Visual Culture / Visual Studies: Unterschied zwischen den Versionen

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Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Disziplinen verfügt das Feld oder die Bewegung der Visual Studies über keine homogene Vorgeschichte. Es lassen sich dennoch mindestens drei Vorgeschichten anführen, die für die Entwicklung der Visual Studies aussagekräftig sind: die Geschichte des Begriffs »visual culture« (sic!), eine Reihe von Transgressionen der Kunstgeschichte im 20. Jahrhundert sowie schließlich die Cultural Studies.
 
Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Disziplinen verfügt das Feld oder die Bewegung der Visual Studies über keine homogene Vorgeschichte. Es lassen sich dennoch mindestens drei Vorgeschichten anführen, die für die Entwicklung der Visual Studies aussagekräftig sind: die Geschichte des Begriffs »visual culture« (sic!), eine Reihe von Transgressionen der Kunstgeschichte im 20. Jahrhundert sowie schließlich die Cultural Studies.
 
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Der Begriff »visual culture« wird üblicherweise auf zwei kunsthistorische Arbeiten zurückgeführt, auf Michael Baxandalls ‪«Painting and Experience in Fifteenth Century Italy‬. ‪A Primer in the Social History of Pictorial Style» von 1972 und auf Svetlana Alpers’ «The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century» von 1983. <ref>Vgl. dazu Thomas Dacosta Kaufmann in <bib id='VCQ 1996a'></bib>: S. 45ff., <bib id='Walker & Chaplin 1997a'></bib>: 23 und <bib id='Morra & Smith 2006a'></bib>: S. 11 und viele andere.</ref> Fakt ist, dass Baxandall den Begriff »visual culture« nur beiläufig verwendet und dass sich erst Alpers um eine Explikation von »visual culture« als  eine – für eine bestimmte Gesellschaft in einer bestimmten Epoche typische – kulturelle Strukturierung der visuellen Wahrnehmung bemüht.<ref>Baxandalls Begriff für diesen Zusammenhang ist nicht »visual culture«, sondern »period eye« (<bib id='Baxandall 1972a'></bib>: S. 29ff.). </ref> Dazu hält sie fest: "It was to focus on notions about vision (the mechanism of the eye), on image-making devices (the microscope, the [[camera obscura|Camera obscura]]) and on visual skills (map makings, but also experimenting) as cultural resources related to the practice of painting." (Alpers in <bib id='VCQ 1996a'></bib>: S. 26). Ebenfalls Fakt – wenngleich weitgehend übersehen – ist, dass der Begriff in Medienwissenschaft und Filmtheorie schon weitaus länger eine Rolle spielt. In Marshall McLuhans «Understanding Media» von 1964 meint er entweder eine Strukturierung ähnlich derjenigen bei Alpers oder (seltener) auch eine vom Visuellen dominierte gesellschaftliche Epoche, wobei in beiden Fällen Medien wie phonetischer Schrift, Buchdruck, Fernsehen usw. ein starker Einfluss eingeräumt wird (vgl. <bib id='McLuhan 1964a'></bib>: S. 54, 127ff., u.ö.). Noch früher lässt sich »visuelle Kultur« in der Filmtheorie nachweisen. In «Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films» von 1924 antizipiert Béla Balázs die beiden Verwendungsweisen McLuhans und sieht im (Stumm-)Film eine Stärkung der durch den Buchdruck marginalisierten visuellen Kultur gekommen (vgl. <bib id=' Balázs 2001a'></bib>: S. 16ff. und <bib id='Liebsch 2007a'></bib>: S. 16).<ref>Bei einer weniger an Kontinuitäten orientierten Darstellung wären nicht nur die gravierenden Unterschiede zwischen McLuhan und Balázs zu berücksichtigen, sondern auch Differenzen in der Fragestellung von Kunstgeschichte einerseits und Medienwissenschaft und Filmtheorie andererseits. Alpers’ Position liegt eine ästhetische Frage zugrunde (wie manifestiert sich eine besondere visuelle Kultur in der Kunst?) bei denjenigen von McLuhan und Balázs hingegen eine anthropologische und/oder soziale (welche Effekte hat eine besondere visuelle Kultur auf den Menschen und/oder die Gesellschaft?).</ref>
