Bildakt-Theorie

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
Version vom 14. September 2010, 10:15 Uhr von Dr. Marion Lauschke (Diskussion | Beiträge) (Engere Begriffsbestimmung)
Wechseln zu: Navigation, Suche


Unterpunkt zu: Bildtheoretische Ansätze


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Die Gründe dafür, dass der Status von Bildern in Aktionszusammenhängen in den letzten drei Jahrzehnten verstärkt untersucht wird, sie nicht mehr als Epiphänomene, sondern als Akteure oder handlungsstiftende Agenten thematisiert werden, sind vielfältig. Sie liegen in der sich unaufhörlichen steigernden Produktion wie Präsenz von Bildern im Alltag von Menschen und ihrem zunehmenden Einfluss in allen Bereichen privaten und öffentlichen Lebens wie Wissenschaft, Werbung, Presse, Militär, aber auch in der leichteren Zugänglichkeit von Bildern durch das Internet und sich verändernde Möglichkeiten der Bildrecherche für die Wissenschaftler, die sich mit Bildern beschäftigen.

Die Ableitung des Terminus „Bildakt“ vom sprachpragmatischen Ansatz John Langshaw Austins und seines Schülers John Searle, die mit How to Do Things with Words, Cambridge (Mass.) 1962 u.ö. (deutsch Zur Theorie der Sprechakte, Stuttgart 1972) und Speech Acts, Cambridge 1969 (deutsch Sprechakte, Frankfurt 1983) die Sprechakttheorie begründeten, scheint evident zu sein, und auch die Einführung des Begriffs durch den Dänen Sören Kjörup, der mit How to do things with pictures, 1974 und Pictorial speech acts, 1978, eine von der Sprachakttheorie ausgehende Bildakttheorie zu begründen versucht, weist auf diesen Ursprung zurück. Phillipe Dubois, der wenig später – 1983 – in L’Acte photographique (deutsch Der fotografische Akt. Versuch über ein theoretisches Dispositiv, Amsterdam/Dresden 1998) von „image-act“ spricht, stellt seine Analysen der Photographie ebenfalls in einen pragmatischen Kontext, beruft sich jedoch auf Charles Sanders Peirce.

Einen Bruch mit der sprachpragmatischen Fundierung bildet Horst Bredekamps Versuch einer Neubestimmung die mit den drei Grundkategorien des schematischen, substitutiven und intrinsischen Bildakts, die Aktivität im Bild selbst und nicht im Sprecher oder Betrachter erkennt. Diese Bestimmung erfolgt im Kontext aktueller Verkörperungstheorien (siehe www.bildakt-verkoerperung.de).


Engere Begriffsbestimmung

Ob der „Bildakt“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits zum „Begriff“ avanciert und damit glossartauglich geworden ist oder vielmehr einen offenen Problemhorizont anzeigt, ist fraglich. Die Bandbreite dessen, was unter „Bildakt“ oder „Bildhandeln“ in den verschiedenen Wissenschaften verstanden wird, ist groß; disparat erscheinen die Ansätze, die sich bislang kaum gegenseitig zur Kenntnis genommen haben. Sie reichen von Interpretations- oder Prädikationsleistungen, durch die Bilder erst zu Bildern werden, über ein Handeln in und mit Bildern, in dem produzierte Bilder nachträglich Werkzeugcharakter erhalten, über eine phänomenologisch orientierte Charakterisierung des Interaktionsgefüge von Rezipient und Bild, in der das Augenmerk auf die „pathischen“ Aspekte der Aufmerksamkeit auf und Wahrnehmung von Bildern gelegt wird, bis zur Annahme eines Handelns der Bilder selbst als Bildakt, durch den Realitäten erzeugt werden.

Um die Vielfalt der Ansätze dennoch zu systematisieren, bietet sich eine grobe Unterteilung in zwei Gruppen an: Zur ersten Gruppe gehören Ansätze, in denen das Wahrnehmungs- und Handlungsgeschehen untersucht wird, das sich zwischen Bild und Betrachter vollzieht, bzw. Ansätze, die die besondere Wirkmächtigkeit von Bildern untersuchen und in denen Bilder zu Akteuren werden. Das Bild generiert dabei nicht nur eine eigene handlungsauslösende Realität, es wird selbst zur Tat. Diese Theorien, in denen zumeist der Begriff „Bildakt“ verwendet wird, stehen im Zentrum des Artikels und werden im folgenden Abschnitt an Beispielen erläutert.

Zur zweiten Gruppe gehören semiotisch und pragmatisch orientierte Theorien, die erklären, wie Menschen an und mit Bildern Handlungen vollziehen. In diesen Verwendungsweisen des Begriffes „Bildhandeln“ werden interpretatorische oder kommunikative Akte bezeichnet, in denen Bildträgern ein Bildstatus zugeschrieben wird, mit Bildern kommunikative Handlungen vollzogen oder sie als Werkzeuge verwendet werden.

Charakteristisch für diese an der Sprachphilosophie orientierten Ansätze ist, dass Bilder als Abbilder betrachtet und zumeist als Zeichen behandelt werden. Ihnen wohnt die Tendenz inne, Bilder mit Propositionen oder Prädikaten zu vergleichen oder ihnen eine sprachunterstützende Funktion, bspw. diejenige, Begriffe zu veranschaulichen, zuzuschreiben. Bilder sind in diesen Theorien keine Handlungssubjekte. Menschen machen, dass Bilder etwas abbilden, indem sie mit ihnen einen Bildakt vollziehen. Vertreter dieser Richtungen sind z.B. Oliver Scholz oder Klaus Sachs-Hombach. Einen guten Überblick über diese Richtungen gibt Silvia Seja, Handlungstheorien des Bildes, Köln 2009.


optional Beispiele
Auswirkungen auf andere Begriffe
Anmerkungen
Literatur                            [Sammlung]

Keine Literaturangaben


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Verantwortlich:

Lauschke, Marion

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [20], Mark A. Halawa [14], Dr. Marion Lauschke [5] und Eva Schürmann [1] — (Hinweis)