Typographie
Unterpunkt zu: Schriftbildlichkeit
Darstellung des gr. ZusammenhangsTypographie (griech. τύπογραφία, typographía, von τύπος, týpos – Schlag, Abdruck, Figur, Typ; und γράφειν, gráfein – malen, schreiben, ritzen) bezieht sich auf die Gestaltung reproduzierbarer Schrift und auf deren gestalterische Anwendung auf einen Text- oder Text/Bild-Zusammenhang. In der aktuellen Begriffsverwendung gewinnt neben den sprachübermittelnden, pragmatischen Zwecken zunehmend die ganzheitliche ästhetische Aufgabe der visuellen Gestaltung an Bedeutung, durch die dem Text- oder Text/Bild-Zusammenhang ein bestimmter ästhetischer Charakter verliehen wird. Die zentrale gestalterische Aufgabe der Typographie ist demnach Zweck und Inhalt eines Textwerkes zu verdeutlichen. So betrachtet eignet sich der Begriff „Typographie“ eher für die Benennung des Ordnens und Strukturierens der zu gestaltenden, weil notwendigerweise aisthetisch wahrgenommenen Fläche als für das bloße Lesbarmachen eines Textes. Engere BegriffsbestimmungDamit Schrift Inhalte vermitteln kann, muss sie natürlich zunächst als bedeutungsvolle Zeichenkette eingeordnet werden. Dieser Erkennungsvorgang scheint ebenso trivial wie unmaßgeblich zu sein, da er in Millisekunden und zudem unbewusst stattfindet. Er umfasst jedoch mehrstufige und kognitiv komplexe Bearbeitungsprozesse, die kognitionspsychologisch schwer bestimmbar, zugleich aber emotiv einflussreich sind (vgl. [Wamposzyc 2012a]: S. 40ff.). Durch die Typographie der jeweiligen Zeichenkette wird der Erkennungsvorgang ordnend gesteuert, konnotativ selegiert und emotiv geleitet. Dadurch durchbricht die Typographie die lineare Indifferenz der Schriftordnung durch ein Netz von hierarchisch geordneten, nichtlinearen visuellen Attraktoren.
Die typographische Wahrnehmungslenkung orientiert sich an der zeitlichen Wahrneh-mungsebene der Leserichtung. Empirische Untersuchungen zeigen, dass auf dieser diachron-linearen Grundlage die Aufmerksamkeit des Betrachters/Lesers bei der Rezeption einer typographisch gestalteten komplexen Mitteilungseinheit vom Großen zum Kleinen, vom Fetten zum Mageren sowie vom Bunten zum Schwarz-Weißen gelenkt wird (vgl. [Sammye & Prijatel 1999a]: S. 222f.). Erst im Zusammenspiel dieser Oppositionspaare entsteht eine geschlossen-synchrone Wahrneh¬mungsganzheit der Schriftbildlichkeit der Typographie. Sie richtet sich dabei nach dem übergeordneten Prinzip des visuellen Kontrastes und folglich ist der gestalterische Einsatz von Proportionen, Rhythmen und Harmonien für die spezifisch emotive Wahrnehmungssteuerung von herausragender Bedeutung. So betrachtet, übernimmt die Typographie die Aufgabe der visuellen Differenzierung der Mitteilungsgesamtheit durch den Einsatz eines komplexen Wechselspiels kontrastierender schriftbildlicher Mittel. Die basalen Gestaltungsparameter des Schrift-Bilds können dabei beschrieben werden als: (a) Schriftart, (b) Schriftgröße, (c) Schriftschnitte, (d) Schriftausrichtung, (e) Schriftfarbe, (f) Laufweite, (g) Zeilenbreite, (h) Zeilenabstand, (i) Raster.Referenzfehler: Ungültige Verwendung von
optional BeispieleDer einzelner Buchstabe ist aus dieser Warte zuerst einmal als bloße Form, oder genauer als Kontrastbildung auf der Grundlage der Konzipierung der Auftragsfläche als einer gewissermaßen undefinierten, idealischen Negativform zu betrachten. Zentrales Anliegen der Konstruktion der Buchstaben ist es, optimale visuelle Proportionen herzustellen. Die Großbuchstaben – Versalien oder Majuskeln genannt – sind aus den geometrischen Formen des Dreiecks, des Rechtecks und des Kreises aufgebaut. Zusätzliche Spannung und Differenzierung wird durch eingefügte Asymmetrien erzeugt. Die Grundformen der Buchstaben, die deren Duktus bestimmen, entstehen aus der Differenz von vertikalen und horizontalen Strichen. Die Form bildet gemeinsam mit ihrer Negativform die Grundstruktur oder das „Skelett der Buchstaben“, das deren Ausrichtung auf der Fläche vorgibt. Der bis heute nicht aufgefundene heilige Gral der Typographie ist zweifelsohne die einheitliche Klassifizierung der Schriftarten. Erste Ansätze hierzu sind aus der Anfangszeit der Buchdruckkunst überliefert , die aktuellsten kann man online in typographischen Diskussionsforen abrufen. Das Problem dabei ist die seit der Computerrevolution exponen¬tiell ansteigende Zunahme von Schriftformen. Die Vielfalt der heute benutzten Schriftarten erschwert nicht nur deren Klassifikation, sondern auch deren Charakterisierung sowie eine eindeutige Identifikation. Beschränkten sich die Schriftschnitte des 18. Jahrhunderts noch auf normal, kursiv und fett, so weist z.B. die Univers von Adrian Frutiger aus dem Jahr 1957 schon 21 Schnittvarianten auf, die in einer neuen, numerischen Klassifikation angeordnet wurden.
Auswirkungen auf andere Begriffe |
Anmerkungen
[Sammye & Prijatel 1999a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Wamposzyc 2012a]: Wamposzyc, Michael (2012). Das Gesicht der Zeitschrift. Typographie und visuelle Darstellungsformen von Titelblättern am Beispiel des «Spiegel» und der «Polityka». Potsdam: Universität Potsdam, Dissertationsschrift. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Elisabeth Birk [33], Joerg R.J. Schirra [22] und Michael Wamposzyc [3] — (Hinweis) |