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Der Begriff »visual culture« wird üblicherweise auf zwei kunsthistorische Arbeiten zurückgeführt, auf Michael Baxandalls ‪«Painting and Experience in Fifteenth Century Italy‬. ‪A Primer in the Social History of Pictorial Style» von 1972 und auf Svetlana Alpers’ «The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century» von 1983. <ref>Vgl. dazu Thomas Dacosta Kaufmann in <bib id='VCQ 1996a'></bib>: S. 45ff., <bib id='Walker & Chaplin 1997a'></bib>: 23 und <bib id='Morra & Smith 2006a'></bib>: S. 11 und viele andere.</ref> Fakt ist, dass Baxandall den Begriff »visual culture« nur beiläufig verwendet und dass sich erst Alpers um eine Explikation von »visual culture« als  eine – für eine bestimmte Gesellschaft in einer bestimmten Epoche typische – kulturelle Strukturierung der visuellen Wahrnehmung bemüht.<ref>Baxandalls Begriff für diesen Zusammenhang ist nicht »visual culture«, sondern »period eye« (<bib id='Baxandall 1972a'></bib>: S. 29ff.). </ref> Dazu hält sie fest: "It was to focus on notions about vision (the mechanism of the eye), on image-making devices (the microscope, the [[camera obscura|Camera obscura]]) and on visual skills (map makings, but also experimenting) as cultural resources related to the practice of painting." (Alpers in <bib id='VCQ 1996a'></bib>: S. 26). Ebenfalls Fakt – wenngleich weitgehend übersehen – ist, dass der Begriff in Medienwissenschaft und Filmtheorie schon weitaus länger eine Rolle spielt. In Marshall McLuhans «Understanding Media» von 1964 meint er entweder eine Strukturierung ähnlich derjenigen bei Alpers oder (seltener) auch eine vom Visuellen dominierte gesellschaftliche Epoche, wobei in beiden Fällen Medien wie phonetischer Schrift, Buchdruck, Fernsehen usw. ein starker Einfluss eingeräumt wird (vgl. <bib id='McLuhan 1964a'></bib>: S. 54, 127ff., u.ö.). Noch früher lässt sich »visuelle Kultur« in der Filmtheorie nachweisen. In «Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films» von 1924 antizipiert Béla Balázs die beiden Verwendungsweisen McLuhans und sieht im (Stumm-)Film eine Stärkung der durch den Buchdruck marginalisierten visuellen Kultur gekommen (vgl. <bib id=' Balázs 2001b'></bib>: S. 224ff. und <bib id='Liebsch 2007a'></bib>: S. 16).<ref>Bei einer weniger an Kontinuitäten orientierten Darstellung wären nicht nur die gravierenden Unterschiede zwischen McLuhan und Balázs zu berücksichtigen, sondern auch Differenzen in der Fragestellung von Kunstgeschichte einerseits und Medienwissenschaft und Filmtheorie andererseits. Alpers’ Position liegt eine ästhetische Frage zugrunde (wie manifestiert sich eine besondere visuelle Kultur in der Kunst?) bei denjenigen von McLuhan und Balázs hingegen eine anthropologische und/oder soziale (welche Effekte hat eine besondere visuelle Kultur auf den Menschen und/oder die Gesellschaft?).</ref>
  
 
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Version vom 6. April 2014, 11:49 Uhr

