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Version vom 27. Oktober 2013, 15:13 Uhr
Hauptpunkt zu: Bild und Sprache
Was ist Schriftbildlichkeit?Der Begriff »Schriftbildlichkeit« (engl. »notational iconicity«) wurde ursprünglich ins Spiel gebracht von Sybille Krämer [Krämer 2003a]Krämer, Sybille (2003).“Schriftbildlichkeit” oder: Über eine (fast) vergessene Dimension der Schrift. In Bild, Schrift, Zahl, 157-176. Eintrag in Sammlung zeigen. Er hat mittlerweile eine recht breite Akzeptanz und Verwendung in unterschiedlichen Disziplinen gefunden, nicht zuletzt institutionell unterstützt durch die Arbeit des DFG-Graduiertenkollegs „Schriftbildlichkeit. Materialität, Wahrnehmbarkeit und Operativität von Notationen“ an der FU Berlin (vgl. http://www.schriftbildlichkeit.de). Die Etablierung des Begriffs Schriftbildlichkeit stand und steht dabei im Kontext von Bemühungen, einen Begriff von Schrift zu entwickeln, der „lautsprachenneutral“ ist. Schrift soll also in dieser Perspektive einerseits nicht mehr länger nur (verkürzt) als aufgeschriebene Sprache gedeutet, sondern in ihrem Eigensinn als spezifisches Medium (etwa neben gesprochener Sprache und dem Bild) erfasst werden. Schrift wird als Medium verstanden, das eigenen Gesetzen folgt, das – gegenüber der gesprochenen Sprache – gerade eigene Möglichkeiten der Wahrnehmbarkeit und des Operierens eröffnet. Zugleich wird der Schrift-Begriff dabei über das Feld sprachbezogener Notationen hinaus auch auf die Notationen etwa von Tanz und Musik sowie auf formale Schriften, wie sie in der Mathematik, Logik, Informatik und Chemie verwendet werden, ausgeweitet. [1] “Operationsraum Schrift”: Über einen Perspektivenwechsel in der Betrachtung der Schrift. In Schrift. Kulturtechnik zwischen Auge, Hand und Maschine, 23-57. Eintrag in Sammlung zeigen in der Betrachtung der Schrift rücken die Operativität und die Materialität von der Peripherie der Schrifttheorie in ihr Zentrum (vgl. hierzu: [Krämer et al. 2011a]Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. ; [Krämer & Giertler 2011a]Krämer, Sybille & Giertler, Mareike (2011). Schriftbildlichkeit. Paderborn: W. Fink, Themenheft der Zeitschrift Sprache und Literatur, 42/107. Eintrag in Sammlung zeigen; sowie: [Strätling & Witte 2006a]Strätling, Susanne & Witte, Georg (2006). Die Sichtbarkeit der Schrift. München: Fink. Eintrag in Sammlung zeigen). Operative Bildlichkeit: Von der Grammatologie zu einer Diagrammatologie? Reflexionen über erkennendes ‚Sehen’. In Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft, 94-123. Eintrag in Sammlung zeigen beschrieben, eine operative Bildlichkeit, die etwa auch Diagrammen und Karten zu eigen ist. Schriften lassen sich über das Moment des Schriftbildlichen in den Bereich „diagrammatischer Phänomene“ im weitesten Sinne einordnen; sowohl der Begriff der Schrift als auch der des Diagramms werden hier über das umgangssprachlich übliche hinaus erweitert, um die genannten epistemischen und explorativen Potentiale dieser Darstellungsformen in den Blick zu bekommen. Zweitens haben Schriften (im engeren und weiteren Sinn) als Medien eine bestimmte Materialität. Ihre typographische oder handschriftliche Gestalt erzeugt eine Semantik, die nicht immer gleichermaßen auffällig und für die jeweilige Gebrauchsweise nicht immer gleichermaßen relevant ist, die aber immer gegeben ist. Darüber hinaus lassen sich Schriften als materiale Gestalten natürlich auch künstlerisch „ausbeuten“ und als Bilder oder Bildelemente verwenden. Der „Schriftbildlichkeits“-Begriff ist so darauf angelegt, die traditionelle Dichotomie von Bild und Sprache/Text [2] insofern zu unterlaufen, als ikonische Aspekte an Schriften selbst und die Gemeinsamkeiten mit nicht-sprachbezogenen Notationsphänomenen (wie Musik- und Tanznotationen) und diagrammatischen Darstellungen erfasst werden. Er eröffnet also ein Untersuchungsfeld für taxonomische Überlegungen in dem Bereich, der durch die beiden Pole Schrift_und_Bild abgesteckt ist, sowie für Funktions- und Gebrauchsbeschreibungen in diesem Phänomenbereich.
