Bilder als Zeichen: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Die Frage, inwieweit Bilder [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem|Zeichen]] sind, ist eine der umstrit­tensten Fragen der Bild­theorie, denn hier verhan­delt sich, ob [[Zeichentheorien: Übersicht|allge­meine Zeichen­theorien]] sinnvoll auf Bilder anzu­wenden sind oder ob eine solche Heran­gehens­weise den Blick auf wesen­tliche Charak­teris­tika von Bildern verstellt (etwa solche Aspek­te, die im Glossar z.T. unter den Rubriken [[Bild und Wahrnehmung|Bild und Wahrneh­mung]] und [[Bilder als Medien]] thema­tisiert werden). Insbe­sonde­re semio­tische Kate­gorien, die wie die struktu­ralis­tischen ihre Herkunft in der Sprachwis­senschaft haben, werden in dieser Hinsicht kriti­siert.<ref>Bei­spiel­haft sind hier <bib id='Wiesing 1998a'>Wie­sing 1998a</bib> und <bib id='Böhme 1999a'>Böh­me 1999a</bib> zu nen­nen. Ei­ne se­mi­o­ti­sche Ent­geg­nung fin­det sich et­wa in <bib id='Nöth 2005a'></bib>.</ref> | |
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− | + | Wo Bilder als Zeichen aufge­fasst werden, stellt sich umge­kehrt die Frage, wie sie sich von ande­ren Arten von Zeichen unter­scheiden. Meist wird hier auf den Unter­schied zwischen Bild und [[Zeichen, Zeichenträger, Zeichensystem#Sprachliche Zeichen|Sprache]] abge­hoben.<ref> Vgl. <bib id='Elkins 1999a'>El­kins 1999a</bib>: S.84 zu den un­ter­schied­li­chen his­to­ri­schen Va­ri­an­ten die­ses Du­a­lis­mus. </ref> | |
− | Die Frage, inwieweit Bilder Zeichen sind, ist eine der | + | : |
− | Mit welchen Schwierigkeiten | + | Mit welchen Schwierigkeiten zeichen­theore­tische Bild­ana­lysen sich ausein­ander­setzen müssen, lässt sich an Roland Barthes’ «Rhéto­rique de l’Image» <bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib> (Dt. «Rheto­rik des Bildes» <bib id='Barthes 1964a'>Barthes 1964a</bib>), einer der einfluss­reichsten struktu­ralis­tischen Bild­ana­lysen, nachvoll­ziehen. |
− | Barthes | + | Barthes beschäf­tigt sich in seinen frühen Schriften mit der Über­tragbar­keit der Saussure­schen Kate­gorien auf unter­schiedlich­ste Berei­che, von der Mode bis zur Speise­karte (<bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1501). Dabei ist für ihn weder ausge­macht, dass die Begrif­fe der Lingu­istik bei einer solchen Über­tragung unver­ändert bleiben, noch, dass die Semio­logie sich dem Modell der Lingu­istik immer genau anpas­sen muss – die Semio­logie ist in dieser Zeit eine Wissen­schaft in ihren Anfän­gen, deren genaue Gestalt sich noch heraus­bilden muss (<bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1469). Die Bild­ana­lyse ist dabei ein Bereich unter ande­ren, in dem die Begrif­fe der Semio­logie erprobt werden. |
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− | + | In «Rhétorique de l’Image» unter­sucht Barthes eine aus Text- und Bild­ele­menten beste­hende Werbe­anzei­ge. Er ist sich wesent­licher Unter­schiede zwischen Sprache und Bild wohl bewusst, insbe­sonde­re der Schwierig­keit, dass bei Bildern keine wirkli­che doppel­te Arti­kula­tion festzu­machen ist (d.h. keine klare Unter­scheidung zwischen bedeu­tungsun­terschei­denden und bedeu­tungstra­genden Ele­menten; <bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1417; ⊳ [[Morphologie und Syntax]]). Er versucht aber, die Anwend­barkeit von Beschrei­bungska­tego­rien wie der Unter­scheidung zwischen para­digma­tischen und syntag­mati­schen Rela­tionen sowie zwischen Deno­tation und Konno­tation zu bele­gen. Dabei geht er u.a. auf drei Fragen ein, die mit dem Problem des Zeichen­charak­ters bildli­cher Darstel­lungen zusam­menhän­gen: | |
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− | + | * die Frage, ob es möglich ist, in Bildern einzel­ne Ele­mente zu iso­lieren, sei es bedeu­tungstra­gende oder bedeu­tungsun­terschei­dende, (<bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1425) | |
