Bildhandeln: Unterschied zwischen den Versionen
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Dementsprechend unterscheiden sie den lokutionären Bildakt, den propositionalen Gehalt und den illokutionären Akt voneinander. (vgl. <bib id='Kjørup 1978a'></bib>: S. 61-66) <ref>Austins und Searles perlokutionärer Akt (im Sinne nicht-konventionalisierter Wirkungen eines Bildes) findet im Rahmen der Bildtheorien Novitz’ und Kjørups keine nennenswerte Berücksichtigung, zumal die von Austin und Searle angenommenen Kriterien zur Unterscheidung von Illokution und Perlokution nicht ohne Weiteres auf Bilder übertragbar sind.</ref> Der lokutionäre Akt besteht lediglich in der Präsentation des Bildes. Der propositionale Gehalt umfasst die Referenz und die Prädikation des Bildes, wobei mit Referenz die Bezugnahme des Bildes auf das Dargestellte gemeint ist und mittels der Prädikation dem Bezugsobjekt Eigenschaften zugeschrieben werden. Der illokutionäre Akt betrifft den Zweck oder die Funktion des Bildes, z.B. kann ein Bild dazu gebraucht werden, etwas zu illustrieren, man kann aber auch jemanden mittels des Bildes eines Hundes vor dem Wachhund warnen usw. | Dementsprechend unterscheiden sie den lokutionären Bildakt, den propositionalen Gehalt und den illokutionären Akt voneinander. (vgl. <bib id='Kjørup 1978a'></bib>: S. 61-66) <ref>Austins und Searles perlokutionärer Akt (im Sinne nicht-konventionalisierter Wirkungen eines Bildes) findet im Rahmen der Bildtheorien Novitz’ und Kjørups keine nennenswerte Berücksichtigung, zumal die von Austin und Searle angenommenen Kriterien zur Unterscheidung von Illokution und Perlokution nicht ohne Weiteres auf Bilder übertragbar sind.</ref> Der lokutionäre Akt besteht lediglich in der Präsentation des Bildes. Der propositionale Gehalt umfasst die Referenz und die Prädikation des Bildes, wobei mit Referenz die Bezugnahme des Bildes auf das Dargestellte gemeint ist und mittels der Prädikation dem Bezugsobjekt Eigenschaften zugeschrieben werden. Der illokutionäre Akt betrifft den Zweck oder die Funktion des Bildes, z.B. kann ein Bild dazu gebraucht werden, etwas zu illustrieren, man kann aber auch jemanden mittels des Bildes eines Hundes vor dem Wachhund warnen usw. | ||
− | Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprechakttheorie auf Bilder übertragen, übernehmen sie allerdings auch dessen Intentionalismus. Das Hauptproblem der Ansätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weniger in der Annahme, dass ihnen der Bildstatus als gebrauchsabhängig gilt, sondern vielmehr in der intentionalistische Begründung des Bildstatus und der Bildbedeutung. Damit stellt sich nämlich die Frage nach der Erkennbarkeit der fraglichen Intentionen <ref>Zu den Problemen intentionalistischer Ansätze vgl. <bib id='Black 1972'></bib>: S. 112 und <bib id='Scholz 2004a'></bib>: S. 141ff.</ref> | + | Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprechakttheorie auf Bilder übertragen, übernehmen sie allerdings auch dessen Intentionalismus. Das Hauptproblem der Ansätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weniger in der Annahme, dass ihnen der Bildstatus als gebrauchsabhängig gilt, sondern vielmehr in der intentionalistische Begründung des Bildstatus und der Bildbedeutung. Damit stellt sich nämlich die Frage nach der Erkennbarkeit der fraglichen Intentionen.<ref>Zu den Problemen intentionalistischer Ansätze vgl. <bib id='Black 1972'></bib>: S. 112 und <bib id='Scholz 2004a'></bib>: S. 141ff.</ref> |
