Perspektivik: Unterschied zwischen den Versionen
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Vor der Doppeldeutigkeit des Begriffs der ''Perspektive'' erweist sich das Konzept der Perspektivik damit zum einen als universale Basisprämisse für jede Wahrnehmungs- wie Darstellungsform (→ Abschnitt 3), zugleich wird vor dem Hintergrund der obigen Begriffsbestimmung deutlich, dass zwischen den jeweiligen Ausprägungen von Perspektivität in Abhängigkeit zum jeweiligen kulturhistorischen Bedingungsgefüge zu differenzieren ist (→ Abschnitt 4). Diese Ambiguität spiegelt sich exemplarisch in den Kontroversen um den Status der Zentralperspektive wider: auf der individuellen Ebene in der Frage nach dem Verhältnis des zentralperspektivischen Darstellungs- zum „natürlichen“ Wahrnehmungsmodus („Natürlichkeitsparadoxon“), auf der kulturellen Ebene in der Kontroverse um den Status als „symbolische Form“ bzw. kulturgebundenes Dispositiv (→ Abschnitt 4.2). | Vor der Doppeldeutigkeit des Begriffs der ''Perspektive'' erweist sich das Konzept der Perspektivik damit zum einen als universale Basisprämisse für jede Wahrnehmungs- wie Darstellungsform (→ Abschnitt 3), zugleich wird vor dem Hintergrund der obigen Begriffsbestimmung deutlich, dass zwischen den jeweiligen Ausprägungen von Perspektivität in Abhängigkeit zum jeweiligen kulturhistorischen Bedingungsgefüge zu differenzieren ist (→ Abschnitt 4). Diese Ambiguität spiegelt sich exemplarisch in den Kontroversen um den Status der Zentralperspektive wider: auf der individuellen Ebene in der Frage nach dem Verhältnis des zentralperspektivischen Darstellungs- zum „natürlichen“ Wahrnehmungsmodus („Natürlichkeitsparadoxon“), auf der kulturellen Ebene in der Kontroverse um den Status als „symbolische Form“ bzw. kulturgebundenes Dispositiv (→ Abschnitt 4.2). | ||
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Während die spatio-temporale Gebundenheit des Individuums eine unhintergehbare Basisprämisse stellt, setzt das Prinzip der Perspektivik als standortgebundene Wahrnehmung eines Objekts gleichzeitig implizit die Gegebenheit potentieller Alternativen zum jeweils aktuellen Blickwinkel voraus. Die Erkenntnis der mit dieser Grunddisposition verbundenen Relativität der Betrachtung und die daran geknüpfte Fähigkeit, sich von der eigenen Perspektive lösen zu können und andere potentielle Standorte als gleichberechtigte Alternativen zu erkennen, stellt die Voraussetzung für perspektivisches Denken, wie es als inhärentes Charakteristikum der menschlichen Kognition gilt (vgl. Canisius 1987: xiii), muss ontogenetisch aber erst erworben werden: Leibapriorisch bedingt ist die primäre Phase der Entwicklung monoperspektivisch geprägt, als Kinder in diesem frühen Stadium zunächst nicht in der Lage sind, sich mental an einen anderen Sehepunkt versetzen zu können (vgl. Brunner-Traut 1992; Graumann 2002: 29). Erst durch die Überwindung des „intellektuellen Egozentrismus“ (Piaget/Inhelder 1972) kommt es mit der Entwicklung des Bewusstseins des eigenen Subjekts als Voraussetzung einer ''Theory of Mind'' zur Ausprägung der Fähigkeit perspektivischen Denkens. | Während die spatio-temporale Gebundenheit des Individuums eine unhintergehbare Basisprämisse stellt, setzt das Prinzip der Perspektivik als standortgebundene Wahrnehmung eines Objekts gleichzeitig implizit die Gegebenheit potentieller Alternativen zum jeweils aktuellen Blickwinkel voraus. Die Erkenntnis der mit dieser Grunddisposition verbundenen Relativität der Betrachtung und die daran geknüpfte Fähigkeit, sich von der eigenen Perspektive lösen zu können und andere potentielle Standorte als gleichberechtigte Alternativen zu erkennen, stellt die Voraussetzung für perspektivisches Denken, wie es als inhärentes Charakteristikum der menschlichen Kognition gilt (vgl. Canisius 1987: xiii), muss ontogenetisch aber erst erworben werden: Leibapriorisch bedingt ist die primäre Phase der Entwicklung monoperspektivisch geprägt, als Kinder in diesem frühen Stadium zunächst nicht in der Lage sind, sich mental an einen anderen Sehepunkt versetzen zu können (vgl. Brunner-Traut 1992; Graumann 2002: 29). Erst durch die Überwindung des „intellektuellen Egozentrismus“ (Piaget/Inhelder 1972) kommt es mit der Entwicklung des Bewusstseins des eigenen Subjekts als Voraussetzung einer ''Theory of Mind'' zur Ausprägung der Fähigkeit perspektivischen Denkens. |
Version vom 27. Dezember 2011, 21:18 Uhr
Unterpunkt zu: Bildwahrnehmung
