Bildpolitik: Unterschied zwischen den Versionen

Aus GIB - Glossar der Bildphilosophie
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==Bildlichkeit und Politik==
  
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Bildlichkeit und Politik sind eng mit&shy;einan&shy;der ver&shy;bunden. „Poli&shy;tische Ord&shy;nungen“, schreibt Hans Vor&shy;länder, „sind für die Auf&shy;recht&shy;er&shy;hal&shy;tung und die Durch&shy;setzung ihrer Gel&shy;tungs&shy;ansprü&shy;che auf symbo&shy;lische und ästhe&shy;tische Formen der Eigen&shy;darstel&shy;lung ange&shy;wiesen“ (<bib id='Vorländer 2003a'></bib>: S. 16). Gesell&shy;schaft&shy;liche Macht&shy;verhält&shy;nisse werden des&shy;halb seit vielen Jahr&shy;hunder&shy;ten mit&shy;hilfe visu&shy;eller Medien (etwa Münzen, [[Malerei|Ge&shy;mälde]], [[Skulptur|Skulp&shy;turen]] oder auch Bau&shy;werke) stabi&shy;lisiert. Bei&shy;spiel&shy;haft für diese enge Ver&shy;bindung von Poli&shy;tik und Symbolik bzw. Bild&shy;lichkeit stehen Herr&shy;schafts&shy;bauten wie die mittel&shy;alter&shy;lichen Adels&shy;burgen, die keines&shy;wegs nur wehr&shy;techni&shy;sche oder öko&shy;nomische, sondern auch visuell-reprä&shy;senta&shy;tive Funk&shy;tionen erfüll&shy;ten (vgl. <bib id='Zeune 1997a'></bib>). Ver&shy;schieden&shy;ste Archi&shy;tektur&shy;formen bieten reich&shy;halti&shy;ges Beleg&shy;material für das enge Wechsel&shy;spiel zwischen Bild&shy;lich&shy;keit und Poli&shy;tik an (vgl. z.B. <bib id='Warnke 1984a'></bib>; <bib id='Beyme 2004a'></bib>): Parla&shy;ments&shy;bauten etwa sind so eng mit dem demo&shy;krati&shy;schen Re&shy;präsen&shy;tations&shy;gedan&shy;ken ver&shy;knüpft, dass neben dem Bau&shy;körper auch die dort errich&shy;tete Sitz&shy;ordnung von hoher symbo&shy;lischer Bedeu&shy;tung ist (vgl. <bib id='Manow 2008a'></bib>). Auf&shy;grund ihrer Multi&shy;funktio&shy;nalität bietet sich Archi&shy;tektur immer zur poli&shy;tischen In&shy;dienst&shy;nahme an: So können Sakral&shy;bauten wie der Speyerer Kaiser&shy;dom als Kulis&shy;sen für Staats&shy;besuche dienen und im Rahmen trans&shy;nationa&shy;ler Medien&shy;ereig&shy;nisse wie etwa einer Fuß&shy;ball&shy;welt&shy;meister&shy;schaft finden Amts&shy;träger sich häufig in Sport&shy;stadien ein, um die große Medien&shy;auf&shy;merk&shy;sam&shy;keit für ihre Zwecke zu nutzen.
=====Darstellung des gr. Zusammenhangs=====
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Besonders offensichtlich ist Bild&shy;poli&shy;tik immer dort, wo Herr&shy;schaft sich mit Hilfe von Visu&shy;ali&shy;sierun&shy;gen dar&shy;stellen lässt: In der abend&shy;ländi&shy;schen Kunst&shy;geschich&shy;te ist das beson&shy;ders häufig in Form von Herr&shy;schafts&shy;bauten, gemal&shy;ten Por&shy;träts und Denk&shy;malen gesche&shy;hen. Durch die mediale Ent&shy;wick&shy;lung des 20. und des begin&shy;nenden 21. Jahr&shy;hunderts haben sich die dies&shy;bezüg&shy;lichen Mög&shy;lich&shy;keiten ver&shy;ändert und er&shy;weitert. In der „Medio&shy;kratie“ (<bib id='Meyer 2001a'></bib>) prägen ver&shy;schieden&shy;ste Akteu&shy;rinnen und Akteu&shy;re (z.B. PR-Spezia&shy;listen, Bild&shy;agen&shy;turen, Fern&shy;seh&shy;sender, Künstler, etc.) und For&shy;mate (u.a. Presse&shy;fotos, Wahl&shy;plakate, Web&shy;sites, Talk&shy;shows, etc.) die poli&shy;tische Kommu&shy;nika&shy;tion.
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Obwohl in der einschlägigen Lite&shy;ratur um&shy;stritten ist, ab wann histo&shy;risch von ‘Bild&shy;politik’ ge&shy;sprochen werden kann, lassen sich einige ihrer aktu&shy;ellen Ten&shy;denzen auf tief reichen&shy;de bild&shy;geschicht&shy;liche Wurzeln zurück&shy;führen: Bei&shy;spiels&shy;weise geht ein abrup&shy;ter poli&shy;tischer System&shy;wechsel häufig mit [[Idolatrie und Ikonoklasmus|Bil&shy;der&shy;stürzen]] im öffent&shy;lichen Raum ein&shy;her; das gilt für die Zeit der Fran&shy;zösi&shy;schen Revo&shy;lution eben&shy;so wie für das Ende des ost&shy;mittel&shy;euro&shy;päischen Staats&shy;sozia&shy;lismus 200 Jahre später oder für den Irak&shy;krieg zu Beginn des 21. Jahr&shy;hunderts (vgl. etwa <bib id='Speitkamp 1997a'></bib>; <bib id='Fahlenbrach & Viehoff 2005a'></bib>).
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Der Zusammenhang von Politik und Bild&shy;lich&shy;keit sollte nicht auf Propa&shy;ganda ver&shy;engt werden. Bilder dienen in poli&shy;tischen Zu&shy;sammen&shy;hängen zwar häufig der Mani&shy;pula&shy;tion (vgl. etwa <bib id='Hömberg & Karasek 2008a'></bib>), sie tun dies aber nicht zwin&shy;gend. Denn Bilder sind poli&shy;tische Instru&shy;mente, die der Lüge eben&shy;so dienen können wie ande&shy;ren poli&shy;tischen Zwecken. Wichtig ist in diesem Zu&shy;sam&shy;men&shy;hang, dass Poli&shy;tik immer auch eine symbo&shy;lische Dimen&shy;sion hat, weil sie kommu&shy;nika&shy;tiv er&shy;zeugt wird. Diese symbol&shy;ische Dimen&shy;sion lässt sich nur künst&shy;lich von der ''eigent&shy;lichen'' Poli&shy;tik trennen. Poli&shy;tisches Handeln hat „in jeder Situ&shy;ation instru&shy;mentelle und expres&shy;sive An&shy;teile (...) – auch das soge&shy;nannte Ent&shy;scheidungs&shy;handeln voll&shy;zieht sich in dieser Hin&shy;sicht symbo&shy;lisch“ (<bib id='Soeffner & Tänzler 2002a'></bib>: S. 21). Das Er&shy;scheinungs&shy;bild eines Ministers oder einer Präsi&shy;dentin wird des&shy;halb ganz unab&shy;hängig von der Quali&shy;tät ihrer Selbst&shy;insze&shy;nierung immer An&shy;lass für poli&shy;tisch-ästhe&shy;tische Kritik oder Bild&shy;findungen sein.
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Das Verhältnis von Bild&shy;lich&shy;keit und Poli&shy;tik wird insbe&shy;sondere seit den 1990er Jahren trans&shy;diszi&shy;plinär er&shy;forscht. Die poli&shy;tische Ikono&shy;graphie hat ihre Wurzeln in der Kunst&shy;geschichte; Bild&shy;poli&shy;tik wird aber auch von Poli&shy;tik-, Medien- und Kommu&shy;nika&shy;tions&shy;wissen&shy;schaftern ana&shy;lysiert (vgl. etwa die zahl&shy;reichen Bei&shy;träge in <bib id='Paul 2008a'></bib> und <bib id='Paul 2009a'></bib>). So wird „das poli&shy;tische Bild“ (<bib id='Grittmann 2007a'></bib>) zuneh&shy;mend zum Thema sozial&shy;wissen&shy;schaft&shy;licher Ana&shy;lysen. Für die Kon&shy;junktur der histo&shy;riogra&shy;phisch orien&shy;tierten Er&shy;forschung poli&shy;tischer Bild&shy;lich&shy;keit stehen Schlag&shy;worte wie ‘Visual History’ oder ‘histo&shy;rische Bild&shy;kunde’ (vgl. <bib id='Burke 2003a'></bib>, <bib id='Paul 2006a'></bib>, <bib id='Jäger & Knauer 2009a'></bib>; ⊳ auch [[Visual Culture / Visual Studies]]). 
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<!--Anmerkung zwischen <ref> und </ref> im laufenden Text-->
 
