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(1) Hinstellen und Verkörpern — Luther und die Schauspieler)
(1) Hinstellen und Verkörpern — Luther und die Schauspieler)
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Der Ausdruck 'Darstellung' gilt als Übersetzung der lateinischen Ausdrücke 'repraesentatio' und 'exhibitio'. (Vgl. Grimm 1860: 792.) Eine der frühesten Verwendungsweisen findet sich in Luthers Bibelübersetzung. "Und Du sollst den Tisch darbringen und ihn zubereiten, und den Leuchter darstellen und die Lampen drauf setzen."<ref> 2. Mose 40,4. Vgl. hierzu und zum folgenden auch den Artikel "darstellen" in Trübner (1940: 27), Adelung (1811: 1402-1403) und in Grimm (1860: 701 f.) sowie Mülder-Bach (1998: 78 f.) </ref> In dieser Verwendung bezeichnet der Ausdruck das physische ''Hinstellen'', die reine Präsentation eines Gegenstandes — ein 'vor die Augen bringen/stellen' —, ohne dass dieser Gegenstand als Zeichen noch auf etwas von sich Verschiedenes verweist.
 
Der Ausdruck 'Darstellung' gilt als Übersetzung der lateinischen Ausdrücke 'repraesentatio' und 'exhibitio'. (Vgl. Grimm 1860: 792.) Eine der frühesten Verwendungsweisen findet sich in Luthers Bibelübersetzung. "Und Du sollst den Tisch darbringen und ihn zubereiten, und den Leuchter darstellen und die Lampen drauf setzen."<ref> 2. Mose 40,4. Vgl. hierzu und zum folgenden auch den Artikel "darstellen" in Trübner (1940: 27), Adelung (1811: 1402-1403) und in Grimm (1860: 701 f.) sowie Mülder-Bach (1998: 78 f.) </ref> In dieser Verwendung bezeichnet der Ausdruck das physische ''Hinstellen'', die reine Präsentation eines Gegenstandes — ein 'vor die Augen bringen/stellen' —, ohne dass dieser Gegenstand als Zeichen noch auf etwas von sich Verschiedenes verweist.
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In dieser Verwendung besitzt der Ausdruck also keinerlei semiotische Funktion. Mediale Darstellungen (in unserer heutigen Verwendung des Ausdrucks) werden zu dieser Zeit mittels der Ausdrücke 'repraesentatio' und 'imitatio' (bzw. ihrer fremdsprachigen) Entsprechungen beschrieben. Die Adaption des Darstellungsbegriffs in (im weiteren Sinne) ästhetischen Kontexten erfolgt dementsprechend zunächst im Rahmen der Schauspieltheorie und zwar ohne nennenswerte semiotische Implikationen. Der Schauspieler stellt jemanden dar, d.h. er präsentiert oder ''verkörpert'' eine Figur auf der Bühne.
  
 
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Version vom 23. Oktober 2010, 08:35 Uhr


Unterpunkt zu: Historische Bildbegriffe


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Der Ausdruck 'Darstellung’ und das zugehörige Verb ‘darstellen’ sind eine Sonderentwicklung im deutschsprachigen Raum. Zwar entspricht ihr Bedeutungsfeld mit einer gewissen Annäherung dem der Ausdrücke ‘Repräsentation’ und ‘Präsentation’ sowie den entsprechenden Ausdrücken in anderen Sprachen, eine eineindeutige fremdsprachige Übersetzung wird sich jedoch nicht finden lassen.[1] Für das Englische schlägt Flusser vor, die Bedeutung des Ausdrucks ‘arstellen’ als “jene Grauzone” zu beschreiben, “in welcher sich die Bedeutungen von 'to represent', 'to expose' und 'to exhibit' überschneiden.”[2] Die Liste ließe sich sicherlich noch um einige Ausdrücke erweitern.

Das Übersetzungsproblem ergibt sich einerseits aus der Vieldeutigkeit der fremdsprachigen Ausdrücke und ihren jeweiligen Konnotationen, andererseits aber auch aus der Vieldeutigkeit des Darstellungsbegriffs selber. So kann der Ausdruck 'Darstellung' in geeigneten Kontexten durch die Ausdrücke 'Abbildung', 'Verkörperung', 'Wiedergabe' und viele mehr ersetzt werden. Die Vieldeutigkeit des Darstellungsbegriffs ist wiederum Resultat seiner Begriffsgeschichte.


Engere Begriffsbestimmungen

Für die Begriffsgeschichte von 'Darstellung' und die Ausbildung des heutigen Bedeutungsspektrums sind besonders seine Karriere in der Poetik und Ästhetik und dabei sein wechselhaftes Verhältnis zum Naturnachahmungsbegriff relevant. Denn gerade über ihr Verhältnis zum Naturnachahmungsbegriff wurde Darstellung zu einem zentralen und zugleich verworrenen Begriff der Bild- und Zeichentheorie. Die Entfaltung des heutigen Bedeutungsspektrums möchte anhand von vier Stationen seiner Begriffsgeschichte darstellen, nämlich (1) der ursprünglichen Bedeutung von Hinstellen oder Präsentieren, (2) dem Import in die Ästhetik durch Lessing und Klopstock zur Bezeichnung der Präsentationsweise, (3) sein Bedeutungszuwachs durch die Verdrängung des Naturnachahmungsbegriffs und (4) die Hinzunahme konstruktiver Momente durch die Abgrenzung vom Naturnachahmungsbegriff.

1) Hinstellen und Verkörpern — Luther und die Schauspieler

Der Ausdruck 'Darstellung' gilt als Übersetzung der lateinischen Ausdrücke 'repraesentatio' und 'exhibitio'. (Vgl. Grimm 1860: 792.) Eine der frühesten Verwendungsweisen findet sich in Luthers Bibelübersetzung. "Und Du sollst den Tisch darbringen und ihn zubereiten, und den Leuchter darstellen und die Lampen drauf setzen."[3] In dieser Verwendung bezeichnet der Ausdruck das physische Hinstellen, die reine Präsentation eines Gegenstandes — ein 'vor die Augen bringen/stellen' —, ohne dass dieser Gegenstand als Zeichen noch auf etwas von sich Verschiedenes verweist.


In dieser Verwendung besitzt der Ausdruck also keinerlei semiotische Funktion. Mediale Darstellungen (in unserer heutigen Verwendung des Ausdrucks) werden zu dieser Zeit mittels der Ausdrücke 'repraesentatio' und 'imitatio' (bzw. ihrer fremdsprachigen) Entsprechungen beschrieben. Die Adaption des Darstellungsbegriffs in (im weiteren Sinne) ästhetischen Kontexten erfolgt dementsprechend zunächst im Rahmen der Schauspieltheorie und zwar ohne nennenswerte semiotische Implikationen. Der Schauspieler stellt jemanden dar, d.h. er präsentiert oder verkörpert eine Figur auf der Bühne.

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Auswirkungen auf andere Begriffe
Anmerkungen
  1. Vgl. hierzu und zum folgenden Schlenstedt 2000: 847.
  2. Flusser 1994: 34.
  3. 2. Mose 40,4. Vgl. hierzu und zum folgenden auch den Artikel "darstellen" in Trübner (1940: 27), Adelung (1811: 1402-1403) und in Grimm (1860: 701 f.) sowie Mülder-Bach (1998: 78 f.)
Literatur                            [Sammlung]

Keine Literaturangaben


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Verantwortlich:

Schöttler, Tobias

Seitenbearbeitungen durch: Tobias Schöttler [58], Joerg R.J. Schirra [23] und Eva Schürmann [1] — (Hinweis)