Bilderschrift und Piktogramm: Unterschied zwischen den Versionen

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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==Die Grenze zwischen Schrift und Bild==
  
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Wenn man die Schriften natür&shy;licher Sprachen in histo&shy;rischer oder syste&shy;mati&shy;scher Perspek&shy;tive kate&shy;gori&shy;sieren, also eine Schriftge&shy;schichte oder –typo&shy;logie entwer&shy;fen möchte, muß man zwei grundsätz&shy;liche Fragen bean&shy;tworten: die Frage nach den “Außen&shy;grenzen” des Bereichs der Schrift (was gilt noch als Schrift, was als histo&shy;rische Vorstu&shy;fe zu voll ent&shy;wickel&shy;ten Schriften, was schon als Bild?) und die Frage nach den Funkti&shy;onsprin&shy;zipien unter&shy;schiedli&shy;cher Schrift&shy;typen (gibt es ein gemein&shy;sames Funkti&shy;onsprin&shy;zip oder mehre&shy;re unter&shy;schiedli&shy;che?). Ein wichti&shy;ges Problem in diesem Zusam&shy;menhang ist die Beschrei&shy;bung und die Defi&shy;nition von Bilder&shy;schriften, da sich u.a. an diesem Problem die Grenze zwischen [[Schrift und Bild]] verhan&shy;delt.
=====Darstellung des gr. Zusammenhangs=====
 
 
 
Wenn man die Schriften natürlicher Sprachen in historischer oder systematischer Perspektive kategorisieren, also eine Schriftgeschichte oder –typologie entwerfen möchte, muß man zwei grundsätzliche Fragen beantworten: die Frage nach den „Außengrenzen“ des Bereichs der Schrift (was gilt noch als Schrift, was als historische Vorstufe zu voll entwickelten Schriften, was schon als Bild?) und die Frage nach den Funktionsprinzipien unterschiedlicher Schrifttypen (gibt es ein gemeinsames Funktionsprinzip oder mehrere unterschiedliche?). Ein wichtiges Problem in diesem Zusammenhang ist die Beschreibung und die Definition von Bilderschriften, da sich u.a. an diesem Problem die Grenze zwischen Schrift und Bild [http://www.bildwissenschaft.org/netzwerk/glossar/index.php/Schrift_und_Bild] verhandelt.
 
 
 
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<!--Anmerkung zwischen <ref> und </ref> im laufenden Text-->
 
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas 61a'>Jonas 1961</bib> -->
 
<!--  ... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
 
<!--  ... (siehe Link "Sammlung" in Bibliographie-Box -->
 
<!-- Bilder als thumbs einsetzen, Muster: [[Datei:Beispiel.png|thumb|Bildtitel]] -->
 
  
=====Engere Begriffsbestimmung=====
 
  
Man spricht traditionell von „Bilderschriften“,  wo Schriftzeichen erkennbar Bildern von Gegenständen ähneln, die Bezeichnung „Bilderschriften“ dient manchmal aber auch als Sammelname für Vorformen von Schrift und schriftartige Mnemotechniken. Man spricht also einerseits von einer bestimmten graphischen Gestalt und andererseits von einer bestimmten Funktionsweise, der direkten Referenz auf den Gegenstand, ohne daß notwendig eine Bindung an eine bestimmte Lautung gegeben sein muß. Oft wird auch angenommen, die Ikonizität der Gestalt bedinge eine solche Gebrauchsweise. In diesem zweiten Sinne wären Bilderschriften etwas Ähnliches wie Piktogramme, eine Art mehr oder weniger standardisierte  ikonische Kurzformeln.
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==Bilderschrift als Mythos==
Als Prototyp einer Bilderschrift im ersten Sinn galten lange die ägyptischen Hieroglyphen. Vor ihrer Entzifferung im 19. Jahrhundert  gab es v.a. in der Spätantike und im Barock Versuche, die Bedeutung der Hieroglyphen über unterschiedliche Analogiebeziehungen aus dieser Bildlichkeit abzuleiten . Der modernen Ägyptologie gilt dieser Blick auf die ägyptische Schrift schlicht als falsch: Hieroglyphen schreiben eine bestimmte Sprache bzw. Sprachstufe, sie werden gelesen, nicht bloß betrachtet.  Ihre Bildlichkeit spielt für ihre primäre Funktion keine Rolle. Das zeigt sich z.B. auch daran, daß „der Normalfall der ägyptischen Schrift […] eine kursive Schreibschrift [ist]“ (<bib id=Seidlmayer 2011a'>Seidlmayer 2011a</bib>: S.XXX). Ikonische Eigenschaften können aber in bestimmten Gebrauchskontexten für semantische Effekte „ausgebeutet“ werden (vgl. <bib id='Seidlmayer 2011a'>Seidlmayer 2011a</bib>); Assmann spricht in diesem Zusammenhang nachgerade von einer „Etymographie“ (<bib id='Assmann 2011a '>Assmann 2011a</bib>: S.XXX).
 
Diesen Zusammenhang hatte im Prinzip auch bereits Wilhelm v.  Humboldt erkannt, der in seiner Akademierede von 1824 „Über die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau“ (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.86ff.) zunächst zwischen „Bilderschriften“ (die wie die ägyptischen Hieroglyphen ikonische Zeichen verwenden), „Figurenschriften“, „welche Begriffe bezeichne[n]“ (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.87) (wie die chinesischen Zeichen) und „Buchstabenschriften“ (Alphabetschriften) unterscheidet, um dann aber klarzumachen, daß die Verhältnisse komplizierter sind. Humboldt stand  in Briefkontakt mit Champollion und kannte dessen kurz zuvor (1822) erschienene Lettre à M. Dacier. Er wußte, daß „die Aegyptier Bilder- und Buchstabenschrift in einander übergehen liessen" (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.83), mit anderen Worten die Hieroglyphen einen alphabetischen Anteil haben.
 