Unterpunkt zu: Bildtheoretische Ansätze


Begriffe: »visual culture«, »visual studies« (und »visual culture studies«)
Visual Culture und Visual Studies sind in vielen Hinsichten umstritten. Ein erster Beleg dafür findet sich bereits in den zugrunde liegenden Begriffen. »Visual culture«, »visual studies« und auch »visual culture studies« können einander teilweise, aber eben nur teilweise vertreten. Der am meisten verwendete, aber ein zugleich auch zweideutiger Begriff ist »visual culture«. So heißt es anlässlich des Visual Culture Questionnaire, mit dem die Kunstzeitschrift «October» 1996 zur Reflexion über das Thema einlud: „‘Visual culture’ does double service: it is both a partial description of a social world mediated by commodity images and visual technologies, and an academic rubric for interdisciplinary convergences among art history, film theory, media analysis and cultural studies“ ([Foster & Krauss 1996a]Foster, Hal & Krauss, Rosalind (1996).
Introduction. In October (MIT Press Journal), 77, 3-4.

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: S. 3). Demnach trifft auf ‘visual culture’ Ähnliches zu wie auf das deutsche ‘Kunstgeschichte’, das sowohl das Objekt als auch die Disziplin bezeichnet. Diese – in der Regel durch den Kontext disambiguierte – Zweideutigkeit ist bis in die jüngsten Schriften anzutreffen.
Daneben haben sich Redeweisen etabliert, die um terminologische Eindeutigkeit bemüht sind. Douglas Crimp empfiehlt beispielsweise: „For purposes of clarification, we might say that visual culture is the object of study in visual studies“ ([Crimp 1998a]Crimp, Douglas (1998).
Get­ting the Warhol We De­serve. Cul­tural Stu­dies and Queer Cul­ture. In In()​visi­ble Cul­ture. An Elec­tronic Journal for Visual Studies, 1, 1.

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[1]). John A. Walker und Sarah Chaplin verwenden eine analoge Unterscheidung, sprechen sich jedoch anstatt für die Bezeichnung ‘visual studies’ für ‘visual culture studies’ aus ([Walker & Chaplin 1997a]Walker, John A. & Chaplin, Sarah (1997).
Visual Cul­ture. An Intro­duction. Manches­ter, New York: Manches­ter Uni­ver­sity Press.

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: S. 1).[1]
Um terminologische Eindeutigkeit zu gewährleisten und auch um die als sprachwidrig kritisierte Umständlichkeit des Ausdrucks ‘visual culture studies’ zu vermeiden (vgl. dazu [Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skepti­cal Intro­duction. New York, London: Rout­ledge.

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: S. 7), wird im Folgenden ‘visual culture’ für das Objekt der Untersuchung und ‘visual studies’ für den wissenschaftlichen Zugriff auf dieses Objekt verwendet. Ausnahmen finden sich allein in den wörtlichen Zitaten aus anderen Texten#.
Disziplin, Interdisziplinarität, “Undiszipliniertheit”
Ebenfalls umstritten ist, ob und inwiefern es sich bei Visual Studies um eine Disziplin handelt. Die Frage wird selten bejaht und wenn, dann ist von Disziplin in einem eher schwachen Sinn die Rede. Gemeint ist damit zumeist, dass es seit den 1990er Jahren zunächst im englischsprachigen Raum manifeste Formen der pädagogischen, wissenschaftlichen und publizistischen Institutionalisierung gibt, also Aufnahmen in universitäre Curricula, einschlägige Konferenzen und Veröffentlichungen bis hin zu spezifischen Zeitschriften. Darüber hinaus lassen sich auch Vorschläge zu weitergehenden Festlegungen inhaltlicher und methodischer Art finden, etwa in Bezug auf Grundlagentexte, kanonische Autoren, bevorzugte Objekte und Interpretationsmethoden – dazu später mehr. Auch weil diese eher diskutiert als geteilt werden, hat es sich eingebürgert, die Visual Studies statt als Disziplin vor allem als (akademisches) Feld anzusprechen.[2] Ferner sind die Visual Studies wie schon die älteren Cultural Studies auch als „diskursive Formation“ apostrophiert worden[3] und als (nicht nur akademische, sondern auch politische) Bewegung (vgl. [Bal 2003a]Bal, Mieke (2003).
Visual Essen­tialism and the Object of Visual Cul­ture. In Journal of Visual Cul­ture, 1, 2, 5-32.

