakten, sondern auch von alltäglicher Praxis wie Fernsehkonsum von Serien und Medienereignissen (Tod von Lady Di, 11. September, Who will be a Millionaire)– „global visual culture“ durch „media convergence“ vom Fernseher über den Computer bis zum Handy (vgl. [Sturken & Cartwright 2001a]Sturken, M. & Cartwright L. (2001).
Practices of Looking. An Introduction to Visual Culture. Oxford, New York: Oxford University Press.

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: S. 344)



Anmerkungen
  1. Zu den prominentesten Fällen zählen die Arbeiten von William James Thomas Mitchell; vgl. dazu auch den Kommentar des Herausgebers Gustav Frank in [Mitchell 2008a]Mitchell, William J. Thomas (2008).
    Bildtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, hrsg. von Gustav Frank.

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    : S. 237.
  2. Diesem Sprachgebrauch folgen etwa auch Joanne Morra und Marquard Smith für ihre vierbändige Edition von Grundlagentexten (vgl. dazu [Morra & Smith 2006a]Literaturangabe fehlt.
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    - Beitrag in Sammelband,
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    - Glossarlemma.
    : S. 1.
  3. Vgl. dazu beispielsweise [Walker & Chaplin 1997a]Literaturangabe fehlt.
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    : #.), [Morra & Smith 2006a]Literaturangabe fehlt.
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    : S. 1f., 14) oder [Sturken & Cartwright 2001a]Sturken, M. & Cartwright L. (2001).
    Practices of Looking. An Introduction to Visual Culture. Oxford, New York: Oxford University Press.

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    : S. 5f.).
  4. Vgl. dazu im Anschluss an Stuart Hall [Jones 2003a]Literaturangabe fehlt.
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    : 35. – Im Gebrauch, den Hall von Michel Foucaults Konzept der „diskursiven Formation“ macht, legt er den Akzent vor allem auf Diversität und Wandelbarkeit; demnach haben die Studies „no simple origins“, „multiple discourses“, „a number of different histories“ und „many different trajectories“ ([Hall 1992a]Literaturangabe fehlt.
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    - Artikel in Zeitschrift,
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    - andere Publikation,
    - Glossarlemma.
    : S. 278).
Literatur                             [Sammlung]

[Bal 2003a]:
Literaturangabe fehlt.
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- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Balázs 2001b]: Balázs, Béla (2001). Der sichtbare Mensch. In: v. F. Albersmeier (Hg.): Texte zur Theorie des Films. Stuttgart: Philip Reclam jun., S. 224-233.

[Baxandall 1972a]: Baxandall, Michael (1972). Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Oxford: Clarendon Press. [Crimp 1998a]:
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[Elkins 2003a]: Elkins, James (2003). Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge. [Foster & Krauss 1996a]: Foster, H. & Krauss, R. (1996). Introduction. October, Band: 77, S. 3-4. [Hall 1992a]:
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[Jones 2003a]:
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[Mitchell 2008a]: Mitchell, William J. Thomas (2008). Bildtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, hrsg. von Gustav Frank. [Morra & Smith 2006a]:
Literaturangabe fehlt.
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[Shohat & Stam 1998a]: Shohat, E. & Stam R. (1998). Narrativizing Visual Culture. Towards a Polycentric Aesthetics. In: Mirzoeff, N. (Hg.): The Visual Culture Reader. London, New York: Routledge, S. 26-49. [Sturken & Cartwright 2001a]: Sturken, M. & Cartwright L. (2001). Practices of Looking. An Introduction to Visual Culture. Oxford, New York: Oxford University Press. [VCQ 1996a]: (1996). Visual Culture Questionnaire. October, Band: 77, S. 25-70. [Walker & Chaplin 1997a]:
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