„Bilderschriften“ können als „Buchstabenschriften“ fungieren. Unterschied  Humboldt bereits zwischen den Aspekten Zeichengestalt und Funktion, so sah er in der Schriftbildlichkeit der Hieroglyphen jedoch kein Reservoir für etymographische Lesungen oder ein schriftspielerisches Potential. Vielmehr sah er in der Bildlichkeit der Zeichen eine Ablenkung: Während Buchstabenschriften vor Augen führen, was den Sprachlaut als solchen auszeichnet (nämlich, daß er ein artikulierter Laut ist (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.93), lenken Bilderschriften durch die zusätzliche Referenz auf den Gegenstand der Rede von dieser selbst ab (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.86).
 
(<bib id='Coulmas 1999a'>Coulmas 1999a</bib>: S.382 und 407) hat versucht diese Unterscheidung zwischen Gestalt und Funktionsweise terminologisch unter den Bezeichnungen „inner form“ und „outer form“ zu fassen und stellt fest: „No writing system is pictographic with respect to its inner form“ (<bib id='Coulmas 1999a'>Coulmas 1999a</bib>: S.407). Er faßt damit zusammen, was Konsens in der Forschung ist: Voll entwickelte natürlichsprachliche Schriftsysteme wie die Hieroglyphen zeichnen sich dadurch aus, daß sie – in den Worten Humboldts – „bestimmte Wörter in bestimmter Folge andeutet“ (<bib id='Humboldt 1988a'>Humboldt 1988a</bib>: S.110), und diese Funktionsweise ist grundsätzlich unabhängig von der Bildlichkeit der Gestalt. schriftbildliche Aspekte LINK an der Gestalt des Zeichens können aber ein zusätzliches Bedeutungspotential bergen. (Hinzu kommen natürlich kalligraphische oder typographische LINK Auszeichnungen etc., die aber in den genannten Forschungskontexten in der Regel eine untergeordnete Rolle spielen.)
 
Damit sind aber noch nicht sämtliche systematischen Probleme gelöst, die mit dem Begriff der Bilderschriften verbunden sind. Was für Schriftsysteme wie die ägyptischen Hieroglyphen allgemein als geklärt gilt, ist hinsichtlich der allgemeinen Typologie von Schriftsystemen und der Charakterisierung der historischen Vorformen von Schrift immer noch umstritten. Hier geht es um Bilderschriften im zweiten oben angeführten Sinn des Begriffs.
 
Exemplarisch sei hier auf die Debatte zwischen Sampson (<bib id='Sampson 1985a'>Sampson 1985a</bib>)  und DeFrancis (<bib id='DeFrancis 1989a'>DeFrancis 1989a</bib>) aus den 80er Jahren verwiesen:  Sampson ((<bib id='Sampson 1985a'>Sampson 1985a</bib>: S.32ff.) legt eine Einteilung der Schriftsysteme in semasiographische („semasiographic“) und glottographische („glottographic“) Systeme vor. Unter der Bezeichnung „semasiographisch“ verbirgt sich ein weiter Schriftbegriff, der Piktogramme und die in Schriftgeschichten weitverbreiteten Felszeichnungen etc. umfaßt; „glottographisch“ sind alle Schriftsysteme insofern sie bestimmte Sprachen schreiben. Sampson räumt durchaus ein, dass man die Bezeichnung „Schrift“ auf die Systeme beschränken könnte, die er glottographisch nennt. Es ist für ihn aber theoretisch durchaus vorstellbar, semasiographische Systeme (Piktogramme) so weit auszudifferenzieren, dass sie die Ausdrucksmächtigkeit einer Schrift bekommen – und zwar unabhängig von einer bestimmten Sprache. Die glottographischen Systeme wiederum sind eingeteilt in phonographische („phonographic“) Systeme einerseits (Silbenschriften, Alphabete  und Systeme wie das Koreanische, die zwar Silbenschriften sind, aber eine aufgeschlüsselte Binnenstruktur haben) und „logographische“ („logographic“) Systeme andererseits, die Morpheme schreiben, wie das Chinesische. 
 
Der Gegenentwurf von DeFrancis (<bib id='DeFrancis 1989a'>DeFrancis 1989a</bib>: S.58ff. ) unterscheidet sich davon vor allem in zwei Punkten:  Erstens kann laut DeFrancis das, was Sampson „semasiographische Systeme“ nennt auf keinen Fall als Schrift gelten; semasiographische Systeme  sind für ihn „dead-end symbols“ (<bib id='De Francis 1989a'>DeFrancis 1989a</bib>:  S.58), da Piktogramme etc. nicht nur keine Schriften sind, sondern auch nicht zu welchen werden können. Das können sie deshalb nicht, weil echte Schriften für DeFrancis notwendig phonographisch sind (<bib id='DeFrancis 1989a'>DeFrancis 1989a</bib>: S.7). Für DeFrancis, gibt es deswegen zweitens auch grundsätzlich keine „logographischen Schriften“ in dem Sinne wie Sampson den Ausdruck verwendet. Das Chinesische klassifiziert er als "morpho-syllabisch" (<bib id='DeFrancis 1989a'>DeFrancis 1989a</bib>: S.58), d.h. als eine Silbenschrift, deren Element außerdem auch noch mit Morphemen korrespondieren, wie das im Chinesischen der Fall ist .
 