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Als ›Triangulation‹ bezeichnet Davidson die wechselseitige Interpretation der Handelnden und deren Interaktion mit ihrem Gegenstandsbereich. Die so verstandene Triangulation ist nach Davidson nötig, um Gedanken und Sprache einen spezifischen (propositionalen) Gehalt zu verleihen. | Als ›Triangulation‹ bezeichnet Davidson die wechselseitige Interpretation der Handelnden und deren Interaktion mit ihrem Gegenstandsbereich. Die so verstandene Triangulation ist nach Davidson nötig, um Gedanken und Sprache einen spezifischen (propositionalen) Gehalt zu verleihen. | ||
− | :„Ohne diese Gemeinsamkeit der Reaktionen auf gemeinsame Reize hätten Denken und Reden keinen spezifischen Inhalt – das heißt, sie hätten gar keinen Inhalt. Um der Ursache eines Gedankens einen Ort zuzuschreiben und so seinen Inhalt zu bestimmen, sind zwei Standpunkte nötig. Diesen Vorgang können wir uns als eine Art Triangulation vorstellen: Jede der beiden Personen reagiert unterschiedlich auf Sinnesreize, die aus einer bestimmten Richtung heranströmen. Projizieren wir die herankommenden Linien nach außen, ist ihr Schnittpunkt die gemeinsame Ursache. Bemerken die beiden Personen nun die Reaktionen des jeweils anderen (im Fall der Sprache: die verbalen Reaktionen), kann jeder von ihnen diese beobachteten Reaktionen zu den eigenen, von der Welt herkommenden Reizen in Beziehung setzen. Jetzt kann die gemeinsame Ursache den Inhalt einer Äußerung und eines Gedankens bestimmen. Das Dreieck, das dem Denken und Sprechen Inhalt verleiht, ist abgeschlossen. Aber um eine Triangulation vorzunehmen, muß man zu zweit sein.“ (<bib id='Davidson 2004a'></bib>: S. | + | :„Ohne diese Gemeinsamkeit der Reaktionen auf gemeinsame Reize hätten Denken und Reden keinen spezifischen Inhalt – das heißt, sie hätten gar keinen Inhalt. Um der Ursache eines Gedankens einen Ort zuzuschreiben und so seinen Inhalt zu bestimmen, sind zwei Standpunkte nötig. Diesen Vorgang können wir uns als eine Art Triangulation vorstellen: Jede der beiden Personen reagiert unterschiedlich auf Sinnesreize, die aus einer bestimmten Richtung heranströmen. Projizieren wir die herankommenden Linien nach außen, ist ihr Schnittpunkt die gemeinsame Ursache. Bemerken die beiden Personen nun die Reaktionen des jeweils anderen (im Fall der Sprache: die verbalen Reaktionen), kann jeder von ihnen diese beobachteten Reaktionen zu den eigenen, von der Welt herkommenden Reizen in Beziehung setzen. Jetzt kann die gemeinsame Ursache den Inhalt einer Äußerung und eines Gedankens bestimmen. Das Dreieck, das dem Denken und Sprechen Inhalt verleiht, ist abgeschlossen. Aber um eine Triangulation vorzunehmen, muß man zu zweit sein.“ (<bib id='Davidson 2004a'></bib>: S. 351f.) |
− | Vogel begreift Davidsons Triangulation als ›basale Spracherwerbssituation‹ und erweitert das Modell, indem er auch nicht-sprachliche Medien integriert (vgl. hierzu und zum Folgenden <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. | + | Vogel begreift Davidsons Triangulation als ›basale Spracherwerbssituation‹ und erweitert das Modell, indem er auch nicht-sprachliche Medien integriert (vgl. hierzu und zum Folgenden <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 120ff.). Kommunikation wird dabei als Kooperation verstanden, im Zuge derer die Kommunizierenden ihre Handlungen wechselseitig interpretieren und aufeinander anpassen. Je nach Zuverlässigkeit der Reaktionen stabilisieren sich bestimmte Äußerungstypen und -muster. Wie Davidson nimmt Vogel dabei an, dass Gedanken allererst durch die Sprache individuiert werden können: „Ehe durch Kommunikation mit einem anderen eine Grundlinie festgelegt ist, ist es witzlos zu sagen, die eigenen Gedanken oder Worte hätten einen propositionalen Inhalt.“ (<bib id='Davidson 2004a'></bib>: S. 352) Den sprachphilosophischen Gedanken Davidsons weitet er allerdings medientheoretisch aus: Ihm gelten Medien als konstitutive Mittel zur Individuierung von Gedanken (vgl. <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 132). Er nimmt auch nichtsprachliche Gedanken an, „die mithilfe nichtsprachlicher Medien individuiert und kommuniziert werden können“ ( <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 119). |