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: S. 5f.).
Über einen Aspekt dieses Feldes oder dieser Bewegung besteht Konsens: Die Visual Studies gelten als interdisziplinär, wobei nur über die Anzahl der beteiligten Disziplinen (oder auch hier: Felder) gestritten wird. Sie reicht von der oben erwähnten Handvoll, die in den Aufzählungen zumeist (mit-)genannt wird, über „nearly two dozen fields“ aus den Kulturwissenschaften (vgl. [Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skepti­cal Intro­duction. New York, London: Rout­ledge.

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: S. 25) bis zu insgesamt 34 verschiedenen, nämlich: „aesthetics, anthropology, archaeology, architectural history/theory, art criticism, art history, black studies, critical theory, cultural studies, deconstruction, design history, feminism, film studies/theory, heritage studies, linguistics, literary criticism, marxism, media studies, phenomenology, philosophy, photographic studies, political economy, post-colonial studies, post-structuralism, proxemics, psychoanalysis, psychology of perception, queer theory, reception theory, russian formalism, semiotics, social history, sociology, structuralism“ ([Walker & Chaplin 1997a]Walker, John A. & Chaplin, Sarah (1997).
Visual Cul­ture. An Intro­duction. Manches­ter, New York: Manches­ter Uni­ver­sity Press.

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: S. 22). Nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Visual Studies zunehmend den Naturwissenschaften öffnen, kann jedoch auch diese Liste nicht erschöpfend sein.
Dass von einer Disziplin nur in einem schwachen Sinne und zugleich von einer ausufernden Interdisziplinarität die Rede sein muss, ist die Kehrseite der Dynamik der Visual Studies, ihres politischen und kritischen Impetus'. William James Thomas Mitchell hat diese/n mit leicht ironischen Akzent „Disziplinlosigkeit“ („indiscipline“) genannt.[4] Andes gesagt, es ist für die Visual Studies charakteristisch, die etablierten Disziplinen in Frage zu stellen. Die Visual Studies importieren nicht einfach ihren zentralen Gegenstand aus einer andern Disziplin, um ihn dann nur etwas anders zu perspektivieren; das Visuelle ist nicht das – lediglich politisch konzeptualisierte – Bild aus der Kunstgeschichte.[5] Die Visual Studies akzeptieren auch nicht die Grenzen zwischen den Disziplinen, mit denen beispielsweise bis in die Gegenwart filmtheoretische und fernsehwissenschaftliche Analysen voneinander getrennt worden sind; und sie reproduzieren auch nicht automatisch die internen Kategorisierungen, mit denen etwa die Kunstgeschichte zwischen hohen und niedrigen Formen der Kultur unterschieden hat ( vgl. [Jones 2003a]Jones, Amelia (2003).
Intro­duction. Con­ceiv­ing the Inter­section of Femi­nism and Visual Cul­ture.
In The Femi­nism and Visual Cul­ture Reader, 1-7.

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: S. 34).
Vorgeschichte/n

Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Disziplinen verfügt das Feld oder die Bewegung der Visual Studies über keine homogene Vorgeschichte. Es lassen sich dennoch mindestens drei Vorgeschichten anführen, die für die Entwicklung der Visual Studies aussagekräftig sind: die Geschichte des Begriffs »visual culture« (sic!), eine Reihe von Transgressionen der Kunstgeschichte im 20. Jahrhundert sowie schließlich die Cultural Studies.

