Bildsyntax
Hauptpunkt zu: Bilder als Zeichen
Die relevante Struktur von BildträgernDie Fragestellung der Bildsyntax als dem eingeschränktesten Bereich bei der Behandlung von Bildern als Zeichen fokussiert auf die Eigenschaften bildhafter Zeichenträger und den Relationen zwischen ihnen, ohne dass die Bedeutungs- oder Handlungsaspekte des Bildes dabei eine wesentliche Rolle spielen. Das heißt, dass hier vor allem physische Aspekte in Betracht gezogen werden, die einem Gegenstand zukommen müssen, damit er als Bild funktionieren kann, wobei in der Regel nicht alle physischen Charakteristika eines Gegenstandes relevant sind. Damit steht das Thema Bildsyntax in großer inhaltlicher Nähe zur Diskussion der Materialität von Bildern in der kunstgeschichtlichen Tradition sowie generell den eher ontologisch ausgerichteten Teilen der Bildlichkeitsdebatte.
Zu den UnterpunktenDie Schlagworte zur Bildsyntax lassen sich grob untergliedern in solche, die den Gegenstand der Bildsyntax näher bestimmen, solche, die den Aspekten der syntaktischen Organisation bildhafter Zeichensysteme gewidmet sind, solche, die die spezifischen Elemente der bildsyntaktischen Strukturen nachzeichnen, und schließlich solche, die einen Anwendungsaspekt berücksichtigen. Der Gegenstand der BildsyntaxObzwar die Bildsyntax nur einen sehr eingeschränkten Aspekt der Bildverwendung ins Auge fasst, ist ihr Gegenstand, der Bildträger grundlegend zur Bestimmung vieler bildsemantischer und bildpragmatischer Fragestellungen. Insbesondere geht es um die Frage, wie groß unter Umständen die Varianzen der relevanten physischen Eigenschaften sein dürfen, um Bildträger noch als dasselbe Bild verwenden zu können. Die Identität von Bildern hängt von dieser Frage nach dem syntaktischen Material ab und führt letztlich weiter zur Frage nach der Einzigartigkeit des Originals gegenüber von Kopien und Reproduktionen. Genau genommen bleiben umgekehrt auch semantische und pragmatische Betrachtungen, obwohl sie nominell ausgeklammert werden, für das Formulieren und Ausrichten der syntaktischen Fragestellungen von zentraler Wichtigkeit, lassen sich doch Bildträger in ihrer Funktion als Bildträger letztlich immer nur hinsichtlich des tatsächlichen, intendierten oder hypothetisch betrachteten Gebrauchs als Bild bestimmen (⊳ Bildrezeption als Kommunikationsprozess). Die bildsyntaktische OrganisationDie mögliche Varianz der Bildträger verweist andererseits darauf, dass – als Zeichen betrachtet – kein Bild für sich alleine begriffen werden kann: Es ist immer Teil eines Zeichensystems. In Analogie zur Sprachgrammatik kann daher gefragt werden nach kombinatorischen Regelsystemen über den relevanten physischen Eigenschaften der Bildträger, mit denen genau die syntaktisch wohlgeformten von den syntaktisch nicht wohlgeformten Bildern (insgesamt oder zumindest in einem Teilbereich) unterschieden werden können sollen. Ob eine solche Bildgrammatik eher im Sinne einer Transformationsgrammatik verstanden werden sollte, oder ob ein davon zu unterscheidendes kombinatorisches System der Bildmorphologie zu adäquateren Beschreibungen führt, hängt auch von der Situation ab, in der das jeweilige syntaktische Regelwerk verwendet wird. In jedem Fall geht es um die Komposition mehr oder weniger elementarer syntaktischer Bausteine, die in diesem Zusammenhang hinsichtlich Eigenwerten, Abbildungswerten und Darstellungswerten differenziert werden können. Die Elemente der BildsyntaxDie Menge der syntaktischen Bausteine selbst lässt sich allgemein in zwei Gruppen untergliedern: Einerseits eine relationale Basisstruktur, die eine Reihe von Dimensionen aufspannt, in der andererseits Markerwerte angeordnet sind. Während bei musikalischen Zeichensystemen auditive Markerwerte in einer temporalen Basisstruktur arrangiert werden und in sprachlichen Zeichensystemen eine netzförmige, arbiträre, durch eine Grammatik bestimmte Basisstruktur mit Lexemen bestückt ist, stehen für die bildhaften Zeichensysteme offensichtlich visuelle Markerwerte in einer flächig-räumlichen Basisstruktur im Zentrum des Interesses.[1] Ganz entsprechend steht das Schlagwort Raum und Geometrie für die Mannigfaltigkeit der bildsyntaktischen Basisstruktur, stellen doch geometrische Kalküle bereits seit der Antike eine hervorragende Form des rationalen Begreifens von Raum dar. Störungen in dieser Basisstruktur sind ein wesentlicher Faktor für syntaktisch unkorrekte Bilder. Ein spezifisches Attribut des Raumes, die Dichte der Anordnung von Raumstellen, hat zudem eine wichtige Rolle in der jüngeren Bilddiskussion gespielt. Der Diskurs über die bildsyntaktischen Markerwerte konzentriert sich vor allem auf die komplexe Mannigfaltigkeit der Farben, durch die die zugrunde liegende räumlich-flächige bildsyntaktische Struktur überhaupt erst wahrnehmbar wird. Doch sollte nicht vergessen werden, dass es eine Reihe von Argumenten gibt, Texturen als eigenständiges, auf den Farbdimensionen aufsetzendes System von Markerwerten zweiter Ordnung zu begreifen. Schließlich werden auch mit den Themen Reflexion und Transparenz weitere grundlegende Aspekte bildrelevanter visueller Eigenschaften angesprochen, die von den Farbtheorien im engeren Sinn in der Regel nicht berücksichtigt werden, aber ganz spezifische bildsyntaktische Funktionen übernehmen können. Der AnwendungsaspektFür konkrete, insbesondere technische Anwendungen ist bildsyntaktisch vor allem der Begriff der Auflösung wichtig. Die bildsyntaktischen Überlegungen sind dabei für das digitale Speichern und Verarbeiten von Bild(trägern) wie auch für deren maschinelle Vervielfältigung und Übertragung von entscheidender Bedeutung, da auch hierbei in der Regel von Bedeutungs- und Handlungsaspekten ganz abgesehen wird. In der digitalen Bildbearbeitung, einem Teilgebiet der Computervisualistik, geht es um solche algorithmischen Verfahren, mit denen – u.a. aus analogen Bildern – automatisch möglichst passende digitale Bildträger erstellt und auf vielfältige Weise modifiziert werden können.
SonstigesDer Aspekt der Bildsyntax spielt ebenfalls für viele medientheoretische Betrachtungen eine Rolle. |
Unterpunkte
Anmerkungen
Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [40] und Emilia Didier [1] — (Hinweis) |