Chinesische Kalligraphie
Unterpunkt zu: Schriftbildlichkeit
Darstellung des gr. ZusammenhangsAuf der Basis der chinesischen Schriftzeichen entwickelte sich Schrift zu einer hohen Kunst des persönlichen Ausdrucks. Die Schrifttypen, die charakteristische graphische Form und die Struktur der chinesischen Schriftzeichen haben diese Entwicklung der Kalligraphie erst ermöglicht. [Chen 2009a]Chen, Tingyou (2009).China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Die Schrift - Entwicklung der Schrifttypen Die vier Hauptschriftarten entwickelten sich aufeinander folgend.[Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003).Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen Die ersten bekannten Schriftzeichen (大篆 dà zhuān Große Siegelschrift) sind Inschriften auf Orakelknochen (甲骨文 jiăgŭwén ‚Orakelknochenschrift’) der Shang商-Dynastie (ca.16.-11.Jh.v. Chr.), sowie auf Bronzegefäßen (金文 jīnwén ‚Bronzeschrift’) der Shang商 und Zhou周 (ca.1045- 221 v. Chr.). [Ch'en 1966a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. In dieser frühen Phase existierte von den meisten Schriftzeichen eine Vielzahl an Schreibweisen. Zur Zeit der Reichseinigung Chinas in der Qin秦-Dynastie (221- 207 v. Chr.) wurde durch die Einführung der kleinen Siegelschrift (小篆 xiăo zhuān) ein einheitliches Schriftsystem konstituiert; im ca. 1. Jh. n. Chr. löste die an Strichformen reduzierte, schnellere Kanzleischrift (隸書 lĭ shū) diese als Gebrauchsschrift ab. Damit und mit der Einführung des Pinsels und dem Papier war der Weg für die Schriftkunst gebahnt. [Ch'en 1966a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Mit den Kursivschriften des 4.Jh., der halbkursiven Schreib- bzw. Aktionsschrift (行書 xíng shū) und der Grasschrift (草書 căo shū), kamen weitere, schnellere Schriftformen hinzu, die Individualität und künstlerischen Ausdruck förderten.[Tseng 1993a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Mit der Standardisierung der Kanzleischrift zur Normal- oder Modellschrift (楷書 kăi shū) war die Entwicklung der Typen vorläufig (bis zum 20.Jh.) abgeschlossen. Seit der Tang唐–Dynastie (618-907) ist sie die Standardschrift in China. In der Folge bildeten sich aus den bestehenden Typen eine Vielzahl an Schul- und Individualstilen heraus.[Ledderose 2003a]Ledderose, Lothar (2003). Kalligraphie. In Das große China-Lexikon, 366-367. Eintrag in Sammlung zeigen
Kalligraphie. In Das große China-Lexikon, 366-367. Eintrag in Sammlung zeigen Engere BegriffsbestimmungDie ästhetische Dimension der chinesischen Kalligraphie gründet auf den chinesischen Schriftzeichen (漢字 hànzi), durch sie wird die Komposition, d.h. die Striche, Abstände und die Richtung des Schreibens und Lesens festgelegt; ihre innere Struktur wird durch die darin vorkommenden Striche bestimmt. Es gibt acht grundlegende Striche: Punkt (點 diăn), horizontal (橫 héng), vertikal (豎 shù), abgesetzt und gekrümmt (折 zhé), Haken (鈎 goū), links hinunter (撇 piě), rechts hinauf (提 tí) und rechts hinunter (捺 nà). Die Striche werden in einer festgelegten Reihenfolge geschrieben, wobei jedes Schriftzeichen unabhängig vom Komplexitätsgrad den gleichen Raum eines imaginären Quadrats einnimmt. [Alleton 2003a]Alleton, Viviane (2003).Schrift. In Das große China-Lexikon, 651-654. Eintrag in Sammlung zeigen [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen Der Schreiber muss die gegebene graphische Form der Schriftart akzeptieren, in der er das Schriftkunstwerk zu verfassen gedenkt, auch ist der umzusetzende Text nicht immer sein eigener, sein Beitrag liegt in der Nuancierung des Stils, die er in die Schrift einbringt. Durch die Grenzen, die der Kalligraphie mittels der gegebenen Schrifttypen gesetzt sind, ist jede Variation identifizierbar und einem