<!--Literaturverweise im laufenden Text <bib id='Jonas 61a'>Jonas 1961</bib> -->
 
<!--  ... id im Literaturverzeichnis nachsehen, gegebenenfalls neu einfügen -->
 
<!--  ... (siehe Link "Sammlung" in Bibliographie-Box -->
 
<!-- Bilder als thumbs einsetzen, Muster: [[Datei:Beispiel.png|thumb|Bildtitel]] -->
 
  
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==Bildpolitik: Engere Begriffs&shy;bestim&shy;mung==
  
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Der Terminus ‘Bildpolitik’ wird in der ein&shy;schlägi&shy;gen Fach&shy;lite&shy;ratur häufig ohne expli&shy;zite Defi&shy;nition ver&shy;wendet. Je nach den zu&shy;grunde geleg&shy;ten Bild- und Poli&shy;tikbe&shy;griffen changiert seine Bedeu&shy;tung (vgl. etwa <bib id='Werckmeister 2005a'></bib>: S. 7; <bib id='Bieger 2007a'></bib>: S. 16). ‘Bild&shy;poli&shy;tik’ kann die Wechsel&shy;wirkung von Bild&shy;lich&shy;keit und Poli&shy;tik eben&shy;so be&shy;schreiben wie die strate&shy;gische Nutzung von Sicht&shy;bar&shy;keit bzw. Bild&shy;wirkun&shy;gen, bei&shy;spiels&shy;weise durch Künstler oder in den Natur&shy;wissen&shy;schaften. Sehr häufig ist der Begriff auf die In&shy;dienst&shy;nahme von Bildern durch Herrscher oder andere Akteure bezo&shy;gen, die an der Her&shy;stellung kollek&shy;tiv ver&shy;bind&shy;licher Ent&shy;scheidun&shy;gen betei&shy;ligt sind. In diesem Sinne ist dann bei&shy;spiels&shy;weise von der Bild&shy;poli&shy;tik der Päpste, der Alli&shy;ierten oder der Euro&shy;päischen Union die Rede. Bilder sind aber nicht per se als poli&shy;tisch zu ver&shy;stehen. Ent&shy;scheidend ist ihre Kontex&shy;tuali&shy;sierung (vgl. <bib id='Drechsel 2006a'></bib>: S. 113).
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=====Engere Begriffsbestimmung=====
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==Von Bilderkriegen und Visuali&shy;sierungs&shy;strate&shy;gien==
  