Perspektivik als relationales PrinzipDer Terminus Perspektivik referiert auf ein basales kognitives Prinzip, das auf der grundlegenden Disposition menschlicher Raumwahrnehmung basiert, als konkrete Objekte für das sehende, an einen Körper gebundene Subjekt immer nur aus einem bestimmten Blickwinkel erfassbar sind: Beim Blick auf eine Statue bestimmt der Standort des Betrachters, ob die Vorder-, Rück-, Ober- oder Unterseite des Objekts wahrnehmbar ist. Im kanonischen Fall der konkreten Perzeptionssituation ist dieser Standort bedingt durch das Hier und Jetzt des Betrachters: die wahrgenommenen Aspekte sind Resultat des jeweiligen spatio-temporalen Standorts, während jeder Positionswechsel einen Wechsel der Ansicht und damit eine Veränderung der Erscheinung des jeweiligen Objekts nach sich zieht (vgl. [Foppa 2002: 17]Literaturangabe fehlt. „Daz erst ist daz awg, daz do siht. Daz ander ist der gegen würff, der gesehen wirt. Daz trit ist dy weiten do tzwischen.“ ([Rupprich [Dürer] 1969: 373]Literaturangabe fehlt. Von dieser „natürlichen“ Perspektivität (perspectiva naturalis) als grundlegend kognitivem wie genuin relationalem Konzept ist die „künstliche“ Perspektivität (perspectiva artificialis) als Darstellungsmodus zu unterscheiden, die auf einer Übertragung dieses Grundprinzips basiert und aufgrund der Differenz zwischen Urbild und Abbild in einem Spannungsverhältnis zu „natürlichen“ Perspektivierungsstrukturen steht. In dieser abstrakten Bedeutung erweist sich das Prinzip der Perspektivik für die Symbolsysteme Bild und Sprache gleichermaßen als basal. Vor dem Hintergrund erkenntnistheoretischer Fragestellungen ist Perspektivität zudem als Ordnungsbegriff zu verstehen, der hinsichtlich der konzeptionellen Erfassung von Bedeutungsinhalten durch die Relation zwischen Objekt- und Subjektsphäre bestimmt ist. Das Prinzip der Perspektivik ist damit vor dem Hintergrund der Frage nach dem Verhältnis von Kognition, Symbolsystem und seinem Verhältnis zur Welt zu beschreiben, wie sie innerhalb der Bildwissenschaft für die Problembereiche von → Mimesis, → Naturalismus und Realismus, → Ähnlichkeit und wahrnehmungsnahe Zeichen verhandelt wird.
Perspektivik: Perspektiven und „die Perspektive“Der Terminus Perspektive entstammt dem Bereich der visuellen Wahrnehmung und führt etymologisch zurück auf lat. perspicere ‚genau sehen‘. In dieser Bedeutung bezeichnet die perspectiva naturalis (bzw. perspectiva communis, visio perspectiva) als Übersetzung des griechischen Begriffs der optike techné (vgl. [Boehm 1969: 11]Literaturangabe fehlt. Perspektivik als anthropologische BasisprämissePerspektivik als kognitives Basiskonzept: Der Standort des BetrachtersWährend die spatio-temporale Gebundenheit des Individuums eine unhintergehbare Basisprämisse stellt, setzt das Prinzip der Perspektivik als standortgebundene Wahrnehmung eines Objekts gleichzeitig implizit die Gegebenheit potentieller Alternativen zum jeweils aktuellen Blickwinkel voraus. Die Erkenntnis der mit dieser Grunddisposition verbundenen Relativität der Betrachtung und die daran geknüpfte Fähigkeit, sich von der eigenen Perspektive lösen zu können und andere potentielle Standorte als gleichberechtigte Alternativen zu erkennen, stellt die Voraussetzung für perspektivisches Denken, wie es als inhärentes Charakteristikum der menschlichen Kognition gilt (vgl. Canisius 1987: xiii), muss ontogenetisch aber erst erworben werden: Leibapriorisch bedingt ist die primäre Phase der Entwicklung monoperspektivisch geprägt, als Kinder in diesem frühen Stadium zunächst nicht in der Lage sind, sich mental an einen anderen Sehepunkt versetzen zu können (vgl. Brunner-Traut 1992; Graumann 2002: 29). Erst durch die Überwindung des „intellektuellen Egozentrismus“ (Piaget/Inhelder 1972) kommt es mit der Entwicklung des Bewusstseins des eigenen Subjekts als Voraussetzung einer Theory of Mind zur Ausprägung der Fähigkeit perspektivischen Denkens. Das bewusste Einnehmen einer Perspektive und deren Vermittlung sind in diesem Sinne abstrakte mentale Fähigkeiten. Obgleich ausgehend vom konkreten „Augenpunkt“ innerhalb der Perzeptionssituation ist damit der point of view als Ausgangspunkt der Perspektivensetzung nicht mit der physikalischen Verortung eines aktuellen Betrachters gleichzusetzen. Dies gilt auch für bildliche Darstellungen, als auch dort der Ausgangspunkt einer Perspektive – analog zur Konzeptionalisierung von Raum-Relationen in der Sprache (vgl. Levinson 2003) – als abstraktes Projektionszentrum zu verstehen ist, der „außerräumlich imaginär“ (Boehm 1969: 18) bleibt, vgl. Graumann 2002: Perspektivität als pragmatische Kategorie: „Subjektivität“Perspektivik als erkenntnistheoretische Kategorie: Relativität und Point of viewPerspektivik im Schnittpunkt bildwissenschaftlicher Fragestellungen |
Inhaltsverzeichnis
Anmerkungen
[O'Riley 1998: 17]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Boehm 1969: 11]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Damisch 2010: 11]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Foppa 2002: 17]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Graumann 2002: 25f.]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Köller 2004: 11]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Rupprich [Dürer] 1969: 373]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Thaliat 2005: 204]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Sonja Zeman [59], Dimitri Liebsch [23] und Joerg R.J. Schirra [22] — (Hinweis) |