Visual Culture / Visual Studies: Unterschied zwischen den Versionen
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''c) Repräsentation''. Nicht zuletzt aufgrund der Entwicklungen in den Medientechniken zeichnet sich eine Reihe von Tendenzen ab, die das Verhältnis der repräsentierenden Artefakte zur Welt nachhaltig ändern und diversifizieren. Zunächst einmal ist die Quantität der repräsentierenden Artefakte vom Buchdruck bis zum Handyfoto dramatisch gestiegen.<ref>Zugleich hat sich die Geschwindigkeit ihrer Produktion erhöht, was bei bewegten Bildern bekanntlich zur Livesendung, zur asymptotischen Annäherung an eine mit den Ereignissen zeitgleiche Übertragung dieser Ereignisse geführt hat (vgl. <bib id='Virilio 1990a'></bib>: S. 9-38).</ref> Dazu tritt im Zusammenhang mit den jüngeren Bildgebungsverfahren etwa aus der Medizin (über Röntgen, Ultraschall, MRT oder CT) oder auch der Rastertunnelmikroskopie in den Nannowissenschaften, dass keineswegs nur mehr die sichtbare Welt sichtbar repräsentiert wird: „One of the most striking features of the new visual culture is the growing tendency to visualize things that are not in themselves visual.“<ref><bib id='Mirzoeff 1999a'></bib>: S. 5. – Zur Allegorie als einem Vorläufer derartiger Visualisierungen vgl. <bib id='Liebsch 2007b'></bib>: S. 31ff.</ref> Aufgrund der Masse an Reproduktion lässt sich schliesslich ein dialektischer Umschlag in der Angst beobachten, die Welt könne hinter der “Bilderflut” verschwinden. Seine noch ungebrochen kulturkritische Formulierung hat dieser Umschlag – im Anschluss an Marx' Auseinandersetzung mit dem Fetischismus der Ware – in Guy Debords Theorie des „Spektakels“ gefunden; das „Spektakel“ gilt hier als eine durch Bilder vermittelte Gesellschaft, in der „die sinnliche Welt durch eine über ihr schwebende Auswahl von Bildern ersetzt wird“.<ref> Vgl. dazu <bib id='Marx 1867a'></bib>: S. 85-108 und <bib id='Debord 1967a'></bib>: S. 14, 31.</ref> Seine postmoderne Version zieht – darin Jean Baudrillards Theorien der [[Simulation, Simulakrum|Simulation]] und des [[Simulation, Simulakrum|Simulakrums]] folgend – den referentiellen Charakter der “Bilderflut” auch aufgrund der Möglichkeiten [[Bildverarbeitung, digitale|digitaler]] Bildproduktion generell in Zweifel. | ''c) Repräsentation''. Nicht zuletzt aufgrund der Entwicklungen in den Medientechniken zeichnet sich eine Reihe von Tendenzen ab, die das Verhältnis der repräsentierenden Artefakte zur Welt nachhaltig ändern und diversifizieren. Zunächst einmal ist die Quantität der repräsentierenden Artefakte vom Buchdruck bis zum Handyfoto dramatisch gestiegen.<ref>Zugleich hat sich die Geschwindigkeit ihrer Produktion erhöht, was bei bewegten Bildern bekanntlich zur Livesendung, zur asymptotischen Annäherung an eine mit den Ereignissen zeitgleiche Übertragung dieser Ereignisse geführt hat (vgl. <bib id='Virilio 1990a'></bib>: S. 9-38).</ref> Dazu tritt im Zusammenhang mit den jüngeren Bildgebungsverfahren etwa aus der Medizin (über Röntgen, Ultraschall, MRT oder CT) oder auch der Rastertunnelmikroskopie in den Nannowissenschaften, dass keineswegs nur mehr die sichtbare Welt sichtbar repräsentiert wird: „One of the most striking features of the new visual culture is the growing tendency to visualize things that are not in themselves visual.“<ref><bib id='Mirzoeff 1999a'></bib>: S. 5. – Zur Allegorie als einem Vorläufer derartiger Visualisierungen vgl. <bib id='Liebsch 2007b'></bib>: S. 31ff.</ref> Aufgrund der Masse an Reproduktion lässt sich schliesslich ein dialektischer Umschlag in der Angst beobachten, die Welt könne hinter der “Bilderflut” verschwinden. Seine noch ungebrochen kulturkritische Formulierung hat dieser Umschlag – im Anschluss an Marx' Auseinandersetzung mit dem Fetischismus der Ware – in Guy Debords Theorie des „Spektakels“ gefunden; das „Spektakel“ gilt hier als eine durch Bilder vermittelte Gesellschaft, in der „die sinnliche Welt durch eine über ihr schwebende Auswahl von Bildern ersetzt wird“.<ref> Vgl. dazu <bib id='Marx 1867a'></bib>: S. 85-108 und <bib id='Debord 1967a'></bib>: S. 14, 31.</ref> Seine postmoderne Version zieht – darin Jean Baudrillards Theorien der [[Simulation, Simulakrum|Simulation]] und des [[Simulation, Simulakrum|Simulakrums]] folgend – den referentiellen Charakter der “Bilderflut” auch aufgrund der Möglichkeiten [[Bildverarbeitung, digitale|digitaler]] Bildproduktion generell in Zweifel. | ||