Die Unterpunkte: Beispiele für schriftbildliche PhänomeneDie Gestaltung des Schriftzuges selbst ist immer semantisiert. Die typographische Gestaltung von Druckwerken kann eher standardisiert sein oder einem künstlerischen Anspruch genügen, man kann sie eher in den Vordergrund stellen wie oft in Werbeplakaten (⊳ Werbung) oder eher unauffällig gestalten wie in wissenschaftlichen Publikationen; sie impliziert aber in jedem Fall eine ästhetische Entscheidung, die das Leseverhalten beeinflusst und bestimmte Konnotationen mit sich bringt.[3] In der Kalligraphie wird in gewisser Weise der meist handschriftliche Schriftzug selbst zum Bild. In alphabetisch geprägten Kulturen ist sie im Vergleich zu anderen Kunstformen eher ein Randphänomen, im Einflussbereich der chinesischen und arabischen Schriftkulturen nimmt sie dagegen einen ungleich höheren Stellenwert ein. Darüber hinaus können ganze Textseiten verwendet werden, um Bildeffekte unterschiedlichster Art zu erzeugen, von den mittelalterlichen Figurengedichten bis hin zur konkreten Poesie. Über die Schriften im umgangssprachlichen Sinn hinaus sind in diesem Zusammenhang auch die Pseudoschriften zu erwähnen, ein Sammelbegriff für schriftähnliche Markierungen, in der bildenden Kunst, oder als spezielle Markierungen, von magischen Symbolen bis zu Markensymbolen. Bei den genannten Begriffen handelt es sich natürlich nicht um einander systematisch ausschließende Kategorien, vielmehr weisen sie auf unterschiedliche künstlerische und handwerkliche Traditionen hin. Ägyptische Hieroglyphen zwischen Schrift und Bild. In Schriftbildlichkeit. Wahrnehmbarkeit, Materialität und Operativität von Notationen, 123-138. Eintrag in Sammlung zeigen). Difficult Characters: Interdisciplinary Studies of Chinese and Japanese Writing. Columbus, Ohio: National East Asian Language Resource Center. Eintrag in Sammlung zeigen). Eine offene Frage in der Schrifttypologie bleibt jedoch der Status und die Funktionsweise logographischer Zeichen. Mit den genannten Unterpunkten werden einige Begriffe erläutert, die markante Phänomene bzw. Phänomenbereiche von „Schriftbildlichkeit“ beschreiben, – selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn der Begriff eröffnet ein weites Untersuchungsfeld für zahlreiche Disziplinen. |
Unterpunkte
Anmerkungen
[Elkins 1999a]: Elkins, James (1999). The Domain of Images. Ithaca, London: Cornell University Press.
[Erlbaugh 2002a]: Erbaugh, Mary S. (Hg.) (2002). Difficult Characters: Interdisciplinary Studies of Chinese and Japanese Writing. Columbus, Ohio: National East Asian Language Resource Center.
[Giertler 2011a]: Giertler, Mareike (2011). Lesen als Akt des Sehens der Schrift – Am Beispiel von Kafkas Betrachtungen im Erstdruck. Sprache und Literatur, Band: 42, Nummer: 107, S. 25-36.
[Grube et al. 2005a]: Grube, Gernot; Kogge, Werner & Krämer, Sybille (Hg.) (2005). Schrift. Kulturtechnik zwischen Auge, Hand und Maschine. München: Fink.
[Krämer & Giertler 2011a]: Krämer, Sybille & Giertler, Mareike (Hg.) (2011). Schriftbildlichkeit. Paderborn: W. Fink, Themenheft der Zeitschrift Sprache und Literatur, 42/107.
[Krämer 2003a]: Krämer, Sybille (2003). “Schriftbildlichkeit” oder: Über eine (fast) vergessene Dimension der Schrift. In: Krämer, S. & Bredekamp, H. (Hg.): Bild, Schrift, Zahl. München: Fink, S. 157-176.
[Krämer 2005a]: Krämer, Sybille (2005). “Operationsraum Schrift”: Über einen Perspektivenwechsel in der Betrachtung der Schrift. In: Grube, G.; Kogge, W. & Krämer, S. (Hg.): Schrift. Kulturtechnik zwischen Auge, Hand und Maschine. München: Fink, S. 23-57.
[Krämer 2009a]: Krämer, Sybille (2009). Operative Bildlichkeit: Von der Grammatologie zu einer Diagrammatologie? Reflexionen über erkennendes ‚Sehen’. In: Heßler, M. & Mersch, D. (Hg.): Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft. Bielefeld: transcript, S. 94-123.
[Krämer et al. 2011a]: Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [34], Elisabeth Birk [11] und Klaus Sachs-Hombach [6] — (Hinweis) |