Figur/Grund-Differenzierung: Unterschied zwischen den Versionen

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(Darstellung des gr. Zusammenhangs)
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Wie Rubin in seinem Werk von 1915 festgehalten hatte: „[M]an kann dann den folgenden fundamentalen Satz aufstellen: Wenn zwei Felder aneinander grenzen und das eine als Figur und das andere als Grund erlebt wird, kann das unmittelbar anschaulich Erlebte als dadurch gekennzeichnet betrachtet werden, daß von der gemeinsamen Kontur der Felder ein formendes Wirken ausgeht, das sich nur bei dem einen oder in einem höheren Grade bei dem einen Feld als bei dem anderen geltend macht.“ (Rubin 1921: 36f.) Die Rubinsche Vase zeigt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten wir zwischen Figur und Grund hin-und herspringen. Das Gesichtsfeld ist immer durch die Figur bestimmt, die gegen einen Hintergrund, den Grund wahrgenommen wird. Im Falle multistabiler Wahrnehmung besteht die Möglichkeit Figur und Grund auszutauschen. In Rubins berühmtestem Beispiel sehen wir entweder zwei Gesichter gegen einen weißen Hintergrund oder eine Vase gegen einen schwarzen Hintergrund. D.h. zu einem gegebenen Zeitpunkt sehen wir immer nur eine der beiden Möglichkeiten, und es ist nicht das Netzhautbild, das darüber entscheidet, was wir als Figur und was als Grund ansehen.
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Wie Rubin bereits festgehalten hatte, tendieren wir bei zweideutigen Darstellungen dazu, die kleinere, geschlossene Form als Figur anzusehen, gegen den Grund der größeren umgebenden Fläche. Der Figur kommt eine „Dingqualität“ zu, während der Grund als eher schwer zu fassen und ??? wahrgenommen wird. Die Figur sticht heraus, der Grund tritt dagegen zurück, und die sie trennende Kontur selbst wird der Figur zugerechnet, nicht dem Grund.
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Neuere psychologische Experimente haben Rubins Thesen hinsichtlich der Kontur empirisch bestätigt:
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“In (a), following a vase-to-faces transition, the standard image was replaced by an embossed-face version of the same stimulus, whereas in (b), subsequent to a faces-to-vase change, an embossed-vase version replaced the standard.” (Andrews et.al. 897)
  
 
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Version vom 29. Februar 2012, 07:47 Uhr


Unterpunkt zu: Bildwahrnehmung


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Die Figur/Grund Illusion wurde um 1915 durch den dänischen Psychologen Edgar Rubin (1886–1951) theoretisch untersucht. Die sogenannte „Rubinsche Vase“, bei der die Wahrnehmung zweier Gesichter in die Wahrnehmung einer Vase umspringt, spielt in Rubins zweibändigem Werk Synsoplevede Figurer (Visuell wahrgenommene Figuren) (im Original dänisch) zum ersten Mal eine wichtige Rolle. Rubin führte eine Reihe ähnlicher Bilder ein (etwa das schwarz-weiße Malteserkreuz), aber am bekanntesten wurde die Rubinsche Vase. Rubin kam aus Kopenhagen, verbrachte aber einige Zeit in Göttingen, so daß sich eine phänomenologische Perspektive in seiner Auffassung von visueller Wahrnehmung erkennen läßt. Offensichtlicher ist allerdings seine Nähe zur Gestaltphilosophie. Die Rubinsche Vase lieferte einen weiteren Beleg für die These, daß das Netzhautbild nicht mit dem visuell Wahrgenommenen identisch ist und stellt einen Spezialfall der sogenannten multistabilen Wahrnehmung dar. (Man spricht von multistabiler Wahrnehmung, wenn wir uns visuell zweideutigen Darstellungen wie der Rubinsche Vase, dem Necker-Würfel oder Fällen von ??? gegenübersehen.) An der Figur/Grund Illusion läßt sich so das Prinzip der Emergenz deutlich machen (daß wir Gegenstände unserer Umgebung als Ganze und auf einmal wahrnehmen) sowie der produktive Anteil der Wahrnehmung, d.h. die Gegenstandskonstitution (daß das in unserer Erfahrung Wahrgenommene mehr Information über die Raumlage eines Gegenstands enthält als die reinen Sinnesdaten).


Engere Begriffsbestimmung

Wie Rubin in seinem Werk von 1915 festgehalten hatte: „[M]an kann dann den folgenden fundamentalen Satz aufstellen: Wenn zwei Felder aneinander grenzen und das eine als Figur und das andere als Grund erlebt wird, kann das unmittelbar anschaulich Erlebte als dadurch gekennzeichnet betrachtet werden, daß von der gemeinsamen Kontur der Felder ein formendes Wirken ausgeht, das sich nur bei dem einen oder in einem höheren Grade bei dem einen Feld als bei dem anderen geltend macht.“ (Rubin 1921: 36f.) Die Rubinsche Vase zeigt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten wir zwischen Figur und Grund hin-und herspringen. Das Gesichtsfeld ist immer durch die Figur bestimmt, die gegen einen Hintergrund, den Grund wahrgenommen wird. Im Falle multistabiler Wahrnehmung besteht die Möglichkeit Figur und Grund auszutauschen. In Rubins berühmtestem Beispiel sehen wir entweder zwei Gesichter gegen einen weißen Hintergrund oder eine Vase gegen einen schwarzen Hintergrund. D.h. zu einem gegebenen Zeitpunkt sehen wir immer nur eine der beiden Möglichkeiten, und es ist nicht das Netzhautbild, das darüber entscheidet, was wir als Figur und was als Grund ansehen. Wie Rubin bereits festgehalten hatte, tendieren wir bei zweideutigen Darstellungen dazu, die kleinere, geschlossene Form als Figur anzusehen, gegen den Grund der größeren umgebenden Fläche. Der Figur kommt eine „Dingqualität“ zu, während der Grund als eher schwer zu fassen und ??? wahrgenommen wird. Die Figur sticht heraus, der Grund tritt dagegen zurück, und die sie trennende Kontur selbst wird der Figur zugerechnet, nicht dem Grund. Neuere psychologische Experimente haben Rubins Thesen hinsichtlich der Kontur empirisch bestätigt: “In (a), following a vase-to-faces transition, the standard image was replaced by an embossed-face version of the same stimulus, whereas in (b), subsequent to a faces-to-vase change, an embossed-vase version replaced the standard.” (Andrews et.al. 897)


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Anmerkungen
Literatur                            [Sammlung]

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Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Verantwortlich:

Kapust, Antje

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [32], Klaus Sachs-Hombach [15], Dimitri Liebsch [7] und Elisabeth Birk [3] — (Hinweis)