Vogels Adaption des Triangulationsmodells ist offensichtlich zunächst medienunspezifisch. Sein Modell ist weder dazu gedacht noch dazu geeignet, den Bildbegriff zu definieren oder den Bildstatus zu begründen. Zweck des Modells ist die Erläuterung medial vermittelter Kommunikation – unabhängig davon, ob es sich um sprachliche, bildhafte oder sonstige Medien handelt, wobei Vogel einen handlungstheoretischen Medienbegriff voraussetzt: | Vogels Adaption des Triangulationsmodells ist offensichtlich zunächst medienunspezifisch. Sein Modell ist weder dazu gedacht noch dazu geeignet, den Bildbegriff zu definieren oder den Bildstatus zu begründen. Zweck des Modells ist die Erläuterung medial vermittelter Kommunikation – unabhängig davon, ob es sich um sprachliche, bildhafte oder sonstige Medien handelt, wobei Vogel einen handlungstheoretischen Medienbegriff voraussetzt: | ||
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:„Medien […] sind nicht primär Dinge, Instrumente, Werkzeuge oder Materialien, sondern sie sind primär Mengen von Tätigkeitstypen, die in einer kommunikativen Praxis etabliert sind und tradiert werden. Dabei sind die Tätigkeiten auf die Herstellung sinnlich wahrnehmbarer Zustände oder Ereignisse gerichtet […].“ ( <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 130) | :„Medien […] sind nicht primär Dinge, Instrumente, Werkzeuge oder Materialien, sondern sie sind primär Mengen von Tätigkeitstypen, die in einer kommunikativen Praxis etabliert sind und tradiert werden. Dabei sind die Tätigkeiten auf die Herstellung sinnlich wahrnehmbarer Zustände oder Ereignisse gerichtet […].“ ( <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 130) | ||
− | Dabei unterscheidet Vogel Medien erster von denen und höherer Ordnung (vgl. <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. | + | Dabei unterscheidet Vogel Medien erster von denen zweiter und höherer Ordnung (vgl. <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 132f.). Zu den Medien erster Ordnung zählt er nichtsprachliche Medien wie Musik, Malerei, Tanz usw. sowie sprachliche Medien. Den natürlichen Sprachen kommt dabei eine besondere Rolle zu, insofern institutionelle Einrichtungen und vor allem die Medien höherer Ordnung auf ihnen beruhen. Medien höherer Ordnung wie die Notenschrift oder das Morsealphabet beruhen auf expliziten Zuordnungsvorschriften und sind damit sprachabhängig: „In jedem Fall aber bleiben mediale Konstellationen in den Medien höherer Ordnung auf das Gedanken-Individuierungs-Potenzial der Medien erster Ordnung angewiesen […].“ ( <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 133) Zwar beruhen die höheren Medien auf natürlichen Sprachen, aber nicht die bildhaften Medien (erster Ordnung). Vielmehr betont Vogel die Eigenständigkeit bildlichen Medien gegenüber sprachlichen Medien (vgl. <bib id='Vogel 2003a'></bib>: S. 116ff.). |
====== Umgang mit interaktiven Bildern – Probehandlungen und Simulationen ====== | ====== Umgang mit interaktiven Bildern – Probehandlungen und Simulationen ====== |
Version vom 28. Januar 2013, 17:36 Uhr
Unterpunkt zu: Bildpragmatik