In der neueren Forschung arbeitet etwa Sproat (<bib id='Sproat 2010b'>Sproat 2010b</bib>: S.72) mit einem Schriftbegriff, der etwa der Position von DeFrancis entspricht, dagegen versucht z.B. Elkins (<bib id='Elkins 1999a'>Elkins 1999a</bib>: Kap. 8) mit seinen Anmerkungen über semasiographische Zeichen („semasiographs“), die Debatte um die Taxonomie im Grenzbereich zwischen Schrift und Bild neu zu beleben.
 
  
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Man spricht tradi&shy;tionell von ‘Bilder&shy;schriften’,  wo Schrift&shy;zeichen erkenn&shy;bar Bildern von Gegen&shy;ständen ähneln, die Bezeich&shy;nung ‘Bilder&shy;schriften’ dient manchmal aber auch als Sammel&shy;name für Vorfor&shy;men von Schrift und schriftar&shy;tige Mnemo&shy;techni&shy;ken. Man spricht also einer&shy;seits von einer bestimm&shy;ten graphi&shy;schen [[Gestalt]] und ande&shy;rerseits von einer bestimm&shy;ten Funkti&shy;onswei&shy;se, der direk&shy;ten [[Referenz|Refe&shy;renz]] auf den Gegen&shy;stand, ohne dass notwen&shy;dig eine Bindung an eine bestimm&shy;te Lautung gege&shy;ben sein muß. Oft wird auch ange&shy;nommen, die [[Ikon|Iko&shy;nizi&shy;tät]] der Gestalt bedin&shy;ge eine solche Gebrauchs&shy;weise. In diesem zweiten Sinne wären Bilder&shy;schriften etwas Ähnli&shy;ches wie Pikto&shy;gramme, eine Art mehr oder weni&shy;ger standar&shy;disier&shy;te iko&shy;nische Kurz&shy;formeln.
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Als Prototyp einer Bilder&shy;schrift im ersten Sinn galten lange die ägyp&shy;tischen Hiero&shy;glyphen. Vor ihrer Entzif&shy;ferung im 19. Jahrhun&shy;dert gab es v.a. in der Spätan&shy;tike und im Barock Versu&shy;che, die Bedeu&shy;tung der Hiero&shy;glyphen über unter&shy;schiedli&shy;che Ana&shy;logie&shy;bezie&shy;hungen aus dieser Bildlich&shy;keit abzu&shy;leiten. Der moder&shy;nen Ägyp&shy;tolo&shy;gie gilt dieser Blick auf die ägyp&shy;tische Schrift schlicht als falsch: Hiero&shy;glyphen schreiben eine bestimm&shy;te Sprache bzw. Sprach&shy;stufe, sie werden gelesen, nicht bloß betrach&shy;tet. Ihre Bild&shy;lichkeit spielt für ihre primä&shy;re Funktion keine Rolle. Das zeigt sich z.B. auch daran, dass „der Normal&shy;fall der ägyp&shy;tischen Schrift […] eine kursi&shy;ve Schreib&shy;schrift [ist]“ (<bib id='Seidlmayer 2011a'>Seidl&shy;mayer 2011a</bib>: S. 124). Iko&shy;nische Eigen&shy;schaften können aber in bestimm&shy;ten Gebrauchs&shy;kontex&shy;ten für seman&shy;tische Effek&shy;te „ausge&shy;beutet” werden (vgl. <bib id='Seidlmayer 2011a'>Seidl&shy;mayer 2011a</bib>); Assmann spricht in diesem Zusammen&shy;hang nachge&shy;rade von einer „Etymo&shy;graphie“ (<bib id='Assmann 2011a '>Ass&shy;mann 2011a</bib>: S. 139).
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Diesen Zusammenhang hatte im Prinzip auch bereits Wilhelm v. Humboldt erkannt, der in seiner Aka&shy;demie&shy;rede von 1824 «Über die Buchsta&shy;benschrift und ihren Zusam&shy;menhang mit dem Sprachbau» (<bib id='Humboldt 1988a'>Hum&shy;boldt 1988a</bib>: S. 86ff.) zunächst zwischen „Bilder&shy;schriften“ (die wie die ägyp&shy;tischen Hiero&shy;glyphen iko&shy;nische Zeichen verwen&shy;den), „Figu&shy;renschrif&shy;ten“, „welche Begrif&shy;fe bezeich&shy;ne[n]“ (op.cit. S. 87) (wie die chine&shy;sischen Zeichen) und „Buchsta&shy;benschrif&shy;ten“ (Alpha&shy;betschrif&shy;ten) unter&shy;scheidet, um dann aber klarzu&shy;machen, dass die Verhält&shy;nisse kompli&shy;zierter sind. Humboldt stand in Briefkon&shy;takt mit Champol&shy;lion und kannte dessen kurz zuvor (1822) erschie&shy;nene «Lettre à M. Dacier». Er wußte, dass „die Aegyp&shy;tier Bilder- und Buchsta&shy;benschrift in einan&shy;der über&shy;gehen liessen“ (<bib id='Humboldt 1988a'>Hum&shy;boldt 1988a</bib>: S. 83), mit ande&shy;ren Worten die Hiero&shy;glyphen einen alpha&shy;beti&shy;schen Anteil haben.
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„Bilder&shy;schriften“ können als „Buchsta&shy;benschrif&shy;ten“ fungie&shy;ren. Unter&shy;schied Humboldt bereits zwischen den Aspek&shy;ten Zeichen&shy;gestalt und Funktion, so sah er in der [[Schriftbildlichkeit|Schrift&shy;bildlich&shy;keit]] der Hiero&shy;glyphen jedoch kein Reser&shy;voir für ety&shy;mogra&shy;phische Lesun&shy;gen oder ein schrift&shy;spieler&shy;isches Poten&shy;tial. Vielmehr sah er in der Bildlich&shy;keit der Zeichen eine Ablen&shy;kung: Während Buchsta&shy;benschrif&shy;ten vor Augen führen, was den Sprachlaut als solchen auszeich&shy;net (nämlich, dass er ein arti&shy;kulier&shy;ter Laut ist (<bib id='Humboldt 1988a'>Hum&shy;boldt 1988a</bib>: S. 93), lenken Bilder&shy;schriften durch die zusätz&shy;liche Refe&shy;renz auf den Gegen&shy;stand der Rede von dieser selbst ab (op.cit. S. 86).
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Coulmas (<bib id='Coulmas 1999a'>Coul&shy;mas 1999a</bib>: S. 382 und 407) hat versucht, diese Unter&shy;scheidung zwischen Gestalt und Funktions&shy;weise termi&shy;nolo&shy;gisch unter den Bezeich&shy;nungen ‘inner form’ und ‘outer form’ zu fassen und stellt fest: „No writing system is picto&shy;graphic with respect to its inner form“ (op.cit. S. 407). Er faßt damit zusam&shy;men, was Konsens in der Forschung ist: Ein voll ent&shy;wickel&shy;tes natür&shy;lichsprach&shy;liches Schrift&shy;system wie die Hiero&shy;glyphen zeichnet sich dadurch aus, dass es – in den Worten Humboldts – „bestimm&shy;te Wörter in bestimm&shy;ter Folge andeu&shy;tet“ (<bib id='Humboldt 1988a'>Hum&shy;boldt 1988a</bib>: S. 110), und diese Funktions&shy;weise ist grundsätz&shy;lich unab&shy;hängig von der Bild&shy;lichkeit der Gestalt. [[Schriftbildlichkeit|schrif&shy;tbild&shy;liche Aspek&shy;te]] an der Gestalt des Zeichens können aber ein zusätz&shy;liches Bedeu&shy;tungspo&shy;tential bergen.<ref>Hin&shy;zu kom&shy;men na&shy;tür&shy;lich kal&shy;li&shy;gra&shy;phi&shy;sche oder [[Typographie|ty&shy;po&shy;gra&shy;phi&shy;sche]] Aus&shy;zeich&shy;nun&shy;gen etc., die aber in den ge&shy;nann&shy;ten For&shy;schungs&shy;kon&shy;tex&shy;ten in der Re&shy;gel ei&shy;ne un&shy;ter&shy;ge&shy;ord&shy;ne&shy;te Rol&shy;le spie&shy;len.</ref>
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==Bilderschrift als typo&shy;logi&shy;sches Problem==
  
