Technisches Bild
Unterpunkt zu: Bildverwendungstypen
Vom Bild zum TechnobildWenn man in heutiger Zeit vom technischen Bild spricht, meint man in der Regel das Technobild des Medien- und Kommunikationsphilosophen Vilém Flusser.[1] Flusser hat sich in einer Reihe von Arbeiten mit Bildern, der Bildproduktion, Technobildern und Design auseinandergesetzt. Um das Technobild im Sinne Flussers verstehen zu können, muss man die Einbettung kennen, die Flusser im Rahmen seiner medientheoretischen Überlegungen vorgenommen hat. Seine Ausarbeitungen hierzu stehen fest im Netz seiner Überlegung zur kulturellen, gesellschaftlichen und technischen Entwicklung. Technobilder – und ihre besondere Wahrnehmungsform, die Flusser Technoimagination nennt – sind verschieden zu herkömmlichen Bildern. Traditionelle Bilder (z.B. die eines Malers) sind nach Flusser Flächen mit einer Bedeutung. Das Auge scannt die Oberfläche, um die Bedeutung des Bildes zu erschließen. Dieses Erfassen stellt eine Verbindung zweier Intentionen dar, nämlich jener, die sich im Bild manifestiert und jener des Betrachters. In diesem Zwischenspiel lassen Bilder Raum für Deutungen (vgl. [Flusser 1983a]Literaturangabe fehlt. Mit der Erfindung der Schrift wurde das Bild dekonstruiert und anschließend in Zeilen rekonstruiert. Aber eine Weltannäherung wurde so nicht erreicht, sondern eine weitere Abstraktionsebene zwischen Mensch und Welt etabliert. Die Anordnung in Zeilen, das einer Linie folgende Voranschreiten, führte zum geschichtlichen Bewusstsein, die die zirkuläre Zeit des Bildes ablöste. Die Welt wurde nun in Linien und Zeilen geordnet. Technobilder kennzeichnen nunmehr einen weiteren Schritt in der Entfernung des Menschen von der unmittelbaren Welt, sie bilden eine weitere Abstraktionsebene, die weg von der Welt führt. Ein technisches Bild bzw. Technobilder, zu dem nicht nur die Fotografie als ältestes Technobild gehört, sondern auch der Film oder das Computerbild – sind ein von Apparaten erzeugtes Bild. Diese Bilder setzen sich in verschiedener Art vom herkömmlichen Bild ab und besitzen eine Reihe von Besonderheiten, die sich auf unsere Wirklichkeit legen bzw. diese durchdringen:
TechnobilderTechnische Bilder werden von Apparaten erzeugt. Apparate hingegen sind Erzeugnisse angewandter wissenschaftlicher Texte. Sie sind Materie gewordene Theorie und Formel. Daher handelt es sich bei technischen Bildern, als Produkt eines Apparates, um mittelbare Erzeugnisse wissenschaftlicher Texte. Die Schrift wiederum ist selbst eine Abstraktion der Welt. Sie ordnet die Bildelemente in Zeilen ab. Die Schrift ist daher nach Flusser noch eine Ebene weiter von der Welt entfernt als die alten, nicht-technischen Bilder. Denn Texte „bedeuten nicht die Welt, sie bedeuten die Bilder, die sie zerreißen“ ([Flusser 1983a]Literaturangabe fehlt. Betrachtet man ein Technobild ganz aus der Nähe, so wird deutlich, dass es aus Punktelementen besteht und nicht aus einer Fläche (⊳ Digitale Medien). Man muss sich aus den Punkten das Bild einbilden, um es sehen zu können. Und dafür muss man das Bild oberflächlich beschauen, denn wenn man es genau ansieht, erkennt man nur noch die einzelnen Bildpunkte, die letztlich Symptome chemischer oder elektronischer Prozesse sind. Daher spricht Flusser vom „Lob der Oberflächlichkeit“ (vgl. [Flusser 1993a]Literaturangabe fehlt. Technische Bilder sind nunmehr Erfindungen, um Texte, die ja bereits eine Ableitung von der Welt darstellen, wieder magisch aufzuladen und vorstellbar zu machen. Ein herkömmliches, von einem Maler entworfenes Bild ist eine Abstraktion ersten Grades von der Welt. Texte sind Abstraktionen zweiten Grades, da sie das Bildhafte in Zeilen zerlegen und pressen, die dann linear gelesen werden müssen. Die technischen Bilder sind Abstraktionen dritten Grades, da sie von den abstrakten, wissenschaftlichen Texten, die sich in Form von Apparaten materialisieren, eine Abstraktion sind. Daraus ergibt sich für Flusser die kategorische Unterscheidung von vorgeschichtlich (klassisches Bild), geschichtlich (Texte) und nachgeschichtlich (technisches Bild). Ein interessanter Umstand ist in diesem Zusammenhang die scheinbare Objektivität der technischen Bilder. Sie bilden die Wirklichkeit vermeintlich objektiv und unmittelbar ab, sodass sie auf der gleichen Wirklichkeitsebene wie ihre Bedeutung zu liegen scheinen. Sie werden von den Menschen zunächst nicht als Symbole begriffen, sondern vielmehr als reine und unverstellte Fenster zur Welt. Und da der Mensch ihnen traut wie seinen Augen, kritisiert er sie nicht, sondern nimmt sie ungedeutet als eine unmittelbare Weltanschauung wahr. Darin sieht Flusser einen Fehler und eine Gefahr, denn die Techno-Bilder sind nicht nur nicht objektiv, sondern „stellen noch weit abstraktere Symbolkomplexe dar als die traditionellen Bilder“ ([Flusser 1983a]Literaturangabe fehlt. Die Technobilder stellen eine neue Form der Codierung der Welt dar, die von den Menschen eine neue Form der Einbildungskraft fordern, um sie interpretieren und gänzlich verstehen zu können. Der Mensch muss die durch ihn selbst kodifizierte Welt, d.h. die wirkliche Welt, die mit Sinn angefüllt wurde, wieder neu zu erfassen lernen. Denn der Mensch ist ein der Welt entfremdetes Wesen und sucht mittels selbst hervorgebrachter Codes wieder mit der Welt in Verbindung zu kommen. Die Codes und die vom Menschen gesponnene kodifizierte Welt sollen dem Menschen Sinn vermitteln, der in der Welt, in die er durch Geburt geworfen ist, nicht vorhanden ist. Symbolgebung und Codeerzeugung, das Spinnen einer Sinnwelt rettet den Menschen vor dem Wissen um seinen (unvermeidlichen) Tod, vor dem Zuströmen hin zur Entropie. Eben dieser Vorgang des Sinnentwerfens vollzieht sich durch Kommunikation über Codes mit anderen Menschen. Erst in Kommunikation mit Anderen webt sich das Netz der Sinnwelt, die die wirkliche, sinnlose Welt verschleiert. Aber diese Sinnwelt, die dem Menschen seine Existenz- und Todesangst nehmen soll, führt in dem Augenblick zu einer Krise, wenn der Mensch vergisst, dass diese ihn umgebene Welt auf einer Vereinbarung (Codes, Symbole) beruht und er diese nicht mehr entziffern und recht deuten kann. Somit wird deutlich, „daß Symbole nicht nur ihre Bedeutung zeigen, sondern sie auch verdecken, daß sie also nicht nur als sinngebend, sondern auch als wahnsinngebend funktionieren“ ([Flusser 2003a]Literaturangabe fehlt.
In unserer Zeit sind es die Technobilder und nicht mehr die Texte, die in der kodifizierten Welt die meisten Botschaften übermitteln. Und daher wird es für die Menschen überlebenswichtig, „die unsere Welt betreffenden Botschaften ‚richtig‘ zu senden und zu empfangen“ ([Flusser 1993a]Literaturangabe fehlt. Siehe auch:
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Inhaltsverzeichnis
Anmerkungen
[Bidlo 2008a]:
Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Flusser 1983a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Flusser 1993a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Flusser 1999a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. [Flusser 2003a]: Literaturangabe fehlt. Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als: - Buch, - Artikel in Zeitschrift, - Beitrag in Sammelband, - Sammelband, - andere Publikation, - Glossarlemma. Verantwortlich: Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [19], Mark A. Halawa [7] und Oliver Bidlo [6] — (Hinweis) |