bestimmten Kalligraphen zuzuordnen [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen Das Erlernen der Kalligraphie erfordert Jahre gewissenhafter und steter Übung, wozu zunächst Schriftvorlagen alter Meister kopiert werden. Erst wenn der Schreiber die verschiedenen Stile durchdrungen hat, ist er in der Lage einen eigenen Stil zu entwickeln. Von alters her haben die Meister ihre Schüler dazu angeregt, dafür zusätzlich Inspiration in der Natur zu suchen. [Chen 2009a]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen [Kwo 1981a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Ein zentrales ästhetisches Problem der Kalligraphie besteht darin, entgegen der durch stete Übung bedingten Rationalisierung spontaner Effekte eine ursprüngliche Spontaneität zu erhalten bzw. wiederzugewinnen. [Ledderose 2003a]Ledderose, Lothar (2003). Kalligraphie. In Das große China-Lexikon, 366-367. Eintrag in Sammlung zeigen
China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Mit den Typen der Grasschriften, die zum Teil an die Grenze der Lesbarkeit gehen, gewinnt die Linie, die gesamte Komposition, an Eigenleben, der Inhalt tritt zugunsten des ästhetischen Moments in den Hintergrund. Kalligraphie wird damit zur abstrakten Kunst. Der Akt des Schreibens selbst wird zur Aktionskunst, die den vergänglichen Moment der Performanz übersteigt, denn in den Pinselspuren bleiben die Bewegungen des Schreibers, festgehalten auf Papier, für jeden Betrachter nachvollziehbar. [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen Da sich Technik und Materialien der Kalligraphie seit dem 4. Jh. nicht mehr änderten, sind die ästhetischen Maßstäbe über die Jahrhunderte hinweg auf Schriftkunstwerke anwendbar. [Ledderose 1985a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Da Kalligraphie somit gewissermaßen in einem graphologischen Sinne als Ausdruck des Charakters verstanden wird, gibt es keine scharfe Trennlinie zwischen rein ästhetischen und etwa moralisch-politischen Wertkategorien. Das bedeutet, dass eine Schrift aufgrund der in ihr zum Ausdruck kommenden moralischen Qualitäten des Schreibenden an ästhetischem Wert gewinnen kann. [Ledderose 2003a]Ledderose, Lothar (2003). Kalligraphie. In Das große China-Lexikon, 366-367. Eintrag in Sammlung zeigen Kalligraphie erhält damit eine ethische Dimension: wer schön schreiben will, muss vordringlich nach innerer Schönheit streben. [Chen 2009a]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Die Überzeugung, dass der Mensch durch die Disziplin der Kunst geformt werden, dass Ästhetik somit im Dienste der Ethik nutzbar gemacht werden kann, führte zu eine Vervielfältigung von Regeln, Methoden und Gesetzen zur Kalligraphie. [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen Mit der Vorstellung, dass jedes Schriftzeichen die inneren Regungen des Schreibers offenbare, ist Kalligraphie zudem eine einzigartige Direktheit bzw. Prägnanz zueigen [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen, 一字見心 (yī zì jiàn xīn), "in einem Zeichen sieht man schon das Herz" [Chen 2009a]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen - ein schriftlicher Text benötigt demgegenüber eine Anzahl von Wörtern, um etwas auszudrücken - Kalligraphie vermag damit direkt zu erreichen, was einem Zeichensystem nur indirekt gelingen kann. [Heng 2003a]Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In Encyclopedia of Chinese Philosophy, 25-28. Eintrag in Sammlung zeigen
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Lebendigkeit, Energie, Spannung und Rhythmus sind hierbei ausschlaggebende Charakteristika. [Chen 2009]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Da ein ausgeführter Strich nicht mehr korrigiert werden kann, steht vor der Ausführung ein Konzept der Komposition, 議在筆前 (yì zài bî qián). [Ch'en 1966a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Hierzu zählt auch die richtige Platzierung der Leeräume zwischen den konstitutiven Elementen des Bildes. [Kwo 1981a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. "Leere und Fülle" sollen dabei ein organisches Ganzes bilden. [Chen 2009]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Des Weiteren muss die richtige Technik angewandt werden. Neben der Kontrolle des Pinsels ist ein angemessener Pinselauftrag erforderlich. [Ch'en 1966a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Fundamentales und konstituirendes Element eines Zeichens ist die Linie. Eine gute Linie muss Kraft (力lì) enthalten, d.h. sie muss eine gewisse Stärke und Festigkeit wiederspiegeln. Einer kraftvollen Linie ist zudem Qi (氣 qì) zueigen. Qi ist hier als innere Dynamik zu begreifen, welche die Linien und Punkte umgibt, sie alle als eine Einheit zusammenfasst [Kwo 1981a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. und somit die direkt sichtbare Schönheit der äußeren Form bestimmt. Die innere Schönheit, die passende Zusammenstellung der Striche, Punkte, Zeichen und Zeilen, ein wohlproportioniertes Arrangement, wird als Yun (韵 yùn) bezeichnet. Die Schönheit in der Kalligraphie, ihr 'ästhetischer Gehalt' ist 氣韵, die Verbindung von Qi und Yun. [Chen 2009a]Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press. Eintrag in Sammlung zeigen Optionale BeispieleOrakelknochenschrift 甲骨文 jiăgŭwén Kleine Siegelschrift 小篆 xiăo zhuān Die Kanzleischrift 隸書 lĭ shū
Selbstdarstellung in Wilder Grasschrift von Huai Su (Detail), Tang-Dynastie (618 - 907), in: Chen 2009a.
Ein Gedicht von Du Fu an He Lanxian in Grasschrift von Huang Tingjian aus der Song-Dynastie (960 - 1279) (Detail), in: Chen 2009a. Auswirkungen auf andere BegriffeDer Einfluss der Kalligraphie auf die Malerei In dem Bestreben, sich von der professionellen, handwerklichen Malerei, die sich im allgemeinen durch starke Farbigkeit und eine sehr realistische Darstellung auszeichnete, zu distanzieren, setzten die Literaten eine Malerei (Xieyi-Stil, 寫意 xiěyì, wörtl.‚geschriebener Sinn/Bedeutung’), die sich nicht nur technisch sondern auch ästhetisch an der Kalligraphie orientierte. Die bildnerischen Mittel, insbesondere der Pinselstrich gewannen dadurch an Selbständigkeit und gestalterischen Eigenleben; die Darstellung wurde dem gewählten Pinselduktus angepasst. Diese Tendenz setzte sich in der Yuan元-Zeit (1271-1368) allgemein durch. Womit die Malerei von ihrer reinen Abbildfunktion und der unbedingten Forderung nach der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit befreit wurde. Wie schon die Kalligraphie wandelte sich das Bild damit zur „gestalteten Manifestation der Künstlerpersönlichkeit“. [Ledderose 2003a]Ledderose, Lothar (2003).Kalligraphie. In Das große China-Lexikon, 366-367. Eintrag in Sammlung zeigen
http://www.britannica.com/EBchecked/topic/719284/Chinese-calligraphy?anchor=ref1047374 - Encyclopedia Britannica: Geschichte der chinesischen Kalligraphie, Chiang Yee (Hg.).
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Anmerkungen
[Ch'en 1966a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Alleton 2003a]: Alleton, Viviane (2003). Schrift. In: Staiger, B. et al. (Hg.): Das große China-Lexikon. Hamburg: WBG, S. 651-654. [Chen 2009a]: Chen, Tingyou (2009). China: Die Kalligraphie. Beijing: China Intercontinental Press.
[Heng 2003a]: Heng, Jiuan (2003). Calligraphy. In: Cua, A.S. (Hg.): Encyclopedia of Chinese Philosophy. London, New York: Routledge, S. 25-28.
[Kwo 1981a]: Seitenbearbeitungen durch: Julia Nissen [83], Joerg R.J. Schirra [45] und Sandra Gilgan [10] — (Hinweis) |