Das Verhältnis von Bild und HandelnBilder hängen nicht einfach nur an der Wand, sondern sind auf verschiedene Weisen mit verschiedenen Arten von Handlungen verknüpft bzw. in Handlungsvollzüge eingebettet. Der Terminus ‚Bildhandeln’ fasst die verschiedenen Handlungen zusammen, im Zuge derer Bilder geschaffen, rezipiert oder für diverse (meist kommunikative) Zwecke verwendet werden. Handlungstheorien des Bildes gehen je nach Erkenntnisinteresse von unterschiedlichen Fragestellungen aus und stellen dementsprechend je verschiedene Aspekte des Bildes und der beteiligten Handlungsvollzüge in den Vordergrund. Infolgedessen bieten sich die jeweiligen Ausgangsfragen als Einteilungsgrund für jene Theorien an. In dieser Perspektive lassen sich im Wesentlichen vier (miteinander verbundene) Diskussionsfelder unterscheiden. Erstens wird das Bildschaffen (sowie die Rezeption von Bildern) unter anthropologischem Gesichtspunkt untersucht. Ausgehend von der Annahme, dass Bilder spezifisch menschliche Artefakte sind, wird dabei nach den anthropologischen Möglichkeitsbedingungen des Bildschaffens gefragt. Zweitens wird die Verschiedenheit möglicher kommunikativer Zwecke von Bildern herausgearbeitet. Drittens wird versucht, den Bildstatus und die Bildbedeutung(en) vermittels des Gebrauchs der Bilder zu begründen. Viertens wird der Umgang mit interaktiven Bildern wie Computerspielen, (Computer-)Simulationen oder dem Handeln in virtuellen Realitäten untersucht. Perspektiven auf das Verhältnis von Bild und HandelnZur anthropologischen Rolle des Bildschaffens – der "homo pictor"Bilder sind Artefakte und verweisen damit immer auf jemanden, der sie geschaffen hat (siehe Artikel Bildherstellung). Gerade in einer anthropologischen Perspektive wird geltend gemacht, dass das Herstellen von Bildern – das ‚Bilden’ – eine spezifisch menschliche Tätigkeit sei und dementsprechend angesichts von Bildern immer auf einen menschlichen Schöpfer dieser Bilder geschlossen werden kann. Einflussreich ist in diesem Zusammenhang Hans Jonas’ Rede vom "homo pictor" [[Jonas 1961a]Jonas, Hans (1961).Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. In Zeitschrift für Philosophische Forschung, 15, 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. Eintrag in Sammlung zeigen; vgl. auch die Aufsätze in [Boehm 2001a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. ]. Ihm gilt vor allem die Bildkompetenz im Sinne der Fähigkeit zum Herstellen und Rezipieren von Bildern als spezifisch menschliche Fähigkeit, anhand derer dieser von anderen Lebewesen unterschieden werden kann. Als Bedingungen der Möglichkeit jenes ‚Bildvermögens’ und damit der Bildherstellung macht Jonas die Einbildungskraft oder Imaginationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zur Abstraktion aus. Das Interesse richtet sich hier somit auf ein Bildhandeln als Aktualisierung eines Bildvermögens als spezifisch menschlicher Fähigkeit. Bilder als Werkzeuge – die Vielfalt kommunikativer ZweckeDie anthropologische Perspektive begnügt sich mit der Beobachtung, dass überhaupt Bilder hergestellt werden. Artefakte werden aber gewöhnlich zu einem bestimmten Zweck oder ggf. zu mehreren bestimmten Zwecken geschaffen. Naheliegendes Beispiel dafür sind Werkzeuge. Zwar kann man sicherlich auch das "Production Design" eines Hammers, einer Säge usw. bewundern oder verabscheuen, aber üblicherweise beurteilt man derartige Gegenstände danach, inwieweit sie ihren Zweck erfüllen. In Analogie zu Werkzeugen kann man nach den Funktionen oder Zwecken von Bildern fragen. Freilich können (ästhetische) Bilder auch ein Wohlgefallen oder Ähnliches auslösen, aber das wäre in dieser Perspektive nur eine Funktion neben anderen. Es lässt sich eine Vielzahl möglicher Funktionen von Bildern ausmachen. Beispielsweise unterscheidet Christian Doelker die simulative, die registrative, die mimetische, die explikative, die diegetische, die dekorative, die phatische, die ontische, die appelative und die energetische Funktion voneinander (vgl. [Doelker 2001a]Literaturangabe fehlt. Ein solches Bildhandeln bezieht sich nicht auf das Bild als physischen Gegenstand, also nicht auf den Bildträger, sondern – in der Terminologie Husserls – auf das Bildobjekt. Dabei wird Husserls Unterscheidung von Bild(-träger), Bildobjekt (die bildliche Darstellung) und Bildsujet (dem