Der Begriff »visual culture« wird üblicherweise auf zwei kunsthistorische Arbeiten zurückgeführt, auf Michael Baxandalls ‪«Painting and Experience in Fifteenth Century Italy‬. ‪A Primer in the Social History of Pictorial Style» von 1972 und auf Svetlana Alpers’ «The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century» von 1983. [6] Fakt ist, dass Baxandall den Begriff »visual culture« nur beiläufig verwendet und dass sich erst Alpers um eine Explikation von »visual culture« als eine – für eine bestimmte Gesellschaft in einer bestimmten Epoche typische – kulturelle Strukturierung der visuellen Wahrnehmung bemüht.[7] Dazu hält sie fest: "It was to focus on notions about vision (the mechanism of the eye), on image-making devices (the microscope, the Camera obscura) and on visual skills (map makings, but also experimenting) as cultural resources related to the practice of painting." (Alpers in [VCQ 1996a] (1996).
Visual Cul­ture Question­naire. In Octo­ber, 77, 25-70.

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: S. 26). Ebenfalls Fakt – wenngleich weitgehend übersehen – ist, dass der Begriff in Medienwissenschaft und Filmtheorie schon weitaus länger eine Rolle spielt. In Marshall McLuhans «Understanding Media» von 1964 meint er entweder eine Strukturierung ähnlich derjenigen bei Alpers oder (seltener) auch eine vom Visuellen dominierte gesellschaftliche Epoche, wobei in beiden Fällen Medien wie phonetischer Schrift, Buchdruck, Fernsehen usw. ein starker Einfluss eingeräumt wird (vgl. [McLuhan 1964a]McLuhan, Marshall (1964a).
Under­standing Media. The Exten­sions of Man. New York: Mentor.

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: S. 54, 127ff., u.ö.). Noch früher lässt sich »visuelle Kultur« in der Filmtheorie nachweisen. In «Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films» von 1924 antizipiert Béla Balázs die beiden Verwendungsweisen McLuhans und sieht im (Stumm-)Film eine Stärkung der durch den Buchdruck marginalisierten visuellen Kultur gekommen (vgl. [Balázs 2001b]Balázs, Béla (2001).
Der sichtbare Mensch.
In Texte zur Theorie des Films, 224-233.

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: S. 224ff. und [Liebsch 2007a]Liebsch, Dimitri (2007).
Picto­rial Turn and Visual Cul­ture.
In Visual Cul­ture Revis­ited. German and Amer­ican Perspec­tives on Visual Cul­ture(s), 12-26.

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: S. 16).[8]

Reste

Der akademische Bereich der "visual studies" oder "visual culture studies" hat sich als Ableger der älteren "cultural studies" vor allem im angelsäsischen Bereich entwickelt und trotz seiner Unübersichtlichkeit erfolgreich etabliert. James Elkins spricht etwa als zentraler Vertreter der "visual studies" 2003 vom “labyrinth of journals” zum Thema ([Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skepti­cal Intro­duction. New York, London: Rout­ledge.

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: S. 14). – Liste zu ergänzten um Kartographie, Informatik, cognitive sciences usw. Differenz zum Deutschen – erstmaliger Gebrauch der Bezeichung „visuelle Kultur“ bei Béla Balázs 1923 ([Balázs 2001b]Balázs, Béla (2001).
Der sichtbare Mensch.
In Texte zur Theorie des Films, 224-233.

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: S. 225) – vergleichbare Verfahren/Prototypisches bei Panofsky, Warburg, Baxandall usw. - notorisches Problem, visual studies zu definieren/zu begrenzen – typische Reaktion etwa: „The visual, in our view, never comes ‚pure’, it is always ‚contaminated‘ by the work of other senses (hearing, touch, smell), touched by other text and discourses, and imbricated in a whole series of apparatuses […]“ ([Shohat & Stam 1998a]Shohat, E. & Stam R. (1998).
Narra­tiviz­ing Visual Cul­ture. To­wards a Poly­centric Aes­thetics.
In The Visual Cul­ture Reader, 26-49.