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Damit sind aber noch nicht sämt&shy;liche syste&shy;mati&shy;schen Proble&shy;me gelöst, die mit dem Begriff der Bilder&shy;schriften verbun&shy;den sind. Was für Schrift&shy;syste&shy;me wie die ägyp&shy;tischen Hiero&shy;glyphen allge&shy;mein als geklärt gilt, ist hinsicht&shy;lich der allge&shy;meinen Typo&shy;logie von Schrift&shy;syste&shy;men und der Charak&shy;teri&shy;sierung der histo&shy;rischen Vorfor&shy;men von Schrift immer noch umstrit&shy;ten. Hier geht es um Bilder&shy;schriften im zweiten oben ange&shy;führten Sinn des Ausdrucks.
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Exemplarisch sei hier auf die Debat&shy;te zwischen Sampson und DeFrancis aus den 1980er Jahren verwie&shy;sen: Sampson (<bib id='Sampson 1985a'>Samp&shy;son 1985a</bib>: S. 32ff.) legt eine Eintei&shy;lung der Schrift&shy;syste&shy;me in sema&shy;siogra&shy;phische („semasio&shy;graphic“) und glotto&shy;graphi&shy;sche („glotto&shy;graphic“) Syste&shy;me vor. Unter der Bezeich&shy;nung ‘sema&shy;siogra&shy;phisch’ verbirgt sich ein weiter Schrift&shy;begriff, der Pikto&shy;gramme und die in Schriftge&shy;schichten weitver&shy;breite&shy;ten Felszeich&shy;nungen etc. umfaßt; ‘glotto&shy;graphisch’ sind alle Schrift&shy;systeme, inso&shy;fern sie bestimm&shy;te Sprachen schreiben. Sampson räumt durchaus ein, dass man die Bezeichnung ‘Schrift’ auf die Syste&shy;me beschrän&shy;ken könnte, die er glotto&shy;graphisch nennt. Es ist für ihn aber theore&shy;tisch durchaus vorstell&shy;bar, sema&shy;siogra&shy;phische Systeme (Pikto&shy;gramme) so weit auszu&shy;diffe&shy;renzie&shy;ren, dass sie die Ausdrucks&shy;mächtig&shy;keit einer Schrift bekom&shy;men – und zwar unab&shy;hängig von einer bestimm&shy;ten Sprache. Die glotto&shy;graphi&shy;schen Syste&shy;me wiede&shy;rum sind einge&shy;teilt in phono&shy;graphi&shy;sche („phono&shy;graphic“) Syste&shy;me einer&shy;seits (Silben&shy;schriften, Alpha&shy;bete und Syste&shy;me wie das Kore&shy;ani&shy;sche, die zwar Silben&shy;schriften sind, aber eine aufge&shy;schlüssel&shy;te Binnen&shy;struktur haben) und logo&shy;graphi&shy;sche („logo&shy;graphic“) Syste&shy;me ander&shy;erseits, die Morphe&shy;me schreiben, wie das Chinesische. 
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Der Gegenentwurf von DeFrancis (<bib id='DeFrancis 1989a'>De&shy;Francis 1989a</bib>: S. 58ff.) unter&shy;scheidet sich davon vor allem in zwei Punkten: Erstens kann laut DeFran&shy;cis das, was Sampson ‘sema&shy;siogra&shy;phische Syste&shy;me’ nennt auf keinen Fall als Schrift gelten; sema&shy;siogra&shy;phische Syste&shy;me  sind für ihn „dead-end symbols“ (op.cit. S. 58), da Pikto&shy;gramme etc. nicht nur keine Schriften sind, sondern auch nicht zu welchen werden können. Das können sie deshalb nicht, weil echte Schriften für DeFran&shy;cis notwen&shy;dig phono&shy;graphisch sind (op.cit. S. 7). Für DeFran&shy;cis, gibt es deswe&shy;gen zweitens auch grund&shy;sätzlich keine logo&shy;graphi&shy;schen Schriften in dem Sinne wie Sampson den Ausdruck verwen&shy;det. Das Chine&shy;sische klassi&shy;fiziert er als „morpho-sylla&shy;bisch“ (<bib id='DeFrancis 1989a'>DeFran&shy;cis 1989a</bib>: S. 58), d.h. als eine Silben&shy;schrift, deren Ele&shy;mente außer&shy;dem auch noch mit Morphe&shy;men korres&shy;pondie&shy;ren.
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In der neueren Forschung arbeitet etwa Sproat (<bib id='Sproat 2010b'>Sproat 2010b</bib>: S. 72) mit einem Schriftbe&shy;griff, der etwa der Posi&shy;tion von DeFran&shy;cis entspricht, dage&shy;gen versucht z.B. Elkins (<bib id='Elkins 1999a'>Elkins 1999a</bib>: Kap. 8) mit seinen Anmer&shy;kungen über sema&shy;siogra&shy;phische Zeichen („sema&shy;siographs“), die Debat&shy;te um die Taxo&shy;nomie im Grenzbe&shy;reich zwischen Schrift und Bild neu zu beleben.
  