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Neuere Forschungsansätze thema&shy;tisie&shy;ren etwa die Rolle von Bild&shy;poli&shy;tik bei der Poli&shy;tikver&shy;mitt&shy;lung oder bei der Kriegs&shy;führung und -legi&shy;tima&shy;tion (vgl. <bib id='Bachmann-Medick 2006a'></bib>: S. 355). Der Aus&shy;druck ‘Bilder&shy;krieg’ ist in diesem Zu&shy;sammen&shy;hang zum geflü&shy;gelten Wort in der poli&shy;tischen Publi&shy;zistik und der histo&shy;risch-poli&shy;tischen Bild&shy;forschung geworden. Die Rede vom ‘Bilder&shy;krieg’ bezeich&shy;net einen Wandel in der Füh&shy;rung und Dar&shy;stellung moder&shy;ner Kriege, der zu&shy;nächst die techni&shy;schen Bild&shy;medien [[Fotografie|Foto&shy;grafie]] und [[Film]], später auch die elek&shy;troni&shy;schen Medien wie [[Fernsehen|Fern&shy;sehen]] und [[Hypermedien|Inter&shy;net]] zuneh&shy;mend in die Pla&shy;nung und Füh&shy;rung von Kriegen ei&shy;nbezog (<bib id='Paul 2005a'></bib>: S. 15f.). Medien ver&shy;passen dem Krieg ein bestim&shy;mtes ''Image'', das den Charak&shy;ter der Kriegs&shy;führung sowie der Kriegs&shy;wahr&shy;nehmung ent&shy;scheidend verän&shy;dert. Ihr Ein&shy;griff konsti&shy;tuiert einen visu&shy;ellen Kampf&shy;platz mit eigenen Ge&shy;setzen und Regeln. Kriege werden heute also auch an einer „vier&shy;ten Front“ (<bib id='Paul 2005a'></bib>: S. 16) ge&shy;führt: Sie werden medial vor&shy;bereitet, begin&shy;nen zur ''Prime&shy;time'' und beste&shy;hen zu einem nicht uner&shy;heb&shy;lichen Teil aus medial ge&shy;führten und symbo&shy;lischen Attacken (vgl. <bib id='Paul 2005a'></bib>: ebd.). Für die Bericht&shy;erstat&shy;tung vom Kriegs&shy;schau&shy;platz hatte dieser Wandel im Ver&shy;hält&shy;nis von Medien und Krieg inso&shy;fern Bedeu&shy;tung, als visu&shy;elle Kriegs&shy;bericht&shy;erstat&shy;tung zuneh&shy;mend als Teil der Kriegs&shy;führung etab&shy;liert wurde, wo&shy;bei die Bilder mehr und mehr zu zent&shy;ralen Waffen avan&shy;cierten (Stich&shy;wort ‘embed&shy;ded journa&shy;lism’). Seit wann von einem Bilder&shy;krieg gesprochen werden kann, da&shy;rüber herrscht in der ein&shy;schlägi&shy;gen Fach&shy;lite&shy;ratur aller&shy;dings Un&shy;einig&shy;keit (vgl. <bib id='Knieper & Müller 2005a'></bib>).
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Nicht nur kriegerische Handlungen, auch Terror&shy;an&shy;schläge folgen spätes&shy;tens seit dem 11. Septem&shy;ber 2001 dem Muster von Bilder&shy;kriegen: „Mit dem An&shy;schlag auf die Twin Towers ist der [[Linguistic turn, pictorial turn, medial turn|''picto&shy;rial turn'']] in eine neue Phase einge&shy;treten: Die Bilder haben einen eige&shy;nen Krieg, einen Bilder&shy;krieg des Terrors begon&shy;nen“ (<bib id='Mitchell 2006a'></bib>: S. 259). Die Zer&shy;störung der Twin Towers kann auch als ein ikono&shy;klasti&shy;scher Akt zur Vernich&shy;tung des „Idols der anderen“ ver&shy;standen werden. Mit Ground Zero wurde wiede&shy;rum eine Gegen-Ikone ge&shy;schaffen, die auf ihre Weise sehr viel mehr Wir&shy;kungs&shy;macht ent&shy;faltet als die säku&shy;lare Archi&shy;tektur&shy;ikone, die sie er&shy;setzte (vgl. <bib id='Mitchell 2006a'></bib>: S. 262).
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Visualisierungsstrategien sind aber keines&shy;wegs den poli&shy;tischen Macht&shy;zentren vorbe&shy;halten, sondern stehen auch denen zur Ver&shy;fügung, die Ent&shy;scheidungen unter&shy;laufen und konter&shy;karieren wollen und im Allge&shy;meinen unter der Sammel&shy;bezeich&shy;nung einer ‘kritischen Öffent&shy;lich&shy;keit’ rubri&shy;ziert werden (<bib id='Münkler 2009a'></bib>: S. 29). Das Präsen&shy;tieren von Gegen-Bildern gilt heute als eine wichtige Ergän&shy;zung öffent&shy;licher Debat&shy;ten zu&shy;gunsten einer poli&shy;tisch ausge&shy;wogenen Infor&shy;mation. Gegen-Bilder werden häufig im Inter&shy;net ver&shy;öffent&shy;licht, das deut&shy;lich weniger mono&shy;poli&shy;siert ist als andere Medien. Als im Juni 2009 nach den Präsi&shy;dent&shy;schafts&shy;wahlen in Iran Bilder von Mobil&shy;tele&shy;fonen der Oppo&shy;sition um die Welt gingen, die pro&shy;testie&shy;rende Menschen, Ver&shy;haftun&shy;gen und Poli&shy;zeige&shy;walt zeigten, wurde ihnen ein hoher Grad an [[Authentizität|Authen&shy;tizi&shy;tät]] zuge&shy;schrieben. Im „A&shy;symme&shy;trische(n) Bilder&shy;krieg“ (<bib id='Mirzoeff 2007a'></bib>: S. 135) ver&shy;mag es also auch die ver&shy;meint&shy;lich schwäche&shy;re Seite, die Beweis&shy;wirkung visu&shy;eller Kommu&shy;nika&shy;tion für sich zu nutzen.
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Aber nicht nur in Kriegs-, sondern auch in Friedens&shy;zeiten wird Bild&shy;poli&shy;tik gemacht. Demo&shy;kratien und Dikta&shy;turen sind da&shy;bei gleicher&shy;maßen auf die [[Darstellung|Dar&shy;stel&shy;lungs&shy;dimen&shy;sion]] des Poli&shy;tischen als konsti&shy;tuie&shy;rende Kraft ihrer Poli&shy;tikher&shy;stellung ange&shy;wiesen. Bild&shy;poli&shy;tik be&shy;rührt dabei die Be&shy;reiche visu&shy;eller poli&shy;tischer Kommu&shy;nika&shy;tion und poli&shy;tischen Marke&shy;tings. Syste&shy;matische Ana&shy;lysen wurden in diesem Zu&shy;sammen&shy;hang bei&shy;spiels&shy;weise zu poli&shy;tischen Bild&shy;strate&shy;gien im ame&shy;rika&shy;nischen Präsi&shy;dent&shy;schafts&shy;wahl&shy;kampf (vgl. <bib id='Müller 1997a'></bib>) oder zur Bild&shy;poli&shy;tik der Euro&shy;päischen Union (vgl. <bib id='Bernhardt et al. 2009a'></bib>) vorge&shy;legt. Während die Euro&shy;päische Union in ihrer Selbst&shy;darstel&shy;lung konse&shy;quent das Image einer Fami&shy;lie von Staaten pflegt, die ein gemein&shy;sames euro&shy;päisches Haus (mit der Option auf Neu&shy;zuzug) be&shy;wohnt, deuten Bei&shy;tritts&shy;werber wie Kri&shy;tiker diese Bilder zu einer “Festung Euro&shy;pa” um, in der ein hierar&shy;chisches Fami&shy;lien&shy;modell Platz greift (vgl. <bib id='Bernhardt et al. 2009a'></bib>).
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Bildpolitik entsteht im Spannungs&shy;feld zwischen öffent&shy;licher Sicht&shy;bar&shy;keit und Un&shy;sicht&shy;bar&shy;keit: „Trans&shy;parenz steht für die Durch&shy;sichtig&shy;keit eines Ent&shy;scheidungs&shy;zentrums. [...] Mit Visua&shy;lisie&shy;rung hin&shy;gegen ist die Kon&shy;trolle der Sicht&shy;bar&shy;keits&shy;ver&shy;hält&shy;nisse durch das Ent&shy;scheidungs&shy;zentrum gemeint“ (<bib id='Münkler 2009a'></bib>: S. 28). In den Visu&shy;ali&shy;sierungs&shy;strate&shy;gien des poli&shy;tischen Macht&shy;kampfs geht es also in erster Linie um [[Sichtbares und Unsichtbares|Sicht&shy;bar&shy;keit und Un&shy;sicht&shy;bar&shy;keit]]. Macht hat, wer ent&shy;scheidet, was be&shy;kannt werden darf und was ge&shy;heim bleiben soll. Sie ist da&shy;her auch dort am größ&shy;ten, wo Visi&shy;bili&shy;täts&shy;ver&shy;hält&shy;nisse kontrol&shy;liert werden können, also wo Bild&shy;poli&shy;tik ihre dar&shy;stellen&shy;de Funktion opti&shy;mal auf die be&shy;absich&shy;tigte Wirkung aus&shy;richten kann.
  