Referenten) vorausgesetzt (vgl. [Husserl 1980a]Literaturangabe fehlt. Gebrauchsabhängigkeit des Bildstatus und der BildbedeutungDie von der Werkzeuganalogie ausgehenden Ansätze thematisieren gewissermaßen ein nachträgliches Bildhandeln, insofern die Bildfunktionen und der entsprechende Umgang mit Bildern den Bildstatus als gegeben voraussetzen. Im Rahmen eines solchen ‚Pragmatismus des Bildes’ sind nur die nachträglichen Bildhandlungen gebrauchsabhängig. Dagegen gilt der ‚Pragmatik des Bildes’ bereits der Bildstatus selber sowie die Bezugnahme des Bildes auf das Dargestellte als gebrauchsabhängig. Gerade in der analytisch geprägten Bildphilosophie gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die ausgehend von handlungstheoretischen Sprachphilosophien den Bildstatus und die Bildbedeutung auf spezifische Formen des Bildhandelns zurückführen. In diese Richtung gehen z.B. die Überlegungen Oliver Scholz’, wenn er behauptet: „Ob, wie und was ein Gebilde darstellt, hängt zumindest teilweise davon ab, wie Menschen mit ihm umgehen.“ ([Scholz 2004a]Scholz, Oliver R. (2004).Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt a. M.: Klostermann, 2., vollständig überarbeitete Aufl.. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 139; vgl. auch ebd.: S. 137) Jene Gebrauchs- oder Verwendungsabhängigkeit des Bildes beschreibt Scholz vermittels einer Übertragung von Wittgensteins Sprachspiel-Konzeption auf Bilder: „Bilder sind in Bildspiele, Bildspiele in Lebensformen eingebettet.“ ([Scholz 2004a]Scholz, Oliver R. (2004). Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt a. M.: Klostermann, 2., vollständig überarbeitete Aufl.. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 158) Im Anschluss an Wittgenstein betont er die Vielfältigkeit solcher Bildspiele und eine (zumindest weitgehende) Unabhängigkeit der Verwendung von den Eigenschaften des Bildes selber:
Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellungen. Frankfurt a. M.: Klostermann, 2., vollständig überarbeitete Aufl.. Eintrag in Sammlung zeigen: S. 160ff.). Abgesehen von Scholz’ regelorientiertem, konventionalistisch gedeutetem Begriff des Bildspiels lassen sich im Wesentlichen drei Ansätze ausmachen, die den Bildstatus und die Bildbedeutung auf den Gebrauch zurückführen. Diese Ansätze unterscheiden sich dahingehend, ob sie dabei (vorrangig) vom (a) Bildrezipienten, vom (b) Bildproduzenten oder von der (c) Kommunikation ausgehen.
Kendall Walton schließt (ähnlich wie Scholz) an Wittgensteins Begriff des Sprachspiels an, wenn er behauptet, dass der Bildstatus sowie die Bedeutung von Bildern davon abhängen, dass wir mit ihnen ‚Bildspiele’ (pictorial games) spielen – wenngleich er sich (anders als Scholz) nicht explizit auf Wittgenstein bezieht. Das Bildspiel im Sinne Waltons zeichnet sich dadurch aus, dass wir so tun, als ob, wir vor dem (abgebildeten) Gegenstand selbst ständen.
Für Walton hängen der Bildstatus wie auch die Bedeutung eines Bildes somit nicht so sehr von Eigenschaften des Gegenstandes ab, sondern von der Rezeption des Gegenstandes als Bild (vgl. [Walton 1973a]Literaturangabe fehlt.
Die kritische Beurteilung von Waltons Ansatz hängt davon ab, wie der ‚Umgang’ mit Bildern gedeutet wird. Deutet man den Umgang wie Steinbrenner primär als ‚Rede über Bilder’, dann ist dieser Umgang intersubjektiv zugänglich und Teil einer sozialen Praxis. Allerdings sind Bilder dann (bis zu einem gewissen Grad) sprachabhängig, insofern Bilder im Rahmen einer solchen Perspektive nur ‚bedeuten’ können, was auch sprachlich formulierbar ist. Deutet man dagegen den ‚Umgang’ mit Bildern als kognitive Akte, wie Seja es Walton unterstellt, dann lässt sich Wittgensteins Privatsprachenargument gegen Waltons Ansatz in Stellung bringen (vgl. [Seja 2009a]Literaturangabe fehlt.
