Visuelle und multimodale Metaphern: Unterschied zwischen den Versionen

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Unter dem Begriff der visuellen Metapher lässt sich eine Vielzahl von Theorie zusammenfassen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven und auch unterschiedlichen Disziplinen der Möglichkeit einem der sprachlichen Metapher verwandten, visuellen Phänomen anzunähern.
 
Unter dem Begriff der visuellen Metapher lässt sich eine Vielzahl von Theorie zusammenfassen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven und auch unterschiedlichen Disziplinen der Möglichkeit einem der sprachlichen Metapher verwandten, visuellen Phänomen anzunähern.
In der Kunstwissenschaft lassen sich bereits seit Mitte des 20.Jahrhunderts Versuche ausmachen, die Figur der Metapher als Mittel zur Bildanalyse und -interpretation zu nutzen, oftmals allerdings nicht als eigenständige Theorien, sondern vielmehr als Instrument für spezifische Kontexte (<bib id='Gombrich 1952a'></bib>, <bib id='Imdahl 1985a'></bib>, <bib id='Wagner 1999a'></bib>). Hierbei werden oft einzelne sprachliche Metaphertheorien (bspw. Gombrich 1952 stützt sich auf Aristoteles Poetik, <bib id='Hausman 1989a'></bib> auf <bib id='Black 1954a'></bib>, <bib id='Wollheim 1987a'></bib> auf <bib id='Davidson 1978a'></bib>) herangezogen, die eine Möglichkeit bieten, das Konzept der Metapher im jeweiligen theoretischen Kontext fruchtbar zu machen. Dennoch werden wichtige Grundlagen zur Annäherung an die Möglichkeit genuin bildhafter Metaphern, wie beispielsweise die Unterscheidungen zwischen Sehen-als und Sehen-in (<bib id='Wollheim 1980a'></bib>) und die Betonung der bildhaften Simultaneität zur Erzeugung von Sinn (<bib id='Imdahl 1994a'></bib>, <bib id='Boehm 1994a'></bib>). Auch wenn die Metapher als mögliches Exportgut der Linguistik immer wieder in den kunstwissenschaftlichen Diskurs rückt, bleibt ihre Stellung dort marginal und ihr Potential wenig beachtet (<bib id='Bätschmann 1984a'></bib>, <bib id='Rimmele 2011a'></bib>).
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In der Kunstwissenschaft lassen sich bereits seit Mitte des 20.Jahrhunderts Versuche ausmachen, die Figur der Metapher als Mittel zur Bildanalyse und -interpretation zu nutzen, oftmals allerdings nicht als eigenständige Theorien, sondern vielmehr als Instrument für spezifische Kontexte (<bib id='Gombrich 1952a'></bib>, <bib id='Imdahl 1985a'></bib>, <bib id='Wagner 1999a'></bib>). Hierbei werden oft einzelne sprachliche Metaphertheorien (bspw. Gombrich 1952 stützt sich auf Aristoteles Poetik, <bib id='Hausman 1989a'></bib> auf <bib id='Black 1954a'></bib>, <bib id='Wollheim 1987a'></bib> auf <bib id='Davidson 1978a'></bib>) herangezogen, die eine Möglichkeit bieten, das Konzept der Metapher im jeweiligen theoretischen Kontext fruchtbar zu machen. Dennoch werden wichtige Grundlagen zur Annäherung an die Möglichkeit genuin bildhafter Metaphern gemacht, wie beispielsweise die Unterscheidungen zwischen Sehen-als und Sehen-in (<bib id='Wollheim 1980a'></bib>) und die Betonung der bildhaften Simultaneität zur Erzeugung von Sinn (<bib id='Imdahl 1994a'></bib>, <bib id='Boehm 1994a'></bib>). Auch wenn die Metapher als mögliches Exportgut der Linguistik immer wieder in den kunstwissenschaftlichen Diskurs rückt, bleibt ihre Stellung dort marginal und ihr Potential wenig beachtet (<bib id='Bätschmann 1984a'></bib>, <bib id='Rimmele 2011a'></bib>).
  