 
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{{GlossarSiehe}}
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* [[Authentizität]]
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* [[Bildakt-Theorie]]
 
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* [[Darstellung]]
 
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* [[Fernsehen]]
=====Auswirkungen auf andere Begriffe=====
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* [[Film]]
 
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* [[Fotografie]]
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* [[Hypermedien]]
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* [[Idolatrie und Ikonoklasmus]]
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* [[Linguistic turn, pictorial turn, medial turn]]
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* [[Malerei]]
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* [[Sichtbares und Unsichtbares]]
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* [[Visual Culture / Visual Studies]]
  
 
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* [[Benutzer:Mark A. Halawa|Halawa, Mark]]
 
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Version vom 4. Januar 2014, 13:18 Uhr

Unterpunkt zu: Bildpragmatik


Bildlichkeit und Politik

Bildlichkeit und Politik sind eng mit­einan­der ver­bunden. „Poli­tische Ord­nungen“, schreibt Hans Vor­länder, „sind für die Auf­recht­er­hal­tung und die Durch­setzung ihrer Gel­tungs­ansprü­che auf symbo­lische und ästhe­tische Formen der Eigen­darstel­lung ange­wiesen“ ([Vorländer 2003a]Vorländer, Hans (2003).
Demokratie und Ästhetik. Zur Rehabilitierung eines problematischen Zusammenhangs.
In Zur Ästhetik der Demokratie. Formen der politischen Selbstdarstellung, 11-26.

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: S. 16). Gesell­schaft­liche Macht­verhält­nisse werden des­halb seit vielen Jahr­hunder­ten mit­hilfe visu­eller Medien (etwa Münzen, Ge­mälde, Skulp­turen oder auch Bau­werke) stabi­lisiert. Bei­spiel­haft für diese enge Ver­bindung von Poli­tik und Symbolik bzw. Bild­lichkeit stehen Herr­schafts­bauten wie die mittel­alter­lichen Adels­burgen, die keines­wegs nur wehr­techni­sche oder öko­nomische, sondern auch visuell-reprä­senta­tive Funk­tionen erfüll­ten (vgl. [Zeune 1997a]Zeune, Joachim (1997).
Burgen. Symbole der Macht. Ein neues Bild der mittelalterlichen Burg. Regensburg: Pustet, 2. Auflage.

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). Ver­schieden­ste Archi­tektur­formen bieten reich­halti­ges Beleg­material für das enge Wechsel­spiel zwischen Bild­lich­keit und Poli­tik an (vgl. z.B. [Warnke 1984a]Warnke, Martin (1984).
Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute: Repräsentation und Gemeinschaft. Köln: DuMont.

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; [Beyme 2004a]Beyme, Klaus von (2004).
Politische Ikonologie der modernen Architektur.
In Politikwissenschaft als Kulturwissenschaft. Theorien, Methoden, Problemstellungen, 351-372.