  
=====Auswirkungen auf andere Begriffe=====
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==Die Kategorie »Bilder&shy;schrift« im Kontext schrift&shy;theore&shy;tischer Diskus&shy;sionen==
  
Die Frage nach dem Sinn einer Kategorie „Bilderschrift“ hängt so mit der Beantwortung einer Reihe weiterer Fragen zusammen:
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Die Frage nach dem Sinn einer Kate&shy;gorie »Bilder&shy;schrift« hängt so mit der Beant&shy;wortung einer Reihe weite&shy;rer Fragen zusam&shy;men:
Sollen Piktogramme und ähnliche Systeme, die (im linguistischen Sinn) keine Syntax aufweisen, aber eine Referenz, als Schriften gelten oder vielleicht eher als Pseudoschriften [http://www.bildwissenschaft.org/netzwerk/glossar/index.php/Pseudoschriften]?
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* Sollen Piktogramme und ähnliche Syste&shy;me, die (im lingu&shy;isti&shy;schen Sinn) keine [[Syntax]] aufwei&shy;sen, aber eine Refe&shy;renz, als Schriften gelten oder viel&shy;leicht eher als [[Pseudoschriften|Pseudo&shy;schriften]]?
Gibt es Schriftzeichen, die wie Piktogramme funktionieren, indem sie als Ideogramme [http://www.bildwissenschaft.org/netzwerk/glossar/index.php/Ideogramm,_Logogramm_und_characteristica_universalis] Bedeutungen direkt, ohne Bezugnahme auf die gesprochene Sprache wiedergeben (ohne jedoch wie Piktogramme notwendig ikonisch zu sein)?
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* Gibt es Schriftzeichen, die wie Pikto&shy;gramme funkti&shy;onie&shy;ren, indem sie als [[Ideogramm, Logogramm und characteristica universalis|Ideo&shy;gramme]] Bedeu&shy;tungen direkt, ohne Bezug&shy;nahme auf die gespro&shy;chene Sprache wieder&shy;geben (ohne jedoch wie Pikto&shy;gramme notwen&shy;dig iko&shy;nisch zu sein)?
Gibt es logographische oder morphographische Schriftsysteme<ref>Anders als bei Sampson (<bib id='Sampson 1985a'>Sampson 1985a</bib>: S.32) werden diese beiden Termini in der Regel unterschieden: logographische Systeme schreiben Wörter, morphographische Systeme Morpheme.</ref> oder ist nur der Bezug auf die Lautebene der Sprache typologisch relevant (wie bei Sproat oder DeFrancis)?
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* Gibt es logographische oder morpho&shy;graphi&shy;sche Schrift&shy;syste&shy;me<ref>Anders als bei Samp&shy;son (<bib id='Sampson 1985a'>Samp&shy;son 1985a</bib>: S. 32) wer&shy;den die&shy;se bei&shy;den Ter&shy;mi&shy;ni in der Re&shy;gel un&shy;ter&shy;schie&shy;den: lo&shy;go&shy;gra&shy;phi&shy;sche Sys&shy;te&shy;me schrei&shy;ben Wör&shy;ter, mor&shy;pho&shy;gra&shy;phi&shy;sche Sys&shy;te&shy;me Mor&shy;phe&shy;me (⊳ [[Morphologie|Mor&shy;pho&shy;lo&shy;gie]]).</ref> oder ist nur der Bezug auf die Laut&shy;ebene der Sprache typo&shy;logisch rele&shy;vant (wie bei Sproat oder DeFran&shy;cis)?
Allgemein ist die Debatte auch von deutlich unterschiedlichen Erkenntnisinteressen geprägt: Wer in historischer Perspektive die Konstitutionsprinzipien von Schriften untersucht, wird hier andere Entscheidungen treffen als jemand der Schriften ausschließlich in ihrer Funktion als Notationssysteme für gesprochene Sprachen im Blick hat, und wieder andere Unterscheidungen werden sich ergeben, wenn man die Funktionsprinzipien von Schriften in der Systematik zeichentheoretischer Überlegungen betrachtet. <ref>Zur Unterscheidung zwischen Funktion- und Konstitutionsprinzip von Schrift vgl. <bib id='Stetter 1999a'>Stetter 1999a</bib>: S.62.</ref>
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Allgemein ist die Debatte auch von deutlich unter&shy;schiedli&shy;chen Erkennt&shy;nisin&shy;teres&shy;sen geprägt: Wer in histo&shy;rischer Perspek&shy;tive die Konsti&shy;tutions&shy;prinzi&shy;pien von Schriften unter&shy;sucht, wird hier ande&shy;re Entschei&shy;dungen treffen als jemand der Schriften ausschließ&shy;lich in ihrer Funktion als [[Notation|Nota&shy;tions&shy;syste&shy;me]] für gespro&shy;chene Sprachen im Blick hat, und wieder ande&shy;re Unter&shy;scheidun&shy;gen werden sich erge&shy;ben, wenn man die Funktions&shy;prinzi&shy;pien von Schriften in der Syste&shy;matik zeichen&shy;theore&shy;tischer Über&shy;legun&shy;gen betrach&shy;tet.<ref>Zur Un&shy;ter&shy;schei&shy;dung zwi&shy;schen Funk&shy;ti&shy;on- und Kon&shy;sti&shy;tu&shy;tions&shy;prin&shy;zip von Schrift vgl. <bib id='Stetter 1999a'>Stet&shy;ter 1999a</bib>: S. 62.</ref>
  