Seit Goodman (Goodman 1968) werden in der Kunstphilosophie mögliche Formen visueller Metaphorizität diskutiert. Vor allem die verschiedenen Modi der Repräsentation-als bzw. des Sehen-als stehen im Zentrum vieler Analysen (vgl. Goodman 1968, Aldrich 1983, Danto 1984, Majetschak 2005). Oftmals verlieren die Begriffsbestimmungen allerdings an Kontur, da die Metapher als Argument für die Wesensbestimmung der Kunst funktionalisiert werden, wie im Falle von Danto der Ausdruckstheorie und bei Aldrich einer stark expressionstheoretisch geprägten Definition. Besonders wichtig auf dem Wege zur Etablierung des Phänomens der visuellen Metapher sind Goodmans Ausführungen zur metaphorischen Exemplifikation, anhand derer metaphorische Prozesse in Bildern deutlich von an Bilder herangetragenen metaphorischen Prädikationen unterschieden werden können, und andererseits Carrolls Bestimmung der zentralen Aspekte visueller Metaphern – wie Carroll selbst schreibt, der „most central and least controversial core cases of visual metaphor“ (Caroll 1994, S.215), die eine strukturelle Verwandtschaft zur sprachlichen Metapher ausweisen.
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Seit Goodman (Goodman 1968) werden in der Kunstphilosophie mögliche Formen visueller Metaphorizität diskutiert. Vor allem die verschiedenen Modi der Repräsentation-als bzw. des Sehen-als stehen im Zentrum vieler Analysen (vgl. Goodman 1968, Aldrich 1983, Danto 1984, Majetschak 2005). Oftmals verlieren die Begriffsbestimmungen allerdings an Kontur, da die Metapher als Argument für die Wesensbestimmung der Kunst funktionalisiert wird, wie im Falle von Danto der Ausdruckstheorie und bei Aldrich einer stark expressionstheoretisch geprägten Definition. Besonders wichtig auf dem Wege zur Etablierung des Phänomens der visuellen Metapher sind Goodmans Ausführungen zur metaphorischen Exemplifikation, anhand derer metaphorische Prozesse in Bildern deutlich von an Bilder herangetragenen metaphorischen Prädikationen unterschieden werden können, und andererseits Carrolls Bestimmung der zentralen Aspekte visueller Metaphern – wie Carroll selbst schreibt, der „most central and least controversial core cases of visual metaphor“ (Caroll 1994, S.215), die eine strukturelle Verwandtschaft zur sprachlichen Metapher ausweisen.
  
 
Aus semiotischer Perspektive wurde 2003 kritisiert, dass in der Metaphernforschung kein neuer Ansatz versucht wird, sondern stets nur die Übertragbarkeit der sprachlichen Metapher in andere Phänomenbereiche diskutiert wird.  Indem mögliche non-verbale Metaphern einer semiotischen Analyse unterzogen werden, wird versucht, einen Forschungsansatz neben dem logozentristischen vorzustellen, der vielleicht auch für die Analyse sprachlicher Metaphern fruchtbar sein könnte (Johansen/Posner 2003, S.4-5, Sonesson 2003).  
 
Aus semiotischer Perspektive wurde 2003 kritisiert, dass in der Metaphernforschung kein neuer Ansatz versucht wird, sondern stets nur die Übertragbarkeit der sprachlichen Metapher in andere Phänomenbereiche diskutiert wird.  Indem mögliche non-verbale Metaphern einer semiotischen Analyse unterzogen werden, wird versucht, einen Forschungsansatz neben dem logozentristischen vorzustellen, der vielleicht auch für die Analyse sprachlicher Metaphern fruchtbar sein könnte (Johansen/Posner 2003, S.4-5, Sonesson 2003).  
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In die kognitivistisch geprägte Metaphernforschung führt Forceville die Unterscheidung zwischen monomodalen und multimodalen Metaphern ein. Eine monomodale Metapher habe den Quell- und Zielbereich, zwischen denen im metaphorischen Prozess die Projektion von Eigenschaften stattfindet, in der gleichen Modalität, eine multimodale Metapher hingegen in verschiedenen Modalitäten. Indem die sprachliche Metapher als die Metapher entthront wird und als Monomodale, wenn nicht als ihr Prototyp, neben die visuelle Metapher tritt, kann sich, so Forceville, die Erforschung nicht-sprachlicher Metaphern ihrer marginalen Stellung erwehren: „I will sketch how adopting the view that metaphors can assume non-verbal and multimodal appearances can and should guide the research of a new generation of metaphor scholars“ (Forceville 2006, S.22).
 
