Affekt und Wahrnehmung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. November 2012, 20:27 Uhr
Unterpunkt zu: Bildwahrnehmung
Die Rolle der Affekte in der Poetik und KunsttheorieIn der philosophischen Affektdiskussion wird Bildwerken neben Rhetorik, Musik und Dichtung (bzw. Theater) ein wichtiger Platz zugewiesen. Seit der griechischen Antike bezieht sich das Nachdenken über Affekte mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen auf die Gegenstände der Darstellung, die Struktur des Werks und die sinnlich-affektauslösende Wirkungskraft ästhetischer Formen. Im Zentrum der Diskussion stehen die menschliche Affektnatur und die Möglichkeiten einer ästhetischen Transformation starker Regungen mittels künstlerischer Repräsentationen. Kunstwerken wird zugesprochen, durch ihre würdige Form der Affektdarstellung und -auslösung dem Individuum eine Anleitung zum Umgang mit starken, unvernünftigen Regungen zu geben. Als affektregulierend werden in der Nachfolge von Aristoteles’ Poetik die Erlebnisqualitäten eines Kunstwerks verstanden, das starke Affektregungen ermöglicht, zu ihrer Mäßigung anleitet und somit den Einzelnen zu vernunftgemäßem tugendhaften Handeln hinführt (vgl. [Aristoteles 1997a]Aristoteles (1997).Poetik. Stuttgart: Philipp Reclam jun.. Eintrag in Sammlung zeigen, [Aristoteles 1995b]Aristoteles (1995). Nikomachische Ethik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Philosophische Schriften 3; Übers.: Eugen Rolfes. Eintrag in Sammlung zeigen, [Bernays 1970a]Bernays, Jacob (1970). Grundzüge der verlorenen Abhandlung des Aristoteles über Wirkung der Tragödie. Hildesheim: G. Olms. Eintrag in Sammlung zeigen). Affekt. In Historisches Wörterbuch der Philosophie, Spalte 89-100. Eintrag in Sammlung zeigen: Sp. 94ff.). Die Verdrängung. In Gesammelte Werke, Bd. 10, 247-261. Eintrag in Sammlung zeigen, [Freud 1946b]Freud, Sigmund (1946). Das Unbewußte. In Gesammelte Werke, Bd. 10, 263-303. Eintrag in Sammlung zeigen, [Laplanche & Pontalis 1973a]Laplanche, Jean & Pontalis, Jean-Bertrand (1971). Affekt. In Das Vokabular der Psychoanalyse, 37-38. Eintrag in Sammlung zeigen). Einleitung. In Philosophie der Gefühle, 12-65. Eintrag in Sammlung zeigen, [Goldie 2010a]Goldie, Peter (2010). The Oxford Handbook of Philosophy of Emotion. Oxford: Oxford University Press. Eintrag in Sammlung zeigen). Wegen ihres evaluativ-repräsentationalen Inhalts können Emotionen einem Subjekt Wissen über die Welt vermitteln, da sie erlebte Zustände und Handlungen rational werden lassen (bspw. in Form von Werturteilen). Emotionen werden als komplex strukturierte, in ihrer Qualität und ihrer lebensweltlichen Bedeutung (mitunter nachträglich) reflektierte emotionale Zustände aufgefasst. Die Bezeichnung ›Emotionen‹ deutet somit auf die kognitive und praktische Relevanz nichtreflexiv oder reflexiv bewusster Gefühlszustände.[1] Gegenüber der kulturell, biographisch und narrativ ausgeprägten, epistemischen Struktur von Emotionen werden Affekte als weniger differenzierte, spontane, kurzzeitige Regungen mit einem passivierenden Moment aufgefasst. Affekte in der Bildwahrnehmung und emotional-evaluative Einstellungen zum BildAffektive Bildwahrnehmung bezeichnet eine starke oder überwältigende, augenblickliche emotionale Erregung eines Individuums im Prozess der sinnlichen und Bedeutung bildenden Erschließung von Bildwerken oder bildlich strukturierten Darstellungsräumen. Systematische Beiträge zur affektiven Komponente der Wahrnehmung finden sich vor allem in ästhetischen und phänomenologischen Bildtheorien (Phänomenologie