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* [[Gestalt]]
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* [[Ideogramm, Logogramm und characteristica universalis]]
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* [[Ikon]]
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* [[Morphologie]]
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* [[Notation]]
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* [[Pseudoschriften]]
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* [[Referenz]]
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* [[Schrift und Bild]]
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* [[Schriftbildlichkeit]]
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* [[Syntax]]
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* [[Typographie]]
  
 
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<bib id='Birk 2013g-a'></bib>
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Aktuelle Version vom 14. Dezember 2019, 15:04 Uhr

Unterpunkt zu: Schriftbildlichkeit


Die Grenze zwischen Schrift und Bild

Wenn man die Schriften natür­licher Sprachen in histo­rischer oder syste­mati­scher Perspek­tive kate­gori­sieren, also eine Schriftge­schichte oder –typo­logie entwer­fen möchte, muß man zwei grundsätz­liche Fragen bean­tworten: die Frage nach den “Außen­grenzen” des Bereichs der Schrift (was gilt noch als Schrift, was als histo­rische Vorstu­fe zu voll ent­wickel­ten Schriften, was schon als Bild?) und die Frage nach den Funkti­onsprin­zipien unter­schiedli­cher Schrift­typen (gibt es ein gemein­sames Funkti­onsprin­zip oder mehre­re unter­schiedli­che?). Ein wichti­ges Problem in diesem Zusam­menhang ist die Beschrei­bung und die Defi­nition von Bilder­schriften, da sich u.a. an diesem Problem die Grenze zwischen Schrift und Bild verhan­delt.


Bilderschrift als Mythos

Man spricht tradi­tionell von ‘Bilder­schriften’, wo Schrift­zeichen erkenn­bar Bildern von Gegen­ständen ähneln, die Bezeich­nung ‘Bilder­schriften’ dient manchmal aber auch als Sammel­name für Vorfor­men von Schrift und schriftar­tige Mnemo­techni­ken. Man spricht also einer­seits von einer bestimm­ten graphi­schen Gestalt und ande­rerseits von einer bestimm­ten Funkti­onswei­se, der direk­ten Refe­renz auf den Gegen­stand, ohne dass notwen­dig eine Bindung an eine bestimm­te Lautung gege­ben sein muß. Oft wird auch ange­nommen, die Iko­nizi­tät der Gestalt bedin­ge eine solche Gebrauchs­weise. In diesem zweiten Sinne wären Bilder­schriften etwas Ähnli­ches wie Pikto­gramme, eine Art mehr oder weni­ger standar­disier­te iko­nische Kurz­formeln.