Ansätze, die nicht von der Rezeption, sondern entweder vom Bildproduzenten oder von demjenigen ausgehen, der das Bild ‚ins Spiel bringt’, schließen in der Regel an die Sprechakttheorie Searles an. Ihr Interesse gilt dabei hauptsächlich nicht-verbalen illokutionären Akten, die sie wie Searle (und anders als Austin) intentionalistisch begründen. Zunächst gestattet die Annahme illokutionärer Bildakte eine Erweiterung von ähnlichkeitstheoretischen oder konventionalistischen Bildtheorien um die pragmatische Dimension (vgl. für die Ähnlichkeitstheorie [Novitz 1977a]Literaturangabe fehlt. Auf den ersten Blick scheint sich David Novitz mit einer pragmatischen Erweiterung seiner Ähnlichkeitstheorie zu begnügen, während der Bildstatus einzig von seiner Ähnlichkeitstheorie abhängt. Darauf deutet jedenfalls seine Unterscheidung zwischen Bild und Gebrauch des Bildes (picture-use distinction) hin. „To sketch or depict is one thing, to use the sketch another.“ [[Novitz 1977a]Literaturangabe fehlt. Die sich in seiner Bild-Gebrauch-Unterscheidung andeutende Unabhängigkeit von Bildstatus und Gebrauch weicht Novitz jedoch immer weiter auf. Zwar begründet er die Abbildungsfunktion und damit den Bildstatus mit der visuellen Ähnlichkeit: „a picture must look like whatever it is a picture of“. ([Novitz 1977a]Literaturangabe fehlt. Letztlich führt Novitz sowohl die illokutionären Akte als auch die den Bildstatus konstituierende Ähnlichkeit auf Intentionen zurück. Damit beginnt seine Unterscheidung zwischen Bild und Gebrauch bereits zu schwanken. Sie stürzt endgültig ein, wenn er die bildliche Darstellung (depicting) als intentionale Aktivität (intentional activity) beschreibt (vgl. [Novitz 1977a]Literaturangabe fehlt.
Somit hängt für Novitz letztlich auch der Bildstatus vom Gebrauch ab, wodurch er seine Bild-Gebrauch-Unterscheidung selbst unterläuft. Das bedeutet aber nicht – wie Seja behauptet –, dass damit die „Zuschreibung der illokutionären Rolle des Abbildens mit der Zuschreibung des Bildstatus identisch“ ([Seja 2009a]Literaturangabe fehlt. Dementsprechend unterscheiden sie den lokutionären Bildakt, den propositionalen Gehalt und den illokutionären Akt voneinander. (vgl. [Kjørup 1978a]Literaturangabe fehlt. Indem Novitz und vor allem Kjørup Searles Sprechakttheorie auf Bilder übertragen, übernehmen sie allerdings auch dessen Intentionalismus. Das Hauptproblem der Ansätze Novitz’ und Kjørups liegt auch weniger in der Annahme, dass ihnen der Bildstatus als gebrauchsabhängig gilt, sondern vielmehr in der intentionalistische Begründung des Bildstatus und der Bildbedeutung. Damit stellt sich nämlich die Frage nach der Erkennbarkeit der fraglichen Intentionen.[3]
Sofern die Rezeptionsakte wie auch die Intentionen als private, mentale Zustände konzipiert werden, werfen sie das Problem ihrer intersubjektiven Erkennbarkeit auf. Dieses Problem stellt sich nicht für Ansätze, welche von der Kommunikation als ganzer ausgehen statt von einem ihrer Pole. In eine solche Richtung geht der Ansatz von Matthias Vogel, der Davidsons Modell der Triangulation auf nicht-sprachliche Medien erweitert. Als ›Triangulation‹ bezeichnet Davidson die wechselseitige Interpretation der Handelnden und deren Interaktion mit ihrem Gegenstandsbereich. Die so verstandene Triangulation ist nach Davidson nötig, um Gedanken und Sprache einen spezifischen (propositionalen) Gehalt zu verleihen.