des Bildes). Diese fassen die Wahrnehmung als dynamische Struktur auf und kennzeichnen sie als einen sowohl reaktiven als auch produktiv-realisierenden Vollzug zwischen wahrnehmendem Subjekt und den sichtbaren Aspekten des Objekts (des Bildes). Bilder können in ihrer materiell-dinglichen und formalen Struktur vom Betrachter als Auslöser und Gegenstand einer unwillkürlich auftretenden, spezifischen Gestimmtheit erfahren werden. Für das Betrachter-Subjekt nimmt damit der Zugang zum bildlich Sichtbaren im Wesentlichen die Form einer Selbstwahrnehmung unmittelbarer Empfindungen an. Empfindungen umfassen dabei die momentane Erlebnisqualität sinnlicher Eindrücke sowie die sie begleitenden Gefühlszustände bzw. emotional bewegenden Vorstellungen. Kritik der Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, Werkausgabe Band X, hrsg. von Wilhelm Weischedel. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 37), als möglichen Bestimmungsgrund eines ästhetischen Urteils an. Doch grenzt Kant in seiner weiteren Analyse die ästhetisch-reflektierende Urteilskraft vom unmittelbar durch das Dasein des Gegenstandes veranlassten Sinnesurteil deutlich ab (vgl. [Kant 1977a]Kant, Immanuel (1977). Kritik der Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, Werkausgabe Band X, hrsg. von Wilhelm Weischedel. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 37ff.). Den in Lust und Unlust begründeten Empfindungen, beispielsweise dem Reiz der Farben oder Töne, spricht Kant die Möglichkeit zu, die Anschaulichkeit der Form zu erhöhen und „die Vorstellung [zu] beleben, indem sie die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand selbst erwecken und erhalten“ ([Kant 1977a]Kant, Immanuel (1977). Kritik der Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, Werkausgabe Band X, hrsg. von Wilhelm Weischedel. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 142). Am Beispiel der Malerei, Musik und Zeichnung verdeutlicht Kant, wie die Empfindung in der ästhetischen Anschauung die aufmerksame Hinwendung zum Werk zu motivieren vermag. In Reiz und Rührung begründete Geschmacksurteile können als bloß subjektive Eindrücke jedoch nicht die Allgemeingültigkeit beanspruchen, die notwendig für die Struktur des ästhetischen Urteils ist (vgl. [Kant 1977a]Kant, Immanuel (1977). Kritik der Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, Werkausgabe Band X, hrsg. von Wilhelm Weischedel. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 138ff.).[2] Schriften zur Kunst. München: Fink, 2 Bd., hrsg. von Gottfried Boehm. Eintrag in Sammlung zeigen).[4] Die Arbeit des Künstlers überträgt dessen vorbegriffliche, anschauliche Ausdrucksbeziehung zur Natur in das unabschließbare Spiel eines selbstbezüglichen und sich differenzierenden visuellen Sinns (vgl. [Fiedler 1991b]Fiedler, Konrad (1991). Über den Ursprung der künstlerischen Tätigkeit. In Schriften zur Kunst, 111-220, Bd. 1. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 173ff.). Den Wahrnehmungsvorgang konzipiert Fiedler als Ausdrucksbewegung des Sehenden in seiner jeweils bestimmten Verfassung. Im Vollzug der Wahrnehmung führt die künstlerische Form den Betrachter aus dem „unentwickelten, verdunkelten Zustand“ ([Fiedler 1991c]Fiedler, Konrad (1991). Aphorismen. In Schriften zur Kunst, 7-105, Bd. 2. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 48), des alltäglichen anschaulichen Bewusstseins zu Erkenntnissen in Form unablässig fortschreitender, sichtbarer Wirklichkeitsbezeichnungen (vgl. [Fiedler 1991d]Fiedler, Konrad (1991). Zur neueren Kunsttheorie. In Schriften zur Kunst, 247-290, Bd. 2. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 262). Für die Einschätzung der Affekte ist relevant, dass Fiedler in Erwiderung auf Kants Kritik der Urteilskraft auch Erkenntnissen zuschreibt, Lustempfindungen erregen zu können (vgl. [Fiedler 1991d]Fiedler, Konrad (1991). Zur neueren Kunsttheorie. In Schriften zur Kunst, 247-290, Bd. 2. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 265). Der Begriff der symbolischen Form im Aufbau der Geisteswissenschaften. In Schriften zur Philosophie der symbolischen Formen, 63-92, hrsg. von Marion Lauschke. Eintrag in Sammlung zeigen). Als symbolische Formen ermöglichen sie dem Betrachter vor aller begrifflichen Abstraktion ein Wahrnehmen von Sinn auf der Ebene des Affekt- und Vorstellungslebens.[6] So schreibt Cassirer über das Wahrnehmungserlebnis im Optischen: „Seine reine Sichtbarkeit ist niemals außerhalb einer bestimmten Form der ‚Sicht‘ und unabhängig von ihr zu denken; es ist als ‚sinnliches‘ Erlebnis immer schon Träger eines Sinnes und steht gewissermaßen im Dienste desselben. Aber eben hierin kann es nun sehr verschiedene Funktionen erfüllen und kraft ihrer sehr verschiedene Sinnwelten vorstellig machen.“ ([Cassirer 2010a]Cassirer, Ernst (2010). Philosophie der symbolischen Formen. Dritter Teil: Phänomenologie der Erkenntnis. Hamburg: Meiner, hrsg. von Birgit Recki. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 228). Neben dem ‚reinen Ausdruckssinn‘ können für den Betrachter eines Bildwerkes die zeichnerische Gestaltung, die räumliche Bestimmtheit als Ausprägung einer Stimmung und Gestaltung einer inneren Bewegtheit, eine geometrisch-gesetzmäßige Figur o.Ä. hervortreten (vgl. [Cassirer 2010a]Cassirer, Ernst (2010). Philosophie der symbolischen Formen. Dritter Teil: Phänomenologie der Erkenntnis. Hamburg: Meiner, hrsg. von Birgit Recki. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 228f.) Mit Cassirers Überlegungen lässt sich die Besonderheit bildlichen Ausdrucksvermögens herausstellen, da sie die semiotische Verweisstruktur (eines sichtbaren Bildobjekts als anschauliche Darstellung von etwas Abwesendem) zurückstellen. Für Cassirer liegen die Symboltätigkeit und die ausgeprägten Sinnperspektiven in der formal-verdeutlichenden Sinnlichkeit der Bilder und der affektiven, vorbegrifflichen Komponente der Wahrnehmung begründet. Das Imaginäre. Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft (1940). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, Gesammelte Werke. Philosophische Schriften I-2, hrsg. von Vincent von Wroblewsky. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 113ff.). Affektive Bewusstseinsformen haben einen repräsentationalen Gehalt und weisen spezielle Intentionalitäten auf. Auftretende Empfindungen, die vor einem begrifflichen Erkennen liegen, treiben die aktiven und spontanen Konstruktionen der Einbildungskraft an, die in Form des Begehrens wirksam werden. Das Begehren ist „ein blindes Bemühen, auf der repräsentativen Ebene zu besitzen, was mir auf der affektiven Ebene schon gegeben ist; durch die affektive Synthese hindurch visiert es ein Jenseits an, das es vorempfindet, ohne es erkennen zu können; es richtet sich auf das affektive ‚Etwas‘, das ihm gegenwärtig gegeben ist, und erfaßt es als Repräsentanten des Begehrten. So ist die Struktur eines affektiven Begehrensbewußtseins schon die eines vorstellenden Bewußtseins, da ja, wie in der Vorstellung, eine gegenwärtige Synthese als Substitut einer repräsentativen abwesenden Synthese dient.“ ([Sartre 1994b]Sartre, Jean-Paul (1994). Das Imaginäre. Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft (1940). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, Gesammelte Werke. Philosophische Schriften I-2, hrsg. von Vincent von Wroblewsky. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 119) Affektive Bewusstseinsformen geben sich daher – so wie Vorstellungen insgesamt – in bestimmter Hinsicht wie die Wahrnehmung und in anderer Hinsicht wie die logisch-begriffliche Erkenntnis. Das Auge und der Geist. Philosophische Essays.. Hamburg: Meiner, neu bearbeitet, kommentiert und mit einer Einleitung versehen von Bermes, Christian (2003). Eintrag in Sammlung zeigen, [Merleau-Ponty 1994a]Merleau-Ponty, Maurice (1994). Der Zweifel Cézannes (1948). In Was ist ein Bild?, 39-59. Eintrag in Sammlung zeigen, [Merleau-Ponty 2006a]Merleau-Ponty, Maurice (2006). Das Kino und die neue Psychologie (1947). In Philosophie des Films, 70-84. Eintrag in Sammlung zeigen). In Merleau-Pontys Konzeption geben sich die unhintergehbaren, der Wahrnehmung immanenten Strukturen in der Erfahrung des existierenden Leibes zu erkennen, dem sich jede Wahrnehmung präsentiert. Der Leib organisiert das perzeptive Feld in Abhängigkeit von einem intentionalen Bewusstsein und gibt in seiner Begegnung mit der Welt den Gegenständen Gestalt und Sinn: „Mein Leib ist nicht einfach ein Gegenstand unter all den anderen Gegenständen, ein Komplex von Sinnesqualitäten unter anderen, er ist ein für alle anderen Gegenstände empfindlicher Gegenstand, der allen Tönen ihre Resonanz gibt, mit allen Farben mitschwingt und allen Worten durch die Art und Weise, in der er sie aufnimmt, ihre ursprüngliche Bedeutung verleiht.“ ([Merleau-Ponty 1966a]Merleau-Ponty, Maurice (1966). Phänomenologie der Wahrnehmung (1945). Berlin: Walter de Gruyter, aus dem Französischen übersetzt und eingeführt durch eine Vorrede von Boehm, Rudolf. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 276) Innerhalb seines Modells setzt Merleau-Ponty Empfindungen und Affekte nicht als der Wahrnehmung vorgängige, äußere Reize an, sondern als dem Bewusstsein in der Reflexion als evident gegebene Phänomene (vgl. [Merleau-Ponty 1966a]Merleau-Ponty, Maurice (1966). Phänomenologie der Wahrnehmung (1945). Berlin: Walter de Gruyter, aus dem Französischen übersetzt und eingeführt durch eine Vorrede von Boehm, Rudolf. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 59ff.). Komplexe und länger anhaltende Gefühle wie beispielsweise Liebe können den Bezug zu uns selbst und zur Welt begründen. Sie können somit existenzielle Bedeutung gewinnen für unser intentionales Engagement in der Welt (vgl. [Merleau-Ponty 1966a]Merleau-Ponty, Maurice (1966). Phänomenologie der Wahrnehmung (1945). Berlin: Walter de Gruyter, aus dem Französischen übersetzt und eingeführt durch eine Vorrede von Boehm, Rudolf. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 430ff.). Mit Merleau-Pontys Überlegungen lässt sich ein Argument dafür gewinnen, dass Bilder selbst zur Erkenntnis über die Rolle der Affekte in der Wahrnehmung beitragen. Merleau-Ponty nimmt eine enge Verbindung zwischen dem leiblichen Sehen und der sichtbaren Wirklichkeit erfundener bildlicher Formen an. Vor diesem Hintergrund ist Bildtheorie als sprachlich-begrifflicher Nachvollzug der mit Bildern selbst gegebenen phänomenologischen Erforschung des Sehens und der Sichtbarkeit zu verstehen (vgl. [Merleau-Ponty 1961a]Merleau-Ponty, Maurice (1961). Das Auge und der Geist. Philosophische Essays.. Hamburg: Meiner, neu bearbeitet, kommentiert und mit einer Einleitung versehen von Bermes, Christian (2003). Eintrag in Sammlung zeigen).