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: S. 45) – am Besten im Allgemeinen sowohl Gegenstand als auch Methode als hybride zu beschreiben – bekannt etwa aus der Gegenstandsbestimmung der cultural studies, dort auch zwei Kulturbegriffe - anschlussfähig auch in Bezug auf Multimodalität - Spektrum der Gegenstände von “anything that can imprint itself on the retina” (Martin Jay) bis zu “the study of colorless, nonvisual discursive and systemic formations and their historical mutations” ( Jonathan Crary) (vgl. [VCQ 1996a] (1996).
Visual Cul­ture Question­naire. In Octo­ber, 77, 25-70.

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: S. 34, 42) – soziale und historische Bedingungen, die regeln, was wir sehen oder zu sehen bekommen – apparativ und sozial aufgerüstetes Sehen als Praxis (ärztlicher Blick, Überwachung im Anschluß an Foucault) – epochenspezifische Wahrnehmung im Anschluß an das “period eye” ([Baxandall 1972a]Baxandall, Michael (1972).
Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Ox­ford: Claren­don Press.

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: S: 29-108) - “Most images are not art.” ([Elkins 2003a]Elkins, James (2003).
Visual Studies. A Skepti­cal Intro­duction. New York, London: Rout­ledge.

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: S. 3) – zwar Interesse an reflexiver bildender Kunst, aber deutliche Ausweitung des klassischen Gegenstandsbereiches der Kunstgeschichte, teilweise Anleihen bei Medien- und Filmwissenschaft – im Stile der cultural studies keine ausschließliche Berücksichtigung von ausgezeichneten Artefakten, sondern auch von alltäglicher Praxis wie Fernsehkonsum von Serien und Medienereignissen (Tod von Lady Di, 11. September, Who will be a Millionaire)– „global visual culture“ durch „media convergence“ vom Fernseher über den Computer bis zum Handy (vgl. [Sturken & Cartwright 2001a]Sturken, M. & Cartwright L. (2001).
Prac­tices of Looking. An Intro­duction to Visual Cul­ture. Ox­ford, New York: Ox­ford Uni­vers­ity Press.

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: S. 344)


Siehe auch:


Anmerkungen
  1. Diesem Sprachgebrauch folgen etwa auch Joanne Morra und Marquard Smith für ihre vierbändige Edition von Grundlagentexten (vgl. dazu [Morra & Smith 2006a]Morra, Joanne & Smith, Marquard (2006).
    Intro­duction.
    In Visual Cul­ture. Criti­cal Concepts in Media and Cul­tural Studies. Bd. 1. What is Visual Cul­ture Studies, 1-18.

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    : S. 1.
  2. Vgl. dazu beispielsweise [Walker & Chaplin 1997a]Walker, John A. & Chaplin, Sarah (1997).
    Visual Cul­ture. An Intro­duction. Manches­ter, New York: Manches­ter Uni­ver­sity Press.

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    : passim, [Morra & Smith 2006a]Morra, Joanne & Smith, Marquard (2006).
    Intro­duction.
    In Visual Cul­ture. Criti­cal Concepts in Media and Cul­tural Studies. Bd. 1. What is Visual Cul­ture Studies, 1-18.

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    : S. 1f., 14) oder [Sturken & Cartwright 2001a]Sturken, M. & Cartwright L. (2001).
    Prac­tices of Looking. An Intro­duction to Visual Cul­ture. Ox­ford, New York: Ox­ford Uni­vers­ity Press.

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    : S. 5f.).
  3. Vgl. dazu im Anschluss an Stuart Hall [Jones 2003a]Jones, Amelia (2003).
    Intro­duction. Con­ceiv­ing the Inter­section of Femi­nism and Visual Cul­ture.
    In The Femi­nism and Visual Cul­ture Reader, 1-7.

