Mimesis: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Die philologische Erforschung der antiken Mimesis konzentriert sich auf die ontologische Mimesis und kreist um die Frage, ob der griechische Ausdruck besser mit ‚Nachahmung’ oder mit ‚Darstellung’ zu übersetzen sei.<ref>Die wesentlichen Positionen der Debatte werden von Koller 1954, Else 1958 und Sörbom 1966 vertreten; neuere Varianten vertreten Petersen 1992 und 2000 sowie Kardaun 1993.</ref> Beide Übersetzungsalternativen sind nicht unproblematisch. Freilich reden weder Platon noch Aristoteles einer Nachahmung im Sinne eines Kopierens der Wirklichkeit das Wort; ebenso wenig ist aber ‚Darstellung’ gemeint, wenn diese ein freies Erfinden impliziert,<ref>Das nehmen Koller (1954), Petersen (1992; 2000: 21 f und 37 ff.) und Lotter (1992) an.</ref> insofern der Bezug auf die natürliche Welt für die antike Mimesis konstitutiv ist. | ||
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+ | Die Unterscheidung zwischen Künstlichem und Natürlichen wird von Platon und Aristoteles hierarchisch gedacht. Vorausgesetzt wird – wenngleich von Platon und Aristoteles unterschiedlich begründet – die Annahme einer geschlossenen, in sich \emph{vollständigen} Welt. Insofern die Natur bzw. die natürliche Welt vollständig ist, kann jedes Artefakt und jede Erfindung nur als Wiederholung dieser Welt gelten. Neukombinationen, Übersteigerungen und ähnliches gelten dabei nicht als genuine Erfindung. | ||
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Version vom 23. Oktober 2010, 13:02 Uhr
Unterpunkt zu: Historische Bildbegriffe
Darstellung des gr. ZusammenhangsDer Ausdruck 'Mimesis' fungiert in der Antike (besonders bei Platon und Aristoteles) als Grundbegriff der Kunstreflexion, aber auch der Naturphilosophie und Metaphysik. Bereits in seiner antiken Verwendung weist der Mimesisbegriff eine Vielzahl von Bedeutungsdimensionen auf, die in einem wechselseitigen Begründungsverhältnis stehen. Demnach betrifft die Mimesis
Die Relevanz der beiden Blütezeiten der (ästhetischen) Mimesis für moderne Darstellungs- und Bildtheorien ergibt sich vor allem aus der Übernahme bestimmter Fragestellungen und einzelner Beschreibungsinstrumente, wodurch der Gegenstand dieser Theorien mit-konstituiert wird, und weniger aus den begrifflichen Anschlüssen. Die Verwendungen der Ausdrücke 'Mimesis' un 'Nachahmung' in der Moderne schließen nämlich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – allenfalls sehr lose an den antiken und frühneuzeitlichen Gebrauch an. Entweder werden die Ausdrücke pejorativ im Sinne von Kopieren verwendet oder ihr Gebrauch beruht auf eigenwilligen Umdeutungen wie beispielsweise
Die folgende begriffsgeschichtliche Rekonstruktion konzentriert sich auf die Stationen der Begriffsgeschichte, welche für die Bildphilosophie relevant sind. Daher werden die modernen Umdeutungen ebenso wie der naturphilosophische Gebrauch der Mimesis/Imitatio im Mittelalter allenfalls gestreift.
Engere BegriffsbestimmungBei Platon wie auch bei Aristoteles sind zwei Verwendungsweisen von 'Mimesis' zu unterscheiden. Zum einen bezeichnet der Ausdruck einen bestimmten Darstellungsmodus und wird dabei der 'diegesis' als einem anderen Modus gegenübergestellt.[2] Bei der Diegesis redet der Autor und beschreibt eine Handlung. Bei der Mimesis spricht die Figur. Zum anderen verwenden Platon und Aristoteles 'Mimesis' aber auch als Oberbegriff für die beiden Darstellungsmodi. In dieser allgemeineren Verwendung beschreibt der Ausdruck das Verhältnis der Techne (alles Künstliche) zur Welt (alles Natürliche); jedes Artefakt und damit auch Kunstwerke im heutigen Sinne des Wortes gelten Platon und Aristoteles demnach als Mimesis. Platon beschreibt mit der Mimesis (aber auch mit der Methexis) auch das Verhältnis zwischen Sinnen- und Ideenwelt. Da Aristoteles die Annahme einer Ideenwelt ablehnt, spielt diese Verwendungsweise bei ihm keine Rolle, wohl aber die Mimesis als Darstellungsmodus und die (ontologische) Mimesis als Bezeichnung für das Verhältnis zwischen Künstlichem und Natürlichen. Die philologische Erforschung der antiken Mimesis konzentriert sich auf die ontologische Mimesis und kreist um die Frage, ob der griechische Ausdruck besser mit ‚Nachahmung’ oder mit ‚Darstellung’ zu übersetzen sei.[3] Beide Übersetzungsalternativen sind nicht unproblematisch. Freilich reden weder Platon noch Aristoteles einer Nachahmung im Sinne eines Kopierens der Wirklichkeit das Wort; ebenso wenig ist aber ‚Darstellung’ gemeint, wenn diese ein freies Erfinden impliziert,[4] insofern der Bezug auf die natürliche Welt für die antike Mimesis konstitutiv ist. Die Unterscheidung zwischen Künstlichem und Natürlichen wird von Platon und Aristoteles hierarchisch gedacht. Vorausgesetzt wird – wenngleich von Platon und Aristoteles unterschiedlich begründet – die Annahme einer geschlossenen, in sich \emph{vollständigen} Welt. Insofern die Natur bzw. die natürliche Welt vollständig ist, kann jedes Artefakt und jede Erfindung nur als Wiederholung dieser Welt gelten. Neukombinationen, Übersteigerungen und ähnliches gelten dabei nicht als genuine Erfindung.
Auswirkungen auf andere Begriffe |
Anmerkungen
[Adorno 2003: 86 ff.]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Tobias Schöttler [52], Joerg R.J. Schirra [37] und Dimitri Liebsch [16] — (Hinweis) |