[9] Für gegenwärtige Diskussionen erweist sich Merleau-Pontys phänomenologischer Zugang als instruktiv, weil er die leibliche Erfahrung des Sehens als ein reziprokes Geschehen zwischen Blick und Gesehenem vorstellt. Gemäß dieser Darlegung ist das Wahrnehmen von Bildern gleichermaßen aktiv (imaginativ-konstruierend) und passiv (rezeptiv).[10] Das selbstbewußte Bild. Vom Ursprung der Metamalerei. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 110) den im gestalteten formalen Gefüge des Bildes angelegten, im Verhältnis zum Betrachter wirksam werdenden Aktqualitäten zu. Dabei wurde – zum Teil in differenzierender Auseinandersetzung mit Sprechakttheorien – die mit der Form gegebene Kraft des Bildes als Blickwendung, Bildhandeln oder Bildakt näher bestimmt (vgl. [Didi-Huberman 1999a]Didi-Huberman, Georges (1999). Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen, [Dubois 1998a]Dubois, Philippe (1998). Der fotografische Akt. Versuch über ein theoretisches Dispositiv. Dresden, Amsterdam: Verlag der Kunst. Eintrag in Sammlung zeigen, [Bredekamp 2010a]Bredekamp, Horst (2010). Theorie des Bildakts. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Eintrag in Sammlung zeigen). Die kommunikative Funktion von Bildern erfährt eine stärkere Betonung in [Sachs-Hombach 2003a]Sachs-Hombach, Klaus (2003). Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Herbert von Halem. Eintrag in Sammlung zeigen oder [Seja 2009a]Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Herbert von Halem Verlag. Eintrag in Sammlung zeigen. ›Bildakt‹ bezeichnet dabei nach Horst Bredekamp „eine Wirkung auf das Empfinden, Denken und Handeln […], die aus der Kraft des Bildes und der Wechselwirkung mit dem betrachtenden, berührenden und auch hörenden Gegenüber entsteht“ ([Bredekamp 2010a]Bredekamp, Horst (2010). Theorie des Bildakts. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 52). Herausgestellt wurde an bildlichen Formen ihr Vermögen, eigensinnig wahrnehmungsbezogene Erfahrungen zu erzeugen. Verstärkte Aufmerksamkeit erhielt damit auch die Relationalität von Bild und Betrachter als wirkmächtige Kraft und Fundierung eines pathischen, den Betrachter passivierenden Wahrnehmungsgeschehens (vgl. bspw. [Boehm & Mersmann & Spies 2008a]Boehm, Gottfried; Mersmann, Birgit & Spies, Christian (2008). Movens Bild. Zwischen Evidenz und Affekt. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen, [Busch & Därmann 2007a]Busch, Kathrin & Därmann, Iris (2007). pathos. Konturen eines kulturwissenschaftlichen Grundbegriffes. Bielefeld: Transcript. Eintrag in Sammlung zeigen). Bildtheorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, hrsg. von Gustav Frank. Eintrag in Sammlung zeigen, [Mitchell 2005a]Mitchell, William J.T. (2005). What Do Pictures Want? The Lives and Loves of Images. Chicago, London: University of Chicago Press. Eintrag in Sammlung zeigen). Abschließend lässt sich festhalten, dass sich gegenwärtige Bildtheorien verstärkt der Frage zuwenden, welche Rolle Affekte als eine Komponente von Wahrnehmungsakten dafür spielen, dass Dinge als Bild wahrgenommen und behandelt werden. Darüber hinaus eröffnen sie auch eine Debatte darüber, wie ein Begehren oder affektives Bewegt-Sein des Bildes selbst einen formalen Ausdruck (er-)finden kann und dieser als theoretische Äußerung zu begreifen wäre. |
Anmerkungen
[Aristoteles 1995b]: Aristoteles (1995). Nikomachische Ethik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Philosophische Schriften 3; Übers.: Eugen Rolfes.