Vogel begreift Davidsons Triangulation als ›basale Spracherwerbssituation‹ und erweitert das Modell, indem er auch nicht-sprachliche Medien integriert (vgl. hierzu und zum Folgenden [Vogel 2003a]Literaturangabe fehlt. Vogels Adaption des Triangulationsmodells ist offensichtlich zunächst medienunspezifisch. Sein Modell ist weder dazu gedacht noch dazu geeignet, den Bildbegriff zu definieren oder den Bildstatus zu begründen. Zweck des Modells ist die Erläuterung medial vermittelter Kommunikation – unabhängig davon, ob es sich um sprachliche, bildhafte oder sonstige Medien handelt, wobei Vogel einen handlungstheoretischen Medienbegriff voraussetzt:
Dabei unterscheidet Vogel Medien erster von denen zweiter und höherer Ordnung (vgl. [Vogel 2003a]Literaturangabe fehlt. Umgang mit interaktiven Bildern – Probehandlungen und SimulationenComputerspiele, Simulationen und sogenannte virtuelle Realitäten ermöglichen ein Bildhandeln von einer völlig anderen Qualität als die bisher skizzierten Fälle. Sowohl die von Seja als pragmatistisch als auch die als pragmatisch bezeichneten Verwendungen von Bildern lassen die gebrauchten Bilder – sofern sie einmal geschaffen sind – unverändert. Dagegen ermöglichen Computerspiele, Simulationen und virtuelle Realitäten einen interaktiven Umgang mit Bildern. Der Benutzer rezipiert oder interpretiert die Bilder nicht einfach, sondern wirkt verändernd auf sie ein. Entsprechend geht es hierbei auch nicht mehr um statische, sondern um dynamische oder interaktive Bilder (siehe Interaktives Bild). Anders als das traditionelle Tafelbild ermöglichen derartige Bilder eine spezifische ‚Handhabbarkeit’ ([Seja 2009a]Literaturangabe fehlt. Das durch die drei genannten Arten dynamischer Bilder ermöglichte Bildhandeln beschreibt Seja mittels des Freudschen Terminus der ‚Probehandlung’ ([Seja 2009a]Literaturangabe fehlt. Auswirkungen auf andere BegriffeDie verschiedenen Bestimmungen und Arten von Bildhandeln wirken sich auf verschiedene Begriffe aus. So steht der anthropologische Begriff von 'Bilden' in einem engen Zusammenhang mit dem Begriff der Bildherstellung und der Bildkompetenz (Auswirkungen der Bildlichkeit). Das am Werkzeugbegriff orientierte Verständnis von Bildhandeln betrifft die Pragmatik des Bildes. Das Gleiche gilt auch für die Gebrauchstheorien des Bildes. Darüber hinaus wirken sich diese aber auch auf den Bildbegriff selbst aus, insofern sie den Status eines Gegenstandes als Bild von dem Gebrauch des Gegenstandes als Bild abhängig machen. Das Bildhandeln als Umgang mit interaktiven Bildern wie Computerspielen oder Simulationen (Simulation, Simulakrum) wie auch dem Handeln in oder mit virtuellen Realitäten (Virtualität) wirkt sich augenscheinlich auf das Verständnis eben dieser Begriffe bzw. der durch sie bezeichneten Phänomene aus. |
Anmerkungen
[Black 1972]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Boehm 2001a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Bryson 2001a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Davidson 2004a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Doelker 2001a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Husserl 1980a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Jonas 1961a]: Jonas, Hans (1961). Die Freiheit des Bildens – Homo pictor und die differentia des Menschen. Zeitschrift für Philosophische Forschung, Band: 15, S. 161–176, Wieder abgedruckt in: Jonas, Hans: Zwischen Nichts und Ewigkeit – Zur Lehre vom Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, 26–43. [Kjørup 1978a]: Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Tobias Schöttler [66], Joerg R.J. Schirra [28], Eva Schürmann [1] und Dimitri Liebsch [1] — (Hinweis) |