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): Parla­ments­bauten etwa sind so eng mit dem demo­krati­schen Re­präsen­tations­gedan­ken ver­knüpft, dass neben dem Bau­körper auch die dort errich­tete Sitz­ordnung von hoher symbo­lischer Bedeu­tung ist (vgl. [Manow 2008a]Manow, Philip (2008).
Im Schatten des Königs. Die politische Anatomie demokratischer Repräsentation. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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). Auf­grund ihrer Multi­funktio­nalität bietet sich Archi­tektur immer zur poli­tischen In­dienst­nahme an: So können Sakral­bauten wie der Speyerer Kaiser­dom als Kulis­sen für Staats­besuche dienen und im Rahmen trans­nationa­ler Medien­ereig­nisse wie etwa einer Fuß­ball­welt­meister­schaft finden Amts­träger sich häufig in Sport­stadien ein, um die große Medien­auf­merk­sam­keit für ihre Zwecke zu nutzen.
Besonders offensichtlich ist Bild­poli­tik immer dort, wo Herr­schaft sich mit Hilfe von Visu­ali­sierun­gen dar­stellen lässt: In der abend­ländi­schen Kunst­geschich­te ist das beson­ders häufig in Form von Herr­schafts­bauten, gemal­ten Por­träts und Denk­malen gesche­hen. Durch die mediale Ent­wick­lung des 20. und des begin­nenden 21. Jahr­hunderts haben sich die dies­bezüg­lichen Mög­lich­keiten ver­ändert und er­weitert. In der „Medio­kratie“ ([Meyer 2001a]Meyer, Thomas (2001).
Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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) prägen ver­schieden­ste Akteu­rinnen und Akteu­re (z.B. PR-Spezia­listen, Bild­agen­turen, Fern­seh­sender, Künstler, etc.) und For­mate (u.a. Presse­fotos, Wahl­plakate, Web­sites, Talk­shows, etc.) die poli­tische Kommu­nika­tion.
Obwohl in der einschlägigen Lite­ratur um­stritten ist, ab wann histo­risch von ‘Bild­politik’ ge­sprochen werden kann, lassen sich einige ihrer aktu­ellen Ten­denzen auf tief reichen­de bild­geschicht­liche Wurzeln zurück­führen: Bei­spiels­weise geht ein abrup­ter poli­tischer System­wechsel häufig mit Bil­der­stürzen im öffent­lichen Raum ein­her; das gilt für die Zeit der Fran­zösi­schen Revo­lution eben­so wie für das Ende des ost­mittel­euro­päischen Staats­sozia­lismus 200 Jahre später oder für den Irak­krieg zu Beginn des 21. Jahr­hunderts (vgl. etwa [Speitkamp 1997a]Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
; [Fahlenbrach & Viehoff 2005a]Fahlenbrach, Kathrin & Viehoff, Reinhold (2005).
Medienikonen des Krieges. Die symbolische Entthronung Saddams als Versuch strategischer Ikonisierung.
In War Visions. Bildkommunikation und Krieg, 356-387.

  Eintrag in Sammlung zeigen
).
Der Zusammenhang von Politik und Bild­lich­keit sollte nicht auf Propa­ganda ver­engt werden. Bilder dienen in poli­tischen Zu­sammen­hängen zwar häufig der Mani­pula­tion (vgl. etwa [Hömberg & Karasek 2008a]Hömberg, Walter & Karasek, Johannes (2008).
Der Schweißfleck der Kanzlerkandidatin. Bildmanipulation, Bildfälschung und Bildethik im Zeitalter der digitalen Fotografie. In Communicatio Socialis, 3, 276-293.

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), sie tun dies aber nicht zwin­gend. Denn Bilder sind poli­tische Instru­mente, die der Lüge eben­so dienen können wie ande­ren poli­tischen Zwecken. Wichtig ist in diesem Zu­sam­men­hang, dass Poli­tik immer auch eine symbo­lische Dimen­sion hat, weil sie kommu­nika­tiv er­zeugt wird. Diese symbol­ische Dimen­sion lässt sich nur künst­lich von der eigent­lichen Poli­tik trennen. Poli­tisches Handeln hat „in jeder Situ­ation instru­mentelle und expres­sive An­teile (...) – auch das soge­nannte Ent­scheidungs­handeln voll­zieht sich in dieser Hin­sicht symbo­lisch“ ([Soeffner & Tänzler 2002a]Soeffner, Hans-Georg & Tänzler, Dirk (2002).
Figurative Politik. Prolegomena zu einer Kultursoziologie politischen Handelns.
In Figurative Politik. Zur Performanz der Macht in der modernen Gesellschaft, 17-33.

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: S. 21). Das Er­scheinungs­bild eines Ministers oder einer Präsi­dentin wird des­halb ganz unab­hängig von der Quali­tät ihrer Selbst­insze­nierung immer An­lass für poli­tisch-ästhe­tische Kritik oder Bild­findungen sein.
Das Verhältnis von Bild­lich­keit und Poli­tik wird insbe­sondere seit den 1990er Jahren trans­diszi­plinär er­forscht. Die poli­tische Ikono­graphie hat ihre Wurzeln in der Kunst­geschichte; Bild­poli­tik wird aber auch von Poli­tik-, Medien- und Kommu­nika­tions­wissen­schaftern ana­lysiert (vgl. etwa die zahl­reichen Bei­träge in [Paul 2008a]Paul, Gerhard (2008).
Das Jahrhundert der Bilder. 1949 bis heute. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

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und [Paul 2009a]Paul, Gerhard (2009).
Das Jahrhundert der Bilder. 1900 bis 1949. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

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). So wird „das poli­tische Bild“ ([Grittmann 2007a]Grittmann, Elke (2007).
Das politische Bild. Fotojournalismus und Pressefotografie. Köln: Halem.

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) zuneh­mend zum Thema sozial­wissen­schaft­licher Ana­lysen. Für die Kon­junktur der histo­riogra­phisch orien­tierten Er­forschung poli­tischer Bild­lich­keit stehen Schlag­worte wie ‘Visual History’ oder ‘histo­rische Bild­kunde’ (vgl. [Burke 2003a]Burke, Peter (2003).
Augenzeugenschaft. Bilder als historische Quellen. Berlin: Wagenbach.