Als Prototyp einer Bilder­schrift im ersten Sinn galten lange die ägyp­tischen Hiero­glyphen. Vor ihrer Entzif­ferung im 19. Jahrhun­dert gab es v.a. in der Spätan­tike und im Barock Versu­che, die Bedeu­tung der Hiero­glyphen über unter­schiedli­che Ana­logie­bezie­hungen aus dieser Bildlich­keit abzu­leiten. Der moder­nen Ägyp­tolo­gie gilt dieser Blick auf die ägyp­tische Schrift schlicht als falsch: Hiero­glyphen schreiben eine bestimm­te Sprache bzw. Sprach­stufe, sie werden gelesen, nicht bloß betrach­tet. Ihre Bild­lichkeit spielt für ihre primä­re Funktion keine Rolle. Das zeigt sich z.B. auch daran, dass „der Normal­fall der ägyp­tischen Schrift […] eine kursi­ve Schreib­schrift [ist]“ ([Seidl­mayer 2011a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 124). Iko­nische Eigen­schaften können aber in bestimm­ten Gebrauchs­kontex­ten für seman­tische Effek­te „ausge­beutet” werden (vgl. [Seidl­mayer 2011a]Literaturangabe fehlt.
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); Assmann spricht in diesem Zusammen­hang nachge­rade von einer „Etymo­graphie“ ([Ass­mann 2011a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 139).

Diesen Zusammenhang hatte im Prinzip auch bereits Wilhelm v. Humboldt erkannt, der in seiner Aka­demie­rede von 1824 «Über die Buchsta­benschrift und ihren Zusam­menhang mit dem Sprachbau» ([Hum­boldt 1988a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 86ff.) zunächst zwischen „Bilder­schriften“ (die wie die ägyp­tischen Hiero­glyphen iko­nische Zeichen verwen­den), „Figu­renschrif­ten“, „welche Begrif­fe bezeich­ne[n]“ (op.cit. S. 87) (wie die chine­sischen Zeichen) und „Buchsta­benschrif­ten“ (Alpha­betschrif­ten) unter­scheidet, um dann aber klarzu­machen, dass die Verhält­nisse kompli­zierter sind. Humboldt stand in Briefkon­takt mit Champol­lion und kannte dessen kurz zuvor (1822) erschie­nene «Lettre à M. Dacier». Er wußte, dass „die Aegyp­tier Bilder- und Buchsta­benschrift in einan­der über­gehen liessen“ ([Hum­boldt 1988a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 83), mit ande­ren Worten die Hiero­glyphen einen alpha­beti­schen Anteil haben. „Bilder­schriften“ können als „Buchsta­benschrif­ten“ fungie­ren. Unter­schied Humboldt bereits zwischen den Aspek­ten Zeichen­gestalt und Funktion, so sah er in der Schrift­bildlich­keit der Hiero­glyphen jedoch kein Reser­voir für ety­mogra­phische Lesun­gen oder ein schrift­spieler­isches Poten­tial. Vielmehr sah er in der Bildlich­keit der Zeichen eine Ablen­kung: Während Buchsta­benschrif­ten vor Augen führen, was den Sprachlaut als solchen auszeich­net (nämlich, dass er ein arti­kulier­ter Laut ist ([Hum­boldt 1988a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 93), lenken Bilder­schriften durch die zusätz­liche Refe­renz auf den Gegen­stand der Rede von dieser selbst ab (op.cit. S. 86).

Coulmas ([Coul­mas 1999a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 382 und 407) hat versucht, diese Unter­scheidung zwischen Gestalt und Funktions­weise termi­nolo­gisch unter den Bezeich­nungen ‘inner form’ und ‘outer form’ zu fassen und stellt fest: „No writing system is picto­graphic with respect to its inner form“ (op.cit. S. 407). Er faßt damit zusam­men, was Konsens in der Forschung ist: Ein voll ent­wickel­tes natür­lichsprach­liches Schrift­system wie die Hiero­glyphen zeichnet sich dadurch aus, dass es – in den Worten Humboldts – „bestimm­te Wörter in bestimm­ter Folge andeu­tet“ ([Hum­boldt 1988a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 110), und diese Funktions­weise ist grundsätz­lich unab­hängig von der Bild­lichkeit der Gestalt. schrif­tbild­liche Aspek­te an der Gestalt des Zeichens können aber ein zusätz­liches Bedeu­tungspo­tential bergen.[1]

Bilderschrift als typo­logi­sches Problem

Damit sind aber noch nicht sämt­liche syste­mati­schen Proble­me gelöst, die mit dem Begriff der Bilder­schriften verbun­den sind. Was für Schrift­syste­me wie die ägyp­tischen Hiero­glyphen allge­mein als geklärt gilt, ist hinsicht­lich der allge­meinen Typo­logie von Schrift­syste­men und der Charak­teri­sierung der histo­rischen Vorfor­men von Schrift immer noch umstrit­ten. Hier geht es um Bilder­schriften im zweiten oben ange­führten Sinn des Ausdrucks.

Exemplarisch sei hier auf die Debat­te zwischen Sampson und DeFrancis aus den 1980er Jahren verwie­sen: Sampson ([Samp­son 1985a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 32ff.) legt eine Eintei­lung der Schrift­syste­me in sema­siogra­phische („semasio­graphic“) und glotto­graphi­sche („glotto­graphic“) Syste­me vor. Unter der Bezeich­nung ‘sema­siogra­phisch’ verbirgt sich ein weiter Schrift­begriff, der Pikto­gramme und die in Schriftge­schichten weitver­breite­ten Felszeich­nungen etc. umfaßt; ‘glotto­graphisch’ sind alle Schrift­systeme, inso­fern sie bestimm­te Sprachen schreiben. Sampson räumt durchaus ein, dass man die Bezeichnung ‘Schrift’ auf die Syste­me beschrän­ken könnte, die er glotto­graphisch nennt. Es ist für ihn aber theore­tisch durchaus vorstell­bar, sema­siogra­phische Systeme (Pikto­gramme) so weit auszu­diffe­renzie­ren, dass sie die Ausdrucks­mächtig­keit einer Schrift bekom­men – und zwar unab­hängig von einer bestimm­ten Sprache. Die glotto­graphi­schen Syste­me wiede­rum sind einge­teilt in phono­graphi­sche („phono­graphic“) Syste­me einer­seits (Silben­schriften, Alpha­bete und Syste­me wie das Kore­ani­sche, die zwar Silben­schriften sind, aber eine aufge­schlüssel­te Binnen­struktur haben) und logo­graphi­sche („logo­graphic“) Syste­me ander­erseits, die Morphe­me schreiben, wie das Chinesische.