[Aristoteles 1997a]: Aristoteles (1997). Poetik. Stuttgart: Philipp Reclam jun.. [Barthes 1989a]: Barthes, Roland (1989). Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. [Belting 2004a]: Belting, Hans (2004). Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. München: C.H. Beck, 6. Auflage. [Bernays 1970a]: Bernays, Jacob (1970). Grundzüge der verlorenen Abhandlung des Aristoteles über Wirkung der Tragödie. Hildesheim: G. Olms. [Boehm & Mersmann & Spies 2008a]: Boehm, Gottfried; Mersmann, Birgit & Spies, Christian (Hg.) (2008). Movens Bild. Zwischen Evidenz und Affekt. München: Fink. [Boehm 2007a]: Boehm, Gottfried (2007). Wie Bilder Sinn erzeugen. Die Macht des Zeigens. Berlin: Berlin University Press. [Bredekamp 2010a]: Bredekamp, Horst (2010). Theorie des Bildakts. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007. Frankfurt am Main: Suhrkamp. [Busch & Därmann 2007a]: Busch, Kathrin & Därmann, Iris (Hg.) (2007). pathos. Konturen eines kulturwissenschaftlichen Grundbegriffes. Bielefeld: Transcript. [Cassirer 2009a]: Cassirer, Ernst (2009). Der Begriff der symbolischen Form im Aufbau der Geisteswissenschaften. Schriften zur Philosophie der symbolischen Formen. Hamburg: Meiner, S. 63-92, hrsg. von Marion Lauschke. [Cassirer 2010a]: Cassirer, Ernst (2010). Philosophie der symbolischen Formen. Dritter Teil: Phänomenologie der Erkenntnis. Hamburg: Meiner, hrsg. von Birgit Recki. [Didi-Huberman 1999a]: Didi-Huberman, Georges (1999). Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes. München: Fink. [Dubois 1998a]: Dubois, Philippe (1998). Der fotografische Akt. Versuch über ein theoretisches Dispositiv. Dresden, Amsterdam: Verlag der Kunst. [Döring 2009a]: Döring, Sabine (2009). Einleitung. In: Döring, S. (Hg.): Philosophie der Gefühle. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 12-65. [Fiedler 1991a]: Fiedler, Konrad (1991). Schriften zur Kunst. München: Fink, 2 Bd., hrsg. von Gottfried Boehm. [Fiedler 1991b]: Fiedler, Konrad (1991). Über den Ursprung der künstlerischen Tätigkeit. In: Boehm, G. (Hg.): Schriften zur Kunst. München: Fink, S. 111-220, Bd. 1. [Fiedler 1991c]: Fiedler, Konrad (1991). Aphorismen. In: Boehm, G. (Hg.): Schriften zur Kunst. München: Fink, S. 7-105, Bd. 2. [Fiedler 1991d]: Fiedler, Konrad (1991). Zur neueren Kunsttheorie. In: Boehm, G. (Hg.): Schriften zur Kunst. München: Fink, S. 247-290, Bd. 2. [Freud 1946a]: Freud, Sigmund (1946). Die Verdrängung. Gesammelte Werke, Bd. 10. London: Imago, S. 247-261. [Freud 1946b]: Freud, Sigmund (1946). Das Unbewußte. Gesammelte Werke, Bd. 10. London: Imago, S. 263-303. [Ganz & Henkel 2004a]: Ganz, David & Henkel, Georg (Hg.) (2004). Rahmen-Diskurse. Kultbilder im konfessionellen Zeitalter. Berlin: Reimer. [Goldie 2000a]: Goldie, Peter (2000). The Emotions. A Philosophical Exploration. Oxford: Oxford University Press. [Goldie 2010a]: Goldie, Peter (Hg.) (2010). The Oxford Handbook of Philosophy of Emotion. 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Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft (1940). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, Gesammelte Werke. Philosophische Schriften I-2, hrsg. von Vincent von Wroblewsky. [Sartre 1994c]: Sartre, Jean-Paul (1994). Die Imagination (1936). Gesammelte Werke. Philosophische Schriften I-1: Die Transzendenz des Ego. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 97-254, hrsg. von Vincent von Wroblewsky. [Sauer 2008a]: Sauer, Martina (2008). Wahrnehmen von Sinn vor jeder sprachlichen oder gedanklichen Fassung? Frage an Ernst Cassirer. Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion, Band: 6. [Seja 2009a]: Seja, Silvia (2009). Handlungstheorien des Bildes. Köln: Herbert von Halem Verlag. [Stoichita 1998a]: Stoichita, Victor I. (1998). Das selbstbewußte Bild. Vom Ursprung der Metamalerei. München: Fink. [Vischer 1873a]: Vischer, Robert (1873). Ueber das optische Formgefühl. Ein Beitrag zur Ästhetik. Leipzig: Credner. [Volkelt 1905a]: Volkelt, Johannes (1905). System der Ästhetik. Erster Band: Grundlegung der Ästhetik. München: Beck. [Wiesing 2000a]: Wiesing, Lambert (2000). Phänomene im Bild. München: Fink. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Ulrike Hanstein [68], Joerg R.J. Schirra [31] und Mark A. Halawa [2] — (Hinweis) |