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, [Paul 2006a]Paul, Gerhard (2006).
Visual History. Ein Studienbuch. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht.

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, [Jäger & Knauer 2009a]Jäger, Jens & Knauer, Martin (2009).
Bilder als historische Quellen? Dimensionen der Debatte um historische Bildforschung. München: Fink.

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; ⊳ auch Visual Culture / Visual Studies).


Bildpolitik: Engere Begriffs­bestim­mung

Der Terminus ‘Bildpolitik’ wird in der ein­schlägi­gen Fach­lite­ratur häufig ohne expli­zite Defi­nition ver­wendet. Je nach den zu­grunde geleg­ten Bild- und Poli­tikbe­griffen changiert seine Bedeu­tung (vgl. etwa [Werckmeister 2005a]Werckmeister, Otto Karl (2005).
Der Medusa Effekt. Politische Bildstrategien seit dem 11. September 2001. Berlin: form + zweck, 2. Auflage.

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: S. 7; [Bieger 2007a]Bieger, Laura (2007).
Ästhetik der Immersion. Raum-Erleben zwischen Welt und Bild. Bielefeld: transcript.

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: S. 16). ‘Bild­poli­tik’ kann die Wechsel­wirkung von Bild­lich­keit und Poli­tik eben­so be­schreiben wie die strate­gische Nutzung von Sicht­bar­keit bzw. Bild­wirkun­gen, bei­spiels­weise durch Künstler oder in den Natur­wissen­schaften. Sehr häufig ist der Begriff auf die In­dienst­nahme von Bildern durch Herrscher oder andere Akteure bezo­gen, die an der Her­stellung kollek­tiv ver­bind­licher Ent­scheidun­gen betei­ligt sind. In diesem Sinne ist dann bei­spiels­weise von der Bild­poli­tik der Päpste, der Alli­ierten oder der Euro­päischen Union die Rede. Bilder sind aber nicht per se als poli­tisch zu ver­stehen. Ent­scheidend ist ihre Kontex­tuali­sierung (vgl. [Drechsel 2006a]Drechsel, Benjamin (2006).
Was ist ein politisches Bild? Einige Überlegungen zur Entwicklung der Politikwissenschaft als Bildwissenschaft. In Moderne. Kulturwissenschaftliches Jahrbuch, 2, 106-120.

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: S. 113).


Von Bilderkriegen und Visuali­sierungs­strate­gien

Neuere Forschungsansätze thema­tisie­ren etwa die Rolle von Bild­poli­tik bei der Poli­tikver­mitt­lung oder bei der Kriegs­führung und -legi­tima­tion (vgl. [Bachmann-Medick 2006a]Bachmann-Medick, Doris (2006).
Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

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: S. 355). Der Aus­druck ‘Bilder­krieg’ ist in diesem Zu­sammen­hang zum geflü­gelten Wort in der poli­tischen Publi­zistik und der histo­risch-poli­tischen Bild­forschung geworden. Die Rede vom ‘Bilder­krieg’ bezeich­net einen Wandel in der Füh­rung und Dar­stellung moder­ner Kriege, der zu­nächst die techni­schen Bild­medien Foto­grafie und Film, später auch die elek­troni­schen Medien wie Fern­sehen und Inter­net zuneh­mend in die Pla­nung und Füh­rung von Kriegen ei­nbezog ([Paul 2005a]Paul, Gerhard (2005).
Der Bilderkrieg. Inszenierungen, Bilder und Perspektiven der "Operation Irakische Freiheit". Göttingen: Wallstein.

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: S. 15f.). Medien ver­passen dem Krieg ein bestim­mtes Image, das den Charak­ter der Kriegs­führung sowie der Kriegs­wahr­nehmung ent­scheidend verän­dert. Ihr Ein­griff konsti­tuiert einen visu­ellen Kampf­platz mit eigenen Ge­setzen und Regeln. Kriege werden heute also auch an einer „vier­ten Front“ ([Paul 2005a]Paul, Gerhard (2005).
Der Bilderkrieg. Inszenierungen, Bilder und Perspektiven der "Operation Irakische Freiheit". Göttingen: Wallstein.

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: S. 16) ge­führt: Sie werden medial vor­bereitet, begin­nen zur Prime­time und beste­hen zu einem nicht uner­heb­lichen Teil aus medial ge­führten und symbo­lischen Attacken (vgl. [Paul 2005a]Paul, Gerhard (2005).
Der Bilderkrieg. Inszenierungen, Bilder und Perspektiven der "Operation Irakische Freiheit". Göttingen: Wallstein.

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: ebd.). Für die Bericht­erstat­tung vom Kriegs­schau­platz hatte dieser Wandel im Ver­hält­nis von Medien und Krieg inso­fern Bedeu­tung, als visu­elle Kriegs­bericht­erstat­tung zuneh­mend als Teil der Kriegs­führung etab­liert wurde, wo­bei die Bilder mehr und mehr zu zent­ralen Waffen avan­cierten (Stich­wort ‘embed­ded journa­lism’). Seit wann von einem Bilder­krieg gesprochen werden kann, da­rüber herrscht in der ein­schlägi­gen Fach­lite­ratur aller­dings Un­einig­keit (vgl. [Knieper & Müller 2005a]Knieper, Thomas & Müller, Marion G. (2005).
War Visions. Bildkommunikation und Krieg. Köln: Halem.

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).
Nicht nur kriegerische Handlungen, auch Terror­an­schläge folgen spätes­tens seit dem 11. Septem­ber 2001 dem Muster von Bilder­kriegen: „Mit dem An­schlag auf die Twin Towers ist der picto­rial turn in eine neue Phase einge­treten: Die Bilder haben einen eige­nen Krieg, einen Bilder­krieg des Terrors begon­nen“ ([Mitchell 2006a]Mitchell, William J. T. (2006).
Den Terror klonen. Der Krieg der Bilder 2001-2004.
In Iconic Worlds. Neue Bilderwelten und Wissensräume, 255-285.