In die kognitivistisch geprägte Metaphernforschung führt Forceville die Unterscheidung zwischen monomodalen und multimodalen Metaphern ein. Eine monomodale Metapher habe den Quell- und Zielbereich, zwischen denen im metaphorischen Prozess die Projektion von Eigenschaften stattfindet, in der gleichen Modalität, eine multimodale Metapher hingegen in verschiedenen Modalitäten. Indem die sprachliche Metapher als die Metapher entthront wird und als Monomodale, wenn nicht als ihr Prototyp, neben die visuelle Metapher tritt, kann sich, so Forceville, die Erforschung nicht-sprachlicher Metaphern ihrer marginalen Stellung erwehren: „I will sketch how adopting the view that metaphors can assume non-verbal and multimodal appearances can and should guide the research of a new generation of metaphor scholars“ (Forceville 2006, S.22).
 
  
 
=====Engere Begriffsbestimmung=====
 
=====Engere Begriffsbestimmung=====

Version vom 28. Februar 2012, 15:00 Uhr


Unterpunkt zu: Bild und rhetorische Figur


Darstellung des gr. Zusammenhangs

Unter dem Begriff der visuellen Metapher lässt sich eine Vielzahl von Theorie zusammenfassen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven und auch unterschiedlichen Disziplinen der Möglichkeit einem der sprachlichen Metapher verwandten, visuellen Phänomen anzunähern. In der Kunstwissenschaft lassen sich bereits seit Mitte des 20.Jahrhunderts Versuche ausmachen, die Figur der Metapher als Mittel zur Bildanalyse und -interpretation zu nutzen, oftmals allerdings nicht als eigenständige Theorien, sondern vielmehr als Instrument für spezifische Kontexte ([Gombrich 1952a], [Imdahl 1985a], [Wagner 1999a]). Hierbei werden oft einzelne sprachliche Metaphertheorien (bspw. Gombrich 1952 stützt sich auf Aristoteles Poetik, [Hausman 1989a] auf [Black 1954a], [Wollheim 1987a] auf [Davidson 1978a]) herangezogen, die eine Möglichkeit bieten, das Konzept der Metapher im jeweiligen theoretischen Kontext fruchtbar zu machen. Dennoch werden wichtige Grundlagen zur Annäherung an die Möglichkeit genuin bildhafter Metaphern gemacht, wie beispielsweise die Unterscheidungen zwischen Sehen-als und Sehen-in ([Wollheim 1980a]) und die Betonung der bildhaften Simultaneität zur Erzeugung von Sinn ([Imdahl 1994a], [Boehm 1994a]). Auch wenn die Metapher als mögliches Exportgut der Linguistik immer wieder in den kunstwissenschaftlichen Diskurs rückt, bleibt ihre Stellung dort marginal und ihr Potential wenig beachtet ([Bätschmann 1984a], [Rimmele 2011a]).

Seit Goodman (Goodman 1968) werden in der Kunstphilosophie mögliche Formen visueller Metaphorizität diskutiert. Vor allem die verschiedenen Modi der Repräsentation-als bzw. des Sehen-als stehen im Zentrum vieler Analysen (vgl. Goodman 1968, Aldrich 1983, Danto 1984, Majetschak 2005). Oftmals verlieren die Begriffsbestimmungen allerdings an Kontur, da die Metapher als Argument für die Wesensbestimmung der Kunst funktionalisiert wird, wie im Falle von Danto der Ausdruckstheorie und bei Aldrich einer stark expressionstheoretisch geprägten Definition. Besonders wichtig auf dem Wege zur Etablierung des Phänomens der visuellen Metapher sind Goodmans Ausführungen zur metaphorischen Exemplifikation, anhand derer metaphorische Prozesse in Bildern deutlich von an Bilder herangetragenen metaphorischen Prädikationen unterschieden werden können, und andererseits Carrolls Bestimmung der zentralen Aspekte visueller Metaphern – wie Carroll selbst schreibt, der „most central and least controversial core cases of visual metaphor“ (Caroll 1994, S.215), die eine strukturelle Verwandtschaft zur sprachlichen Metapher ausweisen.