− | ''d) Identität''. | + | ''d) Identität''. Für Identität – sei es die von Individuen oder Gruppen – gilt ebenfalls, dass sie nicht natürlich gegeben ist, sondern kulturell produziert wird. Konstitutiv für Identität sind einerseits das Gesehen-Werden, der [[Blick|Blick]] der anderen und jene Dispositive und Artefakte, die im wörtlichen oder übertragenen Sinne [[Spiegelungen|Spiegel]] ermöglichen.<ref>Vgl. dazu grundsätzlich <bib id='Lacan 1949a'></bib>.</ref> Vor diesem Hintergrund lässt sich beispielsweise in Bezug auf weibliche Identität geltend machen, dass sie von etablierten, hegemonialen Erwartungen anderer abhängig ist, durch Bilder, Fotos, Filme usw. konditioniert wird,<Vgl. dazu den wegweisenden Aufsatz von Laura Mulvey, der das Mainstream-Kino als Materialisierung eines kontrollierenden männlichen Blicks beschreibt, in der männliche Figuren handeln und weibliche Figuren als Anschauungsobjekte dienen (<bib id='Mulvey 1975a'></bib>).</ref> und gewissermaßen eine Spaltung des weiblichen Blicks mit sich bringt; noch jeder weibliche Blick in den Spiegel ist zugleich ein internalisierter hegemonialer Blick, der das Spiegelbild auf seine Konformität mit der etablierten Erwartung prüft (vgl. <bib id='Silverman 1996a'></bib>). Konstitutiv für Identität ist andererseits, dass sie – wie fragil und vorübergehend auch immer – im visuellen Feld über „negative differentiation“ erzeugt wird: |
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+ | :„that whiteness needs blackness to constitute itself as whiteness, that masculinity needs femininity or feminized masculinity to constitute its masculinity in agreed upon normative modes; that civility and bourgeois respectability need the stereotypical unruly “other”“ (<bib id='Rogoff 1998a'></bib>: S. 21f.). | ||
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Version vom 19. September 2014, 19:47 Uhr
Unterpunkt zu: Bildtheoretische Ansätze
Begriffe: »visual culture«, »visual studies« (und »visual culture studies«)Visual Culture und Visual Studies sind in vielen Hinsichten umstritten. Eine erste Hinsicht zeigt sich bereits an den zugrunde liegenden Begriffen. »Visual culture«, »visual studies« und auch »visual culture studies« können einander teilweise, aber eben nur teilweise vertreten. Der am meisten verwendete, aber ein zugleich auch zweideutiger Begriff ist »visual culture«. So heißt es anlässlich des Visual Culture Questionnaire, mit dem die Kunstzeitschrift «October» 1996 erstmalig die scientific community zur allgemeinen Reflexion über das Thema einlud:
Demnach trifft auf ‘visual culture’ Ähnliches zu wie auf das deutsche ‘Kunstgeschichte’, das sowohl das Objekt als auch die Disziplin bezeichnet. Diese – in der Regel durch den Kontext disambiguierte – Zweideutigkeit ist bis in die jüngsten Schriften anzutreffen. Daneben haben sich Redeweisen etabliert, die um terminologische Eindeutigkeit bemüht sind. Douglas Crimp empfiehlt beispielsweise:
John A. Walker und Sarah Chaplin verwenden eine analoge Unterscheidung, sprechen sich jedoch anstatt für die Bezeichnung ‘visual studies’ für ‘visual culture studies’ aus ([Walker & Chaplin 1997a]Literaturangabe fehlt. Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 7), wird im Folgenden ‘visual culture’ für das Objekt der Untersuchung und ‘visual studies’ für den wissenschaftlichen Zugriff auf dieses Objekt verwendet. Disziplin, Interdisziplinarität, “Undiszipliniertheit”Ebenfalls umstritten ist, ob und inwiefern es sich bei Visual Studies um eine Disziplin handelt. Die Frage wird selten bejaht und wenn, dann ist von Disziplin in einem eher schwachen Sinn die Rede. Gemeint ist damit zumeist, dass es seit den 1990er Jahren zunächst im englischsprachigen Raum manifeste Formen der pädagogischen, wissenschaftlichen und publizistischen Institutionalisierung gibt, also Aufnahmen in universitäre Curricula, einschlägige Konferenzen und Veröffentlichungen bis hin zu spezifischen Zeitschriften.[2] Darüber hinaus lassen sich auch Vorschläge zu weitergehenden Festlegungen inhaltlicher und methodischer Art finden, etwa in Bezug auf Grundlagentexte, kanonische Autoren, bevorzugte Objekte und Interpretationsmethoden. Als theoretische Referenzen, die die Arbeit der Visual Studies grundieren, werden am häufigsten die Arbeiten von Walter Benjamin und die der Poststrukturalisten Roland Barthes, Jacques Lacan und Michel Foucault genannt.[3] Auch weil diese Vorschläge insgesamt eher diskutiert als geteilt werden, hat es sich eingebürgert, die Visual Studies statt als Disziplin eher vage als akademisches Feld anzusprechen.[4] Ferner sind die Visual Studies wie schon die älteren Cultural Studies auch als „diskursive Formation“ apostrophiert worden[5] und als nicht nur akademische, sondern auch politische – genauer: linke und marxistisch inspirierte – Bewegung (vgl. [Bal 2003a]Literaturangabe fehlt. Visual Studies. A Skeptical Introduction. New York, London: Routledge. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 25) bis zu insgesamt 34 verschiedenen, nämlich:
Nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Visual Studies zunehmend den Naturwissenschaften öffnen, kann jedoch auch diese Liste nicht erschöpfend sein. – Motiviert ist diese methodische Interdisziplinarität auch durch eine besondere Tendenz im Gegenstandsbereich, nämlich die wachsende Medienkonvergenz unter den Vorzeichen von technischer Entwicklung und globalem Kapitalismus:[6] Wir begegnen dem Kinofilm in der DVD, dem Fernsehen im Netz und den alten Meistern als Druck auf T-Shirt und Teetasse; und schon der Film wurde von keiner isolierten Industrie realisiert, sondern entstand an den Schnittlinien von Konsumgütern, Elektrizität, Beleuchtung, Make-Up und Mode. Dass von einer Disziplin nur in einem schwachen Sinne und zugleich von einer ausufernden Interdisziplinarität die Rede sein muss, ist die Kehrseite der Dynamik der Visual Studies, ihres politischen und kritischen Impetus'. William James Thomas Mitchell hat diese/n mit leicht ironischen Akzent „Disziplinlosigkeit“ („indiscipline“) genannt.[7] Andes gesagt, es ist für die Visual Studies charakteristisch, die etablierten Disziplinen in Frage zu stellen. Die Visual Studies importieren daher weder einfach ihren zentralen Gegenstand aus einer andern Disziplin, um ihn dann nur etwas anders zu perspektivieren (das Visuelle ist nicht das – lediglich politisch perspektivierte – Bild aus der Kunstgeschichte);[8] noch akzeptieren die Visual Studies die Grenzen zwischen den Disziplinen, mit denen beispielsweise bis in die Gegenwart filmtheoretische und fernsehwissenschaftliche Analysen voneinander getrennt worden sind; noch reproduzieren sie automatisch die internen Kategorisierungen, mit denen etwa die Kunstgeschichte lange zwischen Hochkultur und Populärkultur unterschieden hat (vgl. [Jones 2003a]Literaturangabe fehlt. Vorgeschichte/nAuch aufgrund der Vielzahl der beteiligten Disziplinen verfügt das Feld oder die Bewegung der Visual Studies über keine verbindliche und homogene Vorgeschichte. Es lassen sich dennoch mindestens drei Vorgeschichten anführen, die für die Entwicklung der Visual Studies aussagekräftig sind: die Transgressionen der traditionellen Kunstgeschichte, die Geschichte des Begriffs »visual culture« sowie auch und vor allem die Cultural Studies. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. : S. 3f.). Eine ebenfalls beträchtliche Erweiterung der Forschungsgegenstände findet sich in den Arbeiten Erwin Panofskys, der sich schon früh, nämlich in den 1930er Jahren, dem Film widmete und später das Fortleben von palladianischer Tempelfassade einerseits und ungezügelter Romantik andererseits bis zum Kühler des Rolls Royce verfolgte.[9] Anregend für den Kontext der Visual Studies ist darüber hinaus sein folgenreicher Versuch, die oft als Siegeszug einer “natürlichen” Darstellung gefeierte Zentralperspektive der Renaissance auf Konvention und Kultur zurückzuführen und als „symbolische Form“ im Sinne des Neukantianismus zu beschreiben (vgl. [Panofsky 1924a]Panofsky, Erwin (1998). Die Perspektive als symbolische Form (1924). In Erwin Panofsky, Deutschsprachige Aufsätze Bd. 2, 664-757, Erstpublikation in: Vorträge der Bibliothek Warburg (1924/25). Leipzig, 1927, 258-330. Eintrag in Sammlung zeigen). Eine kritische Reflexion auf die Kunstgeschichte findet sich schließlich in den ursprünglich nicht für das Buch, sondern als Fernsehserie für die BBC konzipierten «Ways of Seeing» des marxistischen Kunstkritikers und -theoretikers John Berger. Seine Essays setzen sich gleich mit einer ganzen Reihe von für die Visual Studies einschlägigen Themenfeldern auseinander: mit dem Verhältnis von Sehen und Sprechen, dem Gesehen-Werden als Konstituens für soziale Ordnung und gender-Rollen, den Beziehungen zwischen Sehen und Besitz, der Rolle der medientechnischen Entwicklung insbesondere für die Erweiterung der Funktionsvielfalt von Bildern (⊳ Replika, Faksimile und Kopie) oder auch mit den „publicity images“ der Werbung und ihren Beziehungen zur traditionellen Kunst (vgl. [Berger 1972a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. . Dass sich die Visual Studies jedoch nicht ausschließlich als eine Transformation der älteren Kunstgeschichte begreifen lassen, wird spätestens an der zweiten Vorgeschichte deutlich. Der Begriff »visual culture« wird zwar üblicherweise auf zwei kunsthistorische Arbeiten zurückgeführt, auf Michael Baxandalls «Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style» von 1972 und auf Svetlana Alpers’ «The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century» von 1983. [10] Dies sind jedoch keineswegs die einzigen, geschweige denn die ältesten Quellen. Fakt ist, dass Baxandall den Begriff »visual culture« nur beiläufig verwendet und dass sich erst Alpers um eine Explikation von »visual culture« als eine – für eine bestimmte Gesellschaft in einer bestimmten Epoche typische – kulturelle Strukturierung der visuellen Wahrnehmung bemüht.[11] Dazu hält sie fest:
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. : S. 54, 127ff., u.ö.). Noch früher lässt sich »visuelle Kultur« in der Filmtheorie nachweisen. In «Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films» von 1924 antizipiert Béla Balázs die beiden Verwendungsweisen McLuhans und sieht im (Stumm-)Film eine Stärkung der durch den Buchdruck marginalisierten visuellen Kultur gekommen (vgl. [Balázs 2001b]Balázs, Béla (2001). Der sichtbare Mensch. In Texte zur Theorie des Films, 224-233. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 224ff. und [Liebsch 2007a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. : S. 16).[12] Unter die Vorgeschichten der Visual Studies fallen auch die ab den 1950er Jahren entwickelten Cultural Studies. Von diesen übernehmen die Visual Studies neben Interdisziplinarität und “Undiszipliniertheit” auch den facettenreichen Kulturbegriff. Kultur lässt sich demnach erstens nicht mehr erschöpfend als ein normatives Projekt beschreiben, so wie es noch Matthew Arnold konnte, der die Formel prägte: „the best which has been thought and known in the world“ ([Arnold 1869a]Literaturangabe fehlt.