Der Gegenentwurf von DeFrancis ([De­Francis 1989a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 58ff.) unter­scheidet sich davon vor allem in zwei Punkten: Erstens kann laut DeFran­cis das, was Sampson ‘sema­siogra­phische Syste­me’ nennt auf keinen Fall als Schrift gelten; sema­siogra­phische Syste­me sind für ihn „dead-end symbols“ (op.cit. S. 58), da Pikto­gramme etc. nicht nur keine Schriften sind, sondern auch nicht zu welchen werden können. Das können sie deshalb nicht, weil echte Schriften für DeFran­cis notwen­dig phono­graphisch sind (op.cit. S. 7). Für DeFran­cis, gibt es deswe­gen zweitens auch grund­sätzlich keine logo­graphi­schen Schriften in dem Sinne wie Sampson den Ausdruck verwen­det. Das Chine­sische klassi­fiziert er als „morpho-sylla­bisch“ ([DeFran­cis 1989a]Literaturangabe fehlt.
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: S. 58), d.h. als eine Silben­schrift, deren Ele­mente außer­dem auch noch mit Morphe­men korres­pondie­ren.

In der neueren Forschung arbeitet etwa Sproat ([Sproat 2010b]Literaturangabe fehlt.
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: S. 72) mit einem Schriftbe­griff, der etwa der Posi­tion von DeFran­cis entspricht, dage­gen versucht z.B. Elkins ([Elkins 1999a]Literaturangabe fehlt.
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: Kap. 8) mit seinen Anmer­kungen über sema­siogra­phische Zeichen („sema­siographs“), die Debat­te um die Taxo­nomie im Grenzbe­reich zwischen Schrift und Bild neu zu beleben.


Die Kategorie »Bilder­schrift« im Kontext schrift­theore­tischer Diskus­sionen

Die Frage nach dem Sinn einer Kate­gorie »Bilder­schrift« hängt so mit der Beant­wortung einer Reihe weite­rer Fragen zusam­men:

  • Sollen Piktogramme und ähnliche Syste­me, die (im lingu­isti­schen Sinn) keine Syntax aufwei­sen, aber eine Refe­renz, als Schriften gelten oder viel­leicht eher als Pseudo­schriften?
  • Gibt es Schriftzeichen, die wie Pikto­gramme funkti­onie­ren, indem sie als Ideo­gramme Bedeu­tungen direkt, ohne Bezug­nahme auf die gespro­chene Sprache wieder­geben (ohne jedoch wie Pikto­gramme notwen­dig iko­nisch zu sein)?
  • Gibt es logographische oder morpho­graphi­sche Schrift­syste­me[2] oder ist nur der Bezug auf die Laut­ebene der Sprache typo­logisch rele­vant (wie bei Sproat oder DeFran­cis)?

Allgemein ist die Debatte auch von deutlich unter­schiedli­chen Erkennt­nisin­teres­sen geprägt: Wer in histo­rischer Perspek­tive die Konsti­tutions­prinzi­pien von Schriften unter­sucht, wird hier ande­re Entschei­dungen treffen als jemand der Schriften ausschließ­lich in ihrer Funktion als Nota­tions­syste­me für gespro­chene Sprachen im Blick hat, und wieder ande­re Unter­scheidun­gen werden sich erge­ben, wenn man die Funktions­prinzi­pien von Schriften in der Syste­matik zeichen­theore­tischer Über­legun­gen betrach­tet.[3]

Anmerkungen
  1. Hin­zu kom­men na­tür­lich kal­li­gra­phi­sche oder ty­po­gra­phi­sche Aus­zeich­nun­gen etc., die aber in den ge­nann­ten For­schungs­kon­tex­ten in der Re­gel ei­ne un­ter­ge­ord­ne­te Rol­le spie­len.
  2. Anders als bei Samp­son ([Samp­son 1985a]Literaturangabe fehlt.
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    : S. 32) wer­den die­se bei­den Ter­mi­ni in der Re­gel un­ter­schie­den: lo­go­gra­phi­sche Sys­te­me schrei­ben Wör­ter, mor­pho­gra­phi­sche Sys­te­me Mor­phe­me (⊳ Mor­pho­lo­gie).
  3. Zur Un­ter­schei­dung zwi­schen Funk­ti­on- und Kon­sti­tu­tions­prin­zip von Schrift vgl. [Stet­ter 1999a]Literaturangabe fehlt.
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    : S. 62.
Literatur                             [Sammlung]

[Ass­mann 2011a]:
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[Coul­mas 1999a]:
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[DeFran­cis 1989a]:
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[Elkins 1999a]:
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[Hum­boldt 1988a]:
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[Samp­son 1985a]:
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[Stet­ter 1999a]:
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Ausgabe 1: 2013

Verantwortlich:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [18] und Elisabeth Birk [13] — (Hinweis)

Zitierhinweis:

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