Aus semiotischer Perspektive wurde 2003 kritisiert, dass in der Metaphernforschung kein neuer Ansatz versucht wird, sondern stets nur die Übertragbarkeit der sprachlichen Metapher in andere Phänomenbereiche diskutiert wird. Indem mögliche non-verbale Metaphern einer semiotischen Analyse unterzogen werden, wird versucht, einen Forschungsansatz neben dem logozentristischen vorzustellen, der vielleicht auch für die Analyse sprachlicher Metaphern fruchtbar sein könnte (Johansen/Posner 2003, S.4-5, Sonesson 2003).

Seit den 1980er Jahren bieten kognitivistische Metaphertheorien, wie sie vor allem von Lakoff und Johnson (Lakoff/Johnson 1980) und später Lakoff und Turner (Lakoff/Turner 1989) entwickelt wurden, eine theoretische Grundlage, die nicht schon von vorn herein eine linguistische ist. Sie tragen dem Anspruch Rechnung, die Sprache als einzigen Ausgangspunkt der Metaphernforschung zu entkräften, der bereits von Danto (Danto 1984, S.267f.) und Carroll (Carroll 1994, S.205f.) formuliert wurde. Dem Paradigma von Lakoff und Johnson folgend, „the essence of metaphor is understanding and experiencing one kind of thing in terms of another“ (Lakoff und Johnson 1980, S.5), ist die Metapher maßgeblich ein Phänomen unseres Denkens. Forceville greift dieses Paradigma in seinen Analysen bildhafter Metaphern auf (vgl. Forceville 1996, 2005, 2006), kritisiert es aber in dem Punkte, dass trotz der Offenheit der Fokus auf sprachliche Metaphern gerichtet ist und somit das genuin visuelle Potential der Metapher weitestgehend nicht thematisiert wird (Forceville 2006, S.21f.).

In die kognitivistisch geprägte Metaphernforschung führt Forceville die Unterscheidung zwischen monomodalen und multimodalen Metaphern ein. Eine monomodale Metapher habe den Quell- und Zielbereich, zwischen denen im metaphorischen Prozess die Projektion von Eigenschaften stattfindet, in der gleichen Modalität, eine multimodale Metapher hingegen in verschiedenen Modalitäten. Indem die sprachliche Metapher als die Metapher entthront wird und als Monomodale, wenn nicht als ihr Prototyp, neben die visuelle Metapher tritt, kann sich, so Forceville, die Erforschung nicht-sprachlicher Metaphern ihrer marginalen Stellung erwehren: „I will sketch how adopting the view that metaphors can assume non-verbal and multimodal appearances can and should guide the research of a new generation of metaphor scholars“ (Forceville 2006, S.22).

Engere Begriffsbestimmung

In der Theoriebildung zur visuellen Metapher hat sich bis zum heutigen Zeitpunkt kein Einheitsmodell etabliert, das allen Aspekten visueller Metaphorik oder den Fokusbildungen der unterschiedlichen Disziplinen vollends Rechnung tragen kann. In Forcevilles vorgestelltem Theorierahmen zur non-verbalen und multimodalen Metapher lässt sich allerdings ein erster Ansatz verorten, eine Forschungsgrundlage für Metaphern außerhalb der Sprache zu situieren, die sich der oft kritisierten einfachen Übertragung sprachwissenschaftlicher Theorien und deren eklektische Auswahl erwehren kann. Im Folgenden sollen zentrale Aspekte möglicher visueller Metaphorik und Problemfelder in der Fixierung des Begriffs vorgestellt werden, die für die bisherige Forschung zur visuellen Metapher von zentraler Bedeutung sind und eine Grundlage zur Annäherung an das Phänomen darstellen.

Zwei wesentliche Arten metaphorischer Prozesse in Bildern können unterschieden werden: einerseits die Repräsentation-als und andererseits die Überschneidung oder Überlagerung zu einer Mischform.

Die Repräsentation-als bezeichnet die Darstellung eines Bildelements durch Attribute eines anderen Elements. Bereits Wollheim fixierte diesen Bildprozess mit dem Ausdruck Sehen-als („seeing as“, Wollheim 1980), der von Aldrich aufgegriffen wurde (Aldrich 1983) und bei Danto (Danto 1984) als Repräsentation-als und später bei Majetschak (Majetschak 2005) resümierend wieder auftaucht. Einem Beispiel von Danto folgend, kann in dem Bildnis Napoleons als römischer Kaiser eine Repräsentation-als gesehen werden, da Napoleon kein römischer Kaiser war und die Darstellung ihn als einen solchen sehen lässt. Hierbei werden Attribute eines römischen Kaisers in einem metaphorischen Prozess auf Napoleon übertragen (vgl. Danto 1984, Kpt. 7). Danto prägt für diesen Prozess den Begriff der „Transfiguration“ (Danto 1984, S.256) anstelle von Transformation.

Die Überschneidung als zweite wesentliche Art metaphorischer Prozesse im Bild taucht erstmals bei Carroll in einer genauen Analyse visueller Metaphern auf, die er mit der Überlagerung („superimposition“, Carroll 1994, S.196) als Kern visueller Metaphorik beschreibt. Diese Überlagerung erzeuge eine homogen-räumliche („homospatial“, Carroll 1994, S.190) Einheit, in der beide Teile sowohl getrennt als auch simultan wahrgenommen werden können. Majetschak sieht diese Form der bildhaften Metaphorizität als Sonderfall der Repräsentation-als, da durch eine „visuelle Inversion“ (Majetschak 2005, S.249) unvereinbare Dinge vereint werden. Beide Autoren unterscheiden sich allerdings in dem Punkte, dass Majetschak den Wittgensteinschen Hase-Ente-Kopf als Beispiel dieser Art von metaphorischem Prozess sieht, während Carroll den H-E-Kopf deutlich ausgrenzt, da sich beide Figuren nur getrennt und nicht simultan wahrnehmen lassen.

Zentrale Frage in der Diskussion visueller Metaphern ist, ob im non-verbalen Bereich eine der „A IST B“-Form der sprachlichen Metapher strukturell ähnliche Form vorliegt. Eine visuelle Metapher in dieser Form zu verbalisieren, bedeutet oftmals eine Verschiebung ihrer Bedeutung. Nicht-sprachliche Metaphern können keine propositionalen Gehalten erzeugen und daher auch nicht wahr oder falsch im logischen Sinne sein (vgl. Danto 1984, Carroll 1994, 1996, Sonesson 2003, Forceville 1996, 2005, 2006). Carroll sieht in der physikalischen Unvereinbarkeit („physically noncompossible“, Carroll 1994, S.199) der Überschneidung einer der Falschheit sprachlicher Metaphern vergleichbare Möglichkeit, eine Anomalie zu erzeugen. In ähnlicher Weise nähert sich Sonesson dieser Problematik an – allerdings ohne genauere Bestimmung –, indem er von einem Verstoß gegen die „Syntax der Dinge“ (Sonesson 2003, S.32) spricht. Forceville nähert sich diesem zentralen Problematik visueller Metaphorik über das Konzept des simultanen Einsetzens („simultaneous cueing“, Forceville 2006, S.31) an, durch das eine der Struktur der spachlichen Metapher verwandte Form erreicht werden kann: „Filling a schematic slot unexprectedly“ (Forceville 2006, S.31).

Theoretischer Dissens herrscht besonders bei der Frage der Direktionalität visueller Metaphern. Während Carroll einräumt, dass der metaphorische Prozess vieler seiner Beispiele symmetrisch und daher bidirektional sei (Carroll 1994), argumentiert Sonesson, die Lesart einer visuellen Metapher sei kontextabhängig (Sonesson 2003). Hausman geht als Folgerung aus seiner Interpretation der Interaktionstheorie der Metapher von Black (Black 1954) grundlegend von einer Reversibilität visueller Metaphern aus (Hausman 1989). Forceville kritisiert die Annahme der möglichen Symmetrie visueller Metaphern: bei vielen visuellen Metaphern, vor allem in der Kunst, könne nicht genau zwischen Quell- und Zielbereich unterschieden werden. Dies hieße allerdings nicht, visuelle Metaphern seien symmetrisch, sondern lediglich, dass sich zwei verschiedene Lesarten und somit zwei verschiedene Metaphern erkennen lassen können (vgl. Forceville, 1996, 2006).

Bei Repräsentationen-als und bei Überschneidungen können nicht nur visuelle Eigenschaften der zusammengebrachten Elemente im metaphorischen Prozess übertragen werden. Besonders Forceville und Sonesson betonen die Kontextabhängigkeit innerhalb des Übertragungsprozesses. Grundlegend wirke sich auch das Genre (z.B. Werbung, Science-Fiction-Film etc.) auf die metaphorische Projektion und ferner auf die Erkennbarkeit visueller Metaphern aus (Forceville 2006). Im Falle der Werke der bildenden Kunst spielen zudem ikonographische Konventionen eine starke Rolle – neben allgemeinen kulturellen Kenntnissen wie im Falle des Bildnisses Napoleons als römischer Kaiser –, weshalb Majetschak den Bedarf zur Erforschung visueller Metaphorik vor allem in einer „metapherntheoretisch orientierte(n) Ikonographie“ (Majetschak 2005, S.249) sieht.


Auswirkungen auf andere Begriffe

Neben der Frage nach metaphorischen Prozessen in Bildern lässt sich auch die Frage stellen, ob Bilder als Ganzes eine Metapher sein können. Zu sagen, ein Bild sei eine Metapher für Traurigkeit, lässt sich verkürzen zur Annahme, ein Bild sei traurig. Goodman bezeichnet derartige Fälle als metaphorische Exemplifikation, denn ein Bild könne Traurigkeit nicht buchstäblich sondern nur metaphorisch exemplifizieren (Goodman 1968, vgl. auch Aldrich 1983, Danto 1984 und resümierend Carroll 1999). Eine genaue Einordnung des Begriffs der metaphorischen Exemplifikation nach Goodman findet sich im Glossar-Artikel „Referenz, Denotation, Exemplifikation“.

Der von Forceville vorgestellte Theorierahmen zur Erforschung non-verbaler und multimodaler Metaphern orientiert sich neben der conceptual metaphor theory von Lakoff und Turner an der neueren Multimedialitätsdebatte, die im Glossarartikel „Sprach-Bild-Bezüge“ näher angesprochen wird.

Die Annahme, auch visuelle Metaphern können wie sprachliche Metaphern „absterben“ und durch häufigen Gebrauch konventionalisiert werden, zieht sich wie ein roten Faden durch die verschiedenen, erwähnten Ansätze und bietet einen Ausgangspunkt, um Übergänge und Unterschiede zwischen visuellen Metaphern und Symbolen herauszuarbeiten.


Anmerkungen
Literatur                             [Sammlung]

[Black 1954a]: Black, Max (1983). Die Metapher (1954). In: Haverkamp, A. (Hg.): Theorie der Metapher. Darmstadt: WBG, S. 55-79.

[Boehm 1994a]: Boehm, Gottfried (1994). Die Wiederkehr der Bilder. In: Boehm, G. (Hg.): Was ist ein Bild?. München: Fink, S. 11-38. [Bätschmann 1984a]: Bätschmann, Oskar (1984). Einführung in die kunstgeschichtliche Hermeneutik. Darmstadt: WBG. [Davidson 1978a]: Davidson, Donald (1984). What Metaphors Mean (1978). In: Davidson, D. (Hg.): Inquiries into Truth and Interpretation. Oxford: Clarendon Press, S. 343-370. [Gombrich 1952a]: Gombrich, Ernst H. (1978). Wertmetaphern in der bildenden Kunst. In: Gombrich, Ernst H. (Hg.): Meditationen über ein Steckenpferd. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 34-63. [Hausman 1989a]: Hausman, Carl R. (1989). Metaphor and Art. Cambridge: Cambridge University Press. [Imdahl 1985a]: Imdahl, Max (1985). Picassos Guernica. Frankfurt/M.: Insel. [Imdahl 1994a]: Imdahl, Max (1994). Ikonik: Bilder und ihre Anschauung. In: Böhm, G. (Hg.): Was ist ein Bild?. München: Fink, S. 300-324. [Rimmele 2011a]: Rimmele, Marius (2011). „Metapher“ als Metapher. E-Journal kunsttexte.de, Nummer: 1. [Wagner 1999a]: Wagner, Christoph (1999). Farbe und Metapher. Berlin: Gebr.Mann. [Wollheim 1980a]:
Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Wollheim 1987a]: Wollheim, Richard (1987). Painting, Metaphor, and the Body: Titian, Bellini, De Kooning, etc.. In: Wollheim, R. (Hg.): Painting as an Art. Princeton: Princeton University Press, S. 305-356.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Verantwortlich:

Seitenbearbeitungen durch: Dimitri Liebsch [27], Joerg R.J. Schirra [26], Till-Julian Huss [9] und Christoph Martin [5] — (Hinweis)