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    : 35. – Im Gebrauch, den Hall von Michel Foucaults Konzept der „diskursiven Formation“ macht, liegt der Akzent vor allem auf Diversität und Wandelbarkeit; demnach verfügen die Studies über „no simple origins“, aber „multiple discourses“, „a number of different histories“ und „many different trajectories“ ([Hall 1992a]Hall, Stuart (1992).
    Cul­tural Studies and its Theo­reti­cal Lega­cies.
    In Cul­tural Studies, 277-​294.

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    : S. 278).
  4. [Mitchell 2008a]Mitchell, William J. Thomas (2008).
    Bildtheorie. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

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    : S. 265. - Diese Eigenschaft der Visual Studies ist als "post-", „cross-“, „counter- or anti-disciplinary“ spezifiziert worden (vgl. dazu [Mirzoeff 1999a]Mirzoeff, Nicholas (1999).
    An Intro­duction to Visual Cul­ture. London, New York: Rout­ledge.

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    : S. 4, [Jones 2003a]Jones, Amelia (2003).
    Intro­duction. Con­ceiv­ing the Inter­section of Femi­nism and Visual Cul­ture.
    In The Femi­nism and Visual Cul­ture Reader, 1-7.

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    : S. 39f. und [Morra & Smith 2006a]Morra, Joanne & Smith, Marquard (2006).
    Intro­duction.
    In Visual Cul­ture. Criti­cal Concepts in Media and Cul­tural Studies. Bd. 1. What is Visual Cul­ture Studies, 1-18.

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    : S. 15).
  5. Mitchell betont, "daß selbst etwas so Umfassendes wie ‘das Bild’ das Feld der Visualität nicht erschöpft, daß Visual Studies nicht dasselbe sind wie 'Image Studies' und daß das Studium des visuellen Bildes bloß eine Komponente eines größeren Feldes ist." ([Mitchell 2008a]Mitchell, William J. Thomas (2008).
    Bildtheorie. Frank­furt/M.: Suhr­kamp.

      Eintrag in Sammlung zeigen
    : S. 342).
  6. Vgl. dazu Thomas Dacosta Kaufmann in [VCQ 1996a] (1996).
    Visual Cul­ture Question­naire. In Octo­ber, 77, 25-70.

      Eintrag in Sammlung zeigen
    : S. 45ff., [Walker & Chaplin 1997a]Walker, John A. & Chaplin, Sarah (1997).
    Visual Cul­ture. An Intro­duction. Manches­ter, New York: Manches­ter Uni­ver­sity Press.

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    : 23 und [Morra & Smith 2006a]Morra, Joanne & Smith, Marquard (2006).
    Intro­duction.
    In Visual Cul­ture. Criti­cal Concepts in Media and Cul­tural Studies. Bd. 1. What is Visual Cul­ture Studies, 1-18.

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    : S. 11 und viele andere.
  7. Baxandalls Begriff für diesen Zusammenhang ist nicht »visual culture«, sondern »period eye« ([Baxandall 1972a]Baxandall, Michael (1972).
    Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Ox­ford: Claren­don Press.

      Eintrag in Sammlung zeigen
    : S. 29ff.).
  8. Bei einer weniger an Kontinuitäten orientierten Darstellung wären nicht nur die gravierenden Unterschiede zwischen McLuhan und Balázs zu berücksichtigen, sondern auch Differenzen in der Fragestellung von Kunstgeschichte einerseits und Medienwissenschaft und Filmtheorie andererseits. Alpers’ Position liegt eine ästhetische Frage zugrunde (wie manifestiert sich eine besondere visuelle Kultur in der Kunst?) bei denjenigen von McLuhan und Balázs hingegen eine anthropologische und/oder soziale (welche Effekte hat eine besondere visuelle Kultur auf den Menschen und/oder die Gesellschaft?).
Literatur                             [Sammlung]

[Bal 2003a]: Bal, Mieke (2003). Visual Essen­tialism and the Object of Visual Cul­ture. Journal of Visual Cul­ture, Band: 1, Nummer: 2, S. 5-32.