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: S. 259). Die Zer­störung der Twin Towers kann auch als ein ikono­klasti­scher Akt zur Vernich­tung des „Idols der anderen“ ver­standen werden. Mit Ground Zero wurde wiede­rum eine Gegen-Ikone ge­schaffen, die auf ihre Weise sehr viel mehr Wir­kungs­macht ent­faltet als die säku­lare Archi­tektur­ikone, die sie er­setzte (vgl. [Mitchell 2006a]Mitchell, William J. T. (2006).
Den Terror klonen. Der Krieg der Bilder 2001-2004.
In Iconic Worlds. Neue Bilderwelten und Wissensräume, 255-285.

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: S. 262).
Visualisierungsstrategien sind aber keines­wegs den poli­tischen Macht­zentren vorbe­halten, sondern stehen auch denen zur Ver­fügung, die Ent­scheidungen unter­laufen und konter­karieren wollen und im Allge­meinen unter der Sammel­bezeich­nung einer ‘kritischen Öffent­lich­keit’ rubri­ziert werden ([Münkler 2009a]Münkler, Herfried (2009).
Visualisierungsstrategien im politischen Machtkampf: Der Übergang vom Personenverband zum institutionellen Territorialstaat.
In Strategien der Visualisierung. Verbildlichung als Mittel politischer Kommunikation, 23-51.

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: S. 29). Das Präsen­tieren von Gegen-Bildern gilt heute als eine wichtige Ergän­zung öffent­licher Debat­ten zu­gunsten einer poli­tisch ausge­wogenen Infor­mation. Gegen-Bilder werden häufig im Inter­net ver­öffent­licht, das deut­lich weniger mono­poli­siert ist als andere Medien. Als im Juni 2009 nach den Präsi­dent­schafts­wahlen in Iran Bilder von Mobil­tele­fonen der Oppo­sition um die Welt gingen, die pro­testie­rende Menschen, Ver­haftun­gen und Poli­zeige­walt zeigten, wurde ihnen ein hoher Grad an Authen­tizi­tät zuge­schrieben. Im „A­symme­trische(n) Bilder­krieg“ ([Mirzoeff 2007a]Mirzoeff, Nicholas (2007).
Von Bildern und Helden. Sichtbarkeit im Krieg der Bilder.
In Feindbilder. Ideologien und visuelle Strategien der Kulturen, 135-156.

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: S. 135) ver­mag es also auch die ver­meint­lich schwäche­re Seite, die Beweis­wirkung visu­eller Kommu­nika­tion für sich zu nutzen.
Aber nicht nur in Kriegs-, sondern auch in Friedens­zeiten wird Bild­poli­tik gemacht. Demo­kratien und Dikta­turen sind da­bei gleicher­maßen auf die Dar­stel­lungs­dimen­sion des Poli­tischen als konsti­tuie­rende Kraft ihrer Poli­tikher­stellung ange­wiesen. Bild­poli­tik be­rührt dabei die Be­reiche visu­eller poli­tischer Kommu­nika­tion und poli­tischen Marke­tings. Syste­matische Ana­lysen wurden in diesem Zu­sammen­hang bei­spiels­weise zu poli­tischen Bild­strate­gien im ame­rika­nischen Präsi­dent­schafts­wahl­kampf (vgl. [Müller 1997a]Müller, Marion G. (1997).
Politische Bildstrategien im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, 1828-1996. Berlin: Akademie Verlag.

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) oder zur Bild­poli­tik der Euro­päischen Union (vgl. [Bernhardt et al. 2009a]Bernhardt, Petra; Hadj-Abdou, Leila; Liebhart, Karin & Pribersky, Andreas (2009).
EUropäische Bildpolitiken. Politische Bildanalyse an Beispielen der EU-Politik. Wien: facultas UTB.

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) vorge­legt. Während die Euro­päische Union in ihrer Selbst­darstel­lung konse­quent das Image einer Fami­lie von Staaten pflegt, die ein gemein­sames euro­päisches Haus (mit der Option auf Neu­zuzug) be­wohnt, deuten Bei­tritts­werber wie Kri­tiker diese Bilder zu einer “Festung Euro­pa” um, in der ein hierar­chisches Fami­lien­modell Platz greift (vgl. [Bernhardt et al. 2009a]Bernhardt, Petra; Hadj-Abdou, Leila; Liebhart, Karin & Pribersky, Andreas (2009).
EUropäische Bildpolitiken. Politische Bildanalyse an Beispielen der EU-Politik. Wien: facultas UTB.

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).
Bildpolitik entsteht im Spannungs­feld zwischen öffent­licher Sicht­bar­keit und Un­sicht­bar­keit: „Trans­parenz steht für die Durch­sichtig­keit eines Ent­scheidungs­zentrums. [...] Mit Visua­lisie­rung hin­gegen ist die Kon­trolle der Sicht­bar­keits­ver­hält­nisse durch das Ent­scheidungs­zentrum gemeint“ ([Münkler 2009a]Münkler, Herfried (2009).
Visualisierungsstrategien im politischen Machtkampf: Der Übergang vom Personenverband zum institutionellen Territorialstaat.
In Strategien der Visualisierung. Verbildlichung als Mittel politischer Kommunikation, 23-51.