Nicht zuletzt wegen der sozialen Genese von Bedeutung erscheinen drittens in der Analyse nicht ausschließlich isolierte Individuen als Träger von Kultur, sonder eher um Hegemonie kämpfende Gruppen – Gruppen, deren Strukturen oft anhand der Kategorien race, class und gender analysiert werden. Dabei adaptieren die Visual Studies nicht allein wesentliche Elemente der Cultural Studies, sondern sie korrigieren zugleich das positive Vorurteil, das die Cultural Studies noch dem Text als zentraler Bezugseinheit entgegenbrachten (vgl. [Jones 2003a]Literaturangabe fehlt. GegenständeEs gibt nicht den einen, klar umgrenzten Gegenstand für dieses interdisziplinäre und undisziplinierte Feld mit seiner facettenreichen Vorgeschichte. Das lässt sich auch an der eingangs gegebenen formalen Gegenstandsbestimmung, nämlich Visual Culture, verdeutlichen, wenn man ihre beiden Komponenten genauer betrachtet. Visual Culture Questionnaire. In October, 77, 25-70. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 42). Insofern wären die Visual Studies nicht auf das Bild, geschweige denn das künstlerische Bild eingeschränkt, sondern können sich ebenso auf das Fernsehen, die Menschen auf der Straße, das Urlaubspolaroid, den von „Lichtverschmutzung“ bedrohten Nachthimmel (vgl. [Ratzka 2012a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. : S. 260ff.), das Videospiel oder die Objekte unterm Mikroskop beziehen. Die Liste ließe sich fast beliebig verlängern – alles was gesehen werden kann, könnte demnach auch Gegenstand der Visual Studies werden. Selbst eine derart offene Auffassung der ersten Komponente ist als Gegenstandsbestimmung jedoch noch zu eng. Einerseits kann der Gegenstand der Visual Studies auch hybride sein. Dies ist der Fall, wenn das das Visuelle in multimodale Komplexe eingebettet wird oder wenn es – und spätestens hier lässt sich die die zweite Komponente, die Kultur, nicht mehr übersehen – mit Praktiken und ihrer Institutionalisierung verbunden ist:
Visual Culture Questionnaire. In October, 77, 25-70. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 34). Kurz, in formaler Hinsicht sind die Gegenstände der Visual Studies eher hybride als rein visuell und können sich im Extremfall auf Teile der Kultur beschränken, die sich auf das Visuelle nur beziehen. AspekteUm wiederum diesem weiten Feld der Gegenstände Struktur zu geben, seien einige exemplarische, sich teils überschneidende Aspekte vorgestellt, unter denen die Visual Studies ihre Gegenstände analysieren. a) Entnaturalisierung. Im Anschluß an die Marxsche Ideologiekritik und Barthes’ Mythenanalyse zielen die Visual Studies darauf, das vermeintlich Natürliche als gesellschaftlich oder kulturell bedingt und damit als kontingent und änderbar zu entschlüsseln##. Das Stichwort dafür, auch die Evidenz des Visuellen in dieser Weise in Frage zu stellen, liefert bereits Benjamins «Kunstwerk»-Aufsatz aus den 1930er Jahren:
Statt von Sinneswahrnehmung spricht Irit Rogoff in diesem Zusammenhang von „viewing apparatuses“, die durch Technologie und Narrative modifiziert werden können ([Rogoff 1998a]Literaturangabe fehlt. b) Weltverhältnis. Wie schon der Fall des „observer“ zeigt, bei dem Crary im 19. Jh. eine Entwicklung vom statischen und unbeteiligten zum aktiven und involvierten Betrachten feststellt, gehen Modifikationen der Wahrnehmung mit Modifikationen des Verhältnisses von Subjekt und Objekten bzw. Subjekt und Welt einher. Dieser Aspekt ist ausgehend von einer filmwissenschaftlichen Anregung in den Visual Studies häufig unter dem Titel des „skopischen Regimes“ oder „Blickregimes“ verhandelt worden. Während sich die Filmwissenschaften dabei auf ein schlichtes, durch einen konkreten Raum bestimmtes Dispositiv konzentrieren,[14] steht in den Visual Studies spekulativere Korrespondenzen von Praktiken des Sehens, Theorien und ihrer Materialisierung in Artefakten zur Debatte. Jay etwa benennt für die Moderne drei konkurrierende skopische Regime:
c) Repräsentation. Nicht zuletzt aufgrund der Entwicklungen in den Medientechniken zeichnet sich eine Reihe von Tendenzen ab, die das Verhältnis der repräsentierenden Artefakte zur Welt nachhaltig ändern und diversifizieren. Zunächst einmal ist die Quantität der repräsentierenden Artefakte vom Buchdruck bis zum Handyfoto dramatisch gestiegen.[15] Dazu tritt im Zusammenhang mit den jüngeren Bildgebungsverfahren etwa aus der Medizin (über Röntgen, Ultraschall, MRT oder CT) oder auch der Rastertunnelmikroskopie in den Nannowissenschaften, dass keineswegs nur mehr die sichtbare Welt sichtbar repräsentiert wird: „One of the most striking features of the new visual culture is the growing tendency to visualize things that are not in themselves visual.“[16] Aufgrund der Masse an Reproduktion lässt sich schliesslich ein dialektischer Umschlag in der Angst beobachten, die Welt könne hinter der “Bilderflut” verschwinden. Seine noch ungebrochen kulturkritische Formulierung hat dieser Umschlag – im Anschluss an Marx' Auseinandersetzung mit dem Fetischismus der Ware – in Guy Debords Theorie des „Spektakels“ gefunden; das „Spektakel“ gilt hier als eine durch Bilder vermittelte Gesellschaft, in der „die sinnliche Welt durch eine über ihr schwebende Auswahl von Bildern ersetzt wird“.[17] Seine postmoderne Version zieht – darin Jean Baudrillards Theorien der Simulation und des Simulakrums folgend – den referentiellen Charakter der “Bilderflut” auch aufgrund der Möglichkeiten digitaler Bildproduktion generell in Zweifel. d) Identität. Für Identität – sei es die von Individuen oder Gruppen – gilt ebenfalls, dass sie nicht natürlich gegeben ist, sondern kulturell produziert wird. Konstitutiv für Identität sind einerseits das Gesehen-Werden, der Blick der anderen und jene Dispositive und Artefakte, die im wörtlichen oder übertragenen Sinne Spiegel ermöglichen.[18] Vor diesem Hintergrund lässt sich beispielsweise in Bezug auf weibliche Identität geltend machen, dass sie von etablierten, hegemonialen Erwartungen anderer abhängig ist, durch Bilder, Fotos, Filme usw. konditioniert wird,<Vgl. dazu den wegweisenden Aufsatz von Laura Mulvey, der das Mainstream-Kino als Materialisierung eines kontrollierenden männlichen Blicks beschreibt, in der männliche Figuren handeln und weibliche Figuren als Anschauungsobjekte dienen ([Mulvey 1975a]Literaturangabe fehlt.
e) Macht.
Siehe auch:
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Anmerkungen
[Arnold 1869a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Bal 2003a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Balázs 2001b]: Balázs, Béla (2001). Der sichtbare Mensch. In: v. F. Albersmeier (Hg.): Texte zur Theorie des Films. Stuttgart: Philip Reclam jun., S. 224-233. [Baxandall 1972a]: Baxandall, Michael (1972). Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History of Pictorial Style. Oxford: Clarendon Press.
[Benjamin 1974a]: Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Dimitri Liebsch [195], Joerg R.J. Schirra [24], Franziska Kurz [18] und Klaus Sachs-Hombach [3] — (Hinweis) |