[Balázs 2001b]: Balázs, Béla (2001). Der sichtbare Mensch. In: Albersmeier, F.-J. (Hg.): Texte zur Theorie des Films. Stutt­gart: Philip Reclam jun., S. 224-233. [Baxandall 1972a]: Baxandall, Michael (1972). Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Ox­ford: Claren­don Press. [Crimp 1998a]: Crimp, Douglas (1998). Get­ting the Warhol We De­serve. Cul­tural Stu­dies and Queer Cul­ture. In()​visi­ble Cul­ture. An Elec­tronic Journal for Visual Studies, Band: 1, Nummer: 1. [Elkins 2003a]: Elkins, James (2003). Visual Studies. A Skepti­cal Intro­duction. New York, London: Rout­ledge. [Foster & Krauss 1996a]: Foster, Hal & Krauss, Rosalind (1996). Introduction. October (MIT Press Journal), Band: 77, S. 3-4. [Hall 1992a]: Hall, Stuart (1992). Cul­tural Studies and its Theo­reti­cal Lega­cies. In: Gross­berg, L. & Nelson, C. & Treichler, P. (Hg.): Cul­tural Studies. New York, London: Rout­ledge, S. 277-​294. [Jones 2003a]: Jones, Amelia (2003). Intro­duction. Con­ceiv­ing the Inter­section of Femi­nism and Visual Cul­ture. In: Jones, A. (Hg.): The Femi­nism and Visual Cul­ture Reader. New York: Rout­ledge, S. 1-7. [Liebsch 2007a]: Liebsch, Dimitri (2007). Picto­rial Turn and Visual Cul­ture. In: Adel­mann, R. & Fahr, A. &, Katen­husen, I. & Leon­hardt, N. & Liebsch, D. & Schneider, S. (Hg.): Visual Cul­ture Revis­ited. German and Amer­ican Perspec­tives on Visual Cul­ture(s). Köln: von Halem, S. 12-26. [McLuhan 1964a]: McLuhan, Marshall (1964a). Under­standing Media. The Exten­sions of Man. New York: Mentor. [Mirzoeff 1999a]: Mirzoeff, Nicholas (1999). An Intro­duction to Visual Cul­ture. London, New York: Rout­ledge. [Mitchell 2008a]: Mitchell, William J. Thomas (2008). Bildtheorie. Frank­furt/M.: Suhr­kamp. [Morra & Smith 2006a]: Morra, Joanne & Smith, Marquard (2006). Intro­duction. In: Morra, J. & Smith, M. (Hg.): Visual Cul­ture. Criti­cal Concepts in Media and Cul­tural Studies. Bd. 1. What is Visual Cul­ture Studies. London, New York: Rout­ledge, S. 1-18. [Shohat & Stam 1998a]: Shohat, E. & Stam R. (1998). Narra­tiviz­ing Visual Cul­ture. To­wards a Poly­centric Aes­thetics. In: Mirzoeff, N. (Hg.): The Visual Cul­ture Reader. London, New York: Rout­ledge, S. 26-49. [Sturken & Cartwright 2001a]: Sturken, M. & Cartwright L. (2001). Prac­tices of Looking. An Intro­duction to Visual Cul­ture. Ox­ford, New York: Ox­ford Uni­vers­ity Press. [VCQ 1996a]: (1996). Visual Cul­ture Question­naire. Octo­ber, Band: 77, S. 25-70. [Walker & Chaplin 1997a]: Walker, John A. & Chaplin, Sarah (1997). Visual Cul­ture. An Intro­duction. Manches­ter, New York: Manches­ter Uni­ver­sity Press.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Verantwortlich:

Seitenbearbeitungen durch: Dimitri Liebsch [195], Joerg R.J. Schirra [24], Franziska Kurz [18] und Klaus Sachs-Hombach [3] — (Hinweis)