− | Diese drei Fragen, nach der | + | * die Frage nach der Natürlichkeit der bildli­chen Darstel­lung im Vergleich zur sprachli­chen (<bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1424) und |
− | + | * die Frage nach dem [[Mimesis|mime­tischen]] Charak­ter der bildli­chen Darstel­lung (<bib id='Barthes 1964b'>Barthes 1964b</bib>: S. 1424). | |
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− | + | Diese drei Fragen, nach der [[Bild, analoges/digitales|Ana­logi­zität]] und der [["natürliche" Bilder|Natür­lichkeit]] von bildli­chen Darstel­lungen sowie nach ihrer [[Ähnlichkeit|Ähnlich­keit]] mit dem Darge­stellten spielen in der Debat­te um den Zeichen­charak­ter bildli­cher Darstel­lungen einer­seits und die spezi­fische Diffe­renz von Bildzei­chen ande­rerseits immer wieder eine Rolle: Sowohl im Rahmen struktu­ralis­tischer Zeichen­theorien als auch im Ausgang von Goodmans Symbol­theorie und im Ausgang von der Peirce­schen Zeichen­theorie werden sie immer wieder thema­tisiert. Dabei favo­risie­ren die unter­schiedli­chen Theorien z.T. gegen­sätzli­che Antwor­ten<ref> Ei­ne Über­sicht gibt <bib id='Sachs-Hombach 2003a'>Sachs-Hom­bach 2003a</bib>: Teil II. </ref>, die in den Einzel­arti­keln dieser Glossar­sektion thema­tisiert werden. | |
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− | < | + | Die Aufteilung der Artikel orien­tiert sich an der Termi­nolo­gie von <bib id='Sachs-Hombach 2003a'>Sachs-Hombach 2003a</bib>: Er schlägt im Sinne einer Anwen­dung semio­tischer Kate­gorien in der Bild­ana­lyse eine Unter­scheidung zwischen [[Bildsyntax|Bild­syntax]], [[Bildsemantik|Bild­seman­tik]] und [[Bildpragmatik|Bild­pragma­tik]] vor. Aller­dings sind diese Kate­gorien hier allge­meiner zu verste­hen als in ihrem ursprüng­lichen Anwen­dungsbe­reich (⊳ [[Pragmatik, Semantik, Syntax|Pragma­tik, Seman­tik, Syntax]]): Unter ‘Bild­syntax’ wird die „Unter­suchung der forma­len Eigen­schaften“ von Zeichen, der „Bezie­hungen […] inner­halb komple­xer Zeichen sowie zwischen den Zeichen eines Zeichen­systems“ oder die Kombi­nato­rik „ele­menta­re[r] Zeichen“ verstan­den (<bib id='Sachs-Hombach 2003a'>Sachs-Hom­bach 2003a</bib>: S. 103). Einer Bild­seman­tik, die sich mit der „deskrip­tiven“ Bedeu­tung von Bildern beschäf­tigt, wird eine Bild­pragma­tik zur Seite gestellt (vgl. <bib id='Sachs-Hombach 2003a'>Sachs-Hom­bach 2003a</bib>: S.156), die die Verwen­dung von Bildern in kommu­nika­tiven Kontex­ten unter­sucht. |
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Aktuelle Version vom 5. August 2023, 18:08 Uhr
Theorieperspektive im Glossar der Bildphilosophie
FragestellungDie Frage, inwieweit Bilder Zeichen sind, ist eine der umstrittensten Fragen der Bildtheorie, denn hier verhandelt sich, ob allgemeine Zeichentheorien sinnvoll auf Bilder anzuwenden sind oder ob eine solche Herangehensweise den Blick auf wesentliche Charakteristika von Bildern verstellt (etwa solche Aspekte, die im Glossar z.T. unter den Rubriken Bild und Wahrnehmung und Bilder als Medien thematisiert werden). Insbesondere semiotische Kategorien, die wie die strukturalistischen ihre Herkunft in der Sprachwissenschaft haben, werden in dieser Hinsicht kritisiert.[1] Wo Bilder als Zeichen aufgefasst werden, stellt sich umgekehrt die Frage, wie sie sich von anderen Arten von Zeichen unterscheiden. Meist wird hier auf den Unterschied zwischen Bild und Sprache abgehoben.[2] Rhétorique de l'image. In Roland Barthes. Oeuvres Complètes, Band I (1993), 1417-1429. Eintrag in Sammlung zeigen (Dt. «Rhetorik des Bildes» [Barthes 1964a]Barthes, Roland (1990). Rhetorik des Bildes (1964). In Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III, aus dem Französischen von Hornig, Dieter. Eintrag in Sammlung zeigen), einer der einflussreichsten strukturalistischen Bildanalysen, nachvollziehen. Barthes beschäftigt sich in seinen frühen Schriften mit der Übertragbarkeit der Saussureschen Kategorien auf unterschiedlichste Bereiche, von der Mode bis zur Speisekarte ([Barthes 1964b]Barthes, Roland (1964). Rhétorique de l'image. In Roland Barthes. Oeuvres Complètes, Band I (1993), 1417-1429. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 1501). Dabei ist für ihn weder ausgemacht, dass die Begriffe der Linguistik bei einer solchen Übertragung unverändert bleiben, noch, dass die Semiologie sich dem Modell der Linguistik immer genau anpassen muss – die Semiologie ist in dieser Zeit eine Wissenschaft in ihren Anfängen, deren genaue Gestalt sich noch herausbilden muss ([Barthes 1964b]Barthes, Roland (1964). Rhétorique de l'image. In Roland Barthes. Oeuvres Complètes, Band I (1993), 1417-1429. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 1469). Die Bildanalyse ist dabei ein Bereich unter anderen, in dem die Begriffe der Semiologie erprobt werden. Rhétorique de l'image. In Roland Barthes. Oeuvres Complètes, Band I (1993), 1417-1429. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 1417; ⊳ Morphologie und Syntax). Er versucht aber, die Anwendbarkeit von Beschreibungskategorien wie der Unterscheidung zwischen paradigmatischen und syntagmatischen Relationen sowie zwischen Denotation und Konnotation zu belegen. Dabei geht er u.a. auf drei Fragen ein, die mit dem Problem des Zeichencharakters bildlicher Darstellungen zusammenhängen:
Diese drei Fragen, nach der Analogizität und der Natürlichkeit von bildlichen Darstellungen sowie nach ihrer Ähnlichkeit mit dem Dargestellten spielen in der Debatte um den Zeichencharakter bildlicher Darstellungen einerseits und die spezifische Differenz von Bildzeichen andererseits immer wieder eine Rolle: Sowohl im Rahmen strukturalistischer Zeichentheorien als auch im Ausgang von Goodmans Symboltheorie und im Ausgang von der Peirceschen Zeichentheorie werden sie immer wieder thematisiert. Dabei favorisieren die unterschiedlichen Theorien z.T. gegensätzliche Antworten[3], die in den Einzelartikeln dieser Glossarsektion thematisiert werden.
AufteilungDie Aufteilung der Artikel orientiert sich an der Terminologie von [Sachs-Hombach 2003a]Sachs-Hombach, Klaus (2003).Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: Er schlägt im Sinne einer Anwendung semiotischer Kategorien in der Bildanalyse eine Unterscheidung zwischen Bildsyntax, Bildsemantik und Bildpragmatik vor. Allerdings sind diese Kategorien hier allgemeiner zu verstehen als in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich (⊳ Pragmatik, Semantik, Syntax): Unter ‘Bildsyntax’ wird die „Untersuchung der formalen Eigenschaften“ von Zeichen, der „Beziehungen […] innerhalb komplexer Zeichen sowie zwischen den Zeichen eines Zeichensystems“ oder die Kombinatorik „elementare[r] Zeichen“ verstanden ([Sachs-Hombach 2003a]Sachs-Hombach, Klaus (2003). Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 103). Einer Bildsemantik, die sich mit der „deskriptiven“ Bedeutung von Bildern beschäftigt, wird eine Bildpragmatik zur Seite gestellt (vgl. [Sachs-Hombach 2003a]Sachs-Hombach, Klaus (2003). Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln: Halem. Eintrag in Sammlung zeigen: S.156), die die Verwendung von Bildern in kommunikativen Kontexten untersucht. |
Anmerkungen
[Barthes 1964a]: Barthes, Roland (1990). Rhetorik des Bildes (1964). In: Barthes, Roland (Hg.): Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III. Frankfurt/M.: Suhrkamp, aus dem Französischen von Hornig, Dieter.
[Barthes 1964b]: Barthes, Roland (1964). Rhétorique de l'image. In: Marty, É. (Hg.): Roland Barthes. Oeuvres Complètes, Band I (1993). Paris: Éditions du Seuil, S. 1417-1429.
[Böhme 1999a]: Böhme, Gernot (1999). Theorie des Bildes. München: Wilhelm Fink.
[Elkins 1999a]: Elkins, James (1999). The Domain of Images. Ithaca, London: Cornell University Press.
[Nöth 2005a]: Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [31], Elisabeth Birk [9] und Klaus Sachs-Hombach [1] — (Hinweis) |