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: S. 28). In den Visu­ali­sierungs­strate­gien des poli­tischen Macht­kampfs geht es also in erster Linie um Sicht­bar­keit und Un­sicht­bar­keit. Macht hat, wer ent­scheidet, was be­kannt werden darf und was ge­heim bleiben soll. Sie ist da­her auch dort am größ­ten, wo Visi­bili­täts­ver­hält­nisse kontrol­liert werden können, also wo Bild­poli­tik ihre dar­stellen­de Funktion opti­mal auf die be­absich­tigte Wirkung aus­richten kann.
Anmerkungen
Literatur                             [Sammlung]

[Bachmann-Medick 2006a]: Bachmann-Medick, Doris (2006). Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

[Bernhardt et al. 2009a]: Bernhardt, Petra; Hadj-Abdou, Leila; Liebhart, Karin & Pribersky, Andreas (2009). EUropäische Bildpolitiken. Politische Bildanalyse an Beispielen der EU-Politik. Wien: facultas UTB. [Beyme 2004a]: Beyme, Klaus von (2004). Politische Ikonologie der modernen Architektur. In: Schwelling, Birgit (Hg.): Politikwissenschaft als Kulturwissenschaft. Theorien, Methoden, Problemstellungen. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 351-372. [Bieger 2007a]: Bieger, Laura (2007). Ästhetik der Immersion. Raum-Erleben zwischen Welt und Bild. Bielefeld: transcript. [Burke 2003a]: Burke, Peter (2003). Augenzeugenschaft. Bilder als historische Quellen. Berlin: Wagenbach. [Drechsel 2006a]: Drechsel, Benjamin (2006). Was ist ein politisches Bild? Einige Überlegungen zur Entwicklung der Politikwissenschaft als Bildwissenschaft. Moderne. Kulturwissenschaftliches Jahrbuch, Nummer: 2, S. 106-120. [Fahlenbrach & Viehoff 2005a]: Fahlenbrach, Kathrin & Viehoff, Reinhold (2005). Medienikonen des Krieges. Die symbolische Entthronung Saddams als Versuch strategischer Ikonisierung. In: Knieper, Thomas & Müller, Marion G. (Hg.): War Visions. Bildkommunikation und Krieg. Köln: Halem, S. 356-387. [Grittmann 2007a]: Grittmann, Elke (2007). Das politische Bild. Fotojournalismus und Pressefotografie. Köln: Halem. [Hömberg & Karasek 2008a]: Hömberg, Walter & Karasek, Johannes (2008). Der Schweißfleck der Kanzlerkandidatin. Bildmanipulation, Bildfälschung und Bildethik im Zeitalter der digitalen Fotografie. Communicatio Socialis, Nummer: 3, S. 276-293. [Jäger & Knauer 2009a]: Jäger, Jens & Knauer, Martin (Hg.) (2009). Bilder als historische Quellen? Dimensionen der Debatte um historische Bildforschung. München: Fink. [Knieper & Müller 2005a]: Knieper, Thomas & Müller, Marion G. (2005). War Visions. Bildkommunikation und Krieg. Köln: Halem. [Manow 2008a]: Manow, Philip (2008). Im Schatten des Königs. Die politische Anatomie demokratischer Repräsentation. Frankfurt am Main: Suhrkamp. [Meyer 2001a]: Meyer, Thomas (2001). Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem. Frankfurt am Main: Suhrkamp. [Mirzoeff 2007a]: Mirzoeff, Nicholas (2007). Von Bildern und Helden. Sichtbarkeit im Krieg der Bilder. In: Haustein, Lydia; Scherer, Bernd & Hager, Martin (Hg.): Feindbilder. Ideologien und visuelle Strategien der Kulturen. Göttingen: Wallstein, S. 135-156. [Mitchell 2006a]: Mitchell, William J. T. (2006). Den Terror klonen. Der Krieg der Bilder 2001-2004. In: Maar, Christa & Burda, Hubert (Hg.): Iconic Worlds. Neue Bilderwelten und Wissensräume. Köln: DuMont, S. 255-285. [Müller 1997a]: Müller, Marion G. (1997). Politische Bildstrategien im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, 1828-1996. Berlin: Akademie Verlag. [Münkler 2009a]: Münkler, Herfried (2009). Visualisierungsstrategien im politischen Machtkampf: Der Übergang vom Personenverband zum institutionellen Territorialstaat. In: Münkler, Herfried & Hacke, Jens (Hg.): Strategien der Visualisierung. Verbildlichung als Mittel politischer Kommunikation. Frankfurt am Main: Campus, S. 23-51. [Paul 2005a]: Paul, Gerhard (2005). Der Bilderkrieg. Inszenierungen, Bilder und Perspektiven der "Operation Irakische Freiheit". Göttingen: Wallstein. [Paul 2006a]: Paul, Gerhard (Hg.) (2006). Visual History. Ein Studienbuch. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. [Paul 2008a]: Paul, Gerhard (Hg.) (2008). Das Jahrhundert der Bilder. 1949 bis heute. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. [Paul 2009a]: Paul, Gerhard (Hg.) (2009). Das Jahrhundert der Bilder. 1900 bis 1949. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. [Soeffner & Tänzler 2002a]: Soeffner, Hans-Georg & Tänzler, Dirk (2002). Figurative Politik. Prolegomena zu einer Kultursoziologie politischen Handelns. In: Soeffner, Hans-Georg & Tänzler, Dirk (Hg.): Figurative Politik. Zur Performanz der Macht in der modernen Gesellschaft. Opladen: Leske und Budrich, S. 17-33. [Speitkamp 1997a]:
Literaturangabe fehlt.
Bitte in der Bibliographie-Sammlung einfügen als:
- Buch,
- Artikel in Zeitschrift,
- Beitrag in Sammelband,
- Sammelband,
- andere Publikation,
- Glossarlemma.
[Vorländer 2003a]: Vorländer, Hans (2003). Demokratie und Ästhetik. Zur Rehabilitierung eines problematischen Zusammenhangs. In: Vorländer, Hans (Hg.): Zur Ästhetik der Demokratie. Formen der politischen Selbstdarstellung. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, S. 11-26. [Warnke 1984a]: Warnke, Martin (1984). Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute: Repräsentation und Gemeinschaft. Köln: DuMont. [Werckmeister 2005a]: Werckmeister, Otto Karl (2005). Der Medusa Effekt. Politische Bildstrategien seit dem 11. September 2001. Berlin: form + zweck, 2. Auflage. [Zeune 1997a]: Zeune, Joachim (1997). Burgen. Symbole der Macht. Ein neues Bild der mittelalterlichen Burg. Regensburg: Pustet, 2. Auflage.


Hilfe: Nicht angezeigte Literaturangaben

Ausgabe 1: 2013

Lektorat:

Seitenbearbeitungen durch: Joerg R.J. Schirra [29] und Petra